Die Angst der Polen vor einer Rückkehr der Deutschen

rolo

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Hier ein Auszug aus einem Beitrag des Deutschlandradios, der unter untenstehendem Link vollständig nachzulesen ist:


In Polen leben offiziell über 150.000 Deutsche, tatsächlich aber
dürften es deutlich mehr sein. Die Deutschen, die sich nach der Wende
1989 auch in Polen frei entfalten konnten, haben sich überwiegend in
Freundschaftskreisen zusammengeschlossen. Friedrich Petrach ist
Vorsitzender der "Deutschen sozialkulturellen Gesellschaft" in
Breslau, die 1.300 Mitglieder hat. Zu Petrach kommen immer wieder
Besucher aus der Bundesrepublik:

Es sind Leute gekommen, die was eigentlich sagten, also sie wollen den
Besitz ihrer Eltern oder Großeltern zurück kaufen. Nicht, dass sie es
verlangen, aber sie wollen es zurückkaufen.

Petrach beobachtet das Wirken der "Preußischen Treuhand" mit großer
Skepsis. Gerade sei es gelungen, ein einigermaßen gutes Verhältnis mit
den Polen zustande zu bringen, wozu übrigens auch führende
Vertriebenenfunktionäre beigetragen hätten. Immer wieder fällt dabei
auch der Name von Herbert Hupka, des prominenten Schlesier-Sprechers
und Ostvertragsgegners aus den siebziger Jahren, auch in Polen einst
eine Persona non grata, der jetzt aber sogar Ehrenbürger von Ratibor
in Oberschlesien geworden ist. Der "Treuhand" aber, so Petrach, gehe
es doch wohl in erster Linie um Geld. Denn schließlich würden die
meisten Vertriebenen ohnehin nicht nach Polen zurück ziehen wollen:

Ich glaube kaum, dass viele Leute, die was vertrieben, die was die
Heimat verloren haben, ein Interesse haben, ihr Hab und Gut zurück zu
erobern oder zurück zu verlangen. Es sind einzelne Fälle, was auch
hier zu uns kommt. Die sagen, können wir das Haus oder den Bauernhof,
was die Eltern hatten, wieder zurück kaufen. Aber wenn man sich denn
mit ihnen ins Gespräch begibt und man frägt, ob sie dann wirklich hier
sich möchten niederlassen, kaum jemand sagt, sie täten hier wieder wohnen.

Dass sich der Drang zurück in die Heimat der Vorfahren heute im Rahmen
hält, muss schließlich auch Treuhand-Aufsichtsratsvorsitzender Rudi
Pawelka bestätigen:

Das werden gar nicht viele sein. Das ist mir klar. Deshalb will ich ja
auch die Polen nicht erschrecken. Ich sage nur, ihr habt doch gar
nicht nötig, so aufgeregt zu reagieren, das werden gar nicht viele
sein, die könnt ihr gut verkraften, nur, das ist eben Rechtsfrieden
dann hergestellt.

Doch intern hantiert die Treuhand mit großen Zahlen. Danach könnten
möglicherweise dreizehn Prozent aller Vertriebenen Ansprüche stellen
wollen. Pawelka spricht von ganzen Dörfern, die im Gebiet von Oder und
Neiße leer stünden. Dort seien deutsche Investitionen doch wünschenswert.

Demnächst will die Treuhand nun entscheiden, wie sie juristisch weiter
vorgehen will:

Es ist schwierig, es kostet viel Geld, aber wir haben jetzt auch
Leute, die sich an uns gewandt haben, und haben gesagt, sie würden die
Klage selber bezahlen und würden das über uns abwickeln wollen,
treuhänderisch. Sie wissen vielleicht, dass die Sudetendeutschen mit
77 Leuten klagen, und wir werden unser möglichstes tun, um diesem
Ziel, dass wir vor Augen haben, gerecht zu werden.

Sein Recht geltend zu machen, kann niemandem verwehrt werden. Bei der
"Preußischen Treuhand" mit dem Charakter einer nationalen
Sammlungsbewegung sind indes, wenn sie zum Beispiel permanent von
"Ostdeutschland" spricht, wenn sie die polnische Westgebiete meint,
revisionistische Untertöne nicht zu überhören. Andererseits kann sie
nur deshalb eine so wichtige Rolle im deutsch-polnischen Verhältnis
spielen, weil gut nachbarschaftliche Beziehungen zu Polen hierzulande
derzeit nicht gerade im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen.

