Die Schlacht bei Sievershausen und der Einfluss auf die Geschichte Mitteldeutschlands

Brissotin

Aktives Mitglied
Ich bin beim Durchforsten alter Threads mal wieder auf etwas gestoßen.
Joinville:
Denn so plötzlichen Tod Kurfürst Moritz in der Schlacht von Sievershausen, 1553, sehe ich als einen entscheidenen Faktor im weiteren Verlauf der Geschichte Kursachsens. Nach ihm folgten zwar gute Verwalter und Landesväter nach, die jedoch wenig Talent in den machtpolitischen Fragen ihrer Zeit hatten.
Ich muss zugeben, dass ich mich mit besagter Schlacht noch nicht näher beschäftigt habe, als dass es wohl eine entscheidende Schlacht in einem Konflikt (Zweiter Markgrafenkrieg) des Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach (1522-1557) gegen ein Heer Deutscher Fürsten unter dem militärisch erfahrenen Moritz Kurf. von Sachsen (1521-1553).
Einiges findet man sogar in Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Sievershausen
Interessant für mich sind die Handlungsspielräume eines Moritz von Sachsen. Ich erinnere mich an ein älteres Werk, dessen Titel ich leider vergessen habe, das ihn als sehr ambitioniert schilderte und nach dem Motto "Was hätte aus Sachsen werden können, mit einem solchen Kurfürst." argumentierte, dass sein Tod der ausgreifenden Reichs- und sogar darüber hinaus gehenden Außenpolitik Sachsens viel gekostet hatte. Dabei fällt mir auf, dass seinem Handeln durchaus Grenzen gesetzt waren, ich denke an die ca. 2 Mio. Gulden Schulden, welche die Politik von Moritz angehäuft hatte. Der bedächtige Verwalter August, Moritz Nachfolger, war sicher notwendig, um die aufgestoßenen Möglichkeiten Sachsens zu nutzen. Ich fände interessant, falls jemand weitere interessante Fakten dazu hätte.:)
 
Interessant für mich sind die Handlungsspielräume eines Moritz von Sachsen. Ich erinnere mich an ein älteres Werk, dessen Titel ich leider vergessen habe, das ihn als sehr ambitioniert schilderte und nach dem Motto "Was hätte aus Sachsen werden können, mit einem solchen Kurfürst." argumentierte, dass sein Tod der ausgreifenden Reichs- und sogar darüber hinaus gehenden Außenpolitik Sachsens viel gekostet hatte. Dabei fällt mir auf, dass seinem Handeln durchaus Grenzen gesetzt waren, ich denke an die ca. 2 Mio. Gulden Schulden, welche die Politik von Moritz angehäuft hatte. ........


Zu den vorgefundenen Handlungsspielräumen , ein bischen aus der Mottenkiste :)


Die Leipziger Teilung 1485 hat nun aus einer Großmacht, die sich vom Erzgebirge bis zum mittleren Elbraum erstreckte und- neben den habsburg. Ländern- Deutschlands mächtigste war, zu zwei Fürstentümern mittlere Ranges entwickelt, die beide nicht über ein kompaktes Staatsgebiet verfügten.
Die Räte, die den Teilungsplan entworfen haben zielten zwar auf künftige prinzipielle Unteilbarkeit des wett. Besitzes und verteilten die Landesteile so, dass einvernehmliches Handeln der beiden Linien erzwungen wurde, doch erwies sich gerade dieser Umstand als verschärfender Faktor bei den kommenden Konflikten der Reformation.
Mit diesen Fakten sah sich der 20-jährige Herzog Moritz 1541 beim Amtsantritt des albert. Sachsen konfrontiert und hatte durch seine Erziehung tiefen Einblick in das Für-und Wider
der theologisch-konfessionellen Fragen und deren politischen Konsequenzen.
....................Sein riskantes polit. Verhalten war dem jungen Herzog durchaus bewusst, aber als weitblickender „Renaissance-Mensch“ hatte er übergeordnete Ziele für sein zerstückeltes albert. Fürstentum im Visier. Seine Landesteile grenzten überwiegend an kaiserlich-habsburg. Gebiete; - Böhmen und die Lausitz – in Personalunion verbunden mit Österreich, Spanien,Oberitalien und den Niederlanden, außerdem unterstütz von der Allianz der deutschen kath. Fürsten
Demgegenüber war die ev. Seite , geschwächt durch Rivalitäten und den Mangel an milit. Führung, ersichtlich im Nachteil. Moritz hielt sich folgerichtig an eine Partei, die den Ausgleich suchte, welche es auf beiden Seiten gab.


