Die Feldzüge des Drusus 12-9 v.Chr.

salvus

Aktives Mitglied
Über den Zweck des Feldzuges 12 v.Chr. streiten sich nach wie vor die Gelehrten. Aber wie kann man diese Feldzüge insgesamt einordnen bzw. bewerten?

Über wirklich große Schlachten ist zunächst einmal nichts wirklich bekannt. Überhaupt wird Drusus wohl gemerkt haben, daß der germanische Gegner nur schwer zu stellen war. Sollte man diese Feldzüge eher als "Expeditionen" bezeichnen, in denen es in erster Linie darum ging, dieses Gebiet auch topographisch zu erforschen? Oder waren es eher Strafexpeditionen gegen gewisse germanische Stämme (Sugambrer, Usipeter, Tencterer etc)?
Auch wenn über wirklich große Schlachten in den Quellen nicht berichtet wird so muß es doch augenscheinlich zu z.T. wirklich schweren Kämpfen gekommen sein. Vieleicht sind infolge dessen die Germanen schon entscheidend zerschlagen, bzw. geschwächt gewesen, so daß Tiberius im Jahr 8 v.Chr. dies entsprechend politisch nutzen konnte um (nach römischen Sprachgebrauch) die Germanen endgültig zu unterwerfen.

Oder dienten diese Feldzüge von vorneherein zur Okkupation Germaniens?:confused:
 
Hallo,
zunächst einmal zu der Einordnung jener Feldzüge:
Die im Jahre 9 v. Chr. über den Rhein eingedrungen germanischen Krieger der Sugambrer, Usipeter und Tenkterer hatten dem Gallischen Statthalter Lollilus eine vernichtende Niederlage zugefügt. Dabei eroberten sie den Legionsadler der 5. Legion und verbrachten ihn in ihr rechtsrheinisches Territorium. Daraufhin wurden die römischen Legionen, die bisher im Inneren der neu geschaffenen Provinz Germania Inferrior stationiert waren, an den Rhein verlegt. Kaiser Augustus nahm die Neuorganisation der Provinz persönlich in die Hand und setze 12 v. Chr. seinen Stiefsohn Nero Drusus Claudius als Statthalter und Oberbefehlshaber ein. Als die Sugambrer und ihre Verbündeten erneut über den Rhein setzten und in linksrheinisches Gebiet einfielen, eigentlich ein Teil ihres Stammlandes vor der römischen Invasion, beschränkte sich Drusus nicht mehr darauf sie über den Fluss zurückzuschlagen, sondern begann seinerseits eine Offensive gegen die rechtsrheinisch siedelnden Germanenstämme.
Vereinfacht gesagt: Dieser besagte und die folgenden Militäraktionen unter Drusus waren Vergeltungsfeldzüge.

Für mich persönlich ist die Frage viel interessanter was passiert wäre, hätte Drusus nicht diesen Unfall gehabt. Wie hätte er sich als Kaiser gemacht? Wäre er ein besserer als Tiberius gewesen? Naja, aber das nur so um Rande....


Zur Bewertung:
Hier wage ich kein Urteil. Genau wie bei der Eroberung der Hellenistischen Welt muss man sich die Frage stellen, ob die Römer in die ganze Germaniengeschichte mehr oder weniger "rein geschlittert" sind oder ob das eiskaltes Kalkül war. Alleine eine Erörterung dieser Frage würde jedoch definitiv den Rahmen sprengen

Beste Grüße
 
Bitte vielmals zum Verzeihung, die clades lolliana ist richtigerweise auf die Jahre 16 oder 17 v. Chr. zu datieren - nicht wie oben von mir angegeben auf 9 a.c.
 
Hallo,
zunächst einmal zu der Einordnung jener Feldzüge:

Vereinfacht gesagt: Dieser besagte und die folgenden Militäraktionen unter Drusus waren Vergeltungsfeldzüge.
Beste Grüße

Daran glaube ich nicht. Der erste Feldzug (12 v.Chr.) könnte eine Art Vergeltungsmaßnahme gewesen sein. Vieleicht sollten auch nur die Stämme, welche ihr Siedlungsgebiet in Rheinnähe hatten zurückgedrängt werden, um weiter Übergriffe über den Rhein hinaus zu verhindern, bzw. um die "Rheingrenze" besser zu sichern.

