Das Turiner Grabtuch

Das Tuch wird bei Johannes und auch den anderen Evangelien erwähnt, in den Teilen der Bestattung des Leichnams sowie bei der Entdeckung des leeren Grabes. Auch das Schweißtuch für den Kopf wird erwähnt.

Um dann über 1000 Jahre in der Versenkung zu verschwinden. Klingelt's?
 
Ach meinst du das ist unmöglich?!

Es wundert dich also nicht, dass ein Gegenstand, der zudem nicht unbedingt aus dem beständigsten Material ist, nach mehr als 1000 Jahren wieder aus der Versenkung auftaucht und das zudem in einer Zeit, in dem auch andere andere Gegenstände plötzlich auftauchen, die zu den Passionsreliquien gezählt werden müssen bzw. zu den Jesusreliquien? Heilige Lanze, Heiliger Gral/Heiliger Kelch (heute in Valencia), Blutreliquien, die Heilige Vorhaut Christi (die zwar eine Legende hat, die ins 9. Jahrhundert zurück reicht, tatsächlich aber erst seit der Kreuzzugszeit belegt ist), der Heilige Rock, von den mindestens drei überlieferten Dornenkronen, dem ganzen Handelsbestand an Kreuzesnägeln brauchen wir wohl nicht zu sprechen, oder?
Abgesehen von den nun schon wiederholt angesprochenenen Problemen, welche die naturwissenschaftliche Überlegungen an das angebliche Abbild stellen, die hier kontinuierlich ignoriert werden?


Selbst wenn es aus dem Mittelalter wäre, müsste es ja dann für dich nicht möglich sein.

Ich verstehe gerade nicht, was du mitteilen möchtest.
 
o.t.

Ich lese hier nur mit.

Entweder eine Reliquie ist von einer päpstlichen Kommission als echt erklärt worden, dann ist spätestens ab dem I. Vaticanum kirchenrechtlich alles klar und bedarf auch keinerlei naturwissenschaftlicher bzw. historischer Klärung und ist Inhalt des Glaubens.

Vergl.: Titel IV

Codex Iuris Canonici online

Oder ich bin nichtkatholischer Konfession, dann gilt für mich weder das I. Vaticanum noch der Codex, wohl aber der Grundsatz: Sine ira, et studio, wissend, daß Glaubensinhalte nicht diskutabel sind.

M.
 
Gehen wir das doch etwas anders an: Mir sind keine Reliquien bekannt die sich wirklich in die Zeit des frühen Christentums verfolgen lassen. Die erste "Reliquie" die mir so einfällt ist das Auffinden des "wahren" Kreuzes durch Helena, Mutter Konstantin des Großen. Da befinden wir uns aber im Jahr 330 nach Christus und das Christentum hat gerade zu seinen Sprung in Richtung Staatsreligion angesetzt.
Nüchtern betrachtet macht es ja auch keinen Sinn Gegenstände zu behalten und verehren, denn a) ging der frühe Christ von einem baldigen Weltende aus und b) stand es salop gesagt in den Sternen, was aus dem Christentum wird, als Jesus hingerichtet wurde. Es hätte auch einfach bei einer weiteren unbedeutenden Sekte bleiben können.

Erst mit dem Aufstieg in Richtung Massenreligion und vor allem Staatsreligion wurden meines Erachtens die Grundlagen für eine Reliquienverehrung gegeben. Im Mittelalter, das auf allen Ebenen von der christlichen Weltvorstellung durchwoben war, explodierte dann die Reliquienverehrung und der Handel und Schacherei von Reliquien kommt auf, wie es EQ auch schon schön aufgezeigt hat.

Lange Rede kurzer Sinn: Wieso sollte irgendjemand in der Zeit um 30 n.Chr. ein Leichentuch aufheben?
 
Oder ich bin nichtkatholischer Konfession, dann gilt für mich weder das I. Vaticanum noch der Codex, wohl aber der Grundsatz: Sine ira, et studio, wissend, daß Glaubensinhalte nicht diskutabel sind.

Richtig, Glaubensinhalte sind nicht diskutabel. Aber hier geht es nicht um Glaubensinhalte, sondern um ein Stück Stoff. Und das kann man sehr wohl unter verschiedenen archäologisch-kunsthistorisch-naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten diskutieren.
 
Abgesehen von technischen und anderen Gründen, die dagegen sprechen, daß es sich dabei speziell um Jesu Leinentuch handeln kann, scheint mir noch nicht einmal wirklich schlüssig, daß Geoffrey de Charny der erste dokumentierte Besitzer ist. Er kann eine Reliquie und auch ein solches Tuch gehabt haben und es kann Plastiken, Bilder etc. davon geben, aber das beweist in meinen Augen noch lange nicht, dass es sich dabei wirklich um ein- und dasselbe Tuch handelt.
 
