Noch zu den Aspekten der laufenden Forschungskontroverse:
Unternehmen im Nationalsozialismus - Unternehmenshistoriker stellen politischen | Studiozeit • Aus Kultur- und Sozialwissenschaften | Deutschlandfunk
Nazi Germany's preparation for war: evidence from revised industrial investment series
Scherner bemüht häufig das Bild der Hortung von Vorräten (Rohstoffe, Halbfabrikate etc.) gegen Kriegsende. Dabei übersieht er die betrieblichen Realitäten, ausgehend von und im Spannungsverhältnis zu den Unternehmensbilanzen. Interessant sind hier nämlich die späteren außerplanmässigen Abschreibungen und Inventur-Anpassungsbuchungen, bei denen wesentliche Anteile des Vorratsvermögens ausgebucht werden mussten.
a) Hintergrund: die Mengen waren aufgrund des logistischen Zusammenbruchs im Deutschen Reich schlicht nicht vorhanden, weil sie die Unternehmen trotz der Rechnungsstellungen und Verbuchungen (der Belegfluss reichte hier weiter als der Materialfluss) nie erreichten, sondern im wahrsten Sinne "auf der Strecke blieben".
b) Die Kriegsschäden (inkl. Folgeschäden durch Plünderungen und Vandalismus auf der Suche nach "Nützlichem") 1945 trafen zudem in wesentlichem Umfang (ähnlich wie die Bombardierungen, siehe die USSBS-reports) die Umlaufbestände der Unternehmen. Einzelne "Freudige Entdeckungen" von verfügbaren Beständen 1945 können daher keinesfalls seriös interpoliert werden.
Interessanter sind die Überlegungen, dass insbesondere die quantitativen Darstellungen zum Kapitalstock, Investitionen, Brutto-Anlagevermögen, Abschreibungen, Kriegsverluste, regionale Verteilungen überdacht werden müssen.
Um den Investitionsboom-Stereotypen einmal die Realitäten in der Chemieindustrie als nicht zu knackende Nuss entgegen zu halten: über die Hälfte der Investitionen zB im IG-Farben-Konzern 1937-45 fand ausserhalb des Gebietes der BRD, vorwiegend in Mittel- und Ostdeutschland statt. Weder dieser Aspekt noch die "Vorrats-Debatte" passen daher stimmig zum s.g. "Wirtschaftswunder". Abelshausers (im positiven Sinne) revisionistische Überlegungen zum Kapitalstock ggü. dem Stereotyp der verwüsteten Nachkriegs-Unternehmenslandschaft unterliegen inzwischen einer re-revisionistischen Debatte um die Validität der volkswirtschaftlich aggregierten Zahlen.
Solchermassen problematische Werte aus den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und gesamtwirtschaftlichen Statistiken für die Urachenforschung zu verwenden, ist sinn- und zwecklos.
Unternehmen im Nationalsozialismus - Unternehmenshistoriker stellen politischen | Studiozeit • Aus Kultur- und Sozialwissenschaften | Deutschlandfunk
Nazi Germany's preparation for war: evidence from revised industrial investment series
Scherner bemüht häufig das Bild der Hortung von Vorräten (Rohstoffe, Halbfabrikate etc.) gegen Kriegsende. Dabei übersieht er die betrieblichen Realitäten, ausgehend von und im Spannungsverhältnis zu den Unternehmensbilanzen. Interessant sind hier nämlich die späteren außerplanmässigen Abschreibungen und Inventur-Anpassungsbuchungen, bei denen wesentliche Anteile des Vorratsvermögens ausgebucht werden mussten.
a) Hintergrund: die Mengen waren aufgrund des logistischen Zusammenbruchs im Deutschen Reich schlicht nicht vorhanden, weil sie die Unternehmen trotz der Rechnungsstellungen und Verbuchungen (der Belegfluss reichte hier weiter als der Materialfluss) nie erreichten, sondern im wahrsten Sinne "auf der Strecke blieben".
b) Die Kriegsschäden (inkl. Folgeschäden durch Plünderungen und Vandalismus auf der Suche nach "Nützlichem") 1945 trafen zudem in wesentlichem Umfang (ähnlich wie die Bombardierungen, siehe die USSBS-reports) die Umlaufbestände der Unternehmen. Einzelne "Freudige Entdeckungen" von verfügbaren Beständen 1945 können daher keinesfalls seriös interpoliert werden.
Interessanter sind die Überlegungen, dass insbesondere die quantitativen Darstellungen zum Kapitalstock, Investitionen, Brutto-Anlagevermögen, Abschreibungen, Kriegsverluste, regionale Verteilungen überdacht werden müssen.
Um den Investitionsboom-Stereotypen einmal die Realitäten in der Chemieindustrie als nicht zu knackende Nuss entgegen zu halten: über die Hälfte der Investitionen zB im IG-Farben-Konzern 1937-45 fand ausserhalb des Gebietes der BRD, vorwiegend in Mittel- und Ostdeutschland statt. Weder dieser Aspekt noch die "Vorrats-Debatte" passen daher stimmig zum s.g. "Wirtschaftswunder". Abelshausers (im positiven Sinne) revisionistische Überlegungen zum Kapitalstock ggü. dem Stereotyp der verwüsteten Nachkriegs-Unternehmenslandschaft unterliegen inzwischen einer re-revisionistischen Debatte um die Validität der volkswirtschaftlich aggregierten Zahlen.
Solchermassen problematische Werte aus den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und gesamtwirtschaftlichen Statistiken für die Urachenforschung zu verwenden, ist sinn- und zwecklos.