Spätestens danach dienten diese Feldzüge aber wohl einer möglichen Okkupation Germaniens. Das erste sichere Zeichen war wohl im Jahre 11 v.Chr. die Errichtung des gewaltigen Lagers in Oberaden - Stichwort: Wir sind gekommen um zu bleiben!:devil:

Vieleicht spielte auch z.T. ein gewisser Ehrgeiz des Drusus eine Rolle. Ich denke er wollte der erste Römer sein, welcher bis zur Elbe vordringt. Dieser Leichtsinn wäre ihm und seinen Truppen wohl auch fast zum Verhängnis geworden.
 
Daran glaube ich nicht.
Ich schon. Die einfallenden Germanenstämme und ihre Erfolge sind hier ja bereits thematisiert worden.

Augustus musste reagieren! Augustus hat reagiert!

Zunächst einmal wurde gegen die an dem Einfall direkt beteiligten Stämme vorgegangen und anschließend gegen die anderen potentiell gefährlichen germanischen Sippen. (Dieses Vorgehen war spätestens seit dem Hannibal-Trauma standart)
Natürlich wurden in dem Zuge auch Militärlager errichtet Das diese groß diemensioniert waren ist in anbetracht des entsprechenden Tuppenkontingents logisch.

Eine geplante Okkupation germaniens kann ich zu Zeiten des Drusus ehrlich gesagt einfach nicht erkennen.

Nun ja, dies ist halt meine Interpretation, welche Intentionen letztendlich wirklich verfolgt wurden, erfahren wir wohl so schnell nicht.
 
Wann beginnt denn dann die Okkupation Germaniens?

Und wenn Drusus nur Vergeltung üben wollte, was will er dann an der Weser bei den Cheruskern? Und warum wollte er wohl unbedingt bis zur Elbe vordringen?
Nein, es war dem Tiberius vorbehalten, daß zu erreichen was Drusus nicht mehr erreichen konnte. Wenn man anfängt mit einzelnen Stämmen Bündnisse zu schließen, dann hat das nichts mehr mit Vergeltung zu tun. Hier hatten die Römer sicherlich schon andere Pläne mit Germanien als nur Vergeltung.
 
Nein, es war dem Tiberius vorbehalten, daß zu erreichen was Drusus nicht mehr erreichen konnte. Wenn man anfängt mit einzelnen Stämmen Bündnisse zu schließen, dann hat das nichts mehr mit Vergeltung zu tun. Hier hatten die Römer sicherlich schon andere Pläne mit Germanien als nur Vergeltung.

Dem schließe ich mich an. Sicher haben sich die römischen Ziele im Laufe der Zeit weiterentwickelt - von einer fast ausschließlich defensiven Verteidigung Galliens über verschiedene Eskalationsstufen einer offensiven Verteidigung bis hin zu einem planmäßigen Eroberungskrieg. Und meiner Ansicht nach steht Drusus schon für die Eroberung. Die Aktionen gegen die Sugambrer lassen dafür zu deutlich das Bestreben erkennen, rechts des Rheins die Verhältnisse gemäß römischen Interessen zu ordnen. Das war keine Vergeltung mehr. Der Stamm sollte nicht "bestraft" sondern systematisch ausgeschaltet werden, zum Teil wurde er nach Osten abgedrängt und zum Teil ins linksrheinische Gebiet umgesiedelt.

Ein Indiz dafür ist das Lager bei Oberaden, das schon als Winterlager ausgelegt war. Die Römer haben sich zu dem Zeitpunkt, als Oberaden errichtet wurde, nicht mehr in unbekanntem Gebiet bewegt. Sie hatten gute Kenntnisse der Region, die sie vermutlich im Laufe früherer Expeditionen erworben hatten. Sie kannten die nötigen Aufmarschwege und die strategisch günstigen Punkte für feste Lager und wussten zum Beispiel vom Wert der Lippe als Versorgungsweg. Das waren keine "spontanen" Aktionen mehr.

Und schließlich gibt es Hinweise, dass die Eroberung im Jahr 7 vor Christus, also nur zwei Jahre nach dem Tod von Drusus, bereits abgeschlossen war: Triumphzug als Zeichen für einen Sieg, Schließung des Janus-Tempels als Zeichen für das Ende des Kriegzustands, Erweiterung der römischen Stadtgrenzen als Symbol für die Vergrößerung des Reichs.

MfG
 
Vlt. waren die Drususfeldzüge zunächst als Rachefeldzüge geplant und nun war man zu der Ansicht gekommen, dass die kriegerischen Germanen solange keine Ruhe geben werden, bis ihre Heimat direkt unter römischer Kontrolle steht.

