Die DDR - Warum hat den Menschen in der DDR das Leben nicht gefallen?

guten abend,











ja und nein. an dieser stelle kreisen wir. wir hatten diesen punkt nämlich schon, aber natürlich musst du mir nicht zustimmen, wenn ich sage, wir sollten verstehen und bewerten in der geschichtsbetrachtung voneinander trennen. das ist meine meinung. ich behaupte, wir können uns gar nicht 100%ig in das damalige denken hineinversetzen, denn dann würden wir ja so denken wie damals. wir können immer nur aus heutiger sicht bewerten - nur jeweils mehr oder weniger "wohlwollend".

verstehen bedeutet, dass ich weiß, warum die DDR eine mauer baute (z.B. um die massenabwanderung nach westdeutschland zu unterbinden, weil dadurch die wirtschaft zusammenzubrechen drohte). bewerten bedeutet, dass man das z.b. als freiheitsberaubung auffasst und deshalb nicht gut findet. auch andere bewertungen sind möglich - je nach politischem lager, also dem "wohlwollen" oder der "abneigung" gegenüber der DDR. (dieses trennen von verstehen und bewerten funktioniert auch zu anderen zeiten)

ich finde allerdings, du vermischst beides. doch nur so kannst du die DDR geißeln für etwas, was in anderen staaten, die du aber nicht geißeln willst (das ist nämlich der punkt!!!) und/oder zu anderen zeiten durchaus auch passierte. das ist jedoch keine ergebnisoffene analyse historischer ereignisse, sondern eine rein ergebnisgeleitete (man sucht sich die passenden fakten und argumente, um ein ergebnis, das bereits vor der untersuchung feststeht, nur noch zu bestätigen). ich finde das unwissenschaftlich!!!



wenn du dann wiederum 100 oder 200 jahre zurückgehst, dann siehst du, dass es durchaus in "deutschen landen" auch verbote gab auszuwandern. ich erinnere mich da an abwerbungen ausländischer herrscher (stichwort wolgadeutsche), muss aber zugeben, dass ich keinen beleg und keinen genauen fakt bei der hand habe. letztlich zeigt dein hinweis wieder, was ich meine: du suchst dir nur die fakten heraus, die deine bereits vorhandene meinung über die DDR stützen. was dem widerspricht, wird ignoriert oder geleugnet oder schlecht geredet oder abgewertet. übrig bleibt, was übrig bleiben soll. das ist zwar alles menschlich verständlich - so wie wenn wir auch privat jemanden nicht mögen ("auf dem kieker haben"), aber zur "wahrheitsfindung" trägt es wenig bei, vielmehr verstellt und verzerrt es den blick.



ich verstehe nicht so richtig, was du damit sagen willst. vielleicht interpretiere ich dich also falsch und bitte dann um nachsicht! in den jahrhunderten "vor der DDR", gab es da schon freie medien, legale politische oppositionen??? da wäre also die DDR in diesem sinne nichts besonderes?!? oder willst du damit sagen, dass, weil es ja noch keine freien medien gab, man den damaligen staaten nachsehen muss, dass menschliche werte noch nicht so sehr beachtet wurden? willst du folter im mittelalter damit rechtfertigen, dass es noch keine freien medien gab, die darüber berichten konnten? ich glaube, dann fußt dein geschichtsverständnis aber auch nicht gerade auf dem "verstehen aus der zeit heraus".

ich verstehe, warum sie im mittelalter folterten (ein stichwort, weil es sonst zu weit führen würde: der geist ist willig, aber das fleisch ist schwach) und dennoch werde ich folter immer als unmenschlich bewerten! (übrigens auch in der DDR, sollte es dort sowas gegeben haben.) wie könnte man denn sagen: folter im mittelalter war ok, aber heuzutage ist folter nicht mehr in ordnung?!?

gruß!




Ich würde es als ziemlich ärgerlich betrachten, wenn mir auf einen berechtigten Einwand eine Scheinargumentation und Geschichtsklitterung unterstellt wird, um die DDR verurteilen zu können, aber ich bin ja auch nicht @timotheus. Die freie Ausreise war in der DDR verboten, ebenso wie in den meisten deutschen Ländern die Auswanderung verboten war.

Die Peuplierungspolitik der absolutistischen Staaten mit der Ausreisepolitik der DDR zu vergleichen, muss zwangsläufig zu Fehlschlüssen und schiefen Vergleichen führen. Man kann alles miteinander vergleichen, auch Äpfel und Birnen- man sollte sich nur vor Gleichsetzungen hüten, denn bei näherer Betrachtung gibt es doch recht viele Unterschiede zwischen Äpfeln und Birnen, mögen sie auch beide Obst sein.

