Die Notenoffensive Wilsons

A

amicus

Gast
Hallo,

im Januar 1918 hatte US- Präsident Woodrow Wilson seine 14 Punkte den Kongress vorgestellt, was sein Programm für den zukünftig zu schließenden Frieden sein sollte. Sie lauten im Einzelnen kurz benannt (Quelle hier: Wikipedia):

1. Öffentliche Friedensverträge und Abschaffung der Geheimdiplomatie
2. Vollkommene Freiheit der Seeschifffahrt
3. Aufhebung sämtlicher Wirtschaftsschranken
4. Rüstungsabbau (soweit verantwortlich)
5. Schlichtung aller kolonialen Ansprüche
6. Souveränität Russlands, sowie seine Anerkennung als vollwertiger Staat
7. Belgien muss geräumt & wieder hergestellt werden
8. alles französische Gebiet soll geräumt & wieder hergestellt werden, Rückgabe von Elsaß-Lothringen
9. Italienische Grenzziehung nach dem Nationalitätenprinzip
10. Autonomie der Völker der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, keine Unterdrückung mehr
11. Wiederherstellung Rumäniens, Montenegros und Serbiens, das einen Zugang zum Meer erhalten solle (politische / wirtschaftliche Unabhängigkeit)
12. Autonomie der osmanischen Völker (jedoch ohne Unterdrückung der Minderheiten), Durchfahrt durch die Dardanellen und den Bosporus
13. Errichtung eines polnischen Staats, unabhängig von Deutschland oder Russland mit Zugang zum Meer
14. Gründung einer "allgemeinen Gesellschaft der Nationen" zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten (Grundlage für den Völkerbund)
Hier lassen sich die vierzehn Punkte einmal wörtlich ganz exakt nachlesen:

http://www.documentarchiv.de/in/1918/14-punkte-wilsons.html

In der Nacht vom 03. zum 04.Oktober 1918 ging auf massiven Druck der OH, auf Basis dieser 14 Punkte, eine Note der neu gebildeten deutschen Reichsregierung, die OHL hatte sich erfolgreich aus der Verantwortung gestohlen, an den amerikanischen Präsidenten mit der Bitte der Einleitung eines Waffenstillstands raus.

Am 09.Oktober 1918 ging die Antwortnote von Wilson bei der deutschen Regierung ein. In der Note fragte Wilson an, ob die 14 Punkte vorbehaltlos akzeptiert würden und verlangte als Vorleistung die Räumung der besetzten Gebiete im Westen. Des Weiteren fragt Wilson an, in wessen Namen der deutsche Regierungschef denn sprechen würde..

In dieser Note wird von Wilson bereits der Weg zur bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, in dem er schon so früh begann die Verhandlungsposition Deutschlands zu verschlechtern, in die Wege geleitet. Auch macht Wilson klar, dass er gewillt war, sich in die innenpolitischen Verhältnisse Deutschlands einzumischen.

Die deutsche Antwortnote vom 12.Oktobret 1918 bestätigte uneingeschränkt die 14 Punkte Wilsons. Des Weiteren wurde die Bereitschaft zur Räumung der der westlichen besetzten Gebiete zum Ausdruck gebracht und abschließend wurde mitgeteilt, das Wilson mit einer Regierung verhandelt, die von der Mehrheit des deutschen Reichstages getragen wird.

Die Antwort von Wilson macht deutlich, das die Alliierten die Schein-Verhandlungen in die Länge zu ziehen um die deutsche Verhandlungsposition nun systematisch und nachhaltig zu schwächen. Es wurde klargestellt, das es Sache der Alliierten sein, die Bedingungen der Räumung und des Waffenstillstandes festzusetzen. Hier wird insbesondere die Handschrift der Franzosen erkennbar. Deutschland wurde der unmenschlichen Kriegsführung, siehe U-Bootkrieg, beschuldigt. Ehe Deutschland nicht zu einer „zivilisierten“ Kriegsführung zurückkehren würde, sei an einen Waffenstillstand nicht zu denken.

