Die Errichtung der Kaaba

Esra

Neues Mitglied
Soweit ich weiß, gibt es im Geschichtsforum noch keinen Ordner über die Errichtung bzw. über die Geschichte der Kaaba ( Kaaba (arabisch: الكعبة, „Kubus" , Würfel“) , was insofern bedeutsam ist, um die Pilgerfahrt (Haddsch) der Muslimen zu verstehen.
Die Errichtung der Kaaba aus der Sicht der Muslime:
Wie überliefert wird , trafen Adam und Hawa (Eva) , nachdem sie bei ihrer Vertreibung aus dem Paradies getrennt worden waren , bei Arafat ( Berg östlich von Mekka) wieder zusammen und wanderten von dort aus gemeinsam in Richtung Westen. Sie gelangten an den Ort, an dem heute die Kaaba steht. Um seiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, betete Adam an dieser Stelle und bat Allah , ihm jene Säule des Lichtes wiederzugeben, an der er Ihn im Paradies verehrt hatte. Daraufhin erschien die Säule aus Licht und Adam betete Allah an, indem er sie umschritt.
Diese Säule aus Licht verschwand zu Zeiten des Propheten Schith und ein schwarzer Stein blieb zurück.Schith errichtete an der gleichen Stelle ein viereckiges Gebäude und baute den schwarzen Stein in eine der Ecken ein. Bei dem uns heute als "Hajaru l-aswad" bekannten Stein handelt es sich um eben diesen schwarzen Stein. Nach der großen Flut zur Zeit des Propheten Nuh (Noha) war diese erste, von Schith errichtete, Kaaba für lange Zeit unter dem Sand begraben.
Viel später erst siedelte Ibrahim und seine Famile auf Allahs Geheiß hin an diesen Ort an. Gemeinsam mit seinem Sohn Ismail machte Ibrahim das Fundament des ersten Tempels auusfindig und errichtete die Kaaba darauf von Neuem. Als sie die Arbeit beendet hatten, betet er, wie im Quran berichtet wird, zu Allah:
"Mein Herr, mach dies zu einem sicheren Ort und gibt Früchte denen, die dort wohnen, wer von ihnen an Allah glaubt und den jüngsten Tag (...) " ( Quran, 2:126)
Die Kaaba wurde insgesamt elf Mal errichtet: Das erste Mal von Engeln, das zweite Mal von Adam, das dritte Mal von Schith, das vierte Mal von Ibrahim, das fünfte Mal von dem Stamme der Amalika, das sechste Mal vom Stamme der Jurhumi, das siebte Mal von Qusay, dem Führer der Mekkaner, das achte mal von Quraysch, das neunte Mal von Abdullah ibn Zubair zur Zeit der ersten Generation nach dem Propheten Muhammed (s.a.s.). Das zehnte Mal von Hajjaj ibn Yusuf ( genannt Hajjaj az- Zalim), das elfte Mal schließlich von dem osmanischen Sultan Murad IV.
Die Osmanen besaßen ein hohes Maß an Ehrfurcht und Respekt für die Heiligen Stätten: als die Kaaba überflutet und ihre Wände stark beschädigt wurden, schickte der Sultan Murad den obersten Hofarchitekten Ridwan Agha nach Mekka , um die Restaurierungsarbeiten zu leiten.
Jahrtausende sind bisher vergangen, und die Kaaba steht noch immer im Zentrum von Mekka. In der Zwischenzeit hatten die Menschen sie für ihren Götzendienst missbraucht. Diese konzentrierten sich auf den schwarzen Stein als Kultobjekt und um das Idol des Gottes Hubal, einer Statue in Menschengestalt aus rotem Karneol, die in der Kaaba aufgestellt war. Als dann der Prophet Mohammed (s.a.s) begann, den Polytheismus zu bekämpfen, hatte er nicht nur die geistigen Widerstände einer traditionsgebundenen Gesellschaft gegen sich, sondern auch die geschäftlichen Interessen der herrschenden Kaufmannsklasse von Mekka, der aus dem Kult der Kaaba reiche Einnahmen zuflossen. Erst nach der Eroberung Mekkas fühlte er sich stark genug, die alten Götterbilder zu zerstören. Er bewahrte jedoch sowohl die Heiligkeit der Kaaba und die Institution des Haddsch, wandelte aber die Rituale im Einklang mit dem neugeschaffenen monotheistischen Islam um.
Einst wollte auch ein fremder König mit seinem Heer von Elefanten Mekka erobern und die Kaaba zerstören, aber Allah sandte eine Schar Vögel, welche die Elefanten aus der Luft mit Steinen bewarfen, so dass sie ihre Reiter abschüttelten und entsetzt die Flucht ergriffen.
Die Kaaba, das "Haus Allahs" für die Muslimen, ist seit den Zeiten Adams stets ein heiliger Ort gewesen. Im Quran wird den Muslimen deshalb befohlen, die besonderen Rituale beim Besuch dieser Stätte einzuhalten:
"Wahrlich, das ertse Haus, das für die Menschen ( zum Gottesdienst) errichtet wurde, ist das in Mekka- gesegnet und eine Leitung für die (Bewohner aller) Welten. Darin sind deutliche Zeichen- die Stätte Ibrahims. Und wer es betritt, ist in Sicherheit. Und der Menschen Pflicht gegenüber Allah ist die Pilgerfahrt zum Hause ( Allahs), für den der dazu in der Lage ist. (...)." (Quran, 3:96-97)
(für weitere Informationen) Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaaba
http://www.ihg-net.de/cms/front_content.php?idcat=218&idart=264
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant, obwohl die Kaaba schon häufiger im Forum besprochen wurde, eine islamische Sicht des Tempels habe ich vermisst.
Vom Propheten Schith habe ich vorher noch nie etwas gehört.

