Der Müller - Warum ein unehrlicher Beruf?

Artefakt

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Hallo Forum,

im MA galten verschiedene Berufe als "unehrlich"- was nicht "unehrlich sein" im heutigen Sinne bedeutet hat. Das Wort "Ehre" lag dem zugrunde. Henker, Abdecker u. A. waren unehrliche Berufe - soweit nachvollziehbar.
Ich begreife allerdings nicht, warum auch der Müller nicht als ehrbar galt.

Soweit ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, weiß ich:

Je nachdem, wie hart der Mühlstein war, wurde Steinmehl beim Mahlvorgang abgerieben eingemischt. Zudem soll es Usus gewesen sein, dass der Müller das Gewicht des Mehles mit Steinchen aufgefüllt hat - bis an die Grenze der Strafbarkeit.
Der Mühlenbann zwang die Bauern ihr Korn in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. Es gab keine freie "Müllerwahl" - Wie es bei uns bis vor kurzem keine freie Schornsteinfegerwahl gab.

Das Einfließenlassen von minderwertigen Stoffen - oder das Einbehalten von (in dem Fall) Mehl war sicher nichts Ungewöhnliches.
Warum waren Gold- und Silberschmiede ehrbar?

Müller durften sich nicht in einer Zunft organisieren - und ich frage mich warum.

Der Zwischenschritt von Korn zum Mehl müsste doch in einer christlichen Gesellschaft schon fast eine heilige Handlung gewesen sein?

Es gibt ein Buch zum Thema: Von der Mühle in der Stadt, von Ilka Göbel - Leider konnte ich es bisher noch nicht lesen.

Und es gibt eine interessante Website:
Stadt Gtersloh - Eine lange Tradition - Wassermühlen an der Dalke

Auf dieser Seite ist auch von vielen anderen Mühen zu lesen (weil man bei dem Wort Mühle zunächst an Mehl denkt. Aufgezählt werden u. A. Flachs- u. Hanfmühlen, Lohmühlen, Öl-, Knochen- u. Seifenmühlen)


Ich freue mich eure Vermutungen zu hören. Vielleicht gibt es zum Thema auch etwas Konkretes zu sagen?

Schöne Grüße Arti
 
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Und es gibt eine interessante Website:
Stadt Gtersloh - Eine lange Tradition - Wassermühlen an der Dalke

Auf dieser Seite ist auch von vielen anderen Mühen zu lesen (weil man bei dem Wort Mühle zunächst an Mehl denkt. Aufgezählt werden u. A. Flachs- u. Hanfmühlen, Lohmühlen, Öl-, Knochen- u. Seifenmühlen)
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Schöne Grüße Arti

Danke für den schönen Link.
(Es gibt auch Mühlenbann, Mühlenvogt, und Kunden-, Tausch- und Handelsmüllerei.)

Grüße hatl
 
Guten Morgen hatl,

ich freue mich über deinen post!
Vom Mühlenbann schrieb ich in meiner Frage. Es gab keine freie Mühlenwahl - Die Bauern mussten ihr Getreide in bestimmten Mühlen abliefern.
Der Mühlenherr - oder der Mühlenvogt (ich vermute, damit ist dieselbe Funktion gemeint), war der Ratsherr, der die Kontrolle über die Mühlen seines Bereiches hatte.


Aber warum galt nun der Beruf des Müllers als "unehrlich" - also nicht als ehrbar?

Ich poste eine Vermutung (und bitte alle Müller um Entschuldigung).
War es vielleicht so, dass der Müller und seine Gesellen weniger mit dem Kopf, sondern vor allem mit Muskelkraft gearbeitet haben?
Die Arbeit des Müllers war sehr hart. Es wurde ja nicht nur Getreide in einen Trichter geschüttet - Die schweren Mühlsteine mussten häufig gewechselt (und geschliffen) werden (je nach Art des Steines).

