Der deutsche Sonderweg

Allerdings wieso spielst du auf vichy-Frankreich an?

warum ich darauf anspiele, weil das vichy-regime nach 1940 zeigt, dass auch so demokratische nationen wie frankreich nach einer katastrophalen niederlage in den faschismus/totalitarismus abgleiten konnten.

der vergleich hinkt natürlich stark, frankreich ist ein in weiten teilen von den nazis besetzt gewesen, der faschismus schien in europa siegreich zu sein...
 
Da es hier in der Diskussion ja nicht explizit und nur um den Faschismus geht und einer Analyse warum in Dtl und nicht woanders, womit ich mich noch nie aus eigenem Antrieb beschäftigt habe, möchte ich mich dann doch gern beteiligen.

Als besonders gravierendes Merkmal der anderen Dimension des Faschismus in Dtl. wird wiederholt der Holocaust angeführt, was ich etwas schwierig finde, denn Italien und Frankreich hatte ja durchaus Regierungen die dabei mithalfen (die Vichy-Regierung wurde schon sehr richtig angeführt). Ob nun Mittäterschaft oder eigene Initiative ist hierbei ein wesentlicher Zugang zu einer Bewertung der Qualitäten der Aktivitäten.
Denn wenn der Holocaust als Beispiel angeführt wird, um die schlussendliche besondere Stellung Dtl. in der Zeit des 3.Reiches herauszukristallisieren, womit ein "Sonderweg" überhaupt zu suchen wäre, dann sind mir diese Bemerkungen vielleicht gestattet, auch wenn ich nicht en detail dazu Fachwissen besitze.

Zum "Sonderweg" und den angeführten Punkten:
Es erscheint mir deswegen schwierig im HRRDN eine besondere Ursache und grundsätzliche Begründung für die Entwicklung hin zu einem Sonderweg zu finden, da zum Bsp. in Polen, Ungarn usw. ja auch relativ unabhängige Fürstenrepubliken existierten, welche die Entwicklung hin zur Nationalstaatlichkeit in beiden Fällen ebenso, im Detail natürlich grundverschieden behinderten. In Polen wie Ungarn wie im HRRDN wurde durch die Adelsrepublik in solchen Flächenstaaten eine große außenpolitische Instabilität befördert, welche Einflussnahmen von Außen ermöglichten. Da braucht auch das HRRDN nicht ausgeklammert werden, bis sich die Wahl aus den Reihen der Kurfürsten heraus zusehends etablierte, war ein König von Frankreich als Thronanwärter (jemand der sich zur Wahl stellte) nichts ungewöhnliches. Später beeinflusste das Ausland immerhin noch über die gewählten Kaiser (Karl VII. von Frankreich beeinflusst). Die Hinwendung zu einem Wählen aus den Reihen des eigenen Adels existierte in Polen (Stanislaus I. bspw.) ja auch... Dennoch entwickelten sich weder in Polen noch in Ungarn Tendenzen in der Prägung hin zu einem Faschismus und man spricht bei beiden Staaten von keinen "Sonderwegen".
Den Dualismus als kennzeichnenden Konflikt innerhalb eines Reiches würde ich nun auch oftmals in der Geschichte wiederfinden, wobei die Qualität des Konfliktes zwischen zwei Großmächten (P. u. Ö.) innerhalb eines Staatenverbundes natürlich besondere Aufmerksamkeit verdient, der ich mich auch bemühe, gerecht zu werden. :rotwerd:
Mich freut eine Diskussion auf so hohem Niveau stets.
 