Es wurde also die Einstellung des U-Bootkrieges verlangt. Die erfolgreiche Blockade Deutschlands durch Großbritannien, also das Aushungern von mehren Hunderttausenden von Menschen war ja nun auch nicht gerade zivilisiert und bleibt völkerrechtlich heiß umstritten.
In Deutschland war man über diese Note nur sehr mäßig amüsiert, denn es lief ja immer mehr doch in Richtung auf eine Unterwerfung und nicht auf gleichberechtigte Verhandlungen hinaus.
Die OHL fing schon an, darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoller sei ehrenvoll unterzugehen. Die Seekriegsleitung war strikt gegen eine Einstellung des U-Bootkrieges, aber die Regierung setzte sich durch und teilte dies auch in einer entsprechenden Note mit-

Die Antwort von Wilson beinhaltete, dass man nun bereit war, sich mit dem Gedanken über einen Waffenstillstand auseinander setzen könnte, machte aber deutlich, das die Waffenstillstandsbedingungen es Deutschland unmöglich machen sollen, den Krieg wieder aufzunehmen. Außerdem wurden Bedenken hinsichtlich der in Deutschland zwischenzeitlich durchgeführten Verfassungsreformen angemeldet. Es lief im Endeffekt darauf hinaus, dass der Kaiser abdanken sollte, denn so wurde unverhüllt gedroht, sonst werde für Deutschland als Alternative nur die Kapitulation bleiben.

Ludendorff und Hindenburg reisten nach Berlin, um jetzt den Abbruch der Verhandlungen zu erzwingen, was sie aber nicht erreichten. Ludendorff musste schließlich sein Hut nehmen und wurde durch Groener ersetzt.

Der Kaiser hat dann kurze Zeit später, ja auch nicht wirklich aus Überzeugung, abgedankt.

Als Quelle hier diente Kielmansegg, Weltkrieg, München 1968


Wie bewertet ihr diesen Notenwechsel der deutschen Regierung mit Wilson.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich denke, dass Deutschland nicht wirklich eine andere Wahl hatte, als der 14-Punkte-Botschaft von Wilson zuzustimmen...
für eine bedingungslose Kapitulation war man zu stolz, und ein Kampf bis zum letzten Mann war im Prinzip auch nicht möglich, wie später die, durch den Matrosenaufstand eingeleitete Revolution zeigen sollte...

Es lief im Endeffekt darauf hinaus, dass der Kaiser abdanken sollte, denn so wurde unverhüllt gedroht, sonst werde für Deutschland als Alternative nur die Kapitulation bleiben.
Bedeutend finde ich hierbei, dass Amerika nur mit einem Demokratischen Deutschland weiterverhandeln wollte, und somit Deutschland die Demokratie(weimarer Rep.) quasi aufgedrängt wurde...

:winke:
 
Hallo amicus,

vielen Dank für die "Basis".
Die Situation des Deutschen Reiches würde ich als alternativlos ansehen. Von daher ist es verständlich, nach dem Programm Wilsons zu greifen und den Notenwechsel zu eröffnen.

Vielleicht aber ein paar Fragen zur US-Seite, bei der ich mich vor 1918 hinsichtlich der Absichten und verfolgten Ziele nicht gut auskenne. Kaehler gibt in seiner Biographie von Grew auch anhand des Werdeganges dieses Botschafters einen Abriß der amerikanischen Einstellung zur Außenpolitik, und beschreibt diese gewissermaßen "von innen" mit den tragenden Prinzipien von 1890 bis 1940 wie folgt:
- Sendungsbewußtsein einer relativ jungen demokratischen Nation, die ihre Verhältnisse/Einstellungen für den richtigen Weg hält
- massives Interesse an der Aufrechterhaltung eines freien Welthandels, insbesondere der Handelsschifffahrt, und empfindliche Reaktionen auf Störungen desselben
- mangelnde außenpolitische Erfahrungen, insbesondere bezüglich des Verständnisses der Handlungen anderer Nationen, insbesondere der europäischen Staaten
-Empfindlichkeit gegenüber Forderungen der eigenen Öffentlichkeit.

Den Bogen schlägt er vom Krieg USa-Spanien bis hin zu den diplomatischen Verwicklungen im Pazifik ab 1936. Wenn man sich die 14 Punkte anschaut, entspricht das recht genau dieser Beschreibung, die wie gesagt mit einer ganz anderen Blickrichtung, nämlich der eingehenden Analyse der Außenpolitik gegenüber Japan erfolgt ist. Die Handlungsmuster entsprechen sich. Die 14 Punkte erscheinen als logische Ableitung aus diesen Prinzipien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Thomas,
hallo Benjamin,

ich stimmen euch zu, dass das Deutsche Reich keine wirkliche Alternativen hatte, als auf Wilson seine Forderungen einzugehen. Deutschland hatte bei „Michael“ alle seine Reserven aufgeboten und kein Erfolg gehabt.