In Krabat wird die Mühle mit Hexerei in Verbindung gebracht.
Der Mülller war abhängig von Wind oder Wasser. (Abgesehen die Mühlen, die von Mensch oder Tier in Bewegung gesetzt wurden.)

Liegen die Gründe dafür, dass sich die Müller nicht in einer Zunft organisieren durften, hier? (Vermeintlich simple, von den Elementen abhängige Arbeit)

Ohne eigene Zunft, das bedeutete keine Stimme im Unteren Rat der Stadt haben, nicht für sich Politik machen können.

Grüße
Arti
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine weitere Rolle könnte der Standort gespielt haben, die meisten Mühlen wurden mit Wasserkraft betrieben, das bedeutete, eine Mühle konnte gewöhnlich nur an Orten erbaut werden, wo es einen Fluss gab.

Auffallend ist zumindest, dass die Berufe, die am Fluss angesiedelt waren, z. B. die Gerber alle ein etwas zwielichtigeres Image haben, auch wenn sie nicht als ehrlos galten.
 
Vielleicht war es doch ganz einfach die "Unehrlichkeit" im Wortsinn. Es wurden den Müllern ja häufig kleinere und größere Betrügereien unterstellt. Für einen Bauern, der beispielsweise 4 Sack Getreide beim Müller abliefert und statt der erwarteten 2 Sack Mehl nur einen erhält, wird es vermutlich sehr schwierig werden, dem Müller die Unterschlagung hieb und stichfest nachzuweisen. Vor allem dann, wenn bei diesem Müller bei keinem seiner Kunden die Ausbeute höher liegt.
Der Müller war ja nicht Produzent und Verkäufer seines eigenen Produkts, sondern "nur" Konfektionierer. Er arbeitete mit einem fremden Produkt. Der Besitzer des Produkts (Bauer) hatte sicherlich oft genug Grund, da misstrauisch zu sein.
 
Die meisten Mühlen waren im FNZ und MA nicht Eigentum eines Müllers sondern eines Adeligen, bzw. Landesherren, der diese dann an einen Müller verpachtete (Pachtmüller). Die wenigen Eigenmüller mussten sich jedoch auch mit der Obrigkeit gutstellen, um einen möglichst großen Mühlenbann zu bekommen, also dass möglichst viele Personen verpflichtet waren, in ihrer Mühle mahlen zu lassen. Diese wirtschaftliche Mittelstellung zwischen Obrigkeit und "normaler Bevölkerung" verbunden mit Betrugspotential und dem unbeliebten Mühlenbann könnte ein Grund gewesen sein, warum der Beruf - zumindest zeitweise und regional - als unehrlich galt.

Ein weiterer Grund könnte gewesen sein, dass Mühlen oft außerhalb eines Dorfes oder einer Stadt lagen. Personen, die außerhalb einer Siedlung lebten oder arbeiteten, wurden in einer Ständegesellschaft häufig misstrauisch betrachtet. Auch der Beruf des Schäfers galt daher oft als "unehrlich".
 
Eine weitere Rolle könnte der Standort gespielt haben, die meisten Mühlen wurden mit Wasserkraft betrieben, das bedeutete, eine Mühle konnte gewöhnlich nur an Orten erbaut werden, wo es einen Fluss gab.

Auffallend ist zumindest, dass die Berufe, die am Fluss angesiedelt waren, z. B. die Gerber alle ein etwas zwielichtigeres Image haben, auch wenn sie nicht als ehrlos galten.
Genau das mag der eigentliche Grund für die Ausgrenzung gewesen sein, die Gerüchte schürende Abgeschiedenheit.(wie auch von Ugh Valencia erwähnt) Zudem der Neid, wenn es dem Müller gut ging. Üble Nachrede nimmt am liebsten Beschuldigungen wegen angeblicher Unmoral oder wegen unangenehmer Gerüche.