Dieser ernüchternde Befund steht übrigens nicht im Widerspruch dazu,
dass die erste Auslandsreise seiner Amtszeit Bundespräsident Horst
Köhler übermorgen nach Polen führen wird: Ein politisches Signal, das
in Warschau zweifellos als Zeichen besonderer Verbundenheit positiv
gewürdigt werden wird - andererseits aber spiegelt sich hier eine
"Politik der hohen Ebene" wider, die bekanntlich nicht immer und
unbedingt mit einem problemfreien Alltagsverhältnis zwischen zwei
Staaten gleichzusetzen ist.

So bleibt zu befürchten, dass die "Preußische Treuhand", die nach
eigenen Angaben schon bald so richtig aktiv werden will, de facto eine
Art Neben-Außenpolitik betreiben könnte - mit allen einschlägigen
Folgen für das Verhältnis zwischen den Nachbarn und EU-Partnern Polen
und Deutschland.


http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/285023
 
Weiß jemand, wann und warum die Vertreibungen damals eingestellt wurden?

Immerhin sind mehr als 3 Millionen Deutsche nach dem Krieg noch in den früheren deutschen Gebieten, die später an Polen abgetreten wurden, verblieben.
Ich habe gehört, dass Deutsche, die später bei den polnischen Behörden einen Ausreiseantrag für die BRD, zwecks Familienzusammenführung, gestellt haben, Jahrzehte auf eine Genehmigung warten mussten.
Mir ist da insbesondere eine Familie aus Hindenburg/ Oberschlesien bekannt.
 
Hallo Babylonia,
was die Statistik angeht, kommt es ja ganz genau darauf an welchen Zeitpunkt du meinst. Der Krieg wurde offiziell im Mai 1945 beendet. ab 1945 gab es eine große Fluchtwelle, mit Menschen welche der Front ausweichen wollten. In dieser Zeit wurden auch die meisten Menschen ermordet. Die meisten wurden gehindert wieder in ihr Dorf zurückzukehren. Dennoch wurden die meisten Menschen erst nach 1945 vertrieben. So wurden 1947 über 2 Millionen Menschen vertrieben. Die unmenschlichsten Verhältnisse in den polnischen Konzentrationslager herrschten in den 1. 2 Jahren, also bis 1947. Sie wurden erst 1950 aufgelöst bzw. in polnische Gefängnisse überführt. Ich denke hier z.B. an das große Konzentrationslager Potulice bei Bromberg u. Schikawa in Warschau. Das Konzentrationslager Schikawa wurde später zum Polnischen Zentralgefängnis umfunktioniert.
Das Statistische Bundesamt nimmt einfachheitshalber den Zeitpunkt 1950 für die Vertreibungen u. spricht danach von Aussiedlungen. Auch nach 1950 lebten noch über 3 Millionen Deutsche im polnischen Machtbereich, davon 1,1 Millionen im Reichsgebiet von vor 1937, die meisten in den nach dem 1. Weltkrieg von Polen besetzten überwiegend deutschen Gebieten u. in Polen.
In der Nachkriegszeit sind nicht nur Polen nach Ostdeutschland eingewandert, sondern auch Deutsche aus anderen Gebieten u. Ukraiener aus den von Polen anektierten Ukrainischen Gebieten. Nach Hinterpommern sind z.B. viele Menschen aus Westpreußen eingewandert. Nach Niederschlesien u. Westoberschlesien sind viele Ostoberschlesier eingewandert. Nach Danzig sind überwiegend die Menschen aus dem benachbarten Westpreußen u. Ostpreußen eingewandert. Wie könnte es sonst sein, das man bei Reisen auf Schritt u. Tritt einheimischen Deutschen begegnet? Ein großer Teil der Bevölkerung in Ostdeutschland kann nachweisen, das sie zumindest teilweise deutschstämmig sind. In Oberschlesien u. Westpreußen auch heute noch auch trotz Massenaussiedlungen noch die meisten.
 
Paul schrieb:
Ein großer Teil der Bevölkerung in Ostdeutschland kann nachweisen, das sie zumindest teilweise deutschstämmig sind.


Natürlich kann ein großer Teil der ostdeutschen Bevölkerung nachweisen, dass sie deutschstämmig sind. Das kann ein großer Teil der west-, süd- und norddeutschen sicherlich auch.
Oder meinst du mit "Ostdeutschland" tatsächlich Pommern und Schlesien? Dann wirds wohl ganz böse....



Paul schrieb:
In Oberschlesien u. Westpreußen auch heute noch auch trotz Massenaussiedlungen noch die meisten.