Jugoslawien:
Letztendlich war das Todesurteil Jugoslawiens unterschieben als die Königsdiktatur ausgerufen wurde. Dadurch endete, z.B die Autonomie und Sellbstbestimmung Kroatiens. Nachdem Tito ähnlich autoritär regierte konnte der Friede zwischen den Nationalitäten nei wieder hergestellt werden. Eine Prise Demokratie und Föderalismus (was für mich zusammengehört) hätten den Staat wohl gerettet.
Föderalismus bedeutet für mich auch, der Toleranz eine Chance zu geben. In einem Föderalismus ist für mich die Chance eher gegeben, Ethnien unter einen Hut zu bekommen, ohne sie dazu zwingen zu müssen.
Betrachtet man Förderalismus also auch eine Chance und nicht bloß als Lähmung in der Entwicklung, so erscheint der "Sonderweg" vielleicht in einem ganz anderen Licht, nämlich die Konsequenz, dass der Nationalsozialismus am Ende dieses Weges stehen müsse, als gerade unlogisch. Es fragt sich vielmehr, ob eben die Fragestellung, ob Förderalismus denn zeitgemäß im nationalstaatlichen Zeitalter war, nicht vielmehr hin zum Nationalismus des 3. Reiches führte, als die Spaltung im HRRDN und im Deutschen Bund.
Die verschiedenen Ethnien die bis zum Ende des HRRDN (Tschechen, Italiener usw.) im Reiche lebten könnte man auch als eine Chance sehen. Ob diese nicht durch die zentrale "moderne" Verwaltung Österreichs bspw. ausgebramst wurde, wäre noch eine spannende Frage. ...:fs:
Ich sehe schon, es ist schwierig am Thema zu bleiben, das sich eigentlich auf alle Bereiche deutscher Geschichte ausweiten muss, um befriedigend beantwortet zu werden.
:winke:
 
Brissotin schrieb:
Als besonders gravierendes Merkmal der anderen Dimension des Faschismus in Dtl. wird wiederholt der Holocaust angeführt, was ich etwas schwierig finde, denn Italien und Frankreich hatte ja durchaus Regierungen die dabei mithalfen (die Vichy-Regierung wurde schon sehr richtig angeführt). Ob nun Mittäterschaft oder eigene Initiative ist hierbei ein wesentlicher Zugang zu einer Bewertung der Qualitäten der Aktivitäten.
Denn wenn der Holocaust als Beispiel angeführt wird, um die schlussendliche besondere Stellung Dtl. in der Zeit des 3.Reiches herauszukristallisieren, womit ein "Sonderweg" überhaupt zu suchen wäre, dann sind mir diese Bemerkungen vielleicht gestattet, auch wenn ich nicht en detail dazu Fachwissen besitze.

Was zum Begriff Faschismus: Faschismus wird vor allem für Italien zur Zeit Mussolinis benutzt. Der Nationalsozialismus hat zwar grosse Ähnlichkeit mit dem italienischen Faschismus und die Struktur der Fürherdiktatur war nach italienischem Vorbild. Die Entwicklung der nationalsozialistischen Herrschaftspraxis wich jedoch vom italienischne Typ stark ab. Mussolinis Faschismus bezog sich letztlich immer auf die Umwandlung des Staates, bei Hitler ging es von Anfang an um die Begründung eines Imperiums auf rassischer Grundlage, der Staat war nur Mittel zum Zweck.

Weder Italien noch Vichy Frankreich haben KZs gebaut. Von beiden ging keine eigeninitaitve aus, dies Initiative kam alleine von Nazi-Deutschland aus.
 
@ Ursi
Das ist mir alles klar, deswegen sage ich ja, dass man die Bewertung, vermutlich jeder für sich, selber machen muss, wie nun Mittäterschaft einzuordnen ist. Fakt ist halt, dass die Behörden, der verbündeten Regime nuneinmal oftmals mithalfen, sicherlich kein Ruhmesblatt für alle beteiligten Staaten und in der Frage um den "Sonderweg" aber auch nicht zu vernachlässigen, wie ich meine.

Die Großmachtpläne Italiens (ich denke da an eine Abbildung des Römischen Reiches zur Zeit Mussolinis an einer Häuserwand), Deutschlands und der anderen faschistischen Staaten soll auch im Detail hier wohl nicht Thema sein. Natürlich ist der Faschismus Italiens ein eigener Sonderfall (um ganz vorsichtig nicht wieder das Wort "-weg" in den Mund zu nehmen), dennoch spricht man häufig von faschistischen Staaten und vom faschistischen Deutschland (wenn ich mich richtig erinnere auch viel in der DDR-Literatur, deswegen weil das mein Zugang ist, rührt meine Verwendung des Begriffes.).

Ich will aber keine andere Debatte einschieben, also bitte das Statement nur zur Kenntnis nehmen, weil wir sonst vom interessanten Diskussionsfluss weg kommen. Wenn gewünscht, einfach eine PN an mich. Dankeschön.
 