Soweit ich weiß, wurde die Kaaba schon in vorislamisher Zeit von griechisch- römischen Autoren erwähnt, als panaarabischer Tempel und einmal wurde er als Baytllos (beseelter Stein) erwähnt. Solche heiligen Steintempel waren früher im arabisch-syrischen Raum sehr verbreitet. Der Kaiser Elagabal, der aus Syrien stammte, hat sogar so ein Steinheiligtum soagr in Rom eingeführt. Es handelte sich um einen schwarzen Meteoriten.

Die Umschreibung in der Legende = eine vom Himmel stammende Lichtsäule, von der nur ein schwarzer Stein übrig bleibt, na das erinnert sehr an einen Meteoriteneinschlag.
 
Bei dem uns heute als "Hajaru l-aswad" bekannten Stein handelt es sich um eben diesen schwarzen Stein.

Hm.... nach meinen bescheidenen Arabischkenntnissen ist das falsch. 'Der schwarze Stein' heißt al-Ħağaru-l-aswad (geschrieben al-Ħağaru al-aswad). Was hier angegeben ist, Ħağaru-l-aswad, wäre eine Genitivverbindung, die mit 'der Stein des Schwarzen' übersetzt werden müsste, was natürlich in diesem Zusammenhang keinen Sinn macht.

Ich nehme an, die Amalika sind identisch mit den biblischen Amalekitern?
 
@askan : . Einige muslimische Gelehrte vermuten, dass es 240 000 Propheten gab . Der Qur'an nennt die Namen von 25 Propheten und deutet an, dass es noch weitere gegeben hat, die aber dem Propheten Muhammad (s.a.s)nicht genannt wurden. Diese 25 Propheten schließen Noah ein, Abraham, Moses, Jesus und Muhammad (s.a.s). Diese fünf sind die bedeutendsten unter Allahs Gesandten. Sie werden die „Entschlossenen" unter den Gesandten genannt.
Deshalb ist es verständlich, dass du zuvor noch nie etwas von diesem Propheten Schith ( türkisch:Şis ) gehört hast.Schith war der Sohn von Adam und nach Adams Tod wurde er der zweite Prophet.
El Quijote: Danke für die Korrektur! . Ich selber kann nur arabisch lesen und nicht übersetzten. Dennoch: im türkischen wird al-Ħağaru al-aswad vollkommen anders geschrieben : " Hacer-i Esved" . :-?
Du hast recht die Amalekiter sind identisch mit der Amalika.
http://de.wikipedia.org/wiki/Amalekiter
 
Schith = der biblische Seth?
Der dritte Sohn Adams, der laut dem Talmud als erster den Götzendienst einführte.
 
Askan, genau dieser Prophet ist gemeint , nur ist das Schriftbild wieder unterschiedlich.
Dennoch ist mir nicht bekannt, dass er als erster den Götzendienst einführte, werde dies aber mal recherchieren.
Ergänzung:
Set wird auch in verschiedenen apokryphen Büchern erwähnt. In "Martyrium und Himmelfahrt des Jesaja" wird er als einer der Gerechten erwähnt, die sich im Himmel befinden (Kapitel IX,28). Im Nikodemusevangelium (auch "Höllenfahrt Christi" Kapitel III) erzählt Set in der Unterwelt, wie er für seinen todkranken Vater Adam Öl vom Baum des Erbarmens holen soll, von einem Engel des Herrn aber auf die Ankunft des Messias vertröstet wird (Kapitel XIX).
Im Koran ist Set unter dem Namen Shith bekannt, bei den Mandäern als Shith-il (etwa der göttlichen Sphäre zugehöriger Set).
In den gnostischen Schriften von Nag Hammadi taucht Set teilweise mit christlichem und teilweise mit nicht-christlichem Bezug auf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Set_(Bibel)
 
Hi,

nach der Beschreibung der Kaaba (Kaba, Ka'bah, Ka'ba, Kabah, Qaba, Qa'ba) nach der islamischen Tradition, nun mal als Ergänzung einige Beschreibungen aus Büchern zum Islam/isl. Geschichte.

