Einen Joker gibt´s: Die La-Hoguette-Kultur. Sie taucht in Form von Scherben und einigen Flintgeräten in LBK-Siedlungen auf.
Das eigenartige ist dabei, dass sie selbst offenbar keine Siedlungen hinterließ, zumindest keine, die Befunde hinterlässt.
Die Verbreitung deckt sich mit dem im Artikel angesprochenen Rhein/Mosel Gebiet (unter anderem)
Die Funde stammen meines Wissens nach bislang nur aus LBK Inventaren, z.b. zusammen mit „normalen“ LBK-Material in Gruben.
Der Verdacht liegt nahe, dass die LBK-Leute also am Rhein „ansässige“ Menschen trafen, die bereits dort über Gefäßkeramik verfügten.
Da sich die La-Hoguette Flintindustrie leicht aus mesolithischen Traditionen ableiten lässt, liegt weiterhin der Verdacht nahe, dass es sich vielleicht nicht um „Neolithiker“, also eine sesshafte Kultur, sondern eher noch um eine Kultur mit starken mesolithischen Spuren oder Traditionen handelt.
Auch sind geschliffene Steinbeile wohl kein sicherer Hinweis auf „Neolithikum“. Funde und Befunde liegen hier auch in mesolithischem Zusammenhang vor. (Ofnet-Höhle, die mesolithischen Schädel wurden nach dem Stand der Forschung mit Steinbeilen eingeschlagen )
M.E. gibt es verschiedene Erklärungsansätze.
Entweder tatsächlich eine zusätzliche Einwanderung über Westeuropa, oder ein Aufeinandertreffen von LBK-Leuten und Spätmesolithikern, die zumindest z.T. über Werkzeug und Gerät verfügten, die man/frau üblicherweise dem N. zuordnet.
Ich denke im Moment an die zweite Möglichkeit.
Wissenstransfer ist nicht notwendigerweise mit „Menschentransfer“, Zuwanderung, verbunden.
Allerdings, wenn die im Artikel erwähnte Wildverbreitung des Mohns stimmt, könnte der Mohn tatsächlich über die La-Hoguette Kultur in den Bereich der LBK eingeschleppt worden sein.
Ja, La Hoguette/Impresso-Keramik könnte ein Indiz sein. Dazu kommt die Überlegung, dass Europa durch die Mittelmeerküsten mit Nordafrika verbunden ist und wir nicht genau wissen, ob der Übergang von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise vielleicht ansatzweise auch in Nordafrika stattgefunden hat.
Überhaupt beschäftigt mich die Frage, wie revolutionär dieser Wechsel wirklich abgelaufen ist.
Dass die Landwirtschaft sich von mehreren Zentren unabhängig voneinander und mit verschiedenen Leitpflanzen und Tieren entwickelt hat, ist ja unstrittig. Das bedeutet für mich, dass es unter bestimmten Umständen bei steigender Bevölkerungszahl eine gewisse Zwangsläufigkeit gibt, die vom Sammeln zum Anbau führt. Beim Sammeln erwirbt man Pflanzenkenntnisse, hat man diese, erkennt man bevorzugte Nutzpflanzen schon als Sämling und weiß, wo diese wann wachsen. Man macht Erfahrungen, wie man durch gärtnerische Unterstützung das Wachstum dieser Pflanzen fördern kann. In erster Linie durch Jäten, also dem Ausreißen von lästiger Konkurrenz für die Nutzpflanze (Unkraut). In humiden Gebieten wird dieses Jäten, die wichtigste gärtnerische Maßnahme gewesen sein, in trockenen Gebieten evtl. auch Wässern. Die Aussaat ergibt sich bei größeren lagerfähigen Samen fast von selbst, wenn man die Keimlinge kennt.
Was nun kein Hinweis auf konkrete Verwendung des Mohns sein soll. Da halte ich mich zurück. Die Verwendung ist vielfältig und außerdem wachsen Mohn und Getreide nun mal gerne zusammen....
Heute wachsen Klatschmohn und Getreide auf großen Feldern gern zusammen. Der Getreideanbau ist aber weiter im Süden aufgekommen, in einem klimatischen Zeitfenster, das großräumig Gräser förderte, so dass die dort lebenden Menschen sich an die Verwendung von Mehl gewöhnten. Die speziellen Mahlsteine findet man mW schon aus 10000 - 15000 Jahre alten Schichten.
...... es gibt ja auch schon Funde aus dem PPNA u. PPNB die zeigen, dass verschiedene heutige Kulturpflanzen gesammelt wurden. Vor allem die Ursorten der verschiedenen Getreide und Hülsenfrüchte gehören dazu
Außerdem hinkt an dem Bsp. das man Mohn zwar nutzen kann, aber er keinerlei Nahrungswert hat. Also warum etwas "anbauen" dass nicht als Nahrung dienlich ist.
Schau dir vielleicht (ohne die Quelle genau verifziert zu haben) folgendes an:
Artikel: Mohn - Eine alte Kulturpflanze erwacht aus ihrem Dornröschenschlaf
Das es eine Mohnnutzung im Neolithikum gegeben hat, wie sie auch immer ausgesehen hat, bleibt davon aber unbestritten.
In Mitteleuropa gab es nicht viele natürlich vorkommende Pflanzen, die sich für einen robusten Anbauversuch eignen, selbst die großsamigen Leguminosen Erbsen, Bohnen, Linsen stammen aus dem Süden. Bei der
Ackerbohne ? Wikipedia könnte es vielleicht ähnliche Formen gegeben haben.
Die Wildkohl/Rettich/Ackersenf-Familie könnte ich mir noch als einheimisch vorstellen aber ohne die spätere Zucht und Auslese, bot er nur grüne Blätter, die man ohnehin sammelte.
Ich frage mich, was haben die Mesolithiker schon vorher in Europa gesammelt und was eignete sich darüberhinaus als Wintervorrat.
Es gab Wildobst, Nüsse, Beeren, Pilze, die man darren konnte. Aber Obst eignet sich nicht für erste Anbauversuche, da merkt man sich, wo der Baum steht und geht zur Reifezeit hin. Knollen und Wurzeln wären geeignet, die heimischen Wildmöhren haben aber winzige Samen und sind für Aussaatversuche nicht robust genug.
Die Mohnkapseln dagegen kann man gut sammeln. Sollte auch somniferum einheimisch oder westeuropäisch gewesen sein, wurde er durch seine Kombiwirkung als Medizin und Ölsaat vielleicht schon seit Jahrtausenden gesammelt, die Kapseln sind lagerfähig und die Samen keimen bei Ausstreuen von selbst. Man erkennt den Sämling leicht und die Pflanze wächst robust wie Unkraut in der Nähe des Menschen.
Wenn man mit Mohn oder anderen Pflanzen schon Erfahrungen gemacht hat, nimmt man Erbsensamen o.ä. bereitwilliger als willkommene Bereicherung des Speiseplans an.
:winke: Ok, ich gebe zu, meine gärtnerische Ader geht da etwas mit mir durch.