Der Krieg ist verloren!

muheijo

Aktives Mitglied
Mein Sohnemann hat mir die Frage gestellt, ab wann denn die Deutschen sich im Klaren darueber waren, dass der Krieg verloren gewesen sei.
So genau konnte ich es nicht beantworten:

Gemeinhin wird ja Stalingrad als ein Wendepunkt angesehen - sah man dass damals auch schon so? Oder schon frueher oder erst spæter?

Kann man diese Einsicht an einem Ereignis festmachen?

Wie gross mag die Zahl der "Endsieg"-Glæubigen noch gewesen sein, z.B. Anfang 1945?
Und nicht zuletzt: Wie war das bei Hitler selbst: Wenn er den Glauben an den Endsieg nicht verloren hætte, hætte er keinen Selbstmord gemacht. Wann kam bei Ihm die Ueberzeugung, dass alles verloren war?
Wann bei den Generælen?

Gruss, muheijo
 
Einige Hellsichtige haben das schon festgestellt, als der Angriff auf die Sowjetunion begann, ohne den Krieg im Westen zu beenden. Andere als dann wenig später den USA der Krieg erklärt wurde. Spätestens mit Stalingrad und dem Verlust von mehreren Hunderttausend Mann in Nordafrika hätte es jedem klar sein können. Unter den Offizieren haben schon 1943 unter der Hand viele über die negative Entwicklung und die Notwendigkeit den Krieg zu beenden gesprochen. Mein Großvater Mütterlichseits hat zur Mitte des Krieges begonnen Silbergeld zu horten und Essensreserven anzulegen. Und dass, obwohl er ein überzeugtes Parteimitglied war.

Mein Vater, damals noch ein Kind, zum Kriegsende aber schon Soldat und bis zum Ende treu ergeben, erinnert sich an eine Diskussion mit einen Nachbarsjungen der ihm schon ende 43 oder Anfang 44 reinen Wein einschenkte (und dabei auch über den Mord an den Juden sprach). Das war für mein Vater damals so schockierend, dass es sich ihm eingeprägt hat. Überzeugt hat es ihn jedoch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erste Zweifel kamen Ende 1941/Anfang 1942 auf. Vielen aber war seit der Doppelkatastrophe von Stalingrad und Tunis klar, das der Vorhang fallen wird. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Das haben mir so zumindest meine Verwandten erzählt, von denen 2 bei Stalingrad in Gefangenschaft geraten sind.
 
Mein Sohnemann hat mir die Frage gestellt, ab wann denn die Deutschen sich im Klaren darueber waren, dass der Krieg verloren gewesen sei.
Gruss, muheijo

Das ist wohl völlig unterschiedlich. Für die einen war der Krieg schon am 3.9.39 verloren, andere haben noch im April 45 an den Endsieg geglaubt.

Ich denke mal, dass Hitler im Dezember 1941 den Krieg als verloren abtat. Sein originäres Kriegsziel, die Zerschlagung der Sowjetunion, war vor den Toren Moskaus gescheitert.

Wie schrieb Sebastian Haffner sinngemäß: Der Sinn des Krieges war Hitler dadurch abhanden gekommen, jetzt war eh' schon alles wurscht, also Kriegserklärung an die USA, Endlösung der Judenfrage, und dann mit wehenden Fahnen in den Abgrund.
 
Jacobum schrieb:
Wie schrieb Sebastian Haffner sinngemäß: Der Sinn des Krieges war Hitler dadurch abhanden gekommen, jetzt war eh' schon alles wurscht, also Kriegserklärung an die USA, Endlösung der Judenfrage, und dann mit wehenden Fahnen in den Abgrund.

Das hat Haffner aber grob vereinfacht.
 
Ich denke mal, dass Hitler im Dezember 1941 den Krieg als verloren abtat.

So frueh "schon"? Dann war er ja realistischer, als ich immer annahm.
Umso schlimmer, dass der Krieg dann noch 3 1/2 Jahre fortdauerte - und "alle" machten mit.

Wie war es auf alliierter Seite, ab wann war man siegessicher? Zum gleichen Zeitpunkt?

Gruss, muheijo
 
Mit dem Kriegseintritt der USA war man sich seiner Sache wohl sicher. Die entsprechenden Daten gaben ganz unmissverständliche Auskünfte. Es war "nur" noch eine Frage der Zeit.
 
Mit dem Kriegseintritt der USA war man sich seiner Sache wohl sicher. Die entsprechenden Daten gaben ganz unmissverständliche Auskünfte. Es war "nur" noch eine Frage der Zeit.

Aus den Churchill War Papers wird seine Reaktion am 7.12.41 deutlich. Der Krieg konnte nicht mehr verloren werden.
 
Mein Sohnemann hat mir die Frage gestellt, ab wann denn die Deutschen sich im Klaren darueber waren, dass der Krieg verloren gewesen sei.
So genau konnte ich es nicht beantworten:

Gemeinhin wird ja Stalingrad als ein Wendepunkt angesehen - sah man dass damals auch schon so? Oder schon frueher oder erst spæter?

Kann man diese Einsicht an einem Ereignis festmachen?

Wie gross mag die Zahl der "Endsieg"-Glæubigen noch gewesen sein, z.B. Anfang 1945?...

DIE DEUTSCHEN dürften das sehr unterschiedlich gesehen haben. Wer an der Ostfront eingesetzt war, dürfte das sehr viel realistischer gesehen haben, als diejenigen, die - wie es damals hieß - an "der Heimatfront" waren.
Meine Großmutter väterlicherseits (bei Kriegsende so ungefähr 21 oder 22 Jahre alt) hat jedenfalls noch bis fast zum Schluß an "die Wunderwaffe" und damit an "den Endsieg" geglaubt - hat sie erzählt. Ob sie dann noch daran geglaubt hat, als sie aus ihrer Heimat, der Neumark, flüchten mußte, weiß ich nicht.

...Ich denke mal, dass Hitler im Dezember 1941 den Krieg als verloren abtat. Sein originäres Kriegsziel, die Zerschlagung der Sowjetunion, war vor den Toren Moskaus gescheitert.

Wie schrieb Sebastian Haffner sinngemäß: Der Sinn des Krieges war Hitler dadurch abhanden gekommen, jetzt war eh' schon alles wurscht, also Kriegserklärung an die USA, Endlösung der Judenfrage, und dann mit wehenden Fahnen in den Abgrund.
Aber wie ist dann zu erklären, daß in Dokusendungen im Fernsehen immer gesagt wird, daß bei diversen Niederlagen der Wehrmacht "...Hitler tobte..."
Wie ist das psychologisch zu erklären, wenn er ohnehin keine Hoffnung auf Erfolg mehr hatte?
:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber wie ist dann zu erklären, daß in Dokusendungen im Fernsehen immer gesagt wird, daß bei diversen Niederlagen der Wehrmacht "...Hitler tobte..."
Wie ist das psychologisch zu erklären, wenn er ohnehin keine Hoffnung auf Erfolg mehr hatte?
:grübel:
Das eigene Überleben hinauszuzögern möglicherweise??? Wie sagte Göring (???) - glaube ich - später: "wenigstens 12 Jahre gut gelebt"!

Meine Großmutter väterlicherseits (bei Kriegsende so ungefähr 21 oder 22 Jahre alt) hat jedenfalls noch bis fast zum Schluß an "die Wunderwaffe" und damit an "den Endsieg" geglaubt
Meine Grossmutter (meine Mutter war damals etwa 12 Jahre alt) - und vor allem ihr bei der FLAK um Berlin eingesetzter Ehemann (also mein Grossvater = Opa) - glaubte bis zuletzt an Hitlers "Wunderwaffe", die den Endsieg bringen wird... ;)



Saludos!
 
Das eigene Überleben hinauszuzögern möglicherweise??? Wie sagte Göring (???) - glaube ich - später: "wenigstens 12 Jahre gut gelebt"!...