http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=5076

http://de.wikipedia.org/wiki/Leipziger_Teilung
 
Ich lese mich erstmal durch Deinen verlinkten Artikel hier im Forum.:) Dennoch danke dazu, auch wenn mir der überwiegende Teil Deiner Erläuterungen bekannt war, könnten diese dazu dienen, eine These hinsichtlich der herausragenden Stellung von Kurf. Moritz in der albertinisch-sächsischen Geschichte zu unterstreichen.
 
Worum es mir ja primär ging, war Joinvilles Aussage, dass die Nachfolger von Moritz, scheinbar keine machtpolitischen Entscheidungen treffen konnten, welche Sachsen diesbezüglich voran gebracht hätte und dass eben dies die Qualität der Schlacht ausmachte.
Derzeit bin ich aber zu anderen Ergebnissen gekommen, so dass unter August sehr wohl außenpolitische Optionen offen gelassen wurden und dieser durchaus noch eine effektive Politik betrieb, welche die Vormacht vor allem gegenüber den Ernestinern ausbaute. Als lähmend für die außenpolitischen Konfliktlösungen erwies sich vielmehr die Regierung der beiden Christians und hierbei noch mehr die Christian II.. Hatte der Erstere noch in Nikolaus Krell einen fähigen und ambitionierten Kanzler und Berater bei der Hand gehabt, dessen calvinistische politische Ausrichtung eher noch den Großen Krieg hätte eindämmen können, wenn nicht gar verhindern, sorgte die orthodox-lutherische Einstellung der Kurfürsten Christian II. (der ohnehin hauptsächlich von seiner Mutter bestimmt wurde) und Johann Georg I. zu einer Torpedierung außenpolitischer Handlungsfähigkeit, indem sich Kursachsen unlösbar an das Kaiserhaus band und somit eine isolierte Position innerhalb der protestantischen Reichsstände einnahm.:fs:
 
Derzeit bin ich aber zu anderen Ergebnissen gekommen, so dass unter August sehr wohl außenpolitische Optionen offen gelassen wurden und dieser durchaus noch eine effektive Politik betrieb, welche die Vormacht vor allem gegenüber den Ernestinern ausbaute.
Kann ich nicht zustimmen:O , Brisso.
Denn mMn sicherte der Naumburger Vertrag (1554) den Albertinern gegenüber den Ernestinern keineswegs eine Vormachstellung. In diesem Vertrag verzichtete August auf Territorien in Thüringen zugunsten der Ernestiner, die lediglich auf die Kurwürde verzichteten.
Ich mag bezweifeln das ein ambitionierter Mann wie Moritz einen solchen Vertrag unterzeichnet hätte (bei Sievershausen hatte er letztlich gesiegt).
Auch was August's Annäherung an Habsburg angeht habe ich da meine Bedenken.
Brissotin schrieb:
Als lähmend für die außenpolitischen Konfliktlösungen erwies sich vielmehr die Regierung der beiden Christians und hierbei noch mehr die Christian II.. Hatte der Erstere noch in Nikolaus Krell einen fähigen und ambitionierten Kanzler und Berater bei der Hand gehabt, dessen calvinistische politische Ausrichtung eher noch den Großen Krieg hätte eindämmen können, wenn nicht gar verhindern, sorgte die orthodox-lutherische Einstellung der Kurfürsten Christian II. (der ohnehin hauptsächlich von seiner Mutter bestimmt wurde) und Johann Georg I. zu einer Torpedierung außenpolitischer Handlungsfähigkeit, indem sich Kursachsen unlösbar an das Kaiserhaus band und somit eine isolierte Position innerhalb der protestantischen Reichsstände einnahm.:fs:
Dem stimme ich zu.:hoch:
 