Da kommt mir Die Schöne Müllerin in den Sinn, ein Liederzyklus von Schubert, in dem der Müllergeselle wegen seinem Beruf sogar von der Tochter des Müllers verschmäht wird. Sie wählt lieber einen Jäger, worauf sich der Müllergeselle das Leben nimmt. Anfangs des 19. Jhs. war also die Ächtung der Müller noch gut in Erinnerung.

Meines Wissens wird wohl das Jahr 1587 als Beginn der Müllerzunft angegeben.
Zumindest in Ulm muss bereits früher eine Müllerzunft existiert haben:
DRW: Müllerzunft (Index Wortartikel)
 
Korrekterweise muss ich hinzufügen, dass Die Welt eine noch plausiblere Erklärung liefert:

Für die Versorgung der Bevölkerung war der Müller unersetzlich. So unersetzlich, dass er nicht in den Krieg ziehen musste. Genauer: Er durfte nicht, wie auch die Schäfer und Hirten nicht, die ihre Herden nicht allein lassen konnten. Die alte germanische Standeseinteilung war aber durch Waffenrecht und Waffenpflicht bedingt. Wer weder berechtigt noch verpflichtet war, im Heer zu kämpfen, der gehörte zu keinem anerkannten Stand, er war standeslos. Und weil es außer der Waffenehre keine andeutungsweise so wichtige Ehre gab, so war der Müller - nach altem Sprachgebrauch - unehrlich.
Hans Markus Thomsen, »Einst galt der Müller als größter Dieb im Land«, Die Welt, 2004.
 
War es vielleicht so, dass der Müller und seine Gesellen weniger mit dem Kopf, sondern vor allem mit Muskelkraft gearbeitet haben?
Die Arbeit des Müllers war sehr hart.

Das galt für die meisten Berufe des Mittelalters, ist also kein Alleinstellungsmerkmal des Müllerberufs.

Auffallend ist zumindest, dass die Berufe, die am Fluss angesiedelt waren, z. B. die Gerber alle ein etwas zwielichtigeres Image haben, auch wenn sie nicht als ehrlos galten.

Gerber stanken! Die arbeiteten schließlich mit Urin!
 
Die meisten Mühlen waren im FNZ und MA nicht Eigentum eines Müllers sondern eines Adeligen, bzw. Landesherren, der diese dann an einen Müller verpachtete (Pachtmüller). Die wenigen Eigenmüller mussten sich jedoch auch mit der Obrigkeit gutstellen, um einen möglichst großen Mühlenbann zu bekommen, also dass möglichst viele Personen verpflichtet waren, in ihrer Mühle mahlen zu lassen. Diese wirtschaftliche Mittelstellung zwischen Obrigkeit und "normaler Bevölkerung" verbunden mit Betrugspotential und dem unbeliebten Mühlenbann könnte ein Grund gewesen sein, warum der Beruf - zumindest zeitweise und regional - als unehrlich galt.
Hier ist auch das eigentliche Motiv des Mühlenbanns zu beachten: Er vereinfachte den Einzug des "Zehnten", also von Grundabgabe und "Kirchensteuer". Wie weit die Müller den "Zehnten" direkt an Ort und Stelle sammelten und an die Obrigkeit abführten, oder nur Aufzeichnungen über Mahlleistungen führten, weiss ich nicht - wird sich wohl auch von Ort zu Ort und über die Zeit unterschieden haben. In jedem Fall waren Müller eintweder Steuereinzieher, oder leisteten dabei wesentliche Hilfestellung, was dem Ansehen bei den Bauern nicht gerade zuträglich gewesen sein dürfte.
Beim Standort, üblicherweise außerörtlich, spielten neben Energieversorgung (Wasser, Wind) auch logistische Aspekte, d.h. gute Erreichbarkeit von allen im entsprechenden Mühlenbann gelegenen Gehöften, eine Rolle. Im Falle meines Dorfes wurde die Mühle direkt an die Grenze zu zwei weiteren, dem selben Mühlenbann zugehörigen Gemeinden gelegt. Ausserdem ist eine Mühle nicht gerade leise, ("Es klappert die Mühle am rauschenden Bach") und zieht ordentlich Verkehr an - beides wollte man auch schon im MA nicht unbedingt in der Dorfmitte haben.