Nein. Ich habe diese Nacht einmal über diese Frage nachgedacht, warum die Nazi-Obersten trotz der aussichtslosen Lage an den Fronten diese "Wunderwaffe" bis zum Schluß so stark propagiert haben und stets gemeint haben, "wenn wir die "Wunderwaffe" erst haben, dann können wir den Krieg noch gewinnen.
Alles "nur Propaganda"?
Ich denke nein, denn:
Irgenwann hat es bei mir "klick" gemacht und ich bin nun zu dem Schluß gekommen, daß Hitler, Göring, Göbbels, Himmler etc. pp bis kurz vor Kriegsende wahrscheinlich selbst noch vom >Endsieg< überzeugt waren, wenn sie die "Wunderwaffe" erst gehabt hätten.

Dazu muß man sich vergegenwärtigen, was unter der "Wunderwaffe" zu verstehen ist:
Was war Hitler denn so wichtig, daß er Himmel und Hölle in Bewegung setzte?
Antwort: Die >V-Waffen<
Wernher von Braun hat sie ihm gebaut und sie funktionierten. In einer Doku, die gerade erst wieder mal lief, hieß es: Hitler soll zu Wernher von Braun gesagt haben, wenn es soweit sei, dann benötigte er Tausende davon.
Aber waren die tatsächlich eingesetzten >V-Waffen< bereits die versprochenen "Wunderwaffen"?
Antwort: Nein. Sie richteten nicht genügend Zerstörung an, um den Krieg gewinnen zu können. Sie waren somit nur ein Teil seines Konzeptes für eine "Wunderwaffe". Was da im 2. WK tatsächlich lief, war sozusagen nur ein "abgespecktes Programm". Es fehlte noch der "richtige Sprengstoff" dafür.

Kommt ihr selbst drauf, was das gewesen sein könnte?
Ich muß zugeben, je mehr ich darüber nachdenke, um so komischer wird mir in der Magengegend... :hmpf:
 
Ich habe diend Zerstörung an, um den Krieg gewinnen zu können. Sie waren somit nur ein Teil seines Konzeptes für eine "Wunderwaffe". Was da im 2. WK tatsächlich lief, war sozusagen nur ein "abgespecktes Programm". Es fehlte noch der "richtige Sprengstoff" dafür.

Kommt ihr selbst drauf, was das gewesen sein könnte?
Ich muß zugeben, je mehr ich darüber nachdenke, um so komischer wird mir in der Magengegend... :hmpf:

Stimmt schon.
Diese ganzen Mittelstreckenraketen wie die V2/A4 eine war, machen ohne Atomsprengkopf keinen Sinn.
Hat ja auch der 1. Golfkrieg wieder gezeigt.

Aber die Nazis hatten keine.
Es fehlte allem nach auch die zielstrebige Entwicklung in diese Richtung.,

Da war dem Hitler wohl die Ideologie im Weg. Kernforschung galt als "jüdische Wissenschaft".,

Der Karlsch "Hitlers Bombe" hat da jüngst ja einiges neu entdeckt, Weizsäckers "Plutonium Patent", dann den Atomreaktor bei Berlin. Aber bei der "Hohlladungs-Atombombe" Diebners hat er sich aus Marketing-Gründen sehr weit aus dem Fenster gewagt, und ist "rausgefallen".

Auf alle Fälle ist die "Verweigerung" der dt. Kernforscher so nicht mehr haltbar, es fehlte eher am "Auftrag" zur Entwicklung.
 
Na ich weiß nicht. Ein entsprechender "Paul Schröder" findet sich jedenfalls weder bei Wiki und auch sonst nicht bei Google.
:S
 
Repo schrieb:
Da war dem Hitler wohl die Ideologie im Weg. Kernforschung galt als "jüdische Wissenschaft".,

Hitlers Ideologie hat ihn aber nicht veranlasst die Arbeiten des Uranvereins zu behindern oder gar zu unterbinden. So hat Speer beispielsweise am 23.Juni 1942 Hitler dahingehend orientiert, das es wohl zu keinem einsatzfähigen Kriegsmittel mehr käme. Und trotzdem hat Speer dem Projekt die allerhöchste Dringlichkeit verliehen.
 