Passt auch zum Sonntag, da auch Ursprünge des Christentums angesprochen werden (Abraham/Ibrahim)... ;)

Dabei fällt mir auf, dass überall nur geschrieben wird, dass Abraham die Kaaba errichtet haben soll... nix von Seth oder so...

The Ka'ba is a cubical structure located at the center of Masjid al-Haram in Mecca. The Baqara verse, revealed to the Prophet Muhammad, established the Ka'ba as the direction (qibla) towards which Muslims must address their five daily prayers, and as the destination of annual pilgrimage, or hajj, required once in the lifetime of every Muslim. Each year, worshippers gather in the courtyard of Masjid al-Haram and encircle the Ka'ba seven times (tawaf), during which they kiss and touch the Black Stone (al-Hajar al-Aswad), a Muslim object of veneration embedded in the eastern corner of the Ka'ba. As it stands today, the cubical structure is fifteen meters tall and measures ten and a half meters by twelve meters on the exterior. It is oriented such that its four corners align roughly with north, south, east and west.
The structure predates Islam and is believed to have been first built by the Prophet Abraham and his son Ismail, although there are no archaeological findings to support this argument. It is known, however, that the pre-Islamic Ka'ba was rebuilt several times by the tribes ruling Mecca, who used it to house sacred objects, including the Black Stone. During the lifetime of Prophet Muhammad, the Quraysh tribe rebuilt the Ka'ba with alternating courses of stone and wood. The inner space was divided into two rooms, one of which housed the Black Stone. The interior walls were decorated with paintings of Abraham, Mary, Jesus, angels, prophets and trees; and the exterior was covered with the habrat cloth from Yemen.

During the conflict between Ibn Zubayr, ruler of Mecca, and Umayyad Caliph Mu'awiyah, the Ka'ba was set to fire. The Black Stone broke into three pieces and its parts were reassembled with silver by Ibn Zubayr. Ibn Zubayr also ordered the rebuilding of the Ka'ba in stone, in accordance with its original dimensions believed to be set by Abraham, and paved the open space around it. The shrine at this time had two doors and a wooden staircase for roof access. In 692, after taking over Mecca, Umayyad Caliph Abdul Malik bin demolished the Ka'ba and rebuilt it based on the Qurayshi version.

The Abbasid Caliphs contributed to the design of the Ka'ba by covering it with the kiswa, a black cloth brought from Tanis in Egypt. The kiswa comprised of eight curtains (a pair on each side of the cube) embroidered with gold calligraphy expressing the Muslim shahada, or oath, "There is no God but Allah and Muhammed is the Prophet of Allah."

Following Mamluk rule of the Hijaz, which lasted from 1269 to 1517, Mecca came under the control of the Ottoman Sultans. In 1553, Sultan Süleyman I (1520-1566) renovated the roof of the Ka'ba and ordered the wooden ceiling painted with golden calligraphy and floral patterns. Damaged in a flood in 1611, the Ka'ba was rebuilt once again by Sultan Murad IV (1623-1640) in 1629. The new foundation was laid according to Abraham's plan, while the upper structure was built with large granite blocks resting on a twenty-five centimeters high marble base. Three columns were built to support the roof on the inside; they were covered with golden decorations. Silver and golden lamps were suspended from the ceiling. At this time, the silver door offered by Sultan Süleyman I was placed off-center on the northeast wall, two meters above ground level. The Ka'ba was then covered with two kiswas, a red cloth covered with a black one, that were annually replaced.

On the southwest side of the Ka'ba is a semi-circular wall about one and a quarter meters tall, which represents its border (al-hatim) as built by Abraham. The Black Stone is embedded in the eastern corner, one and a half meters above the ground. During the first Saudi extension to Masjid al-Haram in 1976, the interior of the Ka'ba was decorated with gold geometric motifs and inscribed with Quranic verses.

Sources:

Al-Hariri-Rifai, Mokhless. 1990. The Heritage of the Kingdom of Saudi Arabia. Singapore: Eurasia Press, 200-212.

Creswell, K.A.C. 1989. A Short Account of Early Muslim Architecture. Aldershot: Scholar Press, 3-4.