Nur, wussten das auch die Alliierten, wie aussichtslos die militärische und innere Situation der Deutschen war?

Und, war es von Wilson nicht einigermaßen zynisch, unter dem Deckmantel Waffenstillstandsverhandlungen herbeizuführen zu wollen, die Verhandlungsposition des Deutschen Reiches Schritt für Schritt so zu schwächen, das unter dem Strich von Verhandlungen keine Rede mehr sein konnte, sondern von einer bedingungslosen Kapitulation gesprochen werden muss. Das hat Wilson in seiner dritten Note letztlich auch ganz unmissverständlich klar gemacht.

Die vierzehn Punkte spielten bei Deutschland keine Rolle mehr, sie kamen nur für die Alliierten in Betracht, wie beispielsweise die Freiheit der Meere, obwohl das Gesuch des Prinzen Max von Baden auf dieser Grundlage erfolgt war, hier ging es um die rücksichtslose Durchsetzung der Bedingungen Frankreichs und Englands.

Wilson waren im Grunde die Kaiserreiche Deutschlands, Österreichs und schließlich auch Russlands ein Greuel, um nicht zu sagen verabscheuungswert. Wilson war mit Beratern umgeben, Oberst House und der Staatssekretär Lansing, deren Sympathien den Alliierten galten. Lansing trat auch für die Kriegseintritt der USA auf Seite der Alliierten ein. Wilson war während des Krieges nie neutral. So hat er sich, durchaus zu Recht, sehr über die Versenkungen von Passagierdampfern empört, die auch Amerikanern das Leben gekostet hat und mit harten Konsequenzen für das Deutsche Reich gedroht. So weit, so gut. Wilson war aber in keiner Weise in dieser Frage kompromissbereit, denn die Deutschen haben in dieser sehr heiklen einige konstruktive und praktikable Vorschläge gemacht Wilson behaarte darauf, das US-Bürger zu jeder Zeit, auch im Kriegsgebiet, auf jeden Schiff und jeder Route fahren können. Das war schon ziemlich weltfremd!

Auf der anderen Seite war Wilson gar nicht oder nur in äußerst zurückhalten und nicht überzeugender Form bereit, auf die Briten wegen ihrer Seeblockade gegen Deutschland einzuwirken. Das lässt sich auch bei den Reisen des Oberst House in Europa konstatieren. Den Briten wurden bei der Ablehnung amerikanischer Vorschläge keine Konsequenzen in Aussicht gestellt, nur den Deutschen.
 
Und, war es von Wilson nicht einigermaßen zynisch, unter dem Deckmantel Waffenstillstandsverhandlungen herbeizuführen zu wollen, die Verhandlungsposition des Deutschen Reiches Schritt für Schritt so zu schwächen, das unter dem Strich von Verhandlungen keine Rede mehr sein konnte, sondern von einer bedingungslosen Kapitulation gesprochen werden muss. Das hat Wilson in seiner dritten Note letztlich auch ganz unmissverständlich klar gemacht.

Hallo amicus,

man befand sich in dem fürchterlichsten Krieg bis dahin, in seinen Dimensionen noch durch die Einwirkung der Öffentlichkeit begleitet (Greuelpropaganda etc.). Das Durchsetzen der eigenen Positionen mag zynisch wirken, aber entspricht wohl einem Vorgehen zur Durchsetzung der eigenen Interesse bei der Beendigung des Krieges. Das ist kein Schachspiel, bei dem man sich zum Schluss die Hand geben mag.

Wenn man die "Verzögerungstaktik" kritisiert, stellt sich die Frage, was schlimmer ist: dieses (um Tage) oder das Hinausschieben des Friedensschlusses durch die OHL die Jahre zuvor mit entsprechenden Opfern. :grübel:

(Btw, man soll ja nicht spekulieren, aber mit kommt ein dummer Gedanke auf: wäre Scheer nicht entwischt und hätte er die Skaggerakschlacht grandios vernichtend verloren, wäre der Krieg vielleicht 1916 beendet gewesen und der Geschichtsverlauf ein möglicherweise völlig anderer.)
 
