Conrad hat durchweg in der Juli-Krise, insbesondere schon in der Sitzung vom 7.7. die Auffassung vertreten, dass über anderweitige Disposition der B-Staffel bis zum 5. Mob-Tag Klarheit bestehen müsse, um diese (rechtzeitig) der galizischen Front zuzuführen. Sollte dies nicht möglich sein, komme der 16. bzw. 18. Mob-Tag in Frage, um die B-Staffel (dann natürlich von der Verladung her "ab" Serbien-Front) der russischen Front zuzuführen.
Für das Verständnis ist der strategische Kontext wichtig.
Die Dreiteilung des öu-Aufmarsches in Minimalgruppe Balkan, A-und B-Staffel folgte der Vorgabe maximaler Flexibilität für die unterschiedlich denkbaren Kriegsfälle B (=Gelb, Serbien), Rot (Italien), R (Russland) und B-R (Russland, Serbien). Die Voraussetzungen hatten sich außerdem mit der Unsicherheit bzgl. Rumänien verschärft.
Minimalgruppe B zur Verteidigung in Süden gegen eine (vermutet überlegene) serbische Armee ist selbsterklärend, 3 Korps bzw. 9 Div, einige Brigaden).
Für den Fall R waren A- und B-Staffel (B: 4 Korps+HL-Reserve, 12+2 Div., A: der Rest, darunter rd. 28 ID, einige KavD und div. Brigaden) vorgesehen.
Bereits die Aufmarsch-Zweiteilung der beiden Hauptstaffeln in Bezug auf den R-Aufmarsch zeigt, dass diese nur nacheinander, nicht simultan im E-Transport verlegt werden konnten und das dieses natürlich auch durchgerechnet war. Bzgl. der Reihenfolge boten sich 2 Szenarien für den B+R-Fall, bei denen das eine der Flexibilität halber vorgezogen wurde:
B vor A: die kleinere Staffel wäre wegen der geringeren Kapazität, aber auch wguter Verbindungen sehr schnell an die Galizien-Front transportierbar gewesen. Dieses Szenario wäre nur für den reinen R-Fall (theoretisch) in Frage gekommen, bedeutete aber, dass die Hauptmasse später eintrifft.
A vor B: die A-Staffel nutzte des zur Ostfront leitende Netz voll aus, um die mit einem Paket zu versammelnde Hauptstreitmacht zwischen M+15 (R) und M+19 (R) verfügbar zu haben. B konnte nicht parallel, sondern nur anschließend verfrachtet werden. Zwei Fälle denkbar: 1. aus den Kasernen (schnell!, wenn Entscheidung vor M+5 (B!) fallen würde) oder 2. von der Balkanfront (zeitaufwändiger, weil deren Verlegung nach M+5 (B!) folgen würde, da sie dann erst die Verfrachtung zur Balkanfront und das Auslaufen der A-Staffel abwarten müsste).
Den Grundsätzen und Auswahlmöglichkeiten folgte der Aufmarsch 1914. Wäre wg. der vorlaufenden Teil-Mob für den Fall Gelb die deadline M+5 (B!), also 31.7./1.8. nicht überschritten worden*, wäre die B-Staffel (so tatsächlich nur Teile, die nicht zum Balkan gingen) ca. 4/5 Tage nach dem Auslaufen der A-Staffel an der Ostfront konzentriert worden, also komplett in der Dritten Dekade/August 1914.
*Alarmtransporte B-Staffel wurden seit 27.7., 12 Uhr verfrachtet, der Rest ab 30.7., 12 Uhr.
Das Kriegspiel vom April 1914 ergab, dass eine Koordination der 5. und 6. Armee gegen Serbien aus geographischen Gründen und unzureichenden Kräften scheitern würde. Das ist ja gerade der Grund, warum dann - was seit 1909 mit einer zunehmenden "Balkankonzentration" ohnehin erwogen wurde) die Nordzange mit der 2. Armee mit den beiden Armeen der Minimalgruppe Balkan zusammenwirken sollte. Dies nun für den Fall B+R zeitweise, da bereits der erste (zeitlich ausreichende) Operationsbefehl die größten Teile der 2. Armee nur für die Kampagne einer Woche der Balkanfront überließ.
Bereits daraus wird ersichtlich, dass es nie um die "große" entscheidende Offensive gegen Serbien ging, sondern um Schwächung (operativ gesehen eine kurze Offensive- in der "strategischen Defensive", s.o.).
Diese "Mixtur" Conrads dürfte
- den politischen Foderungen geschuldet sein.
- Basierte bis zum 31.7. und damit der anlaufenden B-Staffel auf dem irrtümlichen Kalkül, dass Russland doch zurückschrecken würde.
- War dann ohnehin von der Verfrachtung erst nach der ausgelaufenen A-Staffel "korrigierbar".
Lengyels gegenteilige Auffassung, die B-Staffel sei noch umleitbar und teilweise parallel zur A-Staffel (Alarmeinheiten ab 2.8. 12 Uhr, Rest/Masse ab 6.8. 12 Uhr) "transportierbar" gewesen, ist keine geschlossene Kalkulation beigefügt, sondern diese basiert nach meiner Vermutung auf dem "Fall B vor A", siehe oben, mit den kurzen Fristen, plus teilweiser Überlappung. Ebenso wenig begründet, außer einer gewissen Nähe zur öu Heeresleitung und Logistik, ist die Einschätzung Kagenecks, die B-Staffel sei am 1.8. noch umdirigierbar gewesen, weil erst geringe Teile der B-Staffel tatsächlich abgefahren seien. Wie er sich den "Stopp" der durchterminierten und bereits im Verspätungschaos befindlichen Züge vorstellt etc. unter Nachrichten-Übermittlungs-Szenarien Anno 1914 praktisch vorstellte, ließ er offen. Mindestens konnte man sich einen wilden Mix aus gestoppten und abgefahrenen Transporten vorstellen. Ich halte das für abenteuerlich. Das Zeitfenster dürfte - wie die Vorkriegskalkulationen mit M+5 (B!) vorgaben, geschlossen gewesen sein. Außerdem dürfte eine beachtliche Überlappung mit den A-Transporten auf den durch A ohnehin voll ausgelasteten Strecken die Folge gewesen sein, was dann noch die A-Transporte verzögert hätte.