Damluji, Salma Samar (ed). 1998. The Architecture of the Holy Mosque Makkah. London: Hazar Publishing Limited.
aus:
http://archnet.org/library/sites/one-site.tcl?site_id=8801

hier noch ein interessanter Artikel als PDF:

Khoury, Nuha N.N. 1993. The Dome of the Rock, the Ka'ba, and Ghumdan: Arab Myths and Umayyad Monuments. In Muqarnas X: An Annual on Islamic Art and Architecture. Margaret B. Sevcenko (ed.). Leiden: E.J. Brill.

http://archnet.org/library/pubdownloader/pdf/3608/doc/dpt0830.pdf




aus:
Peter Heine:
Islam zur Einführung
Hamburg 2003

Er ist Professor für Islamwissenschaft in Berlin.

aus dem Kapitel:

Arabien vor dem Islam

Zumindest in Mekka ergab sich daraus eine
Götterhierarchie, an deren Spitze ein oberster Gott, Allah, stand,
der in dieser Stadt eine besondere Verehrung genoss.30 Diesem
Gott war eine Reihe von weiblichen Gottheiten zugeordnet, die als
seine Töchter betrachtet wurden. Darüber, inwieweit diese Göttinnen
mit Gestirnen wie dem Mond zusammenhingen, können
nur Vermutungen angestellt werden.31 Allah war in Mekka ein besonderes
Heiligtum gewidmet, die Kaaba.32 Zu Ehren dieses höchs22
ten Gottes fanden regelmäßig festliche Rituale statt, die mit Handelsmessen
verbunden waren. Während dieser Zeit standen die
Händler unter dem besonderen Schutz dieser höchsten Gottheit,
was auch für ihre Anreise nach Mekka und die Rückkehr in ihre
Herkunftsorte galt, sodass es zu einer engen Verbindung zwischen
religiösen und wirtschaftlichen Aktivitäten kam.

Die Pilgerfahrt

Nach der Ankunft in Mekka beginnt zunächst der individuelle
Teil der Pilgerfahrt. Der Pilger besucht die Kaaba, die er bei dieser
Gelegenheit siebenmal umwandert. Während dieser Ambulation
küsst er einmal den schwarzen Stein, der in der Ostwand der
Kaaba eingemauert ist. Dabei handelt es sich um einen Meteoriten,
der schon in vorislamischer Zeit verehrt wurde. Nach der muslimischen
Überlieferung war er zunächst weiß und ist durch die
Sünden der Menschen, die ihn berührt haben, schwarz geworden.
Danach bewegt sich der Pilger eiligen Schrittes oder laufend siebenmal
zwischen den beiden Hügeln Safa und Marwa hin und her.
Dieser Teil des Rituals erinnert an die Suche der Hagar nach Wasser
für ihren Sohn Ismael. Damit wird die geistige Verbindung zum
so verstandenen Urmonotheismus Abrahams (arabisch: Ibrahîm)
hergestellt und an Ismael, den Stammvater der Araber, erinnert.230

(Elefanten und Vögel?)

Mekka muss eine so große wirtschaftliche Bedeutung
entwickelt haben, dass um 570 n. Chr. der äthiopische
Statthalter im Jemen versuchte, die Stadt unter seine Kontrolle
zu bringen [Anm. von mir: Ich denke bei der Jahreszahl irrt der Autor, wenn man sich Hartmut Bobzin's Ausführungen weiter unten durchliest. Wie konnte dem Autor nur so ein Fauxpas unterlaufen?].

In seinem Heer führte er auch einen oder mehrere
Kriegselefanten mit. Seine Expedition blieb erfolglos, ging aber
in die islamische Überlieferung als das »Jahr des Elefanten« ein,
das Muslimen als das Geburtsjahr des Propheten Muhammad
gilt.22

(Änderung der Gebetsrichtung von Jerusalem nach Mekka)

