Das Germanische gilt immer noch als eigenständige Sprachgruppe innerhalb der indoeuropäischen Sprachen, nicht als Tochtersprache(n) der keltischen Sprachgruppe. Es ist daher davon auszugehen, dass die Germanen auch schon vor ihrer Erwähnung durch die Historiographen existierten und ihre Sprachen sprachen.
Aber die zuordnen der Historiker bezog sich doch nicht auf deren Sprache, warum sonst sprachen die diesseitigen Germanen dann einen keltischen Dialekt? Ich gehe, wie gesagt, nicht von einer Stammbaumartigen Ausbreitung der Sprachen aus. Es gab wohl keinen Moment, in dem sich die Germanen und Kelten einigten, dass sie jetzt eine andere Sprache sprechen. Die ganzen Sprachfamilien hängen doch nur von der Definition ab, es gibt bestimmt genügend Besipiele, in denen es schwierig ist zu welcher Gruppe eine Sprache jetzt gehört und letztendlich nur aus schematischen Zwängen einer Sprachfamilie zugeordnet wurde. Bei einer wellenförmigen Ausbreitung der Sprachen geht man eben nicht von einer strikten Trennung aus. Die Nachbarn haben sich immer beeinflusst.
Ich wollte auch nicht sagen, dass Germanisch eine Tochtersprache vom Keltischen sei, sondern nur dass es sein könnte, dass viel vom Keltischen bei der Bildung des Germanischen mitwirkte, wie auch andere uns unbekannte Sprachen.
Ein gutes Beispiel das dieses Problem zeigt ist doch das heutige Deutsch. Meine badische Sprache hat mehr Gemeinsamkeiten mit dem Schweizerdeutschen, obwohl die Schweizer doch, wie sie behaupten, keine deutsche Sprache sprechen, als mit dem Niederdeutschen (das wie das Badische eindeutig Deutsch ist). Hier wissen wir aber, dass dies nur wegen der politischen Differenzierung im Gegensatz zur sprachlichen zu Mißverständissen führen kann.
Widersprechen würde ich beim Namenssatz. Ich lese die Stelle nicht:... die Germani heißen jetzt Tungrer, sondern (ich zitiere mal aus dem Gedächtnis) ...die, hießen Germani, die einst den Rhein überschritten haben, so wie es jetzt die Tungrer getan haben/tun.
Hm schwierig:
Ceterum Germaniae vocabulum recens et nuper additum, quoniam qui primi Rhenum transgessi Gallos expulerent ac nunc Tungri, tunc Germani vocati sint:...
Im Reclamheft wird es wieder etwas frei übersetzt:
Die Bezeichnung Germanien sie übrigens neu und erst vor einiger Zeit aufgekommen. Denn die ersten, die den Rhein überschritten und die Gallier vertrieben hätten, die jetztigen Tungrer, seien damals Germanen genannt worden.
Alles hängt also von
ac nunc Tungri ab.
Im Pons steht:
at-que u.
ac:
1) und, und dazu, und auch (
wobei der zweite Begriff wichtiger ist)
2) (
zur Hervorhebung des Folgenden) und sogar, und besonders
3) (
erklärend) und zwar
usw.
Auch die anderen Übersetzungen ändern nichts daran, dass der zweite Begriff hervorgehoben werden soll. Also denke ich, dass es nicht "wie jetzt die Tungrer" sondern doch "und zwar die jetztigen Tungrer" heißen soll. Aber das ist natürlich wieder sehr grenzwertig.