Was die erwähnten Gerber und Bleicher angeht: Gestank, Wasserverschmutzung und hoher Flächenbedarf für Trocken-/Bleichgestelle sprachen für Ansiedlung am Ortsrand, möglichst hinter dem Wind und abwärts der Wasser-/Wasch-/Badestellen. [
 
Müller durften sich nicht in einer Zunft organisieren - und ich frage mich warum.
Im MA waren die städtischen Mühlen häufig in öffentlichem Besitz. Ratsmühlen gab es u.a. in Hamburg (Ohlsdorf, spätestens ab etwa 1400), Lüneburg, Uelzen, Celle (14. Jhd.), Halberstadt, Zeitz (da habe ich dann mit dem googeln aufgehört). Der Ratsmüller war städtischer Pächter oder Angestellter (Beamter), als solcher nicht zunftberechtigt.
Warum waren Gold- und Silberschmiede ehrbar?
Waren sie? Ist doch ein typischer "Judenberuf", und als solcher typischerweise zunftfrei. [Juden unterlagen den Ausländer-, nicht dem Stammesrecht. Dieser "Ausländerstatus" beinhaltete direkten königlichen Schutz, Freiheit von lokalen Abgaben und Wehrpflicht (dafür Steuerpflicht gegenüber König/Kaiser), und Unterstellung unter königliche statt lokale Rechtsprechung; im Gegenzug natürlich u.a. Verzicht auf Repräsentation im Stadtrat / Landtag (Thing).]
 
Waren sie? Ist doch ein typischer "Judenberuf", und als solcher typischerweise zunftfrei.

Das bezweifle ich wiederum.

"Den Benutzer des Buches wird die außerordentlich große Anzahl der hier verzeichneten Goldschmiede in Köln überraschen, die erhaltenen Zunftlisten beginnen mit dem Jahre 1395. Es läßt sich aber feststellen, daß bei dieser außergewöhnlich privilegierten Zunft (die Meister nannten sich zeitweilig den Lehrjungen gegenüber Lehrprinzen), die Amtsbrüder das Recht hatten, ihre Söhne bald nach der Geburt in die Zunftliste einzutragen."

Wolfgang Scheffler: Goldschmiede Nordrhein-Westfalens
 
Das galt für die meisten Berufe des Mittelalters, ist also kein Alleinstellungsmerkmal des Müllerberufs.


Gerber stanken! Die arbeiteten schließlich mit Urin!


Na ja - der Adel hat auch nicht gut gerochen.....:cry:


Vielen, 1000 Dank allen Schreibern für die Anregungen.

Dass es keine Zunft der Müller gegeben haben soll, hab ich aus einer Quelle, die ich überprüfen werde.

Beim Begriff "ehrlos" muss man sich klarmachen, dass dieser Begriff ursprünglich eine andere oder (auch andere) Bedeutung hatte.
Ein "braver" Krieger war ja auch kein ruhiger, lieber - sondern ein tapferer.
"Ehrlos" hat mal bedeutet "ohne Ehre" sein. (Nicht ein Betrüger, dem man zwar auch die Ehre abspricht)

Der Hinweis auf Schäfer und Müller, die ursprünglich nicht in den Krieg ziehen durften - und sich keine Ehre ewerben konnten - ist glaube ich- sehr gut!
Ja, neben Abdeckern und Müllern galten auch Schäfer als ehrlos.
Ich denke, dass meine Frage damit beantwortet ist.