Ein weiteres Problem stellten zwei jüdische Stämme dar, die
seit undenklichen Zeiten in Medina ansässig waren. Bei seiner Ankunft
in Medina war Muhammad noch davon überzeugt, dass er
ein Prophet wie Moses oder Jesus sei und dass seine Botschaft
mit der seiner Vorgänger übereinstimme. Auf seine entsprechenden
Angebote zur Kooperation reagierten die Juden von Medina
allerdings ablehnend. Die Gründe dafür lagen im religiösen Selbstverständnis
der Juden von Medina. Sie sahen keine Übereinstimmung
oder Verwandtschaft zwischen ihren Glaubensvorstellungen
und den Lehren Muhammads. Wichtig war darüber hinaus
auch die Tatsache, dass die jüdischen Stämme von Medina mit
wichtigen mekkanischen Familien enge Wirtschaftsbeziehungen
pflegten und durch eine Förderung der Position Muhammads in
Medina ökonomische Nachteile fürchteten. Die Juden sahen
Muhammad also keineswegs als Propheten an. Damit veränderte
sich die Haltung des Propheten gegenüber den anderen Offenbarungsreligionen.
Er sah sich von nun an nicht mehr als Propheten,
der von Gott allein zu den Arabern geschickt sei, sondern
erhob jetzt einen universalen Anspruch. Dass das arabische Moment
dennoch weiter eine Rolle spielte, in gewisser Weise sogar
gestärkt wurde, erhellt die Tatsache, dass die Richtung, zu der
gewandt die Muslime ihre Pflichtgebete verrichteten, nun nicht
mehr Jerusalem war, sondern Mekka. Die Betonung Mekkas wirkte
sich noch in einer anderen Hinsicht aus. Die Veränderung der
Gebetsrichtung dokumentierte einen politischen Anspruch der
Muslime auf die Ursprungsstadt ihrer Religion. Fortan wurde
35
betont, dass der Stammvater Ibrahîm (Abraham) bei der Kaaba in
Mekka einen monotheistischen Kult etabliert habe, der allerdings
mit der Zeit in Vergessenheit geraten sei. Muhammad und die frühe
muslimische Gemeinde sahen sich nun in der Tradition Abrahams
und betrieben die Revitalisierung der aus ihrer Sicht wahren
Traditionen und Rituale.
.
.
.
aus:
Ralf Elger:
Islam.
Frankfurt am Main, Oktober 2002.

aktuelle Hinweise und Links des Autors (SUPER!):

http://www.fischer-kompakt.de/sixcms/detail.php?template=autor_hinweise&id=188990

Prof. Dr. Ralf Elger ist Professor für Arabistik und Islamwissenschaft der Uni Münster

aus dem Kapitel:

Koran und Prophetenüberlieferung

In Sure 2:127 wird Abraham zusammen mit seinem
Sohn Ismail als Erbauer der Ka'ba in Mekka vorgestellt, des zentralen
islamischen Heiligtums, in dessen Richtung sich die Gläubigen im
obligatorischen Gebet verneigen und das sie bei der Pilgerfahrt aufsuchen.
.
.
.
aus:
Halm, Heinz:
Der Islam : Geschichte und Gegenwart.
München : Beck 2000
(C.H.Beck Wissen in der Beck'schen Reihe ; 2145)
ISBN 3 406 44745 7

(Heinz Halm ist Professor für islamische Geschichte an der
Universität Tübingen.)

aus dem Kapitel:

Die Historische Grundlagen des Islam

Der Stadtgott von Mekka, Hubal, dessen
Idol in einem würfelförmigen Gebäude (Ka‛ba) verehrt wurde,
hieß in vorislamischer Zeit auch einfach Allāh (kontrahiert
aus al-ilāh „der Gott“). Die altarabischen Götter und Göttinnen
wurden in Form von Statuen, aber auch als einfache
Steinsäulen oder Bäume in heiligen Hainen verehrt; ihr Kult
war oft mit blutigen Opfern und periodischen Wallfahrten
verbunden.

Ungeachtet der Verfälschungen ihrer ursprünglichen Botschaft
durch manche ihrer Anhänger werden die früheren Propheten
von den Muslimen geachtet und verehrt; der fromme Muslim
fügt ihrem Namen stets die Formel „Heil ihm!“ (‛alaihi
s-salām) hinzu. Die von ihnen gegründeten Gemeinden mit
ihren Gesetzen und Institutionen sind zu respektieren; aus
diesem Grundsatz entwickelt sich später, zur Zeit der arabischen
Eroberungen, das Rechtsinstitut der Schutzbürgerschaft
(dimma; s.u. S. 28). Mohammed selbst hat nach der Inbesitznahme
von Mekka das Beispiel dafür gegeben, indem er den
Kult bei der Ka‛ba und dem Schwarzen Stein und die übrigen
mit der Pilgerfahrt verbundenden Rituale in den Islam integriert
hat, da der Prophet Abraham, zusammen mit seinem
Sohn Ismael, die Ka‛ba erbaut und die Riten gestiftet habe
(Koran 2, 126f.).


