Das Imperium schreibt zurück

El Quijote

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Bauarbeiter entdecken in der Türkei einen steinernen Brief des römischen Kaisers Gallienus

Der Brief, den die Bürger der Stadt Side im Jahr 267 n. Chr. erhielten, war nicht irgendein Brief. Es war ein Schreiben des Kaisers, womöglich war es überhaupt der erste schriftliche Gnadenerweis eines Imperators, den die Sideten bis dahin erhalten hatten. Auf jeden Fall meißelten sie den Inhalt des Briefes umgehend in Stein und stellten ihn weithin sichtbar zur Schau.

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Das Imperium schreibt zurück - WELT
 
Die Römer bezogen Weizen aus der Ukraine?
Man lernt nie aus.
Das war mir auch neu, aber so ganz unlogisch ist das nicht. Die Ukraine besitzt das größte Schwarzbodengebiet Europas und damit eine der ertragreichsten Regionen, die unser Kontinent zu bieten hat. Die Anbindung an das Schwarze Meer macht die Ukraine zu einem idealen Lieferanten für die an Schwarzes Meer und Ägäis angrenzenden Gebiete.
 
Dass die Römer noch Getreide aus der Gegend bezogen, war mir auch neu, allerdings hätten sie damit nur eine Tradition fortgeführt. Südrussland und die Ukraine gehörten zu den Hauptherkunftsgebieten, aus denen das "klassische" Athen sein Getreide bezog.

Sinn ergeben die Ausführungen im Artikel. Wenn die Römer (oder zumindest Städte in Kleinasien) noch Getreide aus der Gegend bezogen, dann lief das wohl über das Bosporanische Reich auf der Krim und am Asowschen Meer, das seit langem mit Rom eng verbunden war. Genau diese Gegend stand zur fraglichen Zeit aber unter massivem Druck der Goten und Heruler, die mit ihrer Piraterie auch die Region des Bosporos unsicher machten. Eine geregelte Getreideversorgung war so wohl kaum möglich.
 
Ich vermute, mit den Getreideanbaugebieten in der Ukraine ist das Bosporanisches Reich – Wikipedia gemeint, das von Griechen in vorchristlicher Zeit kolonisiert wurde, und später ein römischer Vasallenstaat wurde. Noch heute gibt es eine griechischsprachige Diaspora in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die ein archaisches Griechisch sprechen.
 
Es liegt in der Natur lateinischer oder altgriechischer Texte, bei wörtlicher Übersetzung in gespreiztem Deutsch enden zu müssen. Selbst Trivialliteratur wie die eines Julius Caesar bewegt sich grammatikalisch weit jenseits des im modernen Deutschen Üblichen. Verwunderlich ist nur, daß es solche Selbstverständlichkeiten in eine Überschrift schaffen. Ich tippe mal auf das in akademischen Kreisen mittlerweile sehr populäre "Clickwhoring".

Ich habe mich schon immer gefragt, woher die Donaulegionen ihr Getreide bekamen. Das Illyricum selbst sollte zu dünn besiedelt und wenig kultiviert gewesen sein. Africa oder Ägypten wäre etwas umständlich gewesen. Am Rhein übernahm ja Gallien, später sogar Britannien die Hauptlast. Auf die Ukraine wäre ich aber nicht gekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es wäre natürlich auch interessant, ob Gallienus in gespreiztem Latein schrieb, oder eher -äh, sagen wir mal- militärisch kurz. Denn in der Mitte des 3. Jahrhunderts muss es da schon einen ziemlichen Unterschied gegeben haben.

In gespreiztem Deutsch hat er jedenfalls nicht geschrieben. Und das ist es wohl, worauf sich El Quijote bezieht.

Allerdings sind die Übersetzungen aus einer anderen Sprache nicht in gespreiztem Deutsch, sondern entweder in einem als schlecht geltenden oder zumindest unüblichen Stil. Und der bei Übersetzungen aus dem Lateinischen gewöhnlich erreichte Stil ähnelt sehr einem gespreiztem Deutsch. Hat man des Öfteren mit Übersetzungen aus einer Sprache zu tun, erkennt man den jeweiligen Stil sofort. Bei nahe verwandten Sprachen -z.B. Englisch- wird das natürlich schwieriger. (Ein Süddeutscher wird das womöglich anders sehen. Aber nur die Deutsche Standardsprache ist so einheitlich wie es heute viele als selbstverständlich erachten.)

Und Caesars Latein ist definitiv nicht die Sprache von Trivialliteratur. Ihre scheinbare Einfachheit ist der Form des Berichts geschuldet.
 
Ich gehe davon aus, dass die Inschrift nicht nur in griechischen Buchstaben, sondern auch in griechischer Sprache geschrieben worden ist. Vielleicht weiß jemand anders mehr, aber ich bezweifele, dass es Inschriften gibt, in denen ein lateinischer Text in griechischen Buchstaben transkribiert worden ist. Das werden allenfalls Namen sein, vielleicht das ein oder andere aus dem Lateinischen übernommene Fremdwort.

Ich vermute, dass der Brief von Gallienus in Latein geschrieben wurde. Wahrscheinlich hat der Kaiser wohl nicht selbst zu Hammer und Meißel oder Pergament und Schreibfeder gegriffen haben, sondern es werden in der kaiserlichen Kanzlei die Juristen den Text verfaßt haben. Der wurde dann wohl in entweder in Side ins Griechische übersetzt oder gleich nach Side auf Griechisch geschickt. Side im Ostteil des Reiches gehörte zum griechischsprachigen Teil des Reiches. Als ich vor einigen Jahren in Side im archäologischen Museum war, habe ich einiges an Inschriften gesehen, alle auf Griechisch, keine einzige in Latein.

Noch mal zum "gespreizten Deutsch": wenn der Text von Juristen verfaßt wurde (wovon ich einfach mal ausgehe), ist das sicherlich ein gespreiztes Latein oder Griechisch.
 
Es mag natürlich sein, dass die Kanzlei gleich zur Griechischen Sprache gegriffen hat. Sinngemäß gilt dafür aber das Selbe.
 
Die Kaiser haben schon im 1ten Jhdt. die Kanzlei ab epistulis für den Schriftverkehr aufgeteilt. Im 3ten Jhdt. wurde der Brief also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits in Rom in griechisch abgefasst.
 
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