Du argumentierst reichlich historisch querfeldein mit deiner Argumentation und gehst dabei sehr selektiv vor, was du aber gerade selbst anderen vorhälst.

Ich bezweifle ehrlich gesagt auch die Tauglichkeit eines Systems der "gefühlten Demokratie/Diktatur" und den Sinn eines Models der Zufriedenheitsskala. Wenn die Medien kontrolliert werden und das System einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten kann, wird es wohl die schweigende Mehrheit darin aushalten können und viele mögen der Meinung sein, dass dieses System großartig ist, vielleicht es für so großartig halten, dass man gleich auf Jahrtausende vorplanen kann.


Das Dritte Reich hätte vermutlich in den sogenannten "goldenen Jahren" von 1936- Herbst 1938 von der Mehrheit der Bevölkerung ein Zufriedenheitsattest bekommen- es gab ja nur wenige "Miesmacher" und "Meckerer" wie Goebbels sie nannte. Viele Leute dachten und denken noch im hohen Alter positiv an HJ- und BDM-Abende zurück.

"Das war schön!" sagen sie und sie sagen ja die Wahrheit, geben nur offen ihre subjektiven, positiven Erinnerungen wieder. Dass das schöne und das hässliche, dass KZ und KDF zusammengehörten, haben nur wenige reflektiert.
 
Mal ganz unabhängig von der Frage, ob die Suche nach Klassenkämpfen im weitesten Sinne hilfreich in der Sozialgeschichte sein kann
ist es nicht auffällig, dass je länger eine zeit zurückliegt, desto "wohlwollender" (nachsichtiger) wir/ihr über die damaligen missstände und/oder verbrechen zu urteilen bereit sind/seid?! warum eigentlich???

genauer gesagt, desto nachsichtiger ist die "bürgerliche geschichtsbetrachtung", denn in der DDR kamen weder die sklavenhaltenstaaten der antike noch die folternden feudalstaaten des mittelalters in diesem sinne ungeschoren davon, ohne dass jedoch einfach alles geredet wurde. es wurde auch anerkannt und entsprechend positiv gewertet, was es damals bereits an fortschritten gab (attische demokratie usw.)
diese art der geschichtsbetrachtung halte ich für richtig.
schließt euch an! :friends:
Ob Du es glaubst oder nicht, auch "bürgerliche" Geschichtsschreibung schreibt klar wie grausam Sklavenhaltung oder Willkür war, aber sie betont nicht in jedem Text zur Antike, dass alles (wirklich alles) auf die ARbeit von Sklaven zurück geht und deshalb verurteilt werden muss und überhaupt. Was Du da lobst artete schnell in Polemik und Verallgemeinerungen aus und überdies ist der Grundsatz alles zuerst an den Maßstäben der Zeit zu messen oft gerade zu unabdinglich um zu verstehen warum die Zeitgenossen so handelten und nichts gegen heute als ungerecht zu bezeichnende Umstände unternahmen.
 
guten morgen, barbarossa und alle anderen,

ich muss mich mal teilweise selbst zitieren, um noch etwas ergänzen zu können:




ist es nicht auffällig, dass je länger eine zeit zurückliegt, desto "wohlwollender" (nachsichtiger) wir/ihr über die damaligen missstände und/oder verbrechen zu urteilen bereit sind/seid?! warum eigentlich???

genauer gesagt, desto nachsichtiger ist die "bürgerliche geschichtsbetrachtung", denn in der DDR kamen weder die sklavenhaltenstaaten der antike noch die folternden feudalstaaten des mittelalters in diesem sinne ungeschoren davon, ohne dass jedoch einfach alles geredet wurde. es wurde auch anerkannt und entsprechend positiv gewertet, was es damals bereits an fortschritten gab (attische demokratie usw.)