Abgesehen von technischen und anderen Gründen, die dagegen sprechen, daß es sich dabei speziell um Jesu Leinentuch handeln kann, scheint mir noch nicht einmal wirklich schlüssig, daß Geoffrey de Charny der erste dokumentierte Besitzer ist. Er kann eine Reliquie und auch ein solches Tuch gehabt haben und es kann Plastiken, Bilder etc. davon geben, aber das beweist in meinen Augen noch lange nicht, dass es sich dabei wirklich um ein- und dasselbe Tuch handelt.

Nun, das wiederum geht schon in den Bereich der Hyperkritik. Ab Geoffrey ist das Turiner Grabtuch einigermaßen kontinuierlich dokumentiert, man kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass wir heute dasselbe Tuch vor Augen haben, wie die Menschen im 14. Jahrhundert.
 
Richtig, Glaubensinhalte sind nicht diskutabel. Aber hier geht es nicht um Glaubensinhalte, sondern um ein Stück Stoff. Und das kann man sehr wohl unter verschiedenen archäologisch-kunsthistorisch-naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten diskutieren.

Das Stück Stoff gehört aber für viele Christen zum Glaubensinhalt. Genauso wie die Bibel. Und die besteht aus vielen Schriften bzw. Dokumenten.
 
@Silesia

Beim Tiefdruck (Kupferstich, Radierung u.a.) wird die Druckplatte (Kupfer oder Stahl) mit Druckerfarbe eingerollt und diese wieder abgewischt, so daß sie nur in der vertieften Gravur stehenbleibt. Das aufgepresste Papier nimmt dann diese Farbe auf, wodurch ein Abdruck entsteht.

In ähnlicher Weise müsste diese hier besprochene Abbildung zustandegekommen sein, wenn es sich denn tatsächlich um einen Körperabdruck handeln sollte.
Die nicht vorhandene Verzerrung deutet jedoch auf eine kontaktlose Bildentstehung hin, die eher in Richtung eines photographischen Effekts hindeutet, aber das wurde ja bereits diskutiert. Photographische Effekte ließen sich jedoch ebenso in Fälschungsabsicht einsetzen, so daß es m.E. wenig zu sagen hat, wenn keine Hinweise auf eine malerische Technik vorzuliegen scheinen. Man sollte aber auch frühe Airbrushtechniken in Erwägung ziehen, nicht mit Farben, sondern mit Chemikalien, die die Fasern des Tuchs auf wundersame Weise dunkeln lassen :)=

(Entsprechende Literatur zu künstlerischen Drucktechniken müsste sich im Netz finden lassen. Ich hatte einmal Schriftsetzer, also Druckformenhersteller gelernt, deswegen meine Überlegung in diese Richtung.)
 
Das Stück Stoff gehört aber für viele Christen zum Glaubensinhalt. Genauso wie die Bibel. Und die besteht aus vielen Schriften bzw. Dokumenten.

Langsam wird´s albern.

Zum Verhältnis von Glauben und Wissenschaft haben hier viele Mitdiskutanten bereits das Nötige gesagt, ich verweise nur auf den Post von Melchior heute morgen.

Dass ein Stück Stoff genauso zum Glaubensinhalt vieler Christen gehört, wie die Bibel, macht beides vielleicht für die Gläubigen gleichbedeutend (obwohl das wiederum von vielen auch als Ketzerei angesehen werden mag).

Für die Wissenschaft ist diese Gleichsetzung aber völlig unbedeutend. Denn die Wissenschaft ist eben kein Glaube, sondern Wissenschaft. Und nur, um kurz daran zu erinnern: Wir sind ein Wissenschaftsforum. Und keine Plattform für die Verkündigung religiöser Botschaften.
 
El Q's und Galeottos Argumentation folgend wonach entweder nur die erhabenen Körperteile abgebildet sein könnten bei gespanntem Tuch, oder es aber zu Verzerrungen und Faltenbildung in der Abbildung bei angelegtem Tuch kommt, habe ich noch eine Frage.

Weiß jemand wie Luigi Garlaschelli (vgl. Beitrag #6 von Zoki) dieses Problem umschifft hat? Er hat doch einen Studenten mit Farbe eingeschmiert und ihn dann mit aufgelegtem Tuch abgerieben. Nach meinem Verständnis hätte es bei diesem Verfahren unbedingt zu Verzerrungen (Verrutschen des Tuches beim Abreiben der tiefer liegenden Körperstellen wie z.B. der Augen) kommen müssen. Seine "Kopie" des Tuches sieht aber keineswegs verzerrt aus.

Ich habe in dem verlinkten Artikel nichts dazu gefunden oder habe ich es schlicht überlesen?
 
Ich weiß nicht, wie man sich dieses Abreiben konkret vorzustellen hat, aber wenn man das Tuch an die entsprechenden Körperpartien andrückt, könnte ich mir vorstellen, dass man so die Verzerrungen vermindern kann.
 
