Der Kult der Offensive

Im Gewirr der Schützengräben erwies sich die Defensive als die vorteilhaftere Form der Kriegsführung. Dennoch bot die Offensive auch unter diesen ungünstigen Bedingungen dem Angreifer Vorteile: Die angreifende Seite bestimmte das Gesetz des Handelns. Der Angreifer bestimmte Ort, Iniative und Zeit einer Offensive. Der Angreifer agierte, der Verteidiger reagierte auf Attacken. Die Deutschen hatten fast ganz Belgien und große Teile Nordfrankreichs besetzt, und um das besetzte Territorium zurückzuerobern, waren die Allierten gezwungen, anzugreifen. Die Deutschen besetzten meistens taktisch vorteilhafte Geländepunkte, und an der Westfront hielten sie sich, abgesehen von der Schlacht von Verdun 1916, an eine defensive Taktik und richteten sich darauf ein, sehr lange Zeit einen bestimmten Punkt zu halten. Die Briten und Franzosen dagegen hatten in den ersten Kriegsjahren große Probleme, zuzugeben, über einen langen Zeitraum ausharren zu müssen. Die Schützengräben und Grabensysteme wurden häufig nur provisorisch ausgebaut. Die öffenliche Meinung drängte darauf, Belgien und Nordfrankreich zu befreien und wollte sich nicht eingestehen, dass die Front erstarrt war.
 
... Die Deutschen hatten fast ganz Belgien und große Teile Nordfrankreichs besetzt, und um das besetzte Territorium zurückzuerobern, waren die Allierten gezwungen, anzugreifen. Die Deutschen besetzten meistens taktisch vorteilhafte Geländepunkte, und an der Westfront hielten sie sich, abgesehen von der Schlacht von Verdun 1916, an eine defensive Taktik und richteten sich darauf ein, sehr lange Zeit einen bestimmten Punkt zu halten. ....
Was natürlich absolut nicht der Planung entsprach.
Die vollständige offensive Niederwerfung Frankreichs innerhalb von Monaten, angesichts der Gefahr am anderen Ende des Kaiserreichs durch die "Russische Dampfwalze", war Kern des gescheiterten Grundplans.
Der moderne Krieg dieser Zeit bezog seine Schlagkraft auch wesentlich von schnellem Transport und schneller Kommunikation.
(Das hängt ja zusammen, denn wenn man geschichtlich einmalig schnell, einmalig große Armeen konzentrieren kann, dann braucht es ja eine entsprechende Möglichkeit der Koordination, deren Grundlage die Kommunikation ist. Vor allem (bereits) verlegte Leitungen, und zur Not auch das abhörbare "Funkentelegramm".)
Mit der steigenden Entfernung des, zunächst, erfolgreichen Angreifers von den eigenen Versorgungszentren dieser Möglichkeiten sank auch dessen Kraft beträchtlich.
 
Moltke ist gescheitert, das ist Fakt.

Ob er aber scheitern musste, wäre eine weitergehende Aussage, die sich mit der Zwangsläufigkeit befasst. Dazu ein Gedanke.

Schlieffens Plan ist auch als erhöhte Anforderung an die Heeresrüstung interpretiert worden (und war so auch gemeint). Das stand ua. in Konkurrenz zur Marinerüstung.

Joffre suchte die Entscheidungsschlacht, fixierte sich, und wich nicht weiter aus. Ob Kommunikation oder Versorgung auf deutscher Seite letztlich ausschlaggebend waren, bleibt offen (auch vor dem Hintergrund der "Rochade"-versuche und den Ereignissen in Elsass-Lothringen).

Entscheidend war vor allem, dass 4-5 Armeekorps fehlten. Und um mit Moltke d.Ä. zu argumentieren: ein Fehler in der Aufstellung lässt sich im Gefecht nicht korrigieren. Das wäre in dem Sinne hier anzuwenden, dass rüstungsseitige Entscheidungen andere Gewichte hervorbrachten, sozusagen der "Materialtausch" 6 dreadnoughts=4 Armeekorps.

Damit lief es dann so ab, wie bekannt. An der Marne und mit dem berüchtigten "Armeeloch" (1./2.) in der Überdehnung war dann Schluss. Es folgten 4 Jahre an 3-4 größeren Fronten in Europa.
 
Zurück
Oben