Zuletzt bearbeitet:
(Btw, man soll ja nicht spekulieren, aber mit kommt ein dummer Gedanke auf: wäre Scheer nicht entwischt und hätte er die Skaggerakschlacht grandios vernichtend verloren, wäre der Krieg vielleicht 1916 beendet gewesen und der Geschichtsverlauf ein möglicherweise völlig anderer.)

Grüße
Thomas

nun jaa...zumindest hätte es keinen uneingeschränkten Ubootkrieg im anschluss gegeben...aber was lässt dich vermuten, dass mit einer herben Niederlage der deutschen flotte auch der gesamte krieg beendet gewesen wäre???
 
nun jaa...zumindest hätte es keinen uneingeschränkten Ubootkrieg im anschluss gegeben...aber was lässt dich vermuten, dass mit einer herben Niederlage der deutschen flotte auch der gesamte krieg beendet gewesen wäre???

War an sich ein einfacher Gedanke ... die britische Schlachtflotte vor der deutschen Küste, Beschießungen etc, Öffnung der Ostseezugänge etc. Für die OHL wäre danach ein Sieg vermutlich nicht mehr denkbar.

Umgekehrt hat man Jellicoe nachgesagt, er wäre der einzige Mensch gewesen, der den Krieg an einem einzigen Tag hätte verlieren können - in der Battle of Jutland.

Aber das ist jetzt offtopic und gehört nicht in diesen Forum.
 
Hallo amicus,


Wenn man die "Verzögerungstaktik" kritisiert, stellt sich die Frage, was schlimmer ist: dieses (um Tage) oder das Hinausschieben des Friedensschlusses durch die OHL die Jahre zuvor mit entsprechenden Opfern. :grübel:

Bezüglich der 3.OHL unter Hindenburg und Ludendorff bin ich durchaus deiner Meinung.

Es gilt aber immerhin den Aspekt zu berücksichtigen, das Deutschland schon im Verlaufe des Krieges sich bemüht hat, einen Frieden zustande zu bekommen. Bereits Ende 1914 hat Falkenhayn Bethmann Hollweg klar gemacht, das dieser Krieg nicht zu gewinnen ist, was Bethmann so nicht akzeptieren wollte. Falkenhayn forderte unbedingt einen Frieden mit Russland.Bethmann gab diesen Ansinnen nur halbherzig und zögerlich nach, so das daraus nicht werden konnte. Aber, von diesem Zeitpunkt war das Verhältnis zwischen Bethmann und Falkenhayn gestört. Bethmann fühlte sich von Falkenhayn veralbert, der ihm noch im Verlauf der Julikrise in seiner Eigenschaft als Kriegsminister versicherte, das dieser Krieg in kurzer Zeit zu gewinnen ist. Bethmann untergrub nun bei jeder Gelegenheit die Glaubwürdigkeit Falkenhayns beim Kaiser und trug zuerst aktuv dazu bei, das Falkenhay seinen Job als Kriegsminister verlor und später auch als Generalsstabschef und sorgte auch für die Berufung von Hindenburg und Ludendorff. Er hat ja gar nicht geahnt, welche Geister er da gerufen hat.
Zwei Jahre später war auch Bethmann endlich so weit und versuchte auf diplomatischen Wege Friedensverhandlungen den Weg zu ebnen. Vergleichbares ist mir von den Alliierten nicht bekannt.

Die Friedensbemühungen Deutschlands sind letzlich daran gescheitert, das weder in Frankreich noch in Großbritannien ein tatsächliches Interesse daran bestand. Die Zielsetzung lautete, die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.
 
Die Friedensbemühungen Deutschlands sind letzlich daran gescheitert, das weder in Frankreich noch in Großbritannien ein tatsächliches Interesse daran bestand. Die Zielsetzung lautete, die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.

Hallo amicus,
Was sollten sie denn bis 1917 anbieten?, aus der schwächeren Position,
die deutschen Armeen standen in Frankreich und Belgien, auf dem Balkan siegte das Bündnis und Rußland 1917?