1. Kann ich nicht zustimmen:O , Brisso.
2. Denn mMn sicherte der Naumburger Vertrag (1554) den Albertinern gegenüber den Ernestinern keineswegs eine Vormachstellung. In diesem Vertrag verzichtete August auf Territorien in Thüringen zugunsten der Ernestiner, die lediglich auf die Kurwürde verzichteten.
3. Ich mag bezweifeln das ein ambitionierter Mann wie Moritz einen solchen Vertrag unterzeichnet hätte (bei Sievershausen hatte er letztlich gesiegt).
4. Auch was August's Annäherung an Habsburg angeht habe ich da meine Bedenken.
1. Die Grundlage für jede interessante Diskussion. :O
2.+4. Nein, da hast Du Recht. Entscheidender waren die Bündnispolitik, welche zu dem Zeitpunkt sinnvoll war, aber sinnlos und gar dem machtpolitischen Veränderungen nicht Rechnung trug, als die Nachfolger daran festhielten. Moritz selbst war anfangs ja auch auf der habsburgischen Seite und wechselte eigentlich nicht das Lager sondern errichtete ein eigenes, indem er sich gegen Karl V. wendete und diese Politik der Stärkung Ferdinands gegenüber Karl setzte August fort, wodurch, zumindest zu dem Zeitpunkt, eine Entfremdung der span. zu den deutschen Habsburgern möglich war.
3. Moritz hatte ja aus einem Staatsschatz schöpfen können, welchen er aber durchbrachte, wenn man es ganz hart ausdrücken will. August war sogesehen zu einer Politik der Konsolidierung gezwungen. Diese führte ja zu einem halben Jahrhundert relativen Friedens, während dem unter August und Christian I. zwischen den protestantischen Lagern laviert wurde.
Die große Abhängigkeit zu den Habsburgern kann ich zu dem Zeitpunkt noch nicht erkennen. Vielmehr war eben in den ersten Jahren von Augusts Regierung Sachsen finanziell erschöpft und brauchte nicht noch eine Vertiefung der Kluft zwischen den protestantischen Staaten, sondern vielmehr einen Konzenz. Dass die Verfolgung der Philippinen ab 1574 dann doch in eine andere Richtung führte steht auf einem anderen Blatt.
Ich würde den Vertrag von Naumburg als einen Schritt zur Normalisierung der Verhältnisse zwischen den Wettinern ansehen. So breit war die personelle Quantität des albertinischen Herrscherhauses nicht gediehen, dass man darauf verzichten konnte. Beispielhaft dafür und ein gutes Argument ist dann ja die Vormundschaft letztlich eines Ernestiners für den jungen Christian II., welche ja half, dass nicht sofort und ohne Halt in habsburgische Abhängigkeit abgedriftet wurde.
 
@ all
Hat jemand genaue Angaben, wie sich die Erträge aus den Bergwerken nach 1470 entwickelten? Meines Wissens sanken diese dannach wieder, vor allem musste schon im 16.Jh. ein erheblicher Aufwand zur Gewinnung des Silbers betrieben werden. Wichtig wäre, ob dies und wann dies genau erheblichen Einfluss auf den Krösus innerhalb des Heiligen Römischen Reiches gewann. Ich denke nämlich, dass diese Entwicklung durchaus von ganz elementarer Bedeutung für die Handlungsfähigkeit der Sachsenherzöge/-kurfürsten war, verfügten sie doch anders als das Haus Österreich über keinen großen Flächenstaat (seit 1485 mehr).
 
@ all
Hat jemand genaue Angaben, wie sich die Erträge aus den Bergwerken nach 1470 entwickelten? Meines Wissens sanken diese dannach wieder, vor allem musste schon im 16.Jh.