Die fünf Säulen (arkān) des Islam

Das Ritualgebet und die Moschee

Moscheen im eigentlichen Sinne sind erst während der Zeit
der ältesten islamischen Eroberungen in den Militärlagern der
arabischen Heere entstanden: zuerst in al-Küfa und al-Basra
im Irak, dann in al-Fustāt (Alt-Kairo) und später in al-Qairawān
(Kairuan in Tunesien). Auch in den kleineren eroberten
Städten sicherten sich die Muslime vertraglich bestimmte
Plätze, an denen sie gemeinsam das Gebet verrichten konnten,
und zwar grundsätzlich unter Schonung der christlichen
Kultstätten. So blieb etwa in Jerusalem den Christen die
Grabeskirche erhalten, während die Muslime sich auf dem
verlassenen Tempelberg (an der Stelle der nachmaligen Aqsā-
Moschee) einrichteten. Erst unter den Umayyaden-Kalifen
kam es in einzelnen großen Städten zu Enteignungen – gegen
Entschädigung – von Kirchen, etwa der Johannes-Kirche in
Damaskus, an deren Stelle die Umayyaden-Moschee gebaut
wurde; nach demselben Muster erfolgte ab 785 der Bau der
Moschee von Cordoba an der Stelle der Andreas-Kirche. Entschädigungslos
enteignet dagegen wurden die meisten Kirchen
Syriens und Palästinas als Vergeltungsmaßnahme nach den
Kreuzzügen, die die muslimische Seite als Bruch der dimma-
Verträge der Eroberungszeit (s.o. S. 28) auffaßte


Die Pilgerfahrt


Ziel der Wallfahrt ist die „Heilige Moschee“ (al-masgˇid alh
arām) oder das „ehrwürdige Heiligtum“ (al-haram aš-šarīf)
in Mekka, dessen Mittelpunkt die Ka‛ba (Würfel) bildet, ein
etwa 15 m hoher, aus dunklen vulkanischen Steinen gemauerter
Bau, der einen einzigen, jetzt leeren Raum umschließt. In
seine östliche Kante ist der Schwarze Stein (al-hagˇar al-aswad)
eingemauert, vermutlich ein Meteorit, den eine silberne Fassung
umgibt. Die Ka‛ba war in vorislamischer Zeit ein heidnischer
Tempel, der Götterbilder, vor allem des Stadtgottes
Hubal, enthielt; auch die Wallfahrt (hagˇgˇ) selbst mit ihrem
siebenmaligen Umlauf (tawāf) um die Ka‛ba ist vorislamischen
Ursprungs. Nach seiner Einnahme der Stadt hat Mohammed
das Heiligtum zwar von den heidnischen Idolen gereinigt,
das Gebäude selbst und die damit verbundenen altehrwürdigen
Riten aber nicht angetastet. Der ganze Komplex
der Wallfahrt wurde in den Islam übernommen, und zwar
aufgrund der oben zitierten Koranverse: Abraham, seine
Magd Hagar und beider Sohn Ismael gelten als die Erbauer;
der von Abraham eingeführte Kult des einen Gottes – „Er war
kein Heide!“ – konnte im Sinne der durch Mohammed erneuerten
Prophetie beibehalten werden, nachdem man die später
dort etablierten heidnischen Greuel wieder entfernt hatte.
Die eigentliche Wallfahrt (hagˇgˇ) ist alljährlich auf

(Ooops: gˇ bedeutet dsch oder ğ)
 
Zuletzt bearbeitet:
aus:
Bobzin, Hartmut: Mohammed.
München : Beck, 2000 (C.H.Beck Wissen in der Beck’schen Reihe ; 2144) ISBN 3 406 44744 9

Hartmut Bobzin ist Professor für Islamwissenschaft und semitische
Philologie an der Universität Erlangen-Nürnberg.

aus dem Kapitel:

Die Quellen für die Kenntnis vom Leben Mohammeds

(Elefanten und Vögel?)

Dem steht jedoch als erschwerendes
Hindernis entgegen, daß der Koran kein im eigentlichen Sinn
historisches Werk, sondern Verkündigung ist. Er enthält zwar
Geschichten, die sich auf bestimmte geschichtliche Ereignisse
beziehen lassen, aber diese Geschehnisse werden in einer Art
und Weise erzählt, die zwei Grundbedingungen historischer
Darstellung außer acht lassen, nämlich genaue Angaben über
Ort und Zeit.
Das soll an folgendem für die Mohammedbiographie wichtigen
Beispiel erläutert werden, nämlich daß Mohammed angeblich
im „Jahr des Elefanten“ geboren ist. Dafür berufen
sich die Muslime häufig auf Sure 105 („Der Elefant“, al-fīl);
sie lautet wie folgt (Übersetzung nach Rückert):
40

[1] Sahst du nicht, was dein Herr tat an denen mit dem Elefanten?
[2] Macht’ er nicht ihre List zu Schanden,
[3] Da er auf sie ein Heer von Vögel sandte,
[4] Das sie mit Steinen warf, gebrannten;
[5] So macht’ er sie gleich abgefress’nen Saaten.