Berücksichtige bitte auch die Opfer in diesen beiden Ländern (aus der schwächeren Position heraus eine Verhandlung anbieten?). Z.B.: In GB war die männliche Bevölkerung mancher Regionen komplett ausgelöscht, da die Briten ihre Regimenter regional zusammen setzten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo amicus,



(Btw, man soll ja nicht spekulieren, aber mit kommt ein dummer Gedanke auf: wäre Scheer nicht entwischt und hätte er die Skaggerakschlacht grandios vernichtend verloren, wäre der Krieg vielleicht 1916 beendet gewesen und der Geschichtsverlauf ein möglicherweise völlig anderer.)

Grüße
Thomas

Hallo Thomas,

nach Skaggerak war ja ohnehin Feierabend mit der Herrlichkeit der deutschen Flotte. Sie dümpelte ja überwiegend nur noch in den Häfen rum, raubte wertvolle Werftkapazitäten bei der Reparatur, in sofern glaube ich nicht, das eine Niederlage hier etwas geändert hätte.

Die U-Boote waren das Mittel, an das man ganz fest glaubte. Und der uneingeschränkte U-Bootkrieg war ja auch vollkommen unnötig, da man ja auch gemäß der Prisenordnung gewaltige Erfolge erzielte, wie Joachim Schröder in seinem Buch eindrucksvoll nachgewiesen hat.

Grüße
Thomas
 
Hallo amicus,
Was sollten sie denn bis 1917 anbieten?, aus der schwächeren Position,
die deutschen Armeen standen in Frankreich und Belgien, auf dem Balkan siegte das Bündnis und Rußland 1917?
Grüße
Thomas

Hallo Thomas,
1917 wäre beispielsweise die Widerherstellung der Unabhängikleit Belgiens für Großbitanniens ein ganz wichtiges Angebot gewesen. Darauf legte die britsche Führung natürlich ganz entschieden Wert.
Staatssekretär Zimmermann wollte bei seinen Sondierungen mit England allerdings vorher die Zusicherung haben, das Großbritannien mit Frankreich gegen das Deutsche Reich keinen Wirtschaftskrieg führen würde.

Frankreich hätte man die Rückgabe Elsaß-Lothringen anbieten können, denn das war ja das erklärte Kriegsziel Frankreichs gewesen. Es gab ja auch über die Schweiz Sondierungen Briands in dieser Frage.

Russland wäre 1917 sicher glücklich gewesen, wenn sie keine großen territorialen Verluste erlitten hätten, denn die deutschen Truppen standen doch sehr weit auf russsichen Gebiet.

Grüße
Thomas
 
Ursprünglich wollten sich die USA grundsätzlich aus europäischen Konflikten heraushalten. Das hatte schon Präsident James Monroe am 2. Dezember 1823 in seiner Doktrie verkündet, die im wesentlichen aus zwei Punkten bestand: Die USA haben kein Interesse, sich in europäische Konflikte einzumischen. Sollte umgekehrt aber eine europäische Macht in der amerikanischen Hemisphäre intervenieren, so "betrachten wir dies als gefährlich für unseren Frieden und unsere Sicherheit" (also jede europäische Einmischung in der "Neuen Welt" wäre für die Amerikaner ein Kriegsgrund).

Und nicht anders verhielten sich die USA zunächst gegenüber dem Krieg in Europa: Sie wollten sich nicht darin verwickeln lassen, getreu der Ideologie der Abgrenzung von Europa. US-Präsident Woodrow Wilson wurde noch im November 1916 mit dem Wahlslogan "He kept us out of the war" wiedergewählt.
Die US-Wirtschaft machte ihre Geschäfte, und zwar mit allen Parteien, auch mit dem Deutschen Reich - und war arg brüskiert über die völkerrechtswidrige Seeblockade durch die britische Marine, die den Handel mit dem Reich zum erliegen brachte. Gleichzeitig expandierte aber der Handel mit der Entente; die US-Wirtschaft boomte je länger der Krieg sich hinzog.

England und Frankreich erhielten Waren und Kriegsgerät im grossem Umfang und bezahlten diese Lieferungen nicht in Bar, also Cash, sondern der Handel erfolgte per Kredit. Die USA verzichteten also auf eine sofortige Bezahlung der gelieferten Waren und gaben England und Frankreich Kredit (4 Mrd Dollar Frankreich, 5 Mrd Dollar England).
Als jedoch alles danach aussah, dass England und Frankreich den militärischen Konflikt verlieren könnte, mussten die Amerikaner militärisch eingreifen, wollten sie nicht auf die Rückzahlung ihrer Kredite verzichten. England und Frankreich durften also den Krieg auf keinem Fall verlieren.