Vlt. waren die Drususfeldzüge als Rachefeldzüge geplant und Augustus hat Tiberius im Zorn neue Order in der res germania gegeben, als er von dem Tod des Drusus hörte.

Vlt. kann ich es einfach nicht einsehen und direkt nach clades lollia wurde beschlossen Germanien zu erobern.



qua iam dixi, nunquam exactum id sciemus
 
Vlt. waren die Drususfeldzüge zunächst als Rachefeldzüge geplant und nun war man zu der Ansicht gekommen, dass die kriegerischen Germanen solange keine Ruhe geben werden, bis ihre Heimat direkt unter römischer Kontrolle steht.

Vlt. waren die Drususfeldzüge als Rachefeldzüge geplant und Augustus hat Tiberius im Zorn neue Order in der res germania gegeben, als er von dem Tod des Drusus hörte.

Vlt. kann ich es einfach nicht einsehen und direkt nach clades lollia wurde beschlossen Germanien zu erobern.



qua iam dixi, nunquam exactum id sciemus

All das ist denkbar und all das gilt in ähnlicher Weise für uns alle. Wir diskutieren ja nur ;).

Dass die Lollius-Niederlage einen Wendepunkt in der römischen Germanien-Politik markierte, glaube ich auch. Sie war militärisch eigentlich nicht schwerwiegend, hat in der römischen Literatur aber ungewöhnlichen Niederschlag gefunden. Die Römer haben ihr offensichtlich erhebliche Bedeutung beigemessen. Dabei hat sicher der Umstand mitgespielt, dass es sich nicht um die erste Feindseligkeit von Seiten der Sugambrer handelte. Mit denen war ja schon Julius Caesar, der "eigentliche Vater" des Augustus, mehrfach aneinandergerasselt. Demnach dürfte die clades lolliana der sprichwörtliche Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Für unwahrscheinlich halte ich die Deutung, dass der Tod des Drusus eine Trendwende eingeläutet hätte. Das würde nämlich bedeuten, dass Tiberius in nur zwei Jahren weit mehr erreicht hätte als Drusus in knapp zehn Jahren zuvor.

Betrachten wir mal die Zeitachse:

- Der Mann, der Germanien zum Feindesland erklärt hat, war Julius Caesar (um 50 v.Chr.). Eben jener Julius Caesar war der Ziehvater und das große Vorbild von Augustus. Was hat Caesar ausgezeichnet? Die Tatsache, dass er dem Reich neue Gebiete hinzugefügt, die Germanen zum Feind erklärt und die ersten Vorstöße in ihr Land unternommen hat. Meiner Meinung nach hat Augustus "seine" Germanienpolitik als "Vermächtnis" betrachtet, das Caesar ihm hinterlassen hat.

- Augustus ist 31 v.Chr. zum römischen Alleinherrscher aufgestiegen. Er hat daraufhin eine Neuordnung der Provinzen vorgenommen, die mit einer Verteilung der Kompetenzen zwischen dem Senat und dem Princeps verbunden war. Demnach unterstanden die "äußeren" Provinzen und die Außenpolitik dem Augustus. Er allein hat dort die Linien der Politik bestimmt.

- Die "clades lolliana" wird auf 17 oder 16 v.Chr. datiert. Zu dem Zeitpunkt ist schon eine römische "Präsenz" in germanischem Gebiet nachweisbar. Die Erhebung der Sugambrer, Tenkterer und Usipeter (genau die, mit denen sich schon Caesar rumgeschlagen hat) begann nämlich damit, dass sie alle Römer, die sich in ihrem Gebiet aufhielten, gekreuzigt haben. Eine römische Hinrichtungsmethode für Verbrecher. Das muss Gründe gehabt haben.

- Dieses Ereignis war für Augustus wichtig genug, selbst nach Gallien zu reisen und die Aufsicht über die Legionen zu übernehmen (von "Kommando" kann man vermutlich nicht sprechen). Die Sugambrer wiederum haben das Auftauchen des Augustus wichtig genug gefunden, sofort Frieden anzubieten und den erbeuteten Legionsadler zurückzugeben.