Das ist ein Gerücht und unwahr.
 
Paul schrieb:
Ein großer Teil der Bevölkerung in Ostdeutschland kann nachweisen, das sie zumindest teilweise deutschstämmig sind. In Oberschlesien u. Westpreußen auch heute noch auch trotz Massenaussiedlungen noch die meisten.
@Paul
Das möchte ich jetzt aber auch mal wissen. Was meinst du mit ostdeutschland. Wenn es so ist, wie ich vermute, klingt das sehr revangsionistisch.
Mir fällt da eine zeitung ein, die mein vater bezieht ein. die heisst " Grafschafter Bote".
Ich war mal bei einem treffen der heimatvertriebenen dabei. da stellen sich doch tatsächlich dreissigjährige hin und behaupten, sie seien aus ihrer angestammten heimat vertrieben worden. Wohl gemerkt, 30 jährige.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Paul schrieb:
Ein großer Teil der Bevölkerung in Ostdeutschland kann nachweisen, das sie zumindest teilweise deutschstämmig sind. In Oberschlesien u. Westpreußen auch heute noch auch trotz Massenaussiedlungen noch die meisten.
Ich hoffe ja stark, dass ein Großteil der Bevölkerung in Ostdeutschland, besser gesagt in den neuen Bundesländern, deutschstämmig ist, wie denn sonst?
Deutsch ist seit Jahrzehnten an den meisten polnischen Schulen Pflichtfach. Daher gibt es in Polen für uns kaum Verständigungsprobleme.
 
Hallo Babylonia,
ich habe öfter meinen Cousin in Oberschlesien u. a. Cousins/Cousinen in Lodz besucht und auch Reisen durch Polen....gemacht.
Ich spreche ganz gut polnisch. Ich unterhalte mich prinzipiell sehr offen u. nett mit den Leuten Deutschen u. Polen u. manchen, die sich da nicht unbedingt festlegen möchten.
In Schlesien u. Westpreußen sprechen wirklich ein sehr großer Teil der Bevölkerung muttersprachlich auch heute noch deutsch. Die Reisen nach Westdeutschland sind bei den jüngeren sicherlich hilfreich die Sprachkenntnisse zu verstärken.
Viele Verwandte leben ja dauerhaft in Westdeutschland.
Florian, es sind inzwischen viele Millionen Menschen aus den von Polen anektierten Gebieten ausgesiedelt. Viele sind unter 30. Die meisten empfinden das als Unrecht, das sie ihre Heimat verlassen müssen, wenn sie in jeder Beziehung in Deutschland leben wollen. Die direkt Vertriebenen sind sicherlich heute sehr alt o. gestorben. Nur ein Teil der Kinder möchte aus Prinzip u. Verbundenheit z.B. zu den Vorstellungen ihrer Eltern ihre alten Rechte z.B. auf ihr Eigentum wieder herstellen.
Leopold, selbst polnische Quellen bezeichnen einen großen Teil der Bevölkerung Schlesiens als "Authotone". Warst du schon mal in Schlesien o. Westpreußen o. Danzig....? Schlesien wurde auch schon von polnischen Regierungschefs als Land der Satelitenschüsseln(für Deutsches Fernsehen) bezeichnet.
Leopold, was hast du für ein Problem mit der Freiheit Begriffe zu verwenden. Wenn ein Land mit Gewalt unrechtmäßig anektiert wurde dann hat man doch das Recht die ursprünglichen Namen zu verwenden! Daraus hat mir in Polen o. Schlesien... noch niemand einen Vorwurf gemacht, wenn ich mal von Ostdeutschland gesprochen habe u. dies mit regionalen Bezeichnungen erläutert habe! Für die Deutschen war diese Bezeichnung selbstverständlich. Ich hätte sie verletzt, wenn ich andere Begriffe verwendet hätte, wie sie von den Herrschenden verwendet werden.
 
Paul schrieb:
Ich unterhalte mich prinzipiell sehr offen u. nett mit den Leuten Deutschen u. Polen u. manchen, die sich da nicht unbedingt festlegen möchten.

Entschuldige die Zwischenfrage, aber was sind dann die Leute, die sich nicht festlegen möchten?
 
Natürlich sind die Bewohner Ostdeutschlands auch Deutsche, was denn sonst? Vielleicht bis auf die Sorben, die sich aufgrund von Sprache und Kultur als eigenständige Minderheit sehen, sind die übrigen Bewohner der jungen Bundesländer Deutsche.