diese art der geschichtsbetrachtung halte ich für richtig.
Hallo @flitzpiepe,
Jetzt dämmert mir langsam, worauf du hinaus willst, aber ich fürchte, wenn du als (Hobby?-)Historiker geschichtliche Ereignisse moralisch bewerten willst, bist du auf dem Holzweg. Ich denke, moralische Bewertungen stehen einem Historiker gar nicht zu. Er hat lediglich Geschichte der Öffentlichkeit bekannt zu machen und bestimmte Ereignisse auch nach ihrer Wichtigkeit zu sortieren.
Die moralische Bewertung der historischen Ereinisse oder auch ganzer Epochen sind dann die Aufgabe der gesamten Gesellschaft.
Wenn ich von persönlichen Erlebnissen aus der DDR erzähle, dann muß ich allerdings zugeben, daß ich da etwas befangen bin und bin dann manchmal eher der erzählende Zeitzeuge, der dann aber auch das Recht hat, Dinge anzuklagen, die unmoralisch waren.
Aber fest seht: Ein Historiker hat Geschichte neutral zu erzählen, auch mit teilweise unschönen Einzelheiten, aber neutral und nicht anklagend.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Barbarossa: Aber fest seht: Ein Historiker hat Geschichte neutral zu erzählen, auch mit teilweise unschönen Einzelheiten, aber neutral und nicht anklagend.

Das konnte vielleicht noch ein Mommsen. Aber wie soll das z.B. im Fall der Naziverbrechen heute noch möglich sein?
 
Aber ich glaube, viele Leute machen einen ganz entscheidenden Fehler. Und zwar liegt der Fehler darin, wenn jemand den den Staat "DDR" als solchen angreift, daß viele diese Kritik auf sich selbst beziehen. Dafür könnte es einen historischen Hintergrund geben, denn das SED-Regime wollte genau diese Verknüpfung von Staat und Privatleben der DDR-Bürger. Schon wenn man arbeiten ging, dann gab es so Parolen wie z. B.: "Dein Arbeitsplatz - dein Kampfplatz für den Frieden!"
Die Ablehnung der DDR als ganzes hat sich ja in der ersten Zeit nach der Wende gezeigt: Für einige Jahre hatten nur Produkte aus dem Westen eine reelle Marktchance. Danach schlug das Pendel zur anderen Seite aus, einheimische Produkte wurden beworben und angenommen (stärker als im Westen).

Auf der anderen Seite wurde Kritik an Produkten aus der Zeit als Kritik am Lebenswerk des Einzelnen aufgefasst. Das kann ich allerdings nur zum Teil nachvollziehen, schließlich wurde schon vor der Wende nach Produkten aus dem Ausland geschielt, war der Arbeiter am Band bei der Produktion eines Kassettenrekorders o.ä. da nicht schon "minderwertig"? ;)

Es wurde einiges an unnötigen Vergleichen in die Welt gesetzt, sowohl vom "Westen" wie vom "Osten" (ich bitte beide Begriffe bewusst unscharf aufzufassen).

Solwac
 
Das konnte vielleicht noch ein Mommsen. Aber wie soll das z.B. im Fall der Naziverbrechen heute noch möglich sein?
Auch da sollte es möglich sein. Ein Historiker hat geschichtliche Epochen, wie z. B. das 3. Reich oder auch andere, in allen Einzelheiten so darzustellen wie sie waren. Die moralische Berwertung und ggf. Verurteilung ist dann die Aufgabe der gesamten Gesellschaft - ich denke, sollte wirklich so sein. Denn wenn schon Historiker eine solche Bewertung vornehmen, dann ist die Gefahr der Geschichtsfälschung oder der Beeinflussung um so größer, weil jeder versucht, z. B. seinen "Lieblingskönig" oder seine "Lieblingsepoche" in einem möglichst guten Licht dastehen zu lassen.
Das hat man in der Geschichte oft genug gesehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier wird davon nichts erwähnt Wahlergebnisse und Landesregierungen in Sachsen ? Wikipedia
Wahlergebnisse und Landesregierungen in Thüringen ? Wikipedia
Allerdings sind für Sachsen die "sonstigen" nicht weiter aufgeschlüsselt.
Hallo @Themistokles,
ich hab es gefunden, es war jedoch nicht in Sachsen oder Thüringen, sondern in Mecklenburg-Vorpommern. Hier erreichte in der Landtagswahl am 14. 10. 1990 die CSU 1,11 % und die DSU 0,75 % der abgegebenen Stimmen.
:winke:
 
verstehen bedeutet, dass ich weiß, warum die DDR eine mauer baute (z.B. um die massenabwanderung nach westdeutschland zu unterbinden, weil dadurch die wirtschaft zusammenzubrechen drohte). bewerten bedeutet, dass man das z.b. als freiheitsberaubung auffasst und deshalb nicht gut findet. auch andere bewertungen sind möglich - je nach politischem lager, also dem "wohlwollen" oder der "abneigung" gegenüber der DDR. (dieses trennen von verstehen und bewerten funktioniert auch zu anderen zeiten)
Klingt schön und verniedlichend...

