Die Neolithische Revolution in Europa - Wie und warum?

Keramik ist nicht das entscheidende Merkmal der Jungsteinzeit. Es gab auch Kulturen, die keine Landwirtschaft benötigten (Meeresküste mit Gezeiten), als mittelsteinzeitlich gelten und trotzdem in größeren Gruppen sesshaft siedelten. Keramik stellten sie gleichwohl her.
Beispiel: Jomon (Japan) oder Ertebölle (Dänemark).

Um 7000 v. Chr. gab es noch keine Steppennomaden mit Wagen und Vieh, man siedelte sesshaft an Flüssen. Von einem Stör wurde die ganze Siedlung satt. Also warum keine frühe Keramik an der Wolga?
 
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9.600 - 6.800 vorkeramisches Neolithikum (in Europa in derselben Zeit Mesolithikum der Jäger- u. Sammlerkulturen)
Die Herstellung von Gefäßen durch Brennen von Ton ist noch nicht erfunden. In der Levante (Jericho, Palästina) und in Südanatolien (etwa Cayönü u. Nevali Cori) entstehen ganzjährig genutzte Siedlungen; auch geschliffene Steingeräte gibt es bereits. Am Göbekli Tepe entsteht eine gewaltige Kultanlage.
6.800 - 6.000 keramisches Neolithikum
Gefäße aus gebranntem Ton gelten als Hauptkennzeichen des Neolithikums. Die älteste Keramik Europas (aus der Zeit um 7.000; von Jäger-Sammlergruppen) wird an den Ufern von Sok und Samara, Zuflüsse der Wolga gefunden.
(...)

Diese Chronologie ist leider nicht signiert. Ich verstehe also richtig, daß das Hauptmerkmal der neolithischen Revolution gar nicht aus Mesopo-tamien/Fruchtbarer Halbmond stammt, sondern aus einem Gebiet, was heute zu Rußland gehört. So etwas habe ich mir schon immer gedacht.
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Wer ist hier auch der Meinung, daß das Tonbrennen an der Wolga erfunden wurde und nicht dort, wo die neolithische Revolution stattfand?
Ganz oben steht, dass an der Wolga die älteste Keramik Europas gefunden wurde. Wie es mit Keramik in anderen Gegenden aussieht, geht aus dieser Angabe gar nicht hervor. Somit lässt sich auch nicht sicher sagen, wo es erfunden wurde.
 
Früher wurde die Keramik hier und da als eine Grundvoraussetzung der neolithischen Revolution betrachtet, da erst mit ihr die Vorratshaltung möglich geworden sei. Auch durch die verstärkte Erforschung des Mesolithikums wurde ein differenziertes Bild gewonnen. Gerade bei Untersuchungen in Anatolien erkannten Wissenschaftler, dass die ersten sesshaften Siedlungen eine vorkeramische Phase hatten - also das zuerst das Haus und dann der Topf war, anstelle umgekehrt.
 
Die einzelnen Merkmale des "Neolithischen Pakets" Anbau, Domestikation der einzelnen Haustiere, Keramik, Hausbau, Siedlungsstruktur, Werkzeug auch mit Mikrolith-Klingen und Keramik könnte man durchaus differenziert betrachten, es kam wahrscheinlich auf die Umstände an.
An den Impulsorten im fruchtbaren Halbmond könnte der Ablauf anders gewesen sein als in Europa, wo man von den Erfahrungen der "Entwickler" profitieren konnte und andererseits durch die abweichenden Voraussetzungen das Paket modifizierte.

Der Link bezieht sich auf den Nahen Osten, die Arbeit ist ziemlich aktuell und enthält einige Tabellen http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/466/pdf/diss.pdf (ich habe sie noch nicht richtig gelesen)

In "Archäologie" von Benz, Maise ist z.b. von sog. human impacts in der Schweiz die Rede:
Zitat:
Noch stärker kratzen aber die Naturwissenschaftler am Bild der bandkeramischen Kolonisation. Ende der 1990er Jahre entdeckten Archäobotaniker in der Schweiz Spuren von Brandrodung, Getreidepollen und einen Leinsamen in Moorschichten des 7. Jt. v. Chr. Aber weder Getreide noch Lein sind einheimische Arten. Sollte es also schon 1000 Jahre vor den bandkeramischen Siedlern Bauern gegeben haben, von denen man weder Häuser noch Keramik oder Haustiere kennt? Einige Archäologen hätten den frühen "human impact", den menschlichen Einfluss am liebsten wegdiskutiert.

