Die Goldenen Zwanziger-Meinungsstudie

Manche Historiker bezeichnen die Goldenen Zwanziger in Deutschland als "Scheinblüte", da sie z.T. auf Krediten aufbauten, die man irgendwann mal wieder zurück zahlen musste ... evtl. meint Dein Lehrer sowas?
 
Gegen die ungelöste deutsche Reparationsfrage war die steigende deutsche "Restverschuldung" eher ein Klacks.
Ich würde oben - für die deutsche Sicht - dem Ansatz folgen, die goldenen Jahre in den 20ern einzukreisen auf den Teil der 20er, die überhaupt für eine Blüte in Frage kommen, und die Jahre rauszustreichen, die nicht.

Dann wäre auch das Deutsche Reich nicht der Nabel der Welt.
Welche Party wurde nämlich jenseits des Atlantiks gefeiert? Und wie lange dort? Auf einem Boom gebaut, den - was genau - getragen hat?

Dann ist natürlich auch der Vergleich mit dem Absturz 1929 in die 30er interessant. Gegen Krisen und Katastrophen gestellt, wird im Nachhinein erst richtig glänzend, was "gut" lief.

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zum Song und der Altfassung über Kokslieferanten, die angabegemäß nichts mit Falcos Version zu tun hat.
Mutter, der Mann mit dem Koks ist da – Wikipedia
 
Dann ist natürlich auch der Vergleich mit dem Absturz 1929 in die 30er interessant. Gegen Krisen und Katastrophen gestellt, wird im Nachhinein erst richtig glänzend, was "gut" lief.
Eben. Ich sehe die 1920er insgesamt nicht so negativ, denn durch den Aderlass des I. Weltkrieges fand eine Verjüngung der Gesellschaft statt, die dann auch Einiges an Veränderungen bewirkte, die zuvor undenkbar waren. Ich denke hier an das Frauenwahlrecht, das Abwerfen des Korsetts, Abtreibungen wurden nicht mehr so hart bestraft, Lockerung der Sexualmoral, FKK-Bewegung fand immer mehr Anhänger, Kunst und Kultur kamen zu einer neuen Blüte, weil die Zensur abgeschafft wurde bzw. mildere Formen annahm, usw. Klar, es gab Hyperinflation und Arbeitslosigkeit, aber deren Ursachen lagen in den Zeiten davor, waren größtenteils Folge des Krieges.

Die 1920er waren – im Unterschied zu der Zeit davor und danach – eine permissive Gesellschaft, an die erst die „1968-Revolution“ wieder anknüpfen konnte.
 
Was sehen wir in den Goldenen 20‘ern? Partys und Rausch. Was hat den dazu geführt? Ein Krieg der lange nicht gekannte Greuel für alle Greifbar machte. Hunger zu Hause. Verstümmelte Menschen. In Massen umgekomme Soldaten. In fast jeder Familie sind Soldaten verschollen oder gefallen. Und bei den Überlebenden Soldaten waren etliche traumatisiert.
In Deutschland und Österreich war die alte Ordnung hinweggefegt worden durch die Ereignisse. Das hat die gesamte Gesellschaft zerrüttet.
Frankreich und Großbritannien war bestimmt auch erschüttert, das sie den Krieg, trotz der Kolonien, nicht ohne die Hilfe der USA gewinnen konnten.
 
Eben. Ich sehe die 1920er insgesamt nicht so negativ, denn durch den Aderlass des I. Weltkrieges fand eine Verjüngung der Gesellschaft statt, die dann auch Einiges an Veränderungen bewirkte, die zuvor undenkbar waren. Ich denke hier an das Frauenwahlrecht, das Abwerfen des Korsetts, Abtreibungen wurden nicht mehr so hart bestraft, Lockerung der Sexualmoral, FKK-Bewegung fand immer mehr Anhänger, Kunst und Kultur kamen zu einer neuen Blüte, weil die Zensur abgeschafft wurde bzw. mildere Formen annahm, usw. Klar, es gab Hyperinflation und Arbeitslosigkeit, aber deren Ursachen lagen in den Zeiten davor, waren größtenteils Folge des Krieges.