Über die Erbforderungen von Nachfahren von Vertriebenen muss man sich wundern. Ich hab zwar selbst Vorfahren die aus Schlesien kamen und vertrieben wurden, könnte also durchaus Forderung meines "geraubten" Besitzes deutlich machen. Ich würde das aber nie tun, denn man muss das Drumherum diese Streites kennen: die Polen die später die Deutschen aus den Ostgebieten vertrieben haben, waren ja selbst Flüchtlinge aus Ost-Polen, die von Stalin vertrieben wurden. Diese Tatsache begründet zwar noch lange nicht die Vertreibung der Deutschen aus Schlesien, Pommern usw., aber trotzdem hat man diese Tatsache als Auslöser und Verlierer dieses Weltkriegs anzuerkennen und so mit die Dinge Ruhen zu lassen.
Und mal im Ernst, wer würde denn ins heutige Schlesien zurückwollen? Die landschaft ist dort zwar sehr schön, aber ziemlich wild. Ich müsste dort nicht mein Leben verbringen, nachdem ich bisher knapp 18 Jahre auf diesem Planeten verbracht habe und fest im Hessenlande verwachsen bin. Außerdem ist Schlesien nicht mein "angestammtes" Gebiet, sondern wenn schon das angestammte Gebiet meines Großvaters, aber der ist tot, was soll ich also dort?
 
Czesc

Paul schrieb:
Warst du schon mal in Schlesien o. Westpreußen o. Danzig....?

Aber sicher.


Paul schrieb:
Leopold, was hast du für ein Problem mit der Freiheit Begriffe zu verwenden.

Keine, warum?


Paul schrieb:
Wenn ein Land mit Gewalt unrechtmäßig anektiert wurde dann hat man doch das Recht die ursprünglichen Namen zu verwenden! Daraus hat mir in Polen o. Schlesien... noch niemand einen Vorwurf gemacht, wenn ich mal von Ostdeutschland gesprochen habe u. dies mit regionalen Bezeichnungen erläutert habe! Für die Deutschen war diese Bezeichnung selbstverständlich. Ich hätte sie verletzt, wenn ich andere Begriffe verwendet hätte, wie sie von den Herrschenden verwendet werden.

Ich will nun weder auf 2+4 oder sonstige völkerrechtlichen Krimskrams herumreiten und schon gar nicht will ich mit dir über die Rechtmäßigkeit einer Annektion diskutieren, aber "Deutschland" ist so ganz nebenbei auch ein geographischer Begriff. Der Name "Ostdeutschland" kann daher nicht für Westpolen stehen. Und wenn du meinst, damit Deutsche, die in Polen leben nicht "verletzen" zu wollen.....schön.....die Polen verletzt du damit mit Sicherheit.

Dobra noc.
 
Paul schrieb:
Wenn ein Land mit Gewalt unrechtmäßig anektiert wurde
Lieber Paul,

wir wissen doch alle, daß Schlesien und Westpreußen im 18. Jahrhundert von Preußen unrechtmäßig annektiert wurden.
Wozu soll man da heute noch darauf herumreiten?

Heute gehört beides zu Polen. Völlig rechtmäßig.
 
Hallo Lukrezia,
natürlich sind meine Reisen u. Unterhaltungen nicht repräsentativ gewesen. Ich habe auch nicht jeden zu einer nationalen Stellungnahme aufgefordert. Viele haben sie von sich aus gemacht, vor allem wenn sie von mir als Deutsche angesehen werden wollten.
Wenn ich in Schlesien, Westpreußen o. Danzig unterwegs war habe ich die Leute immer gefragt ob sie polnisch o. deutsch sprechen. Das habe ich in Krakau o. Warschau nicht gemacht obwohl ich dort auch auf deutsch angesprochen wurde.
Viele Menschen wollten sofort klarstellen, das sie Deutsche sind. Ein junger Mann hat mir (auf perfektem deutsch)gesagt, er würde seine Kinder sofort auf eine Deutsche Schule anmelden, wenn das möglich sein würde. Seine Mutter sei Deutsche. Ich habe ihn nicht gefragt, was sein Vater ist(2 sprachiger Schlesier, Pole o. Ukrainer). In Schlesien ist es mir mehrmal passiert, das sich meist junge Leute entschuldigt haben, wenn sie kein deutsch konnten, obwohl sie eigendlich deutsch können müßten, weil z.B. ihr Großvater o. Großmutter Deutsche wären.
In Westpreußen, auf dem Weg nach Danzig habe ich mich mit einem älteren Ehepaar auf deutsch unterhalten. Sie war eine nationalbewußte Polin, die in Deutschland geboren wurde, wo ihre polnischen Eltern arbeiteten u. dann nach Polen zurückkehrten. Er war ein muttersprachlicher deutscher Westpreuße, von dem viele Verwandte schon vor dem 1. Weltkrieg ins Ruhrgebiet wanderten. Er hat sich gefreut mit mir deutsch zu reden. Wegen seiner Frau konnte er nicht offen mit mir reden, z.b. über die Beurteilung der territorialen Änderungen, er wollte sie nicht verletzen.
Die Kinder/Enkel werden diese Haltungen schon identifizieren. Wie werden sie sich selbst identifizieren?
In Krakau habe ich mich mit Leuten unterhalten. Einer hat gesagt, er hat einen Cousin in Bromberg, der fühlt sich als Deutscher.
In Krakau habe ich mich mit einem Polen unterhalten, der konnte gut deutsch, nachdem ich ihm gesagt habe, das Kopernikus Deutscher sei, warum würde er denn in Polen verehrt, war er sehr antideutsch, der hätte aber gerne auch noch Berlin anektiert. Er wollte mich provozieren, weil ich ihm auch gesagt habe, das viele der an der Decke angebrachten Symbole von Städten ja Symbole deutscher Städte seien. Dies war aber eine Ausnahme. Andere, die an der Unterhaltung beteiligt waren wollten da doch beschwichtigen.
Meistens waren die Menschen sehr nett zu mir. Die Deutschen sowieso, die Polen erst recht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Durch mein Studium hatte ich viel Kontakt mit Studenten aus Polen. Ich weis das durch realtiv viel wert darauf gelegt wird, ob einer dort aus Schlesien oder aus dem Restpolen kommt. Die jetztigen Schlesier sehen sich zum Grossteil als Nachkommen von Vertriebenen in einen Land von Vertriebenen, während die anderen Polen quasi zuhause bleiben dürften.
In vielen Kreisen in Schlesien wird auch seit der Wende grossen Wert auf die deutsche Vergangenheit des Landes gelegt. Es werden in alten Gebäuden und Kirchen wieder die deutschen Spuren restauriert, die in den letzten Jahrzehnten überdeckt wurden, es werden Geschichten über die ehemaligen Einwohner gesammelt usw. In Breslau zum Beispiel ist vor einigen Jahren ein altes Foto aufgetaucht auf dem 3 Milchgesichter ,14- 16 jähriger Flakhelfer zusehen waren ,die Breslau verteidigten. Das Intresse an den Jungen war so groß, das man rechercherierte, wer sie waren und man hat sie schließlich in Deutschland ausfindig gemacht und mit grossem Hallo eingeladen. Das war ein Stadtereignis.
Ich will damit sagen, das die Polen mit den Thema nicht so verkrampft die Vergangenheit verleugen wie viele hier in Deutschland. Es besteht ein grosses Interesse in Polen an die ehemals deustche Kultur anzuknüpfen, aber aus Deutschland gibt es kaum Interesse an diesem kulturellem Erbe, was man in Polen ein wenig mit Unverständis aufnimmt.
Das einige Entschädigungsforderung haben, nehmen viele Polen mit gemischten Gefühlen auf, denn eine ähnliche Situation besteht im Verhältnis zwischen Polen und der Westukraine.
 
Ich wundere mich etwas, wieviele Menschen in diesem Forum offensichtlich Vorfahren aus dem ehem. Ostdeutschland haben.
Offensichtlich ist und wird es tatsächlich so sein, dass die Assimilierung der Schlesier und Preußen mit der Bevölkerung der BRD und ehem. DDR immer weiter fortschreitet und der Begriff "Schlesier", "Ostpreuße" für Leute dt. Staatsangehörigkeit irgendwann verschwinden wird, weil es dann keine Leute mehr gibt, auf die diese Bezeichnung passen würde.
Da fällt mir eine nette Anekdote ein, die ich selbst erlebt habe als ich mich mit einem Bekannten, dessen Vater aus der Grafschaft Glatz kommt, unterhalten habe.
Ich fragte ihn ob er denn schonmal auf einem Vertriebenentreffen gewesen wäre, und er sagte: Nein, bin ja kein Schlesier.
Die Integration der Vertriebenen und Heimatlosen ist offensichtlich gelungen.
 