Seit der 2.Hälfte des 14.Jahrh. geriet der Silberbergbau in eine andauernde Kriese, die aus Kapitalmangel resultierte.
Außerordentlich gestiegen waren aber die Geldbedürfnisse der Landesherren durch kostspielige Hofhaltung, milit.Niederlagen z.B.i.d. Hussitenkriegen. Weiterhin die Notwendigkeit in wachsendem Umfang statt des alten Lehensaufgebotes, Söldnertruppen einzusetzen, insbesondere Herzog Albrechts Feldzüge i.d. Niederlanden zugunsten d.Habsburger, weiter durch den Aufbau eines besoldeten Behördenapparates haben die Wettiner in eine tiefe Verschuldung gestürzt.
Die urkundl.Überlieferung zeigt um d. Mitte d. 16.Jahrh. eine geradezu hektische Betriebsamkeit bei d. Behandlung der Bergwerksangelegenheiten.Insbesondere war man besrtebt, neue Erzlager außerhalb Freibergs aufzuspüren, sowie private Investoren zu begeistern.
Besonders Leipzig, Zwickau und Chemnitz waren die Städte, in denen sich anlagebereites Kapital angesammelt hat, bedingt durch den Niedergang d. Hanse und die dadurch verlagerten Handelswege z.B: über Nürnberg nach Breslau, Prag.
Die wirtschaftl. Interessen der Landesherren trafen sich also mit denen des kapitalkräftigen Bürgertums und der Erfolg bei den Bergwerksgründungen blieb nicht aus.
Folgende Zahlen belegen den Erfolg vorallem für die Landesherren;
In den ersten 13 Jahren v. 1471 bis 1483 erhielten die Landesherren allein aufgrund feudaler Rechtstitel , d.h. ohne eigenen Kapitaleinsatz , 24 % des gesamten Schneeberger Silbers übereignet.
Von 1488 -97 ca.18% des gesamten erzgeb. Silberabbaus.
Im Rechnungsjahr 1536/38 lag d. landerherrl. Anteil wieder bei 24 % !
Bei den Albertinern machten die Einnahmen aus d. Bergbau von 1488-1497 jährl. 24-25 % der staatl. Gesamteinnahmen aus, 1536/37 waren es bereits 64 % , 1537/38 ca. 72 %aus.
Bei d. Ernestinern 1536-1541 ; 57-64 % .

Quelle: Dresdner Hefte, „ Das albert. Sachsen und d. Reformation“herausgg. v: Dresdner Geschi-Verein
„Sächsische Geschichte“ Verlag W. Weidlich, Frankfurt/M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich mir an der Stelle eine kurze Einmischung erlauben darf, auch wenn diese nicht mehr direkt mit der Schlacht bei Sievershausen zu tun hat, sondern auf einen weiteren Aspekt der sächsischen Landesgeschichte im 15./16. Jh. hinweisen soll...

Da der Name des Kurfürsten August bereits gefallen ist und auch auf die mitunter schwierige finanzielle Situation der Wettiner seit dem Spätmittelalter hingewiesen wurde, sollte dabei nicht darüber hinweg gesehen werden, daß August vornehmlich frühere Verpfändungen, welche im 14./15. Jh. gemacht wurden, ins kursächsische Territorium zurückbrachte. Dies betraf v.a. Territorien der Herren von Schönburg, welche seit dem 13. Jh. als regionale Herrschaft im heutigen Südwestsachsen bedeutend waren und ihrerseits während des 15. bis in die 1. Hälfte des 16. Jh. Handwerk und Bergbau erheblich gefördert hatten. Um 1559 wurde so z.B. die gesamte Obere Grafschaft Hartenstein (dazu gehörte bspw. die Bergstadt Scheibenberg* im mittleren Erzgebirge) von Kurfürst August aufgekauft.
Das darf vor allem deswegen nicht unterschätzt werden, weil dies durchaus nicht unbedeutend für die Entwicklung des kursächsischen Territorialstaates war. Zur Verdeutlichung: Noch zu Zeiten des Herzogs Georg (1471/1539) hatte Ernst II. von Schönburg-Waldenburg-Lichtenstein (1486/1534) als Ratgeber Einfluß auf die Politik der Albertiner nehmen können. Die nach ihm erfolgende Erbteilung und Linienbildung machte dies fortan unmöglich und führte zu einer politischen Schwächung des Hauses Schönburg, welche durch o.g. Verkauf von Ländereien offenbar wurde.
Vgl. für den Gesamtkontext zu den Schönburgern auch http://isgv.serveftp.org/SAEBI/artikel.php?SNR=18965
Vgl. zu Kurfürst August auch http://isgv.serveftp.org/SAEBI/artikel.php?SNR=275