Ausserdem wollte Frankreich - bzw. hier explizit der französische Regierungschef Clemenceau - Deutschland zerschlagen. Das lag aber nicht im Interesse der USA. Vielmehr strebte US-Präsident Woodrow Wilson ein politisches und militärisches Gleichgewicht auf dem europäischen Kontinent an, und das war mit einem zerschlagenen und auf Dauer unterdrücktem deutschen Reich unmöglich. Eine Zerschlagung des deutschen Reiches stand Wilsons Prämisse vom Selbstbestimmungsrecht der Völker diametral entgegen.
Wilson verfolgte seine Idee von einem Frieden ohne Sieger und Verlierer bis fast zum Ende des Krieges - die aber angesichts der starken wirtschaftlichen Interessen der USA auf der einen, und den Kriegszielinteressen der Europäer auf der anderen Seite, nie eine ernsthafte Chance hatte.



Saludos!
 
England und Frankreich erhielten Waren und Kriegsgerät im grossem Umfang und bezahlten diese Lieferungen nicht in Bar, also Cash, sondern der Handel erfolgte per Kredit. Die USA verzichteten also auf eine sofortige Bezahlung der gelieferten Waren und gaben England und Frankreich Kredit (4 Mrd Dollar Frankreich, 5 Mrd Dollar England).
Als jedoch alles danach aussah, dass England und Frankreich den militärischen Konflikt verlieren könnte, mussten die Amerikaner militärisch eingreifen, wollten sie nicht auf die Rückzahlung ihrer Kredite verzichten. England und Frankreich durften also den Krieg auf keinem Fall verlieren.

Welche Bedeutung hatten eigentlich die Kriegsschulden von GB/F gegenüber den USA, die oft (mit) als Argument für den Kriegseintritt der USA gebracht werden?
GB/F hatten Kolonien, wieso sollte aus Sicht der USA 1917 eine Zahlung der Kriegschulden auch bei einer Niederlage nicht möglich sein?
Zum späteren Verbleib habe ich gelesen, dass GB/F diese Schulden bis 1932 noch nicht vollständig bezahlt hatten, und nach dem amerikanischen Moratorium (Hoover) für das Deutsche Reich 1932 wurde die weitere Zalhung ohnehin verweigert. Die Schulden sollen bis heute nicht bezahlt worden sein.
 
Hallo amicus,
Was sollten sie denn bis 1917 anbieten?, aus der schwächeren Position,
die deutschen Armeen standen in Frankreich und Belgien, auf dem Balkan siegte das Bündnis und Rußland 1917?

Berücksichtige bitte auch die Opfer in diesen beiden Ländern (aus der schwächeren Position heraus eine Verhandlung anbieten?). Z.B.: In GB war die männliche Bevölkerung mancher Regionen komplett ausgelöscht, da die Briten ihre Regimenter regional zusammen setzten.

Grüße
Thomas

Das war wohl überhaupt das Problem, dass die Seite die gerade im Nachteil war, Verhandlungen explizit ablehnte. Es gab ja Friedensinitiativen zuhauf, aber entweder die Alliierten oder die Mittelmächte liesen immer aufs neue alles scheitern. Der Kriegsverlauf war ja keineswegs geradlinig, es gab für beide Seiten ständig sich abwechselnde Hochs und Tiefs.

Den sofortigen Abschluß des Waffenstillstands hat dann ja schließlich der Matrosenaufstand erzwungen. Er war aber die Reaktion auf den Auslaufbefehl zur "Todesfahrt". Das für mich misteriöse daran ist, dass 1. die Reichsleitung Reichskanzler v. Baden darüber nicht informiert war, und dass 2. Noske, der als Regierungskommissar nach Kiel kam, schreibt, dass wohl jede Menge Gerüchte über diese vorgesehene "Todesfahrt" im Umlauf waren, alle in Kiel noch vorhandenen Marineoffiziere Pläne für eine solche aber vehement bestritten. Sichere Kunde darüber hätte er erst anläßlich des "Münchner Dolchstoß-Prozess" bekommen. Unisono Max von Baden.
Hat jemand über diesen "Münchner Dolchstoß-Prozess" weitere Informationen?
 
