Der Minnesang/Die Minnelieder

Themistokles schrieb:
Also ursprünglich Anbetung im Dunkeln und später vornehmlich in Männerrunde vorgetragen um sein Selbstwertgefühl nicht durch die Tat an sich, sondern den Applaus der anderen Ritter.
Das man mit der Minne tatsächlich etwas bei der Frau erreichen wollte (und schaffte) ist mir neu.
...
Langsam entwickelt sich eine Vorstellung bei mir.

Naja, die hohe frouwe, die besungen wurde, sollte den Vortrag schon selbst hören - also nichts mit reiner Männerrunde... ;)
Die Erfüllung des Begehrens war jedoch überdies nicht gewollt und auch nicht Ziel - steht doch alles auf der von mir zuvor verlinkten Seite...
 
timotheus schrieb:
Die Erfüllung des Begehrens war jedoch überdies nicht gewollt und auch nicht Ziel - steht doch alles auf der von mir zuvor verlinkten Seite...
Stimmt, aber folgende Worte von Ning haben mich stutzig gemacht:
Ning schrieb:
Eigentlich ein Notstand (...) der durchaus zu Intimitäten führen durfte
Also Erfolg erwünscht aber nicht beabsichtigt?
 
Themistokles schrieb:
Also Erfolg erwünscht aber nicht beabsichtigt?

nein, Themi, sorry, lass dich nicht verwirren. So, wie du das schreibst, stimmts nicht.
Timo hat das hohe Ideal beschrieben - halte dich daran.
Es ging nicht darum (analog zu Deinem irrigen Bild des Balkonsängers im Mondenscheine), hierbei ein Mädel rumzukriegen. Wir bewegen uns ausschließlich in ritterlichen Ehrenkreisen: Es ging um Minnedienst an einer hohen frouwe, die nicht selten, wenn nicht meist die Ehefrau des Herren war, dem man mit Gut und Leben verpflichtet war. Also nochmal: auch Dem Herren jener Frouwe gereichte der Minnedienst und -sang zur Ehre. Besonders dann, wenn es ein berühmter Sänger war ...

Die Realität war dann mitunter, wie ich wage überzeugt zu behaupten, fließend. Und ein möglicherweise entstandener "Erfolg" (einer Liebesnacht) war kein öffentliches Thema. Ob's problematisch wurde, muss man im einzelnen prüfen. Da werden schon Duell- bzw. Turnierforderungen entstanden sein. Viele Minnesänger mussten viel reisen (also des öfteren und flugs Abschiedd nehmen von einem Hof), andere hatten des Wohlwollens genug und sexuelle Toleranz war im Mittelalter nicht nur eine Notwendigkeit für Ehe-Frouwen, sondern vice versa für die Herren der Schöpfung (wie mir deucht)
 
Inwiefern parodiert Neidhart Walthers klassischen Minnesang?

Habe in einer Woche eine mündliche Prüfung :grübel:und muss schnell noch herausfinden, inwiefern der Minnesänger Neidhart in seinen Liedern den traditionellen Minnesang (das Minnereflexionslied) Walthers von der Vogelweide parodisiert.

Zudem stellt sich die Frage, wie Walther und wie Neidhart mit den Rollen umgehen. Denn der traditionelle Minnesang ist ja keine Erlebnislyrik, sondern Rollenlyrik...

Kann jemand mir vielleicht helfen??
Wäre sehrsehr toll:)..:yes:

LG
 
Habe in einer Woche eine mündliche Prüfung :grübel:und muss schnell noch herausfinden, inwiefern der Minnesänger Neidhart in seinen Liedern den traditionellen Minnesang (das Minnereflexionslied) Walthers von der Vogelweide parodisiert.

Zudem stellt sich die Frage, wie Walther und wie Neidhart mit den Rollen umgehen...

Einerseits bin ich ein strikter Verfechter, sich derartige Dinge selbst zu erarbeiten, andererseits kann und will ich niemandem Hilfe verweigern, soweit ich solche zu geben imstande bin.

Aus diesem Grund an der Stelle eine kleine Hilfestellung: Hohes Mittelalter
Und besonders ineressant sind dort dann natürlich Walther und Minnesänger - Neidhart
Zwei Passagen jeweils daraus:
Walther schrieb:
...
Vollender und zugleich Überwinder der stilisierten höfischen Minnehaltung (Unerreichbarkeit der frouwe); stattdessen Wärme des Gefühls, Synthese von Sinnenfreude und gleichberechtigter Zuneigung. Daneben erstmals politische Spruchdichtung als Waffe im Verteidigungskampf des Kaisers gegen die Machtansprüche des Papstes. Sein Alterswerk ist bestimmt durch Trauer über den Verfall der höfischen Kultur und den Niedergang des Reiches, durch Resignation und Weltabsage.
...
Neidhart schrieb:
...
Thematisiert wird der Niedergang der höfischen Welt: originelle Übertragung der Grundsituation des höf. Minnesangs auf eine bäuerliche Umgebung. Die Minnedamen des ritterl. Sängers sind Bauernmädchen, seine Konkurrenten Bauernburschen, Schauplatz ist das Dorf: Zum ersten Mal in der dt. Dichtung wird die bäuerl. Sphäre zum Gegenstand der Literatur. Liedtypen: Sommerlieder (Inhalt: Bauernmädchen wollen beim Tanz im Freien Gunst des Ritters erringen: auf den Kopf gestellte Minnesituation!); Winterlieder (Tanz in der Bauernstube; Ritter ist der Werbende; derbes Milieu; in den "Trutzstrophen" Polemik der Bauernburschen gegen "Neidhart"). In einer Reihe von Liedern Weltabsage.
...
 
Danke dir für die Mühe Timotheus!!

Du schreibst ja auch, das Walther dem Gefühl einen hohen Stellenwert gibt..
Könnte man auch von Ansätzen von Erlebnislyrik bei Walthers Liedern sprechen?
Oder ist der Minnesang bis Neidhart durchgängig Rollenlyrik?

Und weiß wer vielleicht ein konkretes Beispiel, wie sich Neidhart auf Walther bezieht?
 
Danke dir für die Mühe Timotheus!!

Keine Ursache :fs:

Du schreibst ja auch, das Walther dem Gefühl einen hohen Stellenwert gibt..

Das schreibe nicht ich, sondern die Autoren der verlinkten Seite.

Könnte man auch von Ansätzen von Erlebnislyrik bei Walthers Liedern sprechen?
Oder ist der Minnesang bis Neidhart durchgängig Rollenlyrik?

Vom Beginn einer Erlebnislyrik sprechen wir eigentlich erst mehr als 500 Jahre, ja fast 600 Jahre (wenn wir uns auf sein etwaiges Geburtsjahr beziehen) nach Walther - nämlich ab der Phase Sturm und Drang, also 1770 und später (ergo ab Epoche der Aufklärung).
Minnesang ist Rollenlyrik und Gesellschaftskunst - vgl. dazu http://www.slm.uni-hamburg.de/ifg1/Personal/Henkel/Seminarmaterial/WS-06-07/VL_A_Minnesang_etc_6.pdf (Seite 2).

Zum Ausgangspunkt bzgl. Walther und Neidhart sehe ich den Unterschied eben darin, daß Walther im höfischen Umfeld agiert, während Neidhart seine Lyrik ins bäuerlich-dörfliche Milieu verlagert.
 
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