*Bergfreiheit um 1531 schönburgisch begründet

Sicherlich sind die machtpolitischen Kalküle in Richtung ernestinischer Wettiner oder Habsburger wichtig, doch verhielt sich hierbei August äußerst vorsichtig und konzentrierte sich primär auf eine konsequente Erweiterung des kursächsischen Territoriums.
 
Vielen Dank an euch Beide.:yes: Die genannten Zahlen sind sehr erhellend uns meiner Meinung nach für das Gesamtverständnis elementar.
@ Timotheus
So sehe ich das auch. August konsolidierte und arrondierte in dem ihm möglichen Rahmen. Eine Orientierung nach Westen blieb während seiner Herrschaft noch bestehen.
 
@Brissotin: Kein Problem; ich war da just wieder drauf gestoßen... :cool:

Worum es mir eigentlich ging, war dabei folgender Aspekt, welcher die sächsisch-albertinische Geschichte beeinflußt hat: die Verdrängung lokaler bzw. regionaler Dynastien hatte eine längere "Tradition" als die Auseinandersetzungen bzw. Vergleiche mit den Ernestinern und das grundsätzlich neutrale bis freundschaftliche Verhältnis zu den Habsburgern (oder ganz abgesehen vom späteren gespannten Verhältnis zu den Hohenzollern oder den Verbindungen mit dem polnischen Königtum).
Bereits zu Zeiten der Markgrafen von Meißen (12./13. Jh.) gab es diesen Expansionsdrang nach Westen in ebenjenes Gebiet, welches z.T. von den Wettinern selbst, z.T. aber auch von ministerialadligen und edelfreien Geschlechtern (Colditz, Schellenberg, Schönburg u.a.) erschlossen worden war. Dort grenzten seit dem 13. Jh. wettinische und reichsunmittelbare Gebiete an Gebiete jener lokalen/regionalen Herrschaften. Die Schönburger setzten sich dort im Zuge der Bildung unabhängiger Landesherrschaft neben den Wettinern durch und bewahrten durch die Zugehörigkeit sowohl zum wettinischen als auch zum böhmischen Lehnsverband über mehrere Jahrhunderte diese Stellung. Selbst nach dem Verkauf weiter Ländereien an die albertinischen Wettiner um die Mitte des 16. Jh. dauerte es immerhin noch bis zum Rezess von 1740, ehe auch diese letzte eigenständige Herrschaft ins kursächsische Territorium eingegliedert wurde. Und selbst danach bewahrten die Schönburger noch einen für das Reich einzigartigen (weil derart nirgendwo sonst vorhandenen) Status, der ihnen noch immer eigenständige Regalien zugestand, deren Abbau erst im Laufe des 19. Jh. erfolgte (obgleich sie kurioserweise seit 1700 in den Grafenstand und seit 1790 sogar in den Fürstenstand erhoben worden waren).
Was ich damit aufzeigen wollte: die Entwicklung des kursächsischen Territorialstaates war vergleichsweise langwierig (was die zeitliche Entwicklung betrifft) und hatte neben der Reichs- und Außenpolitik der Kurfürsten auch stets eine starke Priorität auf die Integration von vormals eigenständigen Landesteilen, welche im Kontext der sächsischen Geschichte unter Bedingungen stattfand, die in keinem anderen Land im Reich gegeben waren. Dieser Aspekt begleitete die wettinische bzw. albertinische Politik nicht erst seit Moritz, Albert und den beiden Christians, sondern bereits vorher und auch noch nach ihnen.