Ich betrachte diese These als einer der vielen Versuche den Nationalsozialimus zu erklären.
Naja, ursprünglich wurde mit der These vom deutschen Sonderweg versucht die Überlegenheit des deutschen Kulturstaates zu begründen: die starke Monarchie mit ihrer Militärmacht und Bürokratie, ihrem Bildungswesen und Industrialisierungserfolg, sei und bleibe den westlich-parlamentarischen Staaten überlegen. Einen "Höhepunkt" dieser positiv besetzten Vorstellung vom deutschen Sonderweg stellten die "Ideen von 1914" dar, derzufolge es sich beim Ersten Weltkrieg um "Kampf der Kulturen" handelte sollte, in der es um die Selbstbehauptung der besonderen Eigenart einer deutschen Kultur gegenüber der westlichen "Zivilisation" ginge und der deutsche "Militarismus" einen unverzichtbaren Schutzwall für die deutsch bestimmte Kultur Mitteleuropas darstellen würde.

Nach 1945 geriet die Sonderwegsthese in den Fokkus der Kritik: "was bis 1945 als Königsweg gepriesen wurde, gilt uns heute eher als schwere Hypothek der deutschen Geschichte" (Heinrich August Winckler).
Also das mit der Glaubensspaltung und dem Dualismus verstehe ich. Allerdings, wodrauf bezieht sich Winkler bei dem Reichsmythos?
Zu S.657: Diese These halt ich für sehr gewagt. Ich meine, wenn es einen Sonderweg gibt, muss es rein Logisch einen "normalen" Weg geben. Das aber alle Geschichten Sonderwege sind und der deutsche Sonderweg, ein Sonderweg, von schon gesonderten Wegen ist, halte ich, festhaltend an dem Standpunkt, das es zu einem Sonderweg, einen normalen Weg geben muss, den ich nicht sehe, für nicht haltbar.
Ich bin auch skeptisch, ob es so etwas wie einen normalen Weg gibt.

Aber der Mythos "Sonderweg" kann auch in den Köpfen der Menschen Gestalt angenommen haben, die an diesen "Sonderweg" geglaubt haben, und somit über die Vorstellungswelt (mal als "Königsweg", mal als "Sündenbock") Folgen für die reale Welt erzeugt haben.

Und dann gibt es ja auch noch das Problem mit den Kontinuitäten und Diskontinuitäten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Deutscher Sonderweg

Ich mache gerade eine Präsentation über die Revolution 1848, mein Schwerpunkt ist, ob es sich hierbei um eine verpasste Gelegenheit handelt oder nicht.
Nun bin ich bei meinen Recherchen auf den Begriff "Deutscher Sonderweg" gestoßen, bei Wikipedia wird dies nur unzureichend erklärt, oder zumindest für mich nicht so verständlich. Bei google finde ich auch nicht wirklich viel...
Kann mir vielleicht hier jemand helfen und das erklären??
schon mal danke!!!
lg, Ebony
 
hab ich schon gelesen und da ist leider mit keinem Wort der deutsche Sonderweg erwähnt (außer unten in der Quellenangabe)
 
Der "deutsche Sonderweg" bezieht sich doch auf die frischgegründete BRD, die mit der sozialen Marktwirtschaft zwischen Kapitalismus und Kommunismus liegen wollte.
 
ich dachte mit Sonderweg ist der Weg Dtld.'s zur Dempkratie gemeint?? Einfach die Tatsache, dass in Dtld. alles viel später passiert ist, als z.B. in england und in Frankreich, weil die führenden Schichten eine sehr rückwärtsgerichtete Politik betrieben haben, siehe Bismarck... stimmt das jetzt oder nicht?
 
Du hast schon recht, aber diese Theorie, die maßgebend von Wehler vertreten wurde, wird von der Zunft nicht geteilt (vgl Wikipedia).

Die These vom deutschen Sonderweg will den Weg der Deutschen in die Katastrophe des Nationalsozialismus erklaeren: Die deutsche Geschichte war viel weniger demokratisch, weniger liberal gepraegt als die westeuropaeische und die Geschichte der USA. Dem Mangel an demokratischer und liberaler Tradition entsprach ein Zuviel an Untertanengeist, Nationalismus, Militarismus, Antisemitismus.