Zitat:"Die Integration der Vertriebenen und Heimatlosen ist offensichtlich gelungen."
Es werden die Begriffe Integration und Akkulturation immernoch sehr oft verwechselt.

Statistisch gesehen ist jeder dritte Deutsche, direkter oder direkter Nachkomme von Aussiedlern. Übrigens die meisten Vorurteile die die rußlanddeutschen Aussiedler zu hören und zu spüren bekommen, entsprechen häufig denen die in den Anfangsjahren der BRD die Vertriebenen zu hören bekamen.

Wenn ich so die absolut sturren vernagelten Baurenköpp, der niedersächsischen Ureinwohner in meiner unmittelbaren Umgebung betrachte, tröstet mich der Gedanke, das ich familiär betrachtet, sozusagen zum Glück ein "Zugezogenener" bin.
 
ja, das kenn ich auch von meiner tante in niedersachsen. ich muss sagen, hier in ostdeutschland, und damit meine ich die neuen bundesländer,gabs da keine probleme.mein nachnahme ist Gottschlich, also original schlesich, aber seit dem Gottschalk im Fernsehen ist, ist das ok. früher hab ich mich immer etwas geschämt, weil der name hier nicht gängig war.


meine tante, die auch aus der grafschaft glatz kommt, sagte mir, das sie in den ersten jahren nach der vertreibung nur als schmarotzer angesehen wurde. naja, sie hat den bürgermeister dieses ortes geheiratet, war dann schon von vorteil
 
Stimmt, das haben meine Grosseltern auch erzählt, das sie als Schmarotzer angesehen wurden. Schlagworte wie : sie kommen aus der Fremde, sie sprechen ja kein richtiges Deutsch, sie wollen Essen und Wohnung haben, obwohl sie im Land nichts aufgebaut haben usw (diese Sprüche müssten so manchen Russlanddeutschen in der TAt sehr bekannt vorkommen!).
Selbst Ende der Fünfziger als sie sich ein Haus bauten kamen Sprüche wie, " Wir müssen für unser Geld arbeiten und die (die Schlesier) bekommen es vom Staat hinter her geworfen:"
Aber das man zuvor den gesamten Besitz und Familienmitglieder verloren hatte, interessierte niemanden.
 
Ich kenne noch einige Geschichten, wie die Vertriebenen hier in meinem Wohnort empfangen wurden. Da riss jemand schonmal die Fenster auf und schrie raus: "Wir wollen kein verkommenes, verlogenes Pack", wenn ein Vertriebener in den ersten Jahren durch den Ort ging.
Die Russlanddeutschen haben auch kein gutes Ansehen in der Bevölkerung.
Nach der Wende, als die ersten Aussiedler nach Deutschland kamen und sich in Integrationsgruppen einfanden, waren viele von ihnen interessiert, möglichst schnell Deutsch zu lernen und einen Weg in die Gesellschaft zu finden.
Aber ab einem bestimmten Zeitpunkt schlug die Stimmung um, aus welchen Gründen weiß niemand.
Man unterhielt sich wieder auf Russisch und Russlanddeutsche bildeten wieder ihre eigenen Cliquen mit russlanddeutschen Freunden.
Vor anderthalb Wochen wurde ein Bericht im TV ausgestrahlt in dem die Russlanddeutschen in einer hessischen Kleinstadt in einem sehr schlechten Licht dargestellt wurden, man sah darin Jugendliche die sagten:
"Ich kenne doch die deutschen Gesetze nicht".
Viele Russlanddeutsche hat dies offensichtlich sehr verärgert, weil es zu verallgemeinernd war.
Ich kenne die Berichterstattung in den Medien der Nachkriegszeit über die Vertriebenen aus den Ostgebieten nicht, aber viele von den Preußen hatten sich noch auf lange Zeit feste Chancen ausgerechnet, irgendwann mal wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.
Es war für die Einheimischen besonders in der BRD auch ein großer Schritt, einen Andrang solch großer Zahl zu bewältigen.
Allein Bayern nahm schon über 2 Millionen Sudetendeutsche auf, weil Österreich nicht aufnahmefähig oder -bereit war.
Oberhalb meines Wohnortes gab es bis in den Anfang der 60er Jahre hinein noch ein Lager für die Vertriebenen, ein richtiges Dorf mit Kindergarten, die älteren Kinder fuhren jeden Morgen mit dem Bus in die Schule und wurden dort kräftig gehänselt und bespuckt.
Trotz allem siedelten sich nach der Auflösung des Lagers viele in der näheren Region an.
 
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