El Quichote, leinen ist nicht dehnbar, menschliches Gewebe kann man quasi in jede Richtung drücken. Pigmente in größeren Mengen sind im Tuch nicht drin ...

Außerdem würde das ja eine längere Beschäftigung mit dem Leichnam oder der Person darunter voraussetzen. alles, ohne das was verrutscht ...
 
Lies den Artikel. Irgendwie ist es dem Chemiker und seinen Studenten ja gelungen, den Abdruck herzustellen.

Möglicherweise muss man bei dem Begriff Abreiben auch ein Übersetzungsproblem aus dem Italienischen annehmen, so, dass vielleicht eher Abtupfen gemeint ist.
 
Das Stück Stoff gehört aber für viele Christen zum Glaubensinhalt.

Okay Midna, du hast dich also für dich persönlich entschieden, nicht wissen zu wollen, sondern lieber zu glauben. Das ist eine private Entscheidung, in die dir niemand hineinzufunken hat. Allerdings bist du damit - zumindest also was das Turiner Grabtuch anbelangt - hier im Forum falsch. Wir sind nun mal kein Glaubensforum. In den Regeln wird das auch ausdrücklich betont.
 
Was hat das denn damit zu tun ? Ich bin nur auf deine Aussage eingegangen und habe auch nicht meine persönliche Meinung kundgetan, sondern, dass es für manche Menschen eben halt nicht nur ein Stück Stoff ist. Schade, dass meine Aussage so wahrgenommen und nicht verstanden wird. Ich bin zwar erst ein paar Tage hier, aber wenn man mir hier unterstellt, dass ich hier religiöse Botschaften verkünde und nichts wissen möchte, schreibe ich besser nicht mehr hier. Nun gut. Ich habe mich vielleicht ein wenig verwirrend für manche ausgedrückt, mag sein, da ich wohl wahrscheinlich eine der Jüngsten bin. Aber damit es nicht ausartet, möchte ich mich lieber raushalten. Es tut mir leid, wenn ich mich falsch ausgedrückt hatte. Trotzdem viel Spaß hier noch im Forum.
 
Midna, es geht nicht darum, dich zu vertreiben. Kritik musst du jedoch, wenn du dich an einer Diskussion beteiligst, ertragen können. Ich bin jetzt mal hart und ich will hoffen, dass du diese Härte nicht als Zutreten missverstehst:

Die Summe deiner Beiträge zum Grabtuch ist antiaufklärerisch, du verweigerst dich gewissermaßen - obwohl du diese Diskussion angeleiert und viele Beiträge geschrieben hast - der historischen Diskussion, indem du Argumente und historische/wissenschaftliche Methodik schlichtweg ignorierst und dich auf eine Glaubensbasis zurückziehst. Das kann man in Summe nur als Entscheidung verstehen glauben, aber nicht wirklich wissen zu wollen. Und damit bist du hier falsch.

Dass du mit dieser speziellen Entscheidung hier falsch bist, ist wiederum keine Aussage darüber, ob du grundsätzlich hier falsch bist, denn sie betrifft letztlich nur die Themen, in denen du aufgrund von Glaubensfragen befangen bist. Es ist aber auch nicht die Sache der Forenmitglieder, über Glauben oder Unglauben einer Person zu urteilen.

Wie beim Glauben, liegt die Entscheidung allein bei dir, ob du bereit bist, dich auf eine intersubjektive Diskussionsbasis einzulassen oder eben nicht.
 
Weiß jemand wie Luigi Garlaschelli (vgl. Beitrag #6 von Zoki) dieses Problem umschifft hat? Er hat doch einen Studenten mit Farbe eingeschmiert und ihn dann mit aufgelegtem Tuch abgerieben. Nach meinem Verständnis hätte es bei diesem Verfahren unbedingt zu Verzerrungen (Verrutschen des Tuches beim Abreiben der tiefer liegenden Körperstellen wie z.B. der Augen) kommen müssen. Seine "Kopie" des Tuches sieht aber keineswegs verzerrt aus.
Garlaschelli hat dem Studenten eine Maske mit einem Flachrelieff, wo Vorsprünge des Gesichts nur schwach plastisch hervortreten aufs Gesicht gelegt. Anschließend hat er ihn mit dem Tuch bedeckt und darauf den Rötel aufgetupft. Die Körperumrisse wurden nachdem es vom Studenten abgenommen wurde frei nachgezogen. Man konnte im Mittelalter auch durchaus von dem gesamten Körper ein Basrelieff anfertigen und hätte dafür keinen menschlichen Probanten benötigt.

Im Mittelalter sah das Bild auf dem Tuch offenbar noch sehr farbig und gemalt aus, weshalb hätte es sonst der Bischoff d'Arcis im Jahr 1389 als "listige Malerei" bezeichnen sollen.
 
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