Diese These vom deutschen Sonderweg haben die Historiker der Nachkriegszeit vor allem an der Geschichte des Kaiserreiches festgemacht (Hans-Ulrich Wehler). Gruende waren: Die Geburt aus Eisen und Blut statt aus einer erfolgreichen Revolution; die Verpreussung Deutschlands; das Gewicht des ostelbischen Adels in Politik, Heer und Verwaltung.
Die Historiker sind in den letzten zehn Jahren erheblich abgerueckt von dieser These. Deutschland war seinen westlichen Nachbarn offenbar aehnlicher, als mit dieser These angenommen.

Deutsche Geschichte: 9. Das Kaiserreich - Aufstieg und Sturz 1871 - 1918
 
ah ok.. danke.
was wäre dann dein Tipp? sollte ich den Begriff dann lieber nicht in meiner Präsentation einbringen? Die werden mich danach ja sicherlich danach fragen.
Hier ein Ausschnitt aus meiner Präsentation:

Die Chance etwas zu verändern wurde also von den Revolutionären verpasst, denn 1871 bei der Reichsgründung Bismarcks standen nicht Freiheit und Demokratie im Mittelpunkt, sondern die Macht der Fürsten. Natürlich wäre ohne die Revolution von 1848 die Reichsgründung undenkbar gewesen und die nationale Einheit der Deutschen vielleicht auf ewig Utopie geblieben, doch täuscht dies nicht darüber hinweg, dass die Revolutionäre ihre Revolution vertan haben.
Ihre Verfassung war eine der fortschrittlichsten und demokratischsten Verfassungen der Welt. Wäre sie in Kraft getreten, so wäre den Deutschen wohl der verhängnisvolle „deutsche Sonderweg“ erspart geblieben.
Es hätte nicht dazu kommen können, dass im Kaiserreich die Nationalidee von der Idee einer freiheitlichen Verfassung getrennt wird und dass sich ein übersteigertes Nationalgefühl der Deutschen entwickelt, dass letztendlich zum Nationlsozialismus geführt hat.
Die Demokratie in Deutschland hätte viel eher garantiert werden können und nicht erst 100Jahre später, durch Eingreifen der alliierten Siegermächte.

wäre toll wenn du mir nochmal einen Tipp dazu geben könntest. Hab die Präsentation nämlich schon morgen und würde da ungern was sagen, was nicht mehr wirklich angesehen ist oder veraltet ist.
 
Wehlers Begriff vom "Sonderweg" impliziert ja, es hätte einen normalen Weg gegeben.
Schon England und Frankreich als wesentliche Beispiele für eine solche behauptete Normalität sind ja nun in vielen Punkten sehr unterschiedlich, diese als "westeuropäische Demokratien" zum Muster zu erheben ist m. E. recht fragwürdig.
Und nicht nur Deutschland, sondern auch die übrigen europäischen Länder weichen (teilweise deutlich stärker als Deutschland) von diesem "Muster" ab.

Am Ende bleibt dann, daß halt JEDES Land seinen speziellen Sonderweg gegangen ist. Und das macht den Begriff dann eigentlich wertlos.
 
@R.A.: Der Begriff "Sonderweg" ist keine Erfindung von Wehler und hat eine eigene Geschichte.

Ursprünglich wurde mit der These vom deutschen Sonderweg versucht die Überlegenheit des deutschen Kulturstaates zu begründen: die starke Monarchie mit ihrer Militärmacht und Bürokratie, ihrem Bildungswesen und Industrialisierungserfolg, sei und bleibe den westlich-parlamentarischen Staaten überlegen.

Einen "Höhepunkt" dieser positiv besetzten Vorstellung vom deutschen Sonderweg stellten die "Ideen von 1914" dar, derzufolge es sich beim Ersten Weltkrieg um "Kampf der Kulturen" handelte sollte, in der es um die Selbstbehauptung der besonderen Eigenart einer deutschen Kultur gegenüber der westlichen "Zivilisation" ginge und der deutsche "Militarismus" einen unverzichtbaren Schutzwall für die deutsch bestimmte Kultur Mitteleuropas darstellen würde.

Nach 1945 geriet die Sonderwegsthese in den Fokkus der Kritik: "was bis 1945 als Königsweg gepriesen wurde, gilt uns heute eher als schwere Hypothek der deutschen Geschichte" (Heinrich August Winckler).
 
Der Begriff "Sonderweg" ist keine Erfindung von Wehler ...
Da hast Du natürlich völlig recht, Danke daß Du meine Fehlformulierung korrigiert hast.

Mein Fokus war ja, den Begriff insgesamt in Frage zu stellen, egal wer ihn erfunden hat oder ob man ihn nun positiv oder negativ wertet.
 
Ich glaube, ihr bezieht euch evt. auf unterschiedliche Sichtweisen:

1. ein im Zeitablauf vorhandenes deutsches Selbstverständnis, in "Sonderheit" oder Abgrenzung gegenüber anderen Nationalstaaten

2. ein Erklärungsmodel analog Wehler für einen historischen Verlauf, also eine Charakterisierung aus der Retrospektive.

Ich habe R.K. so verstanden, dass er sich auf 2. bezieht.
 
@Silesia: so einfach lässt sich eben das eine (Selbstverständnis) vom anderen (Erklärungsmodell für die eigene Geschichte) nicht trennen. Vor 1945 galten die deutschen Besonderheiten in Deutschland gerade als Erklärungsmodell für den Erfolg des deutschen Kulturstaates. Heute beklagen manche Konservative, dass das "Sonderwegs"-Erklrärungsmodell zu sehr das deutsche Selbstverständnis präge. Es geht weniger um zwei "Sichtweisen", die ja ohnehin zwei Seiten einer Medaillien sind, als um die Metamorphose des "Sonderwegs"-Modells (vor 1945, nach 1945).


@R.A.: Die "Sonderwegs"-Diskussion nach dem Zweiten WK hat ja im Grunde nichts anderes gemacht als den vor der Katatsrophe von 1945 positiv gepriesenen deutschen "Sonderweg" neu zu bewerten. Dabei spielte nicht nur der Erklärungsversuch das Dritten Reichs (also die belastenden Momente) eine Rolle sondern spiegelbildlich hierzu auch die "verpassten Chancen" in der deutschen Geschichte für eine "normale" Entwicklung Deutschlands ohne Hitler so wie sich andere Länder durch die Probleme der 30er ohne einen "eigenen Hitler" schlugen.

Ich bin auch skeptisch, ob es für die Entwicklung eines Landes so etwas gibt wie einen "normalen" Weg. Dennoch bleibt ja der Befund, dass Deutschlands Entwicklung über Hitler in eine im Grunde doch für vergleichbare Staaten Europas beispiellose nationale Katastrophe, also eine Sondersituation, einmündete. Zu der sehr speziellen Situation muss aber auch ein Weg geführt haben. Wie soll man diesen Weg nennen? Letztlich ist da jeder Begriff angreifbar, wenn man zuviel in ihn hineinliest.

Ferner kann der Mythos "Sonderweg" auch in den Köpfen der Menschen Gestalt angenommen haben, die an diesen "Sonderweg" geglaubt haben, und somit über die Vorstellungs- und Gefühlswelt Folgen für die reale Welt erzeugt haben. - Freilich kann man in der Geschichte anderer Nationen und Völker in bestimmten Situationen auch wieder ganz ähnliche Gefühlswelten (also Gemeinsamkeiten) finden.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Silesia: so einfach lässt sich eben das eine (Selbstverständnis) vom anderen (Erklärungsmodell für die eigene Geschichte) nicht trennen. Vor 1945 galten die deutschen Besonderheiten in Deutschland gerade als Erklärungsmodell für den Erfolg des deutschen Kulturstaates. Heute beklagen manche Konservative, dass das "Sonderwegs"-Erklrärungsmodell zu sehr das deutsche Selbstverständnis präge. Es geht weniger um zwei "Sichtweisen", die ja ohnehin zwei Seiten einer Medaillien sind, als um die Metamorphose des "Sonderwegs"-Modells (vor 1945, nach 1945).

So sehe ich das auch, das war auch nicht als Vereinfachung gedacht. Dass es zwei Seiten einer Medaille sind, ergibt sich vielleicht auch aus dem zeitlichen Bezug.
Bemerkenswert erscheinen mir die zwei Blickwinkel, insofern dachte ich an eine Wandlung im Zeitablauf.
 
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