- Danach ist Drusus in die Offensive gegangen und hat feste Lager unter anderem an der Lippe und in der Wetterau errichtet, also entlang wichtiger "Einfallstraßen" nach Germanien. Feste Lager: das heißt dauerhaft belegte Lager. Die Römer sind tatsächlich gekommen, um zu bleiben. Berichte von Expeditionen bis an die Elbe deuten darauf hin, dass von den festen Standorten aus häufig Kriegszüge gegen germanische Stämme unternommen wurden. Sieben, acht Jahre lang. Ziemlich heftig für einen Rachefeldzug. Danach waren die Sugambrer nicht mehr existent (wenngleich Wolters mutmaßt, dass es sich bei den Marsern um den in Germanien verbliebenen Reststamm der Sugambrer handelte).

- 9 v.Chr. stirbt Drusus, sein Bruder Tiberius übernimmt das Kommando, zwei Jahre später dann Triumphzug, Janustempel, Stadterweiterung (siehe oben) und der Beginn des Aufbaus auch ziviler römischer Strukturen in Germanien (Haltern und Waldgirmes).

- Rückschau: Sueton lässt in seiner Augustus-Biografie den Princeps sagen, dass er nur eine Niederlage erlitten habe (Varus). In seiner res gestae sagt Augustus selbst (?), er habe das Reich bis an die Nordsee und die Elbe ausgeweitet. Krieg und Eroberungen waren für ihn also Maßstäbe seines Erfolgs.

Mein Urteil: Die Zielvorgabe, Germanien in das römische Reich einzugliedern, ist schon ziemlich früh aufgestellt worden. Vermutlich schon vor der Lollius-Niederlage.

Aber ich spekuliere natürlich auch nur rum.

MfG
 
Also von einer Art Vermächtnis des Caesar zu sprechen halte ich für eher unwahrscheinlich. Caesar hat ja bereits den Rhein überschritten und ist (wenn ich mich recht erinnere) zu der Erkenntnis gekommen, daß es nicht lohnenswert sei, dieses Gebiet zu erobern. Auch waren es wohl die Germanen nicht wert, zum Imperium zu gehören, da er diese für absolut unterentwickelt hielt.

Interessant finde ich die These, das die Okkupation Germaniens unmittelbar nach der clades lolliana begann. Dieses Ereignis hat Augustus nicht nur auf den Plan gerufen, sondern er ordnete die gesamte Situation in Gallien neu. Dies hat ja wohl immerhin drei Jahre in Anspruch genommen. Ich halte es durchaus für wahrscheinlich, daß in dieser Zeit entsprechende Pläne gereift sind. Vieleicht (oder wahrscheinlich) begann die Okkupation mit einem Vergeltungsfeldzug, bzw. um die in Rheinnähe siedelnden Stämme zurückzudrängen. Dies könnte die erste (durchaus geplante) Aktion der Okkupation Germaniens gewesen sein. Sicher ist dies jedoch nicht. Vieleicht sind die Pläne einer Besetzung Germaniens auch erst später gefasst worden.
 
Interessant finde ich die These, das die Okkupation Germaniens unmittelbar nach der clades lolliana begann.

Kann man die clades lolliana so genau datieren? Ist die Datierung nicht umstritten? Und ist es nicht so, dass bei den in Frage kommenden Daten es Auswirkungen hat, wie man die bald folgenden Germanienfeldzüge bewerten muss - als Reaktion auf die Niederlage oder eben als Resultat langfristiger Pläne?
Und müsste man nicht auch noch die Alpenfeldzüge in die Betrachtung einbeziehen? Teil eines strategischen Gesamtplans mit der folgenden Germanieneroberung oder Einzelunternehmung?
 
Kann man die clades lolliana so genau datieren? Ist die Datierung nicht umstritten? Und ist es nicht so, dass bei den in Frage kommenden Daten es Auswirkungen hat, wie man die bald folgenden Germanienfeldzüge bewerten muss - als Reaktion auf die Niederlage oder eben als Resultat langfristiger Pläne?
Und müsste man nicht auch noch die Alpenfeldzüge in die Betrachtung einbeziehen? Teil eines strategischen Gesamtplans mit der folgenden Germanieneroberung oder Einzelunternehmung?

Im allgemeinen wird die clades lolliana auf 16 v.Chr. datiert, aber sicher ist das wohl nicht. Bleibt die Frage, ob die genaue Datierung wirklich so wichtig ist. Das Augustus anschließend eine völlige Neuorganisation in Gallien vorgenommen hat, ist das eigentlich interessante. Hier haben die Römer wahrscheinlich schon höhere Pläne gehabt. Fraglich ist wohl auch für die Wissenschaft der Feldzug im Jahr 12 v. Chr. Ich argumentiere hier eher in die Richtung, daß die (neu errichtete) Rheingrenze gesichert werden sollte. Eine mögliche Vergeltung liegt natürlich nahe (siehe die betreffenden Stämme) war aber so denke ich eher zweitrangig. Ganz nebenbei: Wer kann sich sicher sein, daß bei der clades lolliane auch wirklich die betreffenden Stämme (Sugambrer, Usipeter, Tencterer) dabei waren? Ist das nicht nur eine Vermutung?

Möglich wäre natürlich auch, daß man die Alpenfeldzüge in Verbindung mit den Germanienkriegen sehen muß. Allerdings glaube ich, daß eher andere Gründe der Auslöser waren. Diese Region war wichtig zum Schutz Italiens. Außerdem stellte die Alpenregion eine Art "weißen Fleck" auf der Landkarte Roms dar. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum die Römer Germanien nur von Westen (Rhein), bzw. von Norden (Nordsee) aus angegriffen haben und nicht auch von Süden (über die Donau) her. Ich denke, daß der Alpenfeldzug eine typisch römische Präventivmaßnahme darstellt. Eben um Italien und Rom gegen die nördlichen Völker zu schützen. Ich betrachte diesen Feldzug eher losgelöst von den Germanienfeldzügen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Augustus hat sich nie als Feldherr hervorgetan. Auch nicht im Krieg um die Macht. Er war klug genug, den militärischen Teil der Arbeit immer Fachleuten zu überlassen. Im Falle Germaniens war das eben Drusus, nach dessen Tod dann Tiberius. Ich zweifele nicht daran, dass es Augustus war, der bestimmt hat, wo es lang gehen soll. Ich vermute aber, dass er seine Wünsche in Form von allgemeinen Weisungen formuliert und es weitgehend den Soldaten überlassen hat, wie sie diese Wünsche erfüllen. Eigentlich meine ich nur ganz banal, dass er die Legionen nicht selbst kommandiert hat.

Also von einer Art Vermächtnis des Caesar zu sprechen halte ich für eher unwahrscheinlich. Caesar hat ja bereits den Rhein überschritten und ist (wenn ich mich recht erinnere) zu der Erkenntnis gekommen, daß es nicht lohnenswert sei, dieses Gebiet zu erobern.
Damit wollte ich nicht andeuten, dass es Caesars Wunsch gewesen wäre, ein solches Vermächtnis zu hinterlassen. Meinem Eindruck nach hat Augustus es aber so aufgefasst. Caesar war sein großes Vorbild, Augustus hat sich selbst in Caesars Tradition gestellt. Und Caesar hatte eben an der Nordgrenze des Reichs Krieg gegen die Germanen geführt und diesen Gegner unbesiegt zurückgelassen. Einer der großen Erfolge, die Caesars Ruhm begründet haben, war die Eroberung Galliens. Die hat Caesar gegenüber dem Senat und seinen Widersachern in Rom in erster Linie mit der drohenden Germanengefahr gerechtfertigt. Mit der Eroberung Germaniens hätte Augustus demnach für sich in Anspruch nehmen können, etwas vollendet zu haben, was Caesar begonnen hatte. Die Germanienpolitik Roms war meiner Ansicht nach immer mit geprägt von der Erinnerung an die Einfälle der Kimbern und Teutonen und von der Politik Caesars an der Nordgrenze.

MfG
 
Wenn man die die Feldzüge des Drusus genau beachtet, so ergibt sich eine Art Nord-Süd Theorie!

Er fängt im Norden Germaniens an und arbeitet sich dann Richtung Süden fort.

Im Klartext:

Zunächst folgt er der Lippe -Linie, dann geht er wohl über die Wetterau - Linie.

Ist dies zufällig?
Oder steckt da ein tiefer Sinn dahinter?
 
Augustus hat sich nie als Feldherr hervorgetan. Auch nicht im Krieg um die Macht. Er war klug genug, den militärischen Teil der Arbeit immer Fachleuten zu überlassen.
Das weicht zwar jetzt etwas vom Thema ab, aber zwei Feldzüge hat Augustus sehr wohl selbst geführt: 35/34 in Illyrien und 27/26 in Spanien.
 
Geostrategie?

Wenn man die die Feldzüge des Drusus genau beachtet, so ergibt sich eine Art Nord-Süd Theorie!

....

Ist dies zufällig?
Oder steckt da ein tiefer Sinn dahinter?

Ich sehe dahinter mehr Notwendigkeiten geostrategischer Art, Kräftemanagement und Feindlage als Ursache. Aber vielleicht kannst du deine Überlegung vielleicht mehr spezifizieren?

Nicht nur für die Heeresversorgung besaßen Flüsse zu allen Zeiten große verkehrstechnische Bedeutung. Das europäische Fluss-System im fraglichen Raum ist nach Nordwesten hin ausgerichtet und bildete zu allen Zeiten für militärische Bewegungen zwischen Ost und West eher ein Hindernis. Wichtig für die römische Sicht war der Rhein mit seinen Nebenflüssen. Nach Westen hin (Gallien) boten besonders Maas und Mosel gute Nachschubmöglichkeiten. Nach Osten hin war vor allem der Main besonders geeignet diese Achse nach Osten zu verlängern. Weiter im Norden davon waren die Flüsse weniger leistungsfähig oder wenigstens nicht so weit nach Osten reichend. Hier kamen die Flüsse Lippe, Ruhr, Lahn und weiter im Süden der Neckar in Frage.

Die weitreichendste Alternative zu diesen Bewegungsachsen bleibt natürlich die offene See. In Xanten (Vetera) wurde unter Drusus ein Flottenstützpunkt errichtet. Diese Flotte spielte in der Folge eine bedeutende Rolle für die römischen Optionen, die durch den Bau des Drususkanals zwischen dem Rhein und der Nordsee deutlich verbessert wurden. Auf dem offenen Meer hatte Rom für seine Flotten keinen Gegner zu fürchten.

Das nächste (wichtigste?), in der Geschichte häufig genutzte „Einfallstor“ zwischen West- und Mitteleuropa ist die Tiefebene zwischen Belgien und Norddeutschland, welches von zahlreichen Armeen aller Zeiten verwendet worden ist. Hier finden sich wenige geographische Hindernisse, abgesehen von einigen großen, geschichtlichen Mooren in jener Zeit in Norddeutschland. Mithilfe der erwähnten Flotte besaß Rom ein geeignetes Mittel diese Hindernisse jederzeit umgehen zu können und zusätzlich weit in die Flüsse hinein vorstoßen zu können. Die Existenz der Flotte mag auch nach der römischen Niederlage in der Varusschlacht dazu beigetragen haben, dass sich die Küstengermanen ruhig verhielten.

Als nächstes ist festzustellen, dass sich der römischen Expansion zunächst vor allem die Sugambrer (im Bereich der Lippe!) entgegenstemmten und den Hauptfeind abgaben. Bald folgte ihnen der Stamm der Chatten als Primärfeind. In beiden Fällen bot den Römern ein gutes Verhältnis zu den Cheruskern einige Erleichterung. Sie saßen östlich der Sugambrer und nördlich der Chatten und beherrschten den Raum in Fortsetzung der Lippe-Bewegungsachse hin zur Weser, vielleicht sogar bis hin zur Elbe(?). Zählt man die großen, norddeutschen Fluss-Systeme zur Nordsee hin auf, folgt dem (römischen) Rhein die Weser und weiter östlich dann die Elbe. Auffällig ist auch die häufig festzustellende Kombination römischer Heeresoperationen mit Vorstößen ihrer Flotten, was meine Argumentation weiter untermauert.

Ich stelle also fest, dass sowohl Stoßrichtung der römischen Expansion, als auch wichtige Kampfgebiete mit den geschilderten, geostrategischen Überlegungen zu den „nassen Versorgungsachsen“ in Einklang gebracht werden können. Natürlich schließt diese Feststellung nicht die Wirksamkeit weiterer Argumente aus.

Die ersten Vorstöße des Drusus erfolgten mithilfe der Flotte. Dann wurde der damalige Hauptgegner an der Lippe (Sugambrer) niedergekämpft. Dann richtete sich das Augenmerk auf die Chatten (Lahn/Wetterau/Main). Seine letzten Operationen zielten in die Maingegend (Markomannen) und hin zur Elbe. Neben politisch/militärischen Notwendigkeiten schimmern überall geostrategische Motive als gewichtige Punkte für Entscheidungen römischer Feldherren mit durch. Die Kenntnisse in regionaler Geographie waren bei den Römern mit Sicherheit deutlich größer als uns die Überlieferung glauben machen will, die gerne von „unbekannten und weglosen“ Ländern spricht. Hier kann man literarisch an ein „Alexander-Motiv“ denken, im Bestreben diesem Vorbild nachzueifern.

Häufig wird bei der frühen römischen Expansion nach Germanien hinein vergessen, dass dies parallel zu den Illyrerkriegen stattfand. Norcium, ein romfreundlicher Klientelstaat an der Ostseite der Alpen wurde 15 v. Chr. durch Augustus zu einer Provinz umgewandelt. Zu diesem Zeitpunkt fand auch der berüchtigte Alpenfeldzug des Augustus statt. Über Illyrien wurde mit Gewalt bis zum ungarischen Donauknie vorgestoßen. Hierbei ist die Rolle der Skordisker interessant, die an jene der Cherusker in Germanien erinnern. Der Illyrische Aufstand verhinderte dann die bereits in Teilen begonnene römische Offensive gegen das Markomannenreich in Böhmen. Falls Böhmen zum Teil des Imperiums geworden wäre, hätte es ein Verbindungsstück zwischen den Eroberungen in Germanien und jenen östlich der Alpen abgegeben. Alle drei römischen Expansionen (Alpenfeldzug, Germanienzüge und Illyrischer Krieg) stehen im engen Zusammenhang zueinander und sind unabhängig voneinander schlecht in vollem Umfang zu verstehen.

Vielleicht eine nette, ergänzende Karte zu Germanien und die Flüsse
http://www.novaesium.de/graphiken/germania.htm
 
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Geht man chronologisch vor, so muß man im Jahr 12 v.Chr. beginnen.
In diesem Jahr führte Drusus zwei Feldzüge durch.

12 v. Chr. gab es wohl gewisse Unruhen in Gallien, denen Drusus begegnen mußte (Frage: Stimmt das? - ich habe dies irgendwo gelesen und weiß nicht mehr wo.:cry:).

Im gleichen Jahr überschritten Germanen (Sugambrer, Usipeter und evt. Tenkterer) den Rhein.
Drusus drängte die Eindringlinge wohl zurück und überschritt selbst den Rhein. Wahrscheinlich zog er an der Lippe entlang und bekämpfte die Usipeter und Sugambrer.
Es liegt nahe, daß dieser Feldzug eine Art Rache oder auch Präventivfeldzug war. Mit Eroberungen hatte dies zunächst wohl nicht viel zu tun.

Anders sieht es wohl mit der Flottenexpedition im gleichen Jahr aus.
Diese hatte offensichtlich ganz andere Ziele. Der sg. Drususkanal war hier schon offensichtlich fertig gebaut - was wohl durchaus auf langerfristige Ziele schließen läßt. Außerdem war das Jahr wohl schon sehr weit fortgeschritten. Drusus fährt mit der Flotte die heutige deutsche Nordseeküste entlang und schließt ein Bündniss mit den Friesen, welches über Jahrzehnte hält. Dies hatte wohl eher:

1.
Expeditionscharakter, da die Nordsee, bzw. deren Küstenregion wenig erforscht war.

2.
Eine Art Vorbereitungscharakter. Offensichtlich wollten die Römer ihre Flotte in Zukunft ausgiebiger nutzen. Eine Erforschung der Küste liegt also nahe. Das Bündniss mit den Friesen (die sich im gleichen Jahr als sehr nützlich herausstellten) kam gerade recht.

Allerdings lag diese Flottenexpedition eher spät im Jahr. Die spannende Frage ist also, ob sie auch langfristig geplant war. Oder war sie eigentlich für das Jahr danach (11 v. Chr.) geplant?

Im Jahr 11 v.Chr. nutzt Drusus offensichtlich wieder die Lippelinie. Er dringt bis zur Weser vor und errichtet dann das Lager in Oberaden. Ein Lager für zwei Legionen. Dies hat dann wohl deutlichen Eroberungscharakter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mal eine ganz andere Frage:

Zum Ende des Jahres 11 v. Chr. war Drusus bis zur Weser vorgestossen. Er erhält einen kleinen Triumph (ovatio). Die Truppen rufen ihn zum Imperator aus. In Rom wird beschlossen, den Tempel des Ianus zu schließen.

Muß man jetzt nicht davon ausgehen, daß die Kämpfe abgeschlossen waren?
Waren also eigentlich keine weiteren Feldzüge in Germanien geplant?
 
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