Ich weiß noch nicht so richtig, was ich davon halten soll. Jedenfalls bin ich jetzt auf der Suche, nach eßbaren, europäischen Pflanzen der Nacheiszeitphase.
Da Getreide/entsprechende Gräser hier nicht heimisch waren, könnte es nicht auch Versuche gegeben haben, das Sammelgut beim Wachsen zu unterstützen, jedenfalls wenn man davon gehört hat, dass andere Menschen einen frühen Anbau betreiben?
 
Die einzelnen Merkmale des "Neolithischen Pakets" Anbau, Domestikation der einzelnen Haustiere, Keramik, Hausbau, Siedlungsstruktur, Werkzeug auch mit Mikrolith-Klingen und Keramik könnte man durchaus differenziert betrachten, es kam wahrscheinlich auf die Umstände an.
An den Impulsorten im fruchtbaren Halbmond könnte der Ablauf anders gewesen sein als in Europa, wo man von den Erfahrungen der "Entwickler" profitieren konnte und andererseits durch die abweichenden Voraussetzungen das Paket modifizierte.

Der Link bezieht sich auf den Nahen Osten, die Arbeit ist ziemlich aktuell und enthält einige Tabellen http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/466/pdf/diss.pdf (ich habe sie noch nicht richtig gelesen)

In "Archäologie" von Benz, Maise ist z.b. von sog. human impacts in der Schweiz die Rede:
Zitat:
Noch stärker kratzen aber die Naturwissenschaftler am Bild der bandkeramischen Kolonisation. Ende der 1990er Jahre entdeckten Archäobotaniker in der Schweiz Spuren von Brandrodung, Getreidepollen und einen Leinsamen in Moorschichten des 7. Jt. v. Chr. Aber weder Getreide noch Lein sind einheimische Arten. Sollte es also schon 1000 Jahre vor den bandkeramischen Siedlern Bauern gegeben haben, von denen man weder Häuser noch Keramik oder Haustiere kennt? Einige Archäologen hätten den frühen "human impact", den menschlichen Einfluss am liebsten wegdiskutiert.

Ich weiß noch nicht so richtig, was ich davon halten soll. Jedenfalls bin ich jetzt auf der Suche, nach eßbaren, europäischen Pflanzen der Nacheiszeitphase.
Da Getreide/entsprechende Gräser hier nicht heimisch waren, könnte es nicht auch Versuche gegeben haben, das Sammelgut beim Wachsen zu unterstützen, jedenfalls wenn man davon gehört hat, dass andere Menschen einen frühen Anbau betreiben?

Hallo rena8,

für die Chronologie-Kritiker ist das kein großes Problem. Sie glauben einfach der C14-Methode nicht. Sie bleiben brav bei den Bandkeramikern, die sie (natürlich gibt es auch hier Ausnahmen) sogar noch später ansetzen, als die frühere Geschichtsschreibung. Interessant ist übrigens die Beweisführung bei Abwesenheit von Keramik, welche gleichgesetzt wird mit dem Beweis für anwesende Keramik. Interessant wäre auch zu erfahren, wie viele und welche Datierungen nach C14 jeweils erhalten wurden? Zum präkeramischen Jericho hatte ich mich schon geäußert (plankonvexe Ziegel).

Nebenbei, ich beschäftige mich mit einem Vortrag über die Herstellung von Textilen für Bekleidungszwecke in der Jungsteinzeit. Kann hierzu jemand etwas Konstruktives beitragen? Das Problem zielt auf die Verwendung von Geweben, aus welchen Fasern und wann und wo sie gefunden wurden? Wo wurden Webgewichte gefunden?

Herzlichen Dank im voraus.
 
Nebenbei, ich beschäftige mich mit einem Vortrag über die Herstellung von Textilen für Bekleidungszwecke in der Jungsteinzeit. Kann hierzu jemand etwas Konstruktives beitragen? Das Problem zielt auf die Verwendung von Geweben, aus welchen Fasern und wann und wo sie gefunden wurden? Wo wurden Webgewichte gefunden?