Die 1920er waren – im Unterschied zu der Zeit davor und danach – eine permissive Gesellschaft, an die erst die „1968-Revolution“ wieder anknüpfen konnte.
Den von mir hervor gehobenen Textabschnitt bezweifle ich. Welche Generation ist den in Verdun verheizt worden? Das waren die jungen Männer. Hinterher sah die demographische Bevölkerungspyramide doch stark verändert aus. Bei den Männern war diese Pyramide im zweiten und dritten Fünftel reduziert. Dadurch war der Anteil der alten Männer gestiegen. In den goldenen Zwanzigern hat sich dieser kriegsbedingte "Ausfall" nur um 10 Jahre nach oben geschoben.

Zudem ist der Bild auf die 20er Jahre doch arg durch die Bevölkerung der Metropolen geprägt. Waren die Zeiten in mecklenburgischen Dörfern oder westerwäldischen Weilern wirklich rauschend. Oder ging es auf dem Land nicht so zu, wie 100 Jahre früher?
 
Rauschend wäre geprahlt.
Die 20er auf dem Land waren von explodierender Verschuldung und laufenden Kreditkrisen der Höfe geprägt. Und idF auch eine Ursache von Arbeitslosigkeit und Mangel für die nicht-landbesitzende Bevölkerung.
 
Den von mir hervor gehobenen Textabschnitt bezweifle ich. Welche Generation ist den in Verdun verheizt worden? Das waren die jungen Männer. Hinterher sah die demographische Bevölkerungspyramide doch stark verändert aus.
Eben. Im I. Weltkrieg wurden männliche Jahrgänge 1869 bis 1900 eingezogen. Sie waren es, die im Krieg millionenfach umgekommen sind. Damit waren die späteren Jahrgänge in den 20er Jahren alle unter 30, während die über 30 bis 60 stark unterrepräsentiert waren. Aufgrund dessen konnten diese zuletzt genannten Älteren den neuen Zeitgeist, der ja immer von der Jugend bestimmt wird, wenig entgegensetzen, was zu den von mir oben angeführten dramatischen gesellschaftlichen Veränderungen führte.
 
Auf dem Land und in der Provinz waren es aber vielfach die alten Eliten, die wieder den Ton angaben oder immer noch den Ton angaben. Regimenter und Divisionen wurden häufig innerhalb einer bestimmten Region rekrutiert und aufgefüllt. Wurde eine Einheit, wie es oft vorkam, dezimiert und aufgerieben, kam es nicht selten vor, dass ein Dorf, eine Kleinstadt an einem einzigen Großkampftag auf einen Schlag einen Großteil der jungen Männer zwischen 20-25 Jahren verlor. In manchen Dorfschulen mussten längst pensionierte Lehrer wieder aktiviert werden, um überhaupt Schulunterricht organisieren zu können. In der Beamtenschaft, in den Betrieben und im Wirtschaftsleben und nicht zuletzt in den Kirchen verfügten die alten Eliten nach wie vor über starken Rückhalt, und sie waren auch keineswegs geneigt, auf wirtschaftliche und ideologische Führungsrollen zu verzichten.
 
Eben. Im I. Weltkrieg wurden männliche Jahrgänge 1869 bis 1900 eingezogen. Sie waren es, die im Krieg millionenfach umgekommen sind. Damit waren die späteren Jahrgänge in den 20er Jahren alle unter 30, während die über 30 bis 60 stark unterrepräsentiert waren. Aufgrund dessen konnten diese zuletzt genannten Älteren den neuen Zeitgeist, der ja immer von der Jugend bestimmt wird, wenig entgegensetzen, was zu den von mir oben angeführten dramatischen gesellschaftlichen Veränderungen führte.
Wer hat denn die Verfassung 1919 geschrieben? Achtzehnjährige?
 
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