Ich "bewerte" es nicht als Freiheitsberaubung, ich stelle es als solche fest. Hier gibt es keinen Bewertungsspielraum!

Und bevor hier wieder fragwürdige Vergleiche mit der fernen Vergangenheit gibt, die Gesetze und die Verfassung der DDR sehen das genauso. Es wurde nur ignoriert. Womit wir wieder beim Thema Unrechtsstaat wären.

Solwac
 
Auch da sollte es möglich sein. Ein Historiker hat geschichtliche Epochen, wie z. B. das 3. Reich oder auch andere, in allen Einzelheiten so darzustellen wie sie waren. Die moralische Berwertung und ggf. Verurteilung ist dann die Aufgabe der gesamten Gesellschaft - ich denke, sollte wirklich so sein. Denn wenn schon Historiker eine solche Bewertung vornehmen, dann ist die Gefahr der Geschichtsfälschung oder der Beeinflussung um so größer, weil jeder versucht, z. B. seinen "Lieblingskönig" oder seine "Lieblingsepoche" in einem möglichst guten Licht dastehen zu lassen.
Das hat man in der Geschichte oft genug gesehen.



hallo,

ich danke allen diskussionsteilnehmern. eigentlich wollte ich meine erste antwort noch überarbeiten, aber barbarossa hat mir eine gute vorlage geliefert. zu diesem beitrag kann ich nur zustimmen. genauso sehe ich es auch!

ich denke, unser dissenz besteht darin, dass ihr meint, die DDR-geschichte neutral zu analysieren ("so wie sie wirklich war") und ich werfe euch "befangenheit" (pauschalverurteilung) vor; während ich auch meine, neutral zu analysieren und ihr werft mir "befangenheit" (verharmlosung) vor. ich fürchte, diesen widerspruch werden wir nicht klären können.

für den beobachter ergibt sich das, was der volksmund in folgendem spruch zusammengefasst hat: jede medaille hat zwei seiten. ich formulierte es so: viele meinungen und erfahrungen und gerade auch gegensätzliche erfassen und sich aus allem "eine mitte" zu suchen, in der bekanntlich die wahrheit liegt (wenn man ihr denn möglichst nahe kommen will!).

gruß!
 
ich denke, unser dissenz besteht darin, dass ihr meint, die DDR-geschichte neutral zu analysieren ("so wie sie wirklich war") und ich (a) werfe euch "befangenheit" (pauschalverurteilung) vor; während ich auch meine, neutral zu analysieren (b) und ihr werft mir "befangenheit" (verharmlosung) vor. ich fürchte, diesen widerspruch werden wir nicht klären können.

Um (a) etwas vorzuwerfen oder (b) neutral zu analysieren, müßten Dir ausreichende Informationen über die Ereignisse vorliegen. Da haben sich beachtliche Lücken gezeigt, wie oben nachzulesen. Entsprechende Hinweise darauf haben dann stets zum Wechsel des Themengebietes geführt.

Eine Reihe von Themen drehte sich um ökonomische Aspekte, die als Ausgangspunkt von Wertungen des DDR-Regimes herbeigezogen wurden. Soweit ich das zur Kenntnis genommen habe, wurde dabei von Dir im wesentlichen die alte DDR-Propaganda wiederholt, siehe zB Frauenbeschäftigung.

Der zuletzt hier zu lesende relativierende Vergleich der DDR mit Feudalstaaten oder Verhältnissen der Antike, als Begründung für oben (a) und (b), stellt übrigens den Tiefpunkt der "Wahrheitsfindung" dar.
 
Warum hat den Menschen in der DDR das Leben nicht gefallen?

Grundprobleme der Menschen und Bevölkerung der DDR:

-Freiheits- und Persönlichkeitsrechte wurde dem einzelnen Entzogen
-Bevölkerung wurden vom SED Regime in jeder Art und Weise bevormundet, gesellschaftlich wie auch wirtschaftlich.
-Bevölkerung wurde systematisch Belogen und mit "Angst" unter Druck gesetzt
-für normale und friedliche Lebensumstände hatte die Bevölkerung keine Wahl, alle Vorgaben des SED Regimes mussten übernommen werden
-stetig wachsende Wohnungsnot, nachhaltig schlechte Infrastrukturen, mangelnde moderne Kommunikationsnetze
-Unterversorgung durch sich Nichtanpassende Planwirtschaft an den Bedarf der Bevölkerung, denn nur von Grundnahrungsmitteln lebt die Bevölkerung, ist aber nicht befriedigt
-durch das starre Gesellschafts- und Wirtschaftssystem konnte sich das SED Regime nicht mehr Zeitgemäß auf seine Bevölkerung einstellen
-Polizeistaat und Militarismus prägten die innere Gesellschaft der DDR, die im klaren Gegensatz mit einer demokratischen und sozialen Lebensweise der Bevölkerung stand.

1989 verlor das DDR/SED Regime eines ihrer wichtigsten Machtinstrumente, die Angst.

Wer möchte unter den o.g. Umständen leben?
 
Ökologie in der DDR

@flitzpiepe hat mich durch seinen Ansatz, auf die Fragestellung des Themas hinzuweisen ("nicht gefallen") und diese letztlich auf Manipulation zu hinterfragen, auf einen weiteren wichtigen Bereich gebracht.

Dieser Aspekt war bis Okober in der Öffentlichkeit der DDR kaum kritisch präsent (mit Ausnahmen). Es gab hierzu wenige, meist manipulierte offizielle Informationen vor dem Hintergrund eines sehr weitgehenden DDR-Umweltrechts, später dazu mehr. Probleme traten nur da auf, wo Umweltschäden in Ausnahmefällen "organoleptisch" erfahrbar wurden.

Dazu einige Aspekte zum Sachstand 1989:

Einen ersten Komplex stellten die DDR-Deponien dar. Hier gab es Tausende von den Kreisen betriebene Standorte, inkl. diejenigen der Kombinate und VEBs. Schadstoffinventare (Deponiebilanzen) wurden nicht erstellt bzw. waren nur lückenhaft vorhanden, was insbesondere bei den Mischdeponien mit Hausmüll, landwirtschaftlichen und Industrieabfälle für Betrieb und Verwahrung hochproblematisch war ("Cocktails"). Ein bekannter Fall (mit der Publizität bis 1989 ein Ausnahmefall) war
Deponie Ihlenberg ? Wikipedia
hier noch verbunden mit dem devisenbeschaffenden Müllexport aus dem Westen.

Problematische Deponien gab es insbesondere verbunden mit dem Braunkohlentagebau. Hier bestanden jahrzehntelange (teilweise auf das Dritte Reich zurückgehende) Grundwasserabsenkungen, die den Restlöchern zunächst einen "trockenen" Deponiefuß verschafften. Entsprechend wurden diese trockenen Restlöcher für Industrieabfälle (zB Kraftwerksasche, Stoffbeseitigungen etc.) genutzt. Neben diesen verfüllten Deponieräumen bestanden die Halden für die Betriebe, für die größtenteils Verwahrungskonzeptionen und wirksame Verwahrungsmaßnahmen fehlten: Abdeckungen der Kali-Halden, Aschehalden der Kraftwerke (zB Leuna-Hochhalde) usw. . Neben diesem - verwaltungs- oder betriebsseitig noch geordneten - Deponiebetrieb gab es die industriehistorischen Probleme mit Schadstoffen aus den Handhabungsverlusten laufender Betriebe und aus unbehandelten Havarien.

Ein weiteres Beispiel: der Raum Bitterfeld/Wolfen-Mersburg-Halle (Chemie-Dreieck mit großen Kombinaten). Sowohl für die Haushalte als auch für die Indutrieballung gab es nur für einen geringen Bruchteil Entsorgungswege, zB Kläranlagen. Auch hier halfen - neben den Gewässern - die Tagebau-Restlöcher weiter, zB die Grube Johannes (besser bekannt als Silbersee in seiner Kombination von Gülle und Industrieschlämmen)
http://de.wikipedia.org/wiki/Silbersee_(Bitterfeld).

Die fehlende "geklärte" Entsorgung, fehlende Kraftwerksfilter usw. waren auch hier den ökonomischen Rahmenbedingungen geschuldet, die für kostenträchtige Auflagen nicht belastbar waren. Bekannte Fälle:
Leunawerke ? Wikipedia
Buna-Werke ? Wikipedia
Chemiekombinat Bitterfeld ? Wikipedia
Industriepark Schwarze Pumpe ? Wikipedia (Kokereistandort und Deponien)
Diese hotspots ließen sich im kleinen Bereich beliebig fortsetzen.


Auch die AKWs der DDR wurden nach der Wende abgeschaltet,
Kernkraftwerk Greifswald ? Wikipedia
Kernkraftwerk Rheinsberg ? Wikipedia
und befinden sich seitdem im Rückbau.

Eine black-box in der DDR waren die Wismut-Anlagen der Uranförderung.
Wismut (Unternehmen) ? Wikipedia
Die weitere Sanierung folgte unmittelbar durch den Bund.


Zum DDR-Umweltrecht: alle relevanten Bereiche waren durch Gesetzgebung abgedeckt, von der Führung und Verwahrung von Deponien, über DDR-Atomgesetz, DDR-Bergrecht zur Rekultivierung bis hin zu wasserwirtschaftlichen Vorgaben (so enthielt die DDR-Trinkwasserverordnung ähnliche Grenzwertvorgaben wie die EU-Empfehlungen).


Nimmt man den gesamten Themenbereich Umwelt, und die teilweise katastrophalen Zustände, spielte dieser wohl kaum eine Rolle in den Ereignissen 1989. Dazu fehlte es einfach an Informationen, die selbst für die nachfolgenden Sanierungen/Verwahrungen/Rekultivierungen erst mit größerem Aufwand zu beschaffen waren. Erfahrungen und Realitäten müssen also nicht zwingend übereinstimmen.
 
War doch im Westen auch nicht anders.
Wer hat sich denn vor 1980 gross um Umwelt gekümmert?
Das liesst sich ja so, wie, nur die DDR hat Müll gemacht.
 
War doch im Westen auch nicht anders.
Wer hat sich denn vor 1980 gross um Umwelt gekümmert?
Das liesst sich ja so, wie, nur die DDR hat Müll gemacht.

Da hast Du allerdings meinen post insoweit "gegen den Strich" gelesen, als es nicht um ein Vergleich BRD/DDR ging (über den man an anderer Stelle diskutieren kann), schon gar nicht 1949/80.

Zu 1989 schicke ich Dir PN.
 
Die Umwelt- und Naturschutzgesetze in der DDR waren eigentlich vorbildlich wie vieles, das auf dem Papier stand. Nur die Umsetzung harperte, wie bei der Verfassung und der Helsinki-Akte.
 
Da hast Du allerdings meinen post insoweit "gegen den Strich" gelesen, als es nicht um ein Vergleich BRD/DDR ging (über den man an anderer Stelle diskutieren kann), schon gar nicht 1949/80.

Zu 1989 schicke ich Dir PN.

Entschuldige, aber ich lese immer erst die Threadüberschrift und vergleiche dann die Antworten.
Ich bin nun mal so ein Krümelkacker.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es paßt und paßt nicht zugleich.

Es paßt nicht, weil die Wahrnehmung bis 1989 begrenzt war, mit wenigen Ausnahmen.
Es paßt, weil es die Relativität des gefallen der Themenüberschrift zeigt.


@balticbirdy hat mE (ich hatte das auch angedeutet) völlig richtig auf das Auseinanderklaffen von Anspruch und Realität in der DDR zu diesem Aspekt hingewiesen. Hier lag eine Manipulation der öffentlichen Meinungen bis 1989 über sehr ernste Gefahrensachverhalte vor. Ich habe auch nur ausgewählte Fälle angerissen, die Liste ließe sich sehr verlängern. Letzlich war das eine Folge unzureichender Mittel, die Anwendung der DDR-Umweltgesetze mal unterstellt.
 
Es paßt und paßt nicht zugleich.

Es paßt nicht, weil die Wahrnehmung bis 1989 begrenzt war, mit wenigen Ausnahmen.
Es paßt, weil es die Relativität des gefallen der Themenüberschrift zeigt.
Also, Moment mal.
Ihr könnt uns doch nicht das Denken abstreitig machen.
Was konnten wir dafür, das viele Angst hatten und die Klappe hielten.
Wahrgenommen hat das doch jeder, aber es brauchte Zeit, bis man sich erhoben hat.
 
Also, Moment mal.
Ihr könnt uns doch nicht das Denken abstreitig machen.
Was konnten wir dafür, das viele Angst hatten und die Klappe hielten.
Wahrgenommen hat das doch jeder, aber es brauchte Zeit, bis man sich erhoben hat.

Nein, all das versucht hier auch keiner, soweit ich das übersehe.

Laß uns mal umgekehrt einen Schuh daraus machen: wie war denn die (zB Deine) Wahrnehmung - Stand 1989 - zur Gesamtproblematik? Ein Beispiel:
Sofortmanahmen in der Umweltpolitik
Die dort angegebene Schätzung des Jahresbetrages war zu niedrig.
 
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