Was die Abgeschiedenheit der Mühlen betrifft: In Hameln standen 5 Mühlen in der Stadt, an der Weser. Die Stadtgrenze im Westen lag an der Weser. Zwei dieser Mühlen gehörten dem Stift (Münsterkirche ).

Ich hoffe, dass ich demnächst das Buch "Die Mühle in der Stadt" von I. Göbel lesen kann. Ich verspreche mir viel davon.

Grüße
von Arti
 
nun,wenn der Müller ,wie oben erwähnt, auch hilfsfiskalische Funktionen hatte, dann wurde er auch mit Steuer- und Zolleinnehmern gleichgesetzt- und der Zöllner war ,wenn ich mich recht erinnere , schon in der Bibel als unehrlicher Beruf ausgewiesen
 
Zöllner wurden verachtet. (das ist bei mir vom eligionsunterricht hängen geblieben). Ob sie als "ehrlos" galten- das weiß ich nicht.
Du zielst schon wieder auf das "Unehrlich" ab. Wir freden ja nicht über Einzelne - sondern über einen Berufsstand.

Hört sich vielleicht an, wie Wortklauberei - Es ist in meinen Augen aber sehr interessant, dem ursprünglichen Sinn der Worte auf den Grund zu gehen.

Die "Ehre", die einst auf dem Schlachtfeld zu erwerben war, dürfte uns heute ziemlich fremd sein. Und ich wünsche mir die Zeit nicht zurück.
Die Geselschaft hatte eben eine andere Architektur.
Vielleicht haben heute die großen Fußballspiele etwas davon - wenn es darum geht "Den Pokal" zu holen. Auf jeden Fall werden die Spiele immer mehr wie Ritter- oder Gladiatorenkämpfe inszeniert und die Spieler sehen immer martialischer aus.

Ich will damit nur sagen, dass der Ausdruck "ehrlos" durchaus einmal eine andere Bedeutung hatte. Wir müssen versuchen uns da hineinzudenken.

Dem Hinweis, dass einige Müller auch die Steuern einbehalten haben, werde ich nachgehen. Das wusste ich nicht.
Ich dachte bisher immer, dass der Zins zur Burg des Zinsnehmers gekarrt werden musste -- oder zu einem Speicher.

Wenn der Müller auch als Zöllner fungiert hat, war er nur ein Büttel.
Die Nachtwächter wurden ja auch verachtet, obwohl sie eine wichtige Funktion innehatten. Nachtwächter wurden sehr schlecht bezahlt und ohne das kleine Gärtlein, in dem sie sich Gemüse zogen, hätten sie sich kaum ernähren können.

Eine Frage ist ja auch, ob es beim damaligen "Ehrbegriff" auf die Beliebtheit beim Volk angekommen ist.
 
Für die Versorgung der Bevölkerung war der Müller unersetzlich. So unersetzlich, dass er nicht in den Krieg ziehen musste. Genauer: Er durfte nicht, wie auch die Schäfer und Hirten nicht, die ihre Herden nicht allein lassen konnten. Die alte germanische Standeseinteilung war aber durch Waffenrecht und Waffenpflicht bedingt. Wer weder berechtigt noch verpflichtet war, im Heer zu kämpfen, der gehörte zu keinem anerkannten Stand, er war standeslos. Und weil es außer der Waffenehre keine andeutungsweise so wichtige Ehre gab, so war der Müller - nach altem Sprachgebrauch - unehrlich.
Hans Markus Thomsen, »Einst galt der Müller als größter Dieb im Land«, Die Welt, 2004.

Es leuchtet mir nicht so ganz ein, warum altgermanisches Stammesrecht bei der eher mittelalterlichen "Ehrlosigkeit der Müller" eine Rolle spielt. Ich weiß nicht, inwiefern es vor dem Mittelalter hierzulande nennenswert hauptberufliche Müller gab. Wurde vorher nicht eher "privat" gemahlen?
Gerade mit dem mittelalterlichen Feudalismus tritt doch eine "Professionalisierung" des Kriegswesens ein. Der laienhafte Heerbann tritt in den Hintergrund zugunsten von Berufskriegern/Rittern. Daher kann ich dieses Argument im Weltartikel nicht so ganz nachvollziehen.
 