Und nicht anders verhielten sich die USA zunächst gegenüber dem Krieg in Europa: Sie wollten sich nicht darin verwickeln lassen, getreu der Ideologie der Abgrenzung von Europa. US-Präsident Woodrow Wilson wurde noch im November 1916 mit dem Wahlslogan "He kept us out of the war" wiedergewählt.

In US Wahlkämpfen wird bekanntermaßen ja sehr viel erzählt.:)
Wilson hat wohl eher der Stimmung seiner Landsleute Rechung getragen. Im selben Wahlkampf hat er pauschal gegen die Bindestrichamerikaner (Deutsch-Amerikaner) Stimmung gemacht.

Die US-Wirtschaft machte ihre Geschäfte, und zwar mit allen Parteien, auch mit dem Deutschen Reich - und war arg brüskiert über die völkerrechtswidrige Seeblockade durch die britische Marine, die den Handel mit dem Reich zum erliegen brachte. Gleichzeitig expandierte aber der Handel mit der Entente; die US-Wirtschaft boomte je länger der Krieg sich hinzog.
Richtig die US-Wirtschaft macht ihre Geschäfte mit allen Parteien; die mit dem Deutschen Reich haben aber im Vergleich zu der Entente einen nur geringen Umfang gehabz. Entweder glückte es deutchen Transport U-Boote die Blockade zu druchbrechen, die Schiffe der Handelmarine waren ja zum allergrößten Teil beschlagnahmt worden.


England und Frankreich erhielten Waren und Kriegsgerät im grossem Umfang und bezahlten diese Lieferungen nicht in Bar, also Cash, sondern der Handel erfolgte per Kredit. Die USA verzichteten also auf eine sofortige Bezahlung der gelieferten Waren und gaben England und Frankreich Kredit (4 Mrd Dollar Frankreich, 5 Mrd Dollar England).
Als jedoch alles danach aussah, dass England und Frankreich den militärischen Konflikt verlieren könnte, mussten die Amerikaner militärisch eingreifen, wollten sie nicht auf die Rückzahlung ihrer Kredite verzichten. England und Frankreich durften also den Krieg auf keinem Fall verlieren

Die USA sollen aus wirtschaftpolitischen Überlegungen in den Krieg eingetreten sein? Ich denke doch, das hier Wilson etwas überzogene Vorstellungen von der Kriegsführung , hier der so genannte uneingeschränkte U-Bootkrieg, die entscheidene Rolle gespielt haben dürfte. Die amerikanische Kriegserklärung erfolgte dann auch am 06.April 1917.

Ausserdem wollte Frankreich - bzw. hier explizit der französische Regierungschef Clemenceau - Deutschland zerschlagen. [/QUOTE
Clemenceau hat ohnehin mit Deutschland so seine Probleme gehabt. Nur reichten die militärischen Möglichkeiten für sein Vorhaben nicht aus.




Das lag aber nicht im Interesse der USA. Vielmehr strebte US-Präsident Woodrow Wilson ein politisches und militärisches Gleichgewicht auf dem europäischen Kontinent an, und das war mit einem zerschlagenen und auf Dauer unterdrücktem deutschen Reich unmöglich. Eine Zerschlagung des deutschen Reiches stand Wilsons Prämisse vom Selbstbestimmungsrecht der Völker diametral entgegen.
Wilson verfolgte seine Idee von einem Frieden ohne Sieger und Verlierer bis fast zum Ende des Krieges - die aber angesichts der starken wirtschaftlichen Interessen der USA auf der einen, und den Kriegszielinteressen der Europäer auf der anderen Seite, nie eine ernsthafte Chance hatte.

Wilson war ja nicht einmal in der Lage sein Friedensprogramm der 14 Punkte durchzusetzen, obwohl er die Mittel, die Schulden der Engländer und Franzosen und die wirtschaftliche Abhängigkeit nach dem Kriege, gehabt hätte.Da seine Vorstellungen von einem gerechten Frieden nicht realisiert worden sind, blieben die USA letzten Endes auch dem Völkerbund fern, der dadurch nur noch ein Papiertiger war.