In einem der unter Muslimen populärsten Korankommentare,
dem von den beiden ägyptischen Gelehrten Gˇ alāl ad-Dīn al-
Mahallī (st. 1459) und Gˇ alāl ad-Dīn as-Suyūtī (1445–1505)
verfaßten sog. Tafsīr al-Gˇ alālain („Kommentar der beiden

alāl“), wird das historische Geschehen, das den Anlaß für den
in der Sure geoffenbarten Text bildete, wie folgt geschildert:
Der Elefant [fīl] ist Mahmud und „die mit dem Elefanten“ [’ashāb alfīl]
sind Abraha, der König des Jemen, und sein Heer. Abraha baute in
Sanaa eine Kirche, um die Pilger von Mekka dorthin zu ziehen; da verrichtete
ein Mann vom Stamm der Kinäna in ihr seine Notdurft und
beschmutzte die der Heiligen Jungfrau geweihte Nische aus Geringschätzung
ihr gegenüber; da schwor Abraha, die Kaaba zu zerstören,
und kam mit seinem Heer, reitend auf Elefanten des Jemen, ihm voran
Mahmūd. Und als sie sich anschickten, die Kaaba zu zerstören, schickte
Gott das über sie, was er in seinem Wort [d. h. den Versen 3 bis 5]
erzählt ... Dieses Jahr war das der Geburt des Propheten.
Tatsächlich ist ein aus Äthiopien stammender christlicher König
Abraha (äthiop. Abreha) sicher bezeugt. Er war zunächst
Feldherr im Heer des Herrschers von Aksum in Äthiopien,
Ella Asbeha, der ab 525 das im heutigen Jemen liegende Königreich
Himyar eroberte und dort einen Vasallenkönig namens
Sumyafa‘ Ašwa‘ einsetzte. Gegen diesen revoltierte um
535 Abraha, machte sich selber zum König und herrschte bis
zu seinem Tod um 560. Ein Feldzug Abrahas in nördlichere
Regionen Arabiens (und womöglich nach Mekka) hat, entsprechend
einer in Zentralarabien angebrachten Felsinschrift,
552 (nach anderer Deutung 547) stattgefunden. Die Verknüpfung
zwischen diesen ziemlich sicher feststellbaren historischen
Daten und dem koranischen Text ist aber nun, wie man
leicht sehen kann, problematisch, denn im Koran wird ja weder
ein Name noch ein Datum genannt. Damit soll allerdings
keineswegs in Frage gestellt werden, daß Sure 105 die Erinnerung
an ein markantes historisches Ereignis enthält. Darauf
weisen schon die ältesten Kommentare zu dieser Sure, z.B.
von af-Tabarī (st. 923) hin, die zum Teil aber auch widersprüchliche
Nachrichten enthalten. Problematisch ist auch die
Schlußfolgerung im oben zitierten Kommentartext, das „Jahr
des Elefanten“ sei das Geburtsjahr Mohammeds. Zwar ist
diese Annahme im Islam weitverbreitet, aber es gibt seit altersher
eine Reihe gewichtiger Traditionen dagegen, und sie
werden durch die neuere historische Forschung, vor allem die
erwähnten Inschriften, unterstützt. So ist z.B. von Ibn al-
Kalbī (st. 819), dem Verfasser bedeutender Werke über die
Genealogie und die vorislamische Religion der Araber, überliefert,
der Prophet sei 23 Jahre nach dem „Jahr des Elefanten“
geboren. Wenn man den Koran als historische Quelle für
das Leben Mohammeds heranziehen will, dann ergibt sich
also aus Sure 105 nicht zwingend, daß Mohammed „im Jahr
des Elefanten“ geboren ist, und ebensowenig läßt sich das genaue
Geburtsdatum herauslesen.