Um den Begriff Ehre noch weiter aufzudröseln: Ehre ist ein Schlüsselbegriff, der soviele Aspekte umfasst und bedingt, dass er nicht leicht fassbar ist. Meine Lieblingsdefinition ist "ein wandelbar komplexes Regelsystem mit wechselseitiger Wertzumessung" (Prof. Claudia Ulbrich). Das sagt alles und nichts, ich will also weiter ausholen,

Ehre betrifft nicht nur das Verhalten eines Einzelnen für sich, sondern auch als Mitglied einer Gruppe, man kann also mehrere Arten von Ehre haben oder nicht haben.
Beispiele: Sexual-/Geschlechterehre (Frauen und Keuschheit), Berufsehre ( "treu und ehrlich gearbeitet"), Familienehre, Standesehre, ... Diese sind die im Sinne von Wertschätzung eines anderen. Dann gibt es noch Ehre im Sinne von Ruhm (gloria). Ehre hat also auch mit Ehrlichkeit im heutigen Sinne zu tun, aber es ist nicht identisch. Es gibt schließlich auch ehrliche und unehrliche Verbrechen, wo es etwas mit Heimlichkeit und Heimtücke bei der Ausführung zu tun hat, also ehrlich im Sinne von aufrichtig zu seiner Tat zu stehen (Unterschied Giftmord und Totschlag bei Prügelei). Vielleicht liege ich falsch und wenn dem so ist, so bitte ich um Entschuldigung, aber deine Betonung von unehrlich und ehrlos macht auf mich den Eindruck, als solltest du dich vom Aufrichtigkeitsaspekt bei ehrlich/unehrlich lösen.
Auf der einen Seite wird Ehre durch das Denken anderer über einen bestimmt, auf der anderen Seite bestimmt dieses Denken den Status und die eigenen Handlungen, es iat also ein Wechselspiel. Und was man vielleicht auch noch bedenken sollte, sind Schimpf und Schande.
 
Ich weiß nicht wie es anderswo gestaltet ist, im östlichen Oberfranken jedoch (das Gebiet um Wunsiedel im Fichtelgebirge) enthält die Wunsiedler Mühlenordnung von 1442 nur Vorschriften über den Bau und Betrieb der Mühlen; als Berufsstand waren die Müller in dieser Region damals noch nicht organisiert. Eine erste Zunftordnung für die Müller in der Stadt und im Amt Wunsiedel bestätigte der Landesherr, Markgraf Georg Friedrich zu Brandenburg, 1587.
Die angebliche Unehrlichkeit des Müllers hängt meiner Meinung nach mit der ihm oft unterstellten Unterschlagung von Mahlgut zusammen. Je nach der Witterung im Erntejahr, dem Feuchtigkeitsgrad und der Qualität des Mahlgutes ergaben sich von Jahr zu Jahr schwankende Ausbeuten. Bei den gerichtlichen Mühlschauen wurde regelmäßig nach Vorrichtungen zur heimlichen Ableitung von Mahlgut, nach falschen Eichmarken und Maßen sowie nach undichten Stellen in der Mühlabdeckung und sonstigen Quellen zu hoher Verstaubungsverluste gesucht. Wurden solche "Mängel" entdeckt, wurden hohe Geldstrafen fällig. Zudem durfte sich bei uns der Müller als Mahllohn 1/16 des gelieferten Getreides (nicht des Mehles!) einbehalten. Manchmal wurde den Müllern vorgeworfen, sie würden mehr als das ihnen zustehende Getreide einbehalten und den Fehlbestand durch die Zugabe von Rinde, Sand und ähnlichem ersetzen.
 
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