Mein Sohnemann hat mir die Frage gestellt, ab wann denn die Deutschen sich im Klaren darueber waren, dass der Krieg verloren gewesen sei.
So genau konnte ich es nicht beantworten:

...

Kann man diese Einsicht an einem Ereignis festmachen?

Wie gross mag die Zahl der "Endsieg"-Glæubigen noch gewesen sein, z.B. Anfang 1945?
Und nicht zuletzt: Wie war das bei Hitler selbst: Wenn er den Glauben an den Endsieg nicht verloren hætte, hætte er keinen Selbstmord gemacht. Wann kam bei Ihm die Ueberzeugung, dass alles verloren war?
Wann bei den Generælen?

Gruss, muheijo

@muheijo

Meine persönliche Meinung, nicht gestützt auf Literatur und Quellen.

Der Krieg war verloren, als er begann. Kein strategisches Ziel wurde erreicht. Weder ein endgültiger Sieg im Westen, noch ein Sieg im Osten wäre realiter erreichbar gewesen.

Churtchill sinngemäß: "Dann führen wir den Krieg von Kanada aus weiter".

Wann die Protagonisten zu der Einsicht kamen, daß der Krieg verloren ist, da haben meine Mitdiskutanten Dir schon Etappen genannt. Selbst Tagebücher und familiäre Überlieferungen helfen da nicht weiter, da, mit Verlaub, sie Exculpationsmechanismen enthalten.

Warum die Soldaten bis zum Ende kämpften, obwohl die Niederlage greifbar war, ich weiß es nicht, vllt. aus Eigendynamik, vllt. aus Angst, weil sie in Verbrechen involviert waren oder von ihnen wußten, ideologischer Verblendung? Ich fürchte, da kann Deinem Sohnemann niemand ein exaktes Datum nennen.

@Repo

Richtig. Da ist wiedereinmal Karlsch aus dem Fenster gepurzelt. Wir waren an der gleichen Fakultät, er ein paar Semester über mir, der war sich noch nie zu schade für ein Marketing-Gag.

M. :winke:
 
Na ich weiß nicht. Ein entsprechender "Paul Schröder" findet sich jedenfalls weder bei Wiki und auch sonst nicht bei Google. :S

stimmt, bei Wiki finde ich auch nichts; bei google nur, wenn ich "Dr. Paul Schröder, Peenemünde" eingebe. Und dann auch nur den o.g. Bericht von verschiedenen Zeitungen. Ich bin mir nicht sicher, ob das ganze echt ist, oder evtl. ein PR-Gag. :rotwerd:
 
Der Krieg war verloren, als er begann. Kein strategisches Ziel wurde erreicht. Weder ein endgültiger Sieg im Westen, noch ein Sieg im Osten wäre realiter erreichbar gewesen.

Eine durchaus zutreffende Feststellung. Sie gilt für die politische Dimension, bei der Hitler eine Fehleinschätzung der Westmächte vornahm (nochmal der Link auf das neue Buch von Müller;) und nein ich bekomme keine Prozente, aber bei google ist das Buch noch nicht gelistet)

Der Feind steht im Osten: Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939: Amazon.de: Rolf-Dieter Müller: Bücher

Und es galt auch in Bezug auf die militärökonomische Dimension, obwohl Hitler wie keinem seiner Generale sonst, die ökonomische Dimension seines Krieges sehr deutlich bewußt war. Es belegt den verzweifelten Versuch Hitlers (allerdings durchaus nicht den effizientesten) das kurzfristig verfügbare deutsche ökonomische Potential für die angestrebten Blitzkriege zu mobilisieren.

Ökonomie der Zerstörung: die ... - Google Bücher

Es war, wie Göring es (in einem offensichtlichen klaren Moment) so weitsichtig und zutreffend formuliert hat, ein Vabanque-Spiel, das Hitler am 01. September 1939 begann.

Und mit der Niederlage vor Moskau im Winter 41 und dem Eintritt der USA in den Krieg waren die Würfel gegen Hitler endgültig gefallen und sein bisheriges "Kriegs-Glück" wendete sich gegen ihn und dieses haben die scharfsinnigeren Beobachter im 3. Reich auch erkannt.
 
Zurück
Oben