Die zentralarabische pagane Religion


Im Innern der Kaaba in Mekka stand das Standbild
des Gottes Hūbal, vor dem man Lospfeile warf, wenn man ein
Orakel begehrte. Interessant ist, daß sich im Koran keinerlei
Polemik gegen Hūbal findet.
Nicht jede der Gottheiten hatte ein „Haus“, wohl aber einen
Kultbezirk, in dem bestimmte Kulthandlungen wie z. B. die
Opferung von Tieren oder der Umlauf (tawāf) um Idole, d.h.
heilige Steine (’ansāb) oder (wesentlich seltener) Standbilder,
vollzogen wurden. Der Kultbezirk war zugleich Asylbereich.
Zu jedem heiligen Bezirk konnte man „Wallfahrten“ veranstalten.
Für Zentralarabien gewannen jedoch in dieser Hinsicht die
Kultstätten von Mekka und seiner näheren Umgebung beson55
dere Bedeutung. In Mekka war der ursprüngliche Gegenstand
der Verehrung ein schwarzer Meteorit, der in die Nordostecke
des würfelförmigen Kultgebäudes (daher der Name ka‘ba =
„Kubus“) eingelassen war. In der Kaaba befand sich außerdem
eine Taube aus Aloeholz und das schon erwähnte Standbild
des Hübal. In unmittelbarer Nähe Mekkas befand sich
als Ziel einer „Wallfahrt“ (hagˇgˇ) der Ort ‘Arafāt, den man im
Zusammenhang mit jährlich stattfindenden Märkten (u.a. in
dem nahe Mekka gelegenen ‘Ukāz) aufzusuchen pflegte. Während
dieser Zeit herrschte drei Monate lang ein allgemeiner
Landfrieden; in Sure 9,5 werden diese „unverletzlichen Monate“
insofern vorausgesetzt, als während dieser Zeit der Kampf
gegen die „Beigeseller“ (mušrik, s.o. S. 53!) ausdrücklich verboten
wird. Während der „Wallfahrt“ befand sich der Pilger
in einem Weihezustand (’ihrām), in dem er seine Haare nicht
schor. Dessen Beendigung symbolisierte das Scheren des Haares,
das man an der Kultstätte zurückließ. Einige der hier nur
kurz skizzierten Bräuche wurden später in die islamischen
Riten des hagˇgˇ, der die beiden Wallfahrtsziele Mekka und
‘Arafāt zusammenfaßte, integriert.

(Ooops: gˇ bedeutet dsch oder ğ)


Viel Spass beim besinnlichem Schmökern... ;)

LG lynxxx
 
Dabei fällt mir auf, dass überall nur geschrieben wird, dass Abraham die Kaaba errichtet haben soll... nix von Seth oder so...

@ lynxx : Stimmt nicht ganz :

Im Islam gilt die Kaaba als erstes Gotteshaus, das von dem allerersten Menschen und Propheten Adam (a.s) erstmalig erbaut wurde (vgl. Heiliger Qur'an 3:96-97)." :)

Eindrucksvolle Bilder gibt es auf der folgenden Seite : http://www.eslam.de/begriffe/k/kaaba.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
ja, das finde ich ja eben komisch, dass da nichts von Adam oder Seth, etc. steht, sondern nur von Abraham.
Logisch gibt es weder von dem einen noch dem anderen Fundamente, aber die Überlieferungen kann man doch ausgehend vom Anfang der ersten Errichtung angeben, nicht erst mit der Errichtung durch Abraham beginnen.

Ich glaube, das hängt evtl. mit der Bedeutung des Abrahams für den islamischen Glauben und seine Gründung zusammen, dass nur er erwähnt wird, da er eben als Legitimation für die Kaaba wohl am wichtigsten ist.
Oder?

Schöne Abbildungen im Link von dir, Esra. Weißt du was das soll mit der irakischen, syrischen und jemenitischen Ecke? Die Himmelsrichtungen, wo die Länder etwa liegen?

Übrigens muss man bei www.eslam.de mit den Inhalten vorsichtig sein, und zwar aus mehreren Gründen:

1. wird es von Yavuz Özoguz, einem Schiiten, einem Dr., aber der Produktionstechnik, Maschinenbau & Verfahrenstechnik, nicht der Islamwissenschaft, oder ähnlichem, "wissenschaftlich" geführt. Das heißt, dass vielleicht schiitische Begriffe beschönigt werden, und sunnitische Begriffe ins schlechte Licht gerückt werden könnten. Das muss nichts heißen, vorsichtig sollte man aber schon sein.
Hab's nicht explizit überprüft, aber das sollte man im Hinterkopf haben, ebenso wie die Förderung der Seite durch die Iranische Republik.

2. Wichtiger ist, das Yavuz Özoguz der Betreiber der Seite www.muslim-markt.de ist, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, und die sich durch Verschwörungstheorien, Boykottaufrufe, verschleierte Mordaufrufe, usw. hervorgetan hat. Yavuz Özoguz wurde mit Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Volksverhetzung und dem Leugnen des Holocaust verurteilt. Ich glaube kaum, dass so eine "Reputation" geeignet ist, Vertrauen in Beiträge einer Enzyklopädie zu erwecken.

Also nochmals: Vorsicht walten lassen, wie auch bei anderen Online Angeboten, wie z.B. Wikipedia, die gerade in religiösen Dingen stark tagesformabhängig ist, je nach Edit-Wars... ;)

Trotzdem kann man natürlich überall mal kurz nachschlagen, sofern man ein wenig Hintergrundwissen hat, oder gute Bücher, um es zu verifizieren.

Ciao und LG, lynxxx
 
Zurück
Oben