In Haarmanns Geschichte der Sintflut wird auf unterschiedliche Techniken des Webens verwiesen. Während man in Mesopotamien und im Alten Ägypten einen horizontalen Webrahmen benutzte, wobei die Fäden zwischen zwei Eckpfosten gespannt waren (?), verwendete man in Anatolien (Tschatal Hüyük) und Südosteuropa (Thessalien; Tisza-Tal/ Südungarn) einen vertikalen Webrahmen mit Hängegewichten. Gewiß, Textilien oder das Holz dieser rekonstruierten Webstühle hat man nichtgefunden, haben sich wenigstens Webgewichte finden lassen. Die Technologie soll sich dann ab dem 5. Jt. rasch verbreitet haben. Als Referenz führt Harald Haarmann eine Studie an: E. W. Barber, Prehistoric textiles. The development of cloth in the Neolithic and Bronze Ages (with special references to to the Aegean). Princeton, 1991
Was Taschatal Hüyük betrifft, habe ich noch einen Hinweis bei Lehmann (Die Hethiter) gefunden, demnach wohl schon James Mellaart bei seinen Ausgrabungen auch schon Stoffreste gefunden haben soll: Man Fand Tuchbänder - was immer das seinsoll; eine Frau in einer Kultstätte der Schicht VI A trug einen Steifenrock, der mit Kupferzylindern beschwert war. Vor allem habe man aber verschiedene Webarten feststellen können: Neben Geweben der einfachen Technik des Unter- und Überschlagens des Fadens hat man Schal- und Fischnetzgewebe identifziert.
 
Hallo Muspilli,

danke für die info. Ich haben einige Beziehungen aus beruflichen Gründen zu Textilien. Die Auffassung über die Verwendung von vertikalen oder horizontalen Webstühlen ist m.E. nicht relevant, da in jedem Fall Gewichte für die Kettfäden eingesetzt wurden. Wichtig ist das tatsächliche Verwenden von Textilien zu Kleidungszwecken, was aus meiner Sicht nicht trivial ist. Die Verwendung von Pflanzen- oder tierischen Fasern für Netze oder Seile ist schon länger archäologisch begründet. Da der "Ötzi" mit seiner C14-Datierung um 2577 v. Chr. aber immer noch Ziegenleder-Bekleidung (auch darunter) trägt, obwohl er als "Hirte" gilt, gibt mir zu denken. Die Webtechnik muß also auch dichte Textilien mit genügend Kett- und Schußfäden pro cm² ermöglichen, um bekleidungsphysiologisch "wettbewerbsfähige" Kleidung gegenüber Leder produzieren zu können. Das sollte auf simplen Webstühlen problematisch sein.
 
Also ich halte es,entgegen der herrschenden Meinung, für problematisch, von einem neolithischen Kernbereich auszugehen,von dem aus die entsprechenden Techniken exportiert wurden.Ist nicht vielmehr die Annahme einer multiregionalen Simultanentwicklung wahrscheinlicher ? Das würde bedeuten,daß sich z.B. der Ackerbau,ausgehend vom "Gartenbau" in verschiedenen Regionen unabhängig und unter Berücksichtigung regionaler biologischer und mikroklimatischer Gegebenheiten entwickelt hat und es erst in einem zweiten Schritt zu einer Vernetzung der Regionen und entsprechendem Technologietransfer sowie in einer dritten Stufe zu einer möglichen Überlagerung der "unterlegenen " Technologien kam.Damit ließen sich auch die unterschiedlichen regionalen Ausprägungen und die chronologischen Sprünge erklären.
 
für die Chronologie-Kritiker ist das kein großes Problem. Sie glauben einfach der C14-Methode nicht. Sie bleiben brav bei den Bandkeramikern, die sie (natürlich gibt es auch hier Ausnahmen) sogar noch später ansetzen, als die frühere Geschichtsschreibung.

Hallo Brahmenauer,

und sicher glauben sie auch der Dendrochronologie nicht. Dann ist da nur viel Spass zu wünschen. Hier aber mal ein Link:

http://www.archsax.sachsen.de/Themenportal/download/II_22_plauss_02.pdf

Apropo: Archäologie ist nicht Geschichtsschreibung. Allerdings gibt es im Netz ein dickes Anti-14C-Buch als PDF, da wird das ganz am Anfang auch verwechselt. Hab deswegen dann auch nicht mehr weiter gelesen.

Und jetzt mach ich mich richtig nützlich:

E. J. W. Barber, The development of cloth in the Neolithic and Bronze Age. 1991.

Gibt für den Einstieg einen sehr guten Überblick.
 
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Hallo Brahmenauer,

und sicher glauben sie auch der Dendrochronologie nicht. Dann ist da nur viel Spass zu wünschen. Hier aber mal ein Link:
Chronologiekritiker müssen alle naturwissenschaftlichen Methoden zur Altersbestimmung ablehnen.

Ich kann schwer behaupten, dass Pompeji erst im 17. Jh. untergegangen ist und gleichzeitig akzeptieren, dass es zuverlässige Methoden zur Altersbestimmung gibt, die mir dann aber sagen, dass es ca. 2000 Jahre her ist.
 
Chronologiekritiker müssen alle naturwissenschaftlichen Methoden zur Altersbestimmung ablehnen.

Ich kann schwer behaupten, dass Pompeji erst im 17. Jh. untergegangen ist und gleichzeitig akzeptieren, dass es zuverlässige Methoden zur Altersbestimmung gibt, die mir dann aber sagen, dass es ca. 2000 Jahre her ist.

Hallo Ammianus u. tela,

vielen Dank zunächst für Eure Beiträge.

Mein bisher ältester bandkeramischer Brunnen wurde in Erkelenz-Kückhoven (NW) ausgegraben und wurde auf den Sommer des Jahres 5089 v. Chr. dendrochronologisch datiert [Germanica S. 139, 2006 Weltbildverlag].
Ich bin erfreut, daß die Sachsen dies nicht auf sich sitzen gelassen haben. Mein persönliches Anti-C14-Buch habe ich nicht aus den Internet, sondern aus dem Buchhandel. Im Gegensatz zu hier wohl mehrheitlich vertretender Meinung sind die Autoren Blöß u. Niemitz für mich keineswegs überholt bzw. ist ein ernsthafter Versuch seitens Dendrochronologie und C14-Datierung unternommen worden, die Kritik der Autoren zu widerlegen. Es stellt sich also die Frage, wer hat hier im Forum diese Kritik (C14-Crash hat ca. 400 Seiten) tatsächlich gelesen und auch kapiert?
Das "In einen Topf werfen" der ernsthaften Chronologiekritiker mit solchen z.B. aus dem Forum, wo die Vesuvproblematik diskutiert wird, mag einfach sein. Es hilft aber der Geschichtswissenschaft nicht wirklich. Auch kein blindes Vertrauen auf "naturwissenschaftliche" Datierungsmethoden, die ihre "Hausaufgaben" nicht gemacht haben.
Mir fällt dazu immer die Geschichte mit der Schluchtüberquerung ein, bei der jemand mit einer 20m-Leiter kommt, eine Schluchtenbreite von 30m sind aber zu überbrücken. Auf die Frage, was nun zu tun sei, lautet die Antwort: Wir müssen die 20m-Leiter einsetzen, es ist das beste, was wir haben.

P.S. In einem anderen chronologiekritischen Forum, was sich aber im wesentlichen mit der Frühmittelalterproblematik befaßt, ist eine Kurzfassung als C14-Crashkurs download-bar.
 
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Nun werden die Brunnen aber keineswegs mit 14C datiert sondern per Dendro, die ist um vieles genauer (Fälldatum manchmal aufs Jahr). Da trauen sich dann nicht mal mehr die Leute von "Wort und Wissen" ran.
 
Eine gängige Hypothese sagt, der Ackerbau sei eher zufällig entstanden.

Also das kann ich mir schwer vorstellen. Erfolgreicher Ackerbau ist eine sehr komplexe und eigentlich schwierige Angelegenheit wenn man bedenkt, dass man bei NULL anfängt. Bis ausreichend Saatgut zur Verfügung steht und Flächen urbar sind, ist es ein weiter Weg. Diese Entwicklung hat sich über viele Generationen ziehen müssen. Und wenn man bedenkt, dass nach Tausenden von Jahren landwirtschaftlicher Praxis die mittelalterliche Landwirtschaft derart unterentwickelt war, stellt sich auch die Frage, ob die optimale Nutzung unserer Ressourcen nicht ein viel schwierigeres Unterfangen darstellt als man allgemein annimmt. Eigentlich haben wir ja noch immer keine befriedigende Landwirtschaft hervor gebracht. Gut, zumindest den Boden haben wir im 20. Jahrhundert verbessert - aber ob das langfristig gut geht... müssen wir auch noch sehen.....
 
Hallo,

vielleicht noch ein anderer Hinweis auf die Neolithische Revolution. Der Ackerbau wurde sozusagen zur Befriedigung des Bierbedarfs "erfunden" - nicht zufällig. Kann nachgelesen werden bei
Josef H. Reichholf: "Warum die Menschen sesshaft wurden" 2008
 
Also ich halte es,entgegen der herrschenden Meinung, für problematisch, von einem neolithischen Kernbereich auszugehen,von dem aus die entsprechenden Techniken exportiert wurden.Ist nicht vielmehr die Annahme einer multiregionalen Simultanentwicklung wahrscheinlicher ?