Grüße
Amicus
 
Meine Ausgangsfrage lautete ja, wie ihr Wilson Umgang mit dem deutschen Gesuch um Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen bewertet.

Wenn ich die Beiträge hier richtig interpretiere, hat niemand etwas gegen Wilsons mehr al fragwürdiges um nicht zu sagen unaufrichtiges Vorgehen etwas einzuwenden. Wilson hat nur zum Schein Verhandlungen geführt, systematisch die Verhandlungsposition des Deutschen Reiches geschwächt und so mit der bedingungslosen Kapitulation den Weg geebnet. Anschließend wurden seine 14 Punkte in Versailles auf dem Müllhaufen der Weltgeschichte befördertet.
 
Clemenceau hat Wilson noch vor Versailles mittleilen lassen, das er sich an die 14 Punkte nicht mehr gebunden fühlt.

Auch die Amerikaner waren enttäuscht, das Wilson in Versailles so wenig durchgesetzt hat.

Sorry und ja du hast Recht, die Punkte die die Forderungen an die Deutschen stellten sind verwirklich worden.

Aber was ist mit diesen Punkten:

Punkt 2: Freiheit der Meere galt für Deutschland nach Versailles nicht mehr.

Punkt 3:Beseitigung der wirtschaftlichen Schranken wurden einseitig zu Lasten Deutschlands geregelt.

Punkt 4:Abrüstung und eine kleine Armee galt auch nur für Deutschland.

Punkt 5: Eine freie und unparteiische Schlichtung aller kolonialen Ansprüche sah so aus, das die deutschen Kolonien einkassiert worden sind.


 
Clemenceau hat Wilson noch vor Versailles mittleilen lassen, das er sich an die 14 Punkte nicht mehr gebunden fühlt.

Auch die Amerikaner waren enttäuscht, das Wilson in Versailles so wenig durchgesetzt hat.

Sorry und ja du hast Recht, die Punkte die die Forderungen an die Deutschen stellten sind verwirklich worden.

Aber was ist mit diesen Punkten:

Punkt 2: Freiheit der Meere galt für Deutschland nach Versailles nicht mehr.

Punkt 3:Beseitigung der wirtschaftlichen Schranken wurden einseitig zu Lasten Deutschlands geregelt.

Punkt 4:Abrüstung und eine kleine Armee galt auch nur für Deutschland.


Die Abrüstung hätte für alle Gültigkeit gehabt.
Wenn man die ursprünglichen Pläne der Franzosen sieht, haben die Briten und die Amis aber sehr viel verhindert. Politisch halte ich den VV für gar nicht so schlimm, angesichts der Niederlage. Schrecklich waren die Reparationen mit den wirtschaftlichen Folgen. Die aber in Versailles noch gar nicht festgelegt wurden.

Wilson wurde kurz nach Versailles sehr krank, und hatte mit der weiteren Politik eigentlich nichts mehr zu tun. (Die USA hatten damals ihren ersten weiblichen Präsidenten:confused: )
 
Die Abrüstung hätte für alle Gültigkeit gehabt


Wir wir ja wissen, haben Franzosen und Briten sorfältig auf die deutsche Rüstung geachtet, aber eben nicht immer erfolgreich. Sie haben aber eben nicht überzeugend abgerüstet und waren auch noch zehn Jahre nach Kriegsende weit davon entfernt den Deutschen Parität in der Abrüstung/Rüstung zu zugestehen.

Wenn man die ursprünglichen Pläne der Franzosen sieht, haben die Briten und die Amis aber sehr viel verhindert.


Das stimmt. Clemenceau hatte jedes vernünftige Maß verloren.

Politisch halte ich den VV für gar nicht so schlimm, angesichts der Niederlage. Schrecklich waren die Reparationen mit den wirtschaftlichen Folgen. Die aber in Versailles noch gar nicht festgelegt wurden.


Hier stimme ich dir ganz eindeutig zu, vor allem wenn man an Brest Litowsk denkt.

Mir ging und geht es bei diesem Thread primär um das unaufrichtige Vorgehen von Wilson während der so genannten Einleitung zu Waffenstillstandsverhandlungen. Wie es aussieht, hat niemand außer mir mit Probleme Wilson seine zynischer Art und Weise.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben