Die deutschen Kolonien

ursi

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Die mit über 300 teilweise bisher unveröffentlichten Fotos reich bebilderte Dokumentation legt Zeugnis ab vom relativ späten Kolonialfeldzug der Deutschen. Als man ab 1882 auch offiziell die Inbesitznahme von Landstrichen entlang der Pfeffer-, Gold- und Sklavenküsten forcierte, hatten die großen Seefahrernationen den Kuchen bereits weitgehend unter sich aufgeteilt. Der Text folgt nicht einfach der chronologischen Abfolge der Ereignisse, sondern variiert das Thema auf kurzweilige Art. Im Wechsel zwischen historischen Schauplätzen, politischen und wirtschaftlichen Hintergründen sowie Lebensbildern der berühmtesten Kolonialherren entsteht ein facettenreiches Bild der deutschen Kolonialherrschaft, die bereits 1920 ihr Ende fand.

Bernd G. Längin, Michael Schindler, • Die deutsche Kolonien, Schauplätze und Schicksale • Mittler • 2004 • 328 Seiten

Buchempfehlung von Arne
 

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Kolonialapologetik vom Feinsten

Mit welcher Motivation wurde das Buch von Längin hier vorgestellt?

Das Buch ist ein Graus: Viele nette kleine Bilder aus unseren idyllischen Kolonien, sorgfältig ausgewählt nach dem Kriterium "deutsche Entwicklungs- und Zivilisationsarbeit", brave "Eingeborene", die freundlich lächelnd und winkend Arbeiten für ihre weißen Herren verrichten oder aber artig wilde Tänze für die voyoristische Kamera aufführen.
Bilder von südwestafrikanischen Konzentrationslagern, niedergabrannten afrikanischen Dörfern, geköpften "Boxern" oder abgemagerten zwangsrekrutierten Träger in Ostafrika? Fehlanzeige.
Längin redet in seinem Bilderbuch einer widerlichen Kolonialromantik das Wort, Gewalt und Ausbeutung werden zugunsten "positiver" Seiten der deutschen Kolonisationsarbeit ausgeblendet.
Der kolonialrevisionistischen und -apologetischen Bildauswahl entspricht der Text, voll von unkritisch wiedergegebenen Zitaten, bar jeder bibliographischen Angabe und Nachweisen. So lässt Herr Längin Carl Peters unkommentiert sagen, dass "wir [die Deutschen] die erste Rasse in der Welt sind und dass es [seit wann schrieb man um 1900 in neuer Rechtschreibung???] umso besser für die menschliche Rasse ist, je mehr von der Welt wir bewohnen." Und wie hält es Längin in dem Kapitel "In Treue fest - Deutsch-Südwest" mit dem mörderischen Krieg in Deutsch-Südwestafrika? Die Ablösung Leutweins durch Trotha wendet endlich das Blatt im Verlustreichen Kleinkrieg gegen die Herero. Längin: "Nur harte und heroische Entscheidungen führen zum Frieden, einer wie er [Trotha] kennt die Welt, auf einen wie ihn ist Verlass." Am Waterberg möchte es Trotha dann "richtig krachen lassen", ein paar Seiten, militärische Bewegungen und einen Völkermord später sieht es dann laut Längin ganz danach aus, "als ob das Land befriedet werden könnte - die Schutztruppe hetzt den letzten flüchtigen Herero hinterher - ", doch, leider leider, "braut sich im Süden ein neuer Sturm zusammen." Man muss in dem Buch nur ein bisschen hin und her blättern um ähnliches und schlimmeres geschrieben zu finden.
Es paart sich bei Längin ein militaristischer Heroismus und Pathos ("Heldentod, Soldatentod") mit einer dermaßen reaktionären Sicht auf den deutschen Kolonialismus, dass es einem beim Lesen den Magen umdreht.

Ich hoffe also, das Buch wurde hier bloß als Negativbeispiel romantisierender rassistischer Kolonialgeschichtsschreibung vorgestellt.
 
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