Die allmähliche Ausbreitung des Ackerbaus und der damit verbundenen Siedlungstätigkeit von einem vorderasiatischen Druckzentrum aus (Zagros-Gebirge und Ausgrabungen in Jarmo, Shanidar, Tell Halaf usw.) lässt sich anhand ärchäologischer Nachweise und entsprechender Datierungen schlüssig nachweisen.

Im 7. Jahrtausend kommt es mit der Sesklo-Kultur in Thessalien (umfangreuche Ausgrabungen u.a. in Sesklo und Nea Nikomedia) zur ersten Entfaltung einer ackerbauenden Kultur auf europäischem Boden, die ganz eindeutig von kolonisierenden Bauern aus Anatolien grprägt ist. Saatgut, Pflanzen, Haustiere, Werkzeuge und Siedlungsformen zeigen das eindeutig.

Von dort aus breitet sich der Ackerbau Richtung Norden aus, was mit der Starcevo- und Vinca-Kultur des 6./5. Jahrtausends im Balkanraum eindeutig nachweisbar ist. Etwa um 5500 v. Chr. erreicht der Ackerbau mit der Bandkeramischen Kultur (Linearbandkeramik) schließlich den mitteleuropäischen Raum, etwa zwischen Rhein (vgl. exemplarische Ausgrabungen bei Köln-Lindenthal), Weichsel und Donau, kommt freilich noch nicht über die Norddeutsche Tiefebene hinaus. Das geschieht erst in einem späteren Schritt, der verbunden ist z.B. mit der Tricherbecherkultur u.a.

Diese Abfolge des Vordingens ackerbauender Kulturen in Europa ist ziemlich lückenlos erforscht und hervorragend dokumentiert, sodass andere Hypothesen bis zum Vorliegen schlüssiger und umfangreicher Beweise lediglich spekulativen Charakter haben.
 
Diese Abfolge des Vordingens ackerbauender Kulturen in Europa ist ziemlich lückenlos erforscht und hervorragend dokumentiert, sodass andere Hypothesen bis zum Vorliegen schlüssiger und umfangreicher Beweise lediglich spekulativen Charakter haben.

Fände ich ja gut, wenn das so wäre; aber ich würde gerne hier einhaken:

Im 7. Jahrtausend kommt es mit der Sesklo-Kultur in Thessalien (umfangreuche Ausgrabungen u.a. in Sesklo und Nea Nikomedia) zur ersten Entfaltung einer ackerbauenden Kultur auf europäischem Boden, die ganz eindeutig von kolonisierenden Bauern aus Anatolien g[e]prägt ist.

Eigentlich wollte ich dich mit meinem Beitrag nach der von dir rezipierten Literatur fragen, denn wenn das in der Tat so einwandfrei erwiesen wäre, müßte man in der Literatur gewiß nicht Sätze lesen wie: "Anatolien war eine Zeit lang die Region mit der fortschrittlichsten Entwicklung in der ganzen Welt. [...] Dieser Umbruch [die neolithische Revolution oder Übergang zur sesshaften Lebensweise und einer nahrungsproduzierenden Wirtschaftsform] fand - unabhängig von der Entwicklung in Anatolien - auch in anderen Teilen der Welt statt, dort aber Tausende von Jahren später." (Haarmann, Geschichte der Sintflut. München: Beck, 2003, S.41; Kursivierung von mir) Vielleicht denkt er gar an andere Kontinente wie Amerika. Gewiß ist sich der Autor, den ich hier zitiere, bewußt, daß die ältesten Siedlungen in Südosteuropa - er nennt Knossos (Kreta), die Franchti-Höhle an der Ostküpste der Peloponnes) und Argissa (Thessalien) - also später als die Stätten in Anatolien einsetzten. Insofern wäre also interessant, womit man nun diesen erwiesenen Einfluß zur Neolithisierung - außer der zeitliche eben - ex oriente belegt haben will. Interessanterweise ist die Entwicklung auch in Haarmanns Darstellung gar nicht allzu unabhängig, wenn er etwas später bezüglich des "Aufschwung, den der Ackerbau in der Ebene von Thessalien erlebt" (S.48 f)feststellt, daß dieser wenigstens "teilweise auf den Einfluss von Zuwanderern aus Westasien deutet" (ebd.) Wohlgemerkt, der Autor wendet sich gegen solche Überlegungen wie die Annahme einer breiten Zuwanderung aus Anatolien. Insofern besteht hier dann doch kein diskussionsbedarf, und die Entwicklung scheint doch - wie du behauptest - quasi "lückenlos" rekonstruiert worden zu sein.
 

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  • Ackerbau in Südosteuropa (modifizierte Abb. aus Haamann, 2003 nach Whittle).jpg
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