Meine Intervention - incl. der langen Textausflüge zur schönburgischen Geschichte - sollte nicht mehr als diesen für das Reich einzigartigen Sachverhalt zu bedenken geben, der die sächsisch-albertinische Politik zumindest teilweise beeinflußt hat...
 
@ Timotheus
Würdest Du also sagen, dass die Schlacht bei Sievershausen eher eine andere Wahl der Mittel mit sich brachte als eine Stagnation des Landesausbaus? Letzteres hatte ich nämlich anfangs aus Joinvilles Beitrag geschlossen. Dann habe ich mich, soweit möglich damit beschäftigt und erkannt, dass August eben noch einer der umsichtigsten Landesfürsten war, der durchaus eine, auch auf lange Hinsicht erfolgreiche Politik betrieb.
Diese blieb allerdings entsprechend der Aufgabenstellungen in einem anderen Rahmen, denn es war kein Karl V. mehr als Konkurrent vorhanden, der durchaus mit seiner gewaltigen Macht die kurfürstlichen Befugnisse hätte beschneiden können. Erst unter Christian I. wurden daher wieder außenpolitische Pläne europäischen Zuschnitts gesponnen, was allerdings nicht von dem trägen Herrscher ausging, sondern von Krell.
 
Obwohl mir die sächsische Landesgeschichte nicht sehr geläufig ist, vielleicht einige Gedanken zu Kurfürst August. Bekanntlich lehnte er sich nach dem Tod seines Bruders vorsichtig an den Kaiser an und war um Aussöhnung mit den Ernestinern bemüht, deren Rache er wegen der entzogenen Kurwürde fürchtete.

Die Stärke Augusts liegt nach meiner Meinung gerade in seinem äußerst vorsichtigen Taktieren, denn er erreichte immerhin mit dem Naumburger Vertrag die Aussöhnung mit den Ernestinern und war später ständig auf Ausgleich der konfessionllen Probleme bedacht, Streitigkeiten mit im Luthertum suchte er durch die maßgeblich auf seine Initiative hin entstandene Konkordienformel zu beseitigen.

Mit etwas skrupellosen Methoden gelang schließlich der Erwerb der Grafschaft Henneberg, des Vogtlandes und der Grafschaft Mansfeld sowie die ständige Administratur der Bistümer Meißen, Merseburg und Naumburg. Anderes kam im wirtschaftlichen Bereich hinzu, das ich hier nicht weiter ausführen möchte.

Man könnte also sagen, dass August das konsolidierte, was Moritz vorbereitet hatte, insbesondere auch die bei seinem Tod unumstrittene Erwerbung der Kurwürde. Es mag sein, dass Moritz rein machtpolitisch genau zum richtigen Zeitpunkt starb, da er - möglicherweise - vieles wieder verspielt hätte.
 
Die große Abhängigkeit zu den Habsburgern kann ich zu dem Zeitpunkt noch nicht erkennen. Vielmehr war eben in den ersten Jahren von Augusts Regierung Sachsen finanziell erschöpft und brauchte nicht noch eine Vertiefung der Kluft zwischen den protestantischen Staaten, sondern vielmehr einen Konzenz. Dass die Verfolgung der Philippinen ab 1574 dann doch in eine andere Richtung führte steht auf einem anderen Blatt.

Einen Moment.
Das die albertinischen Wettiner in eine Abhängigkeit der Habsburger traten (ob finanziell oder politisch) wurde nicht behauptet. Vielmehr hatte ich damals im "Sachsen-Preußen Konflikt Thread" die politische Annäherung August's an Habsburg angemahnt die ich am Beginn der Kluft zwischen dem Lutheranern (Sachsen) und Calvinisten (Pfalz) sehe.:)
Denn Erfolg August's als Tilger der durch Moritz angehäuften finanziellen Belastung fechte ich nicht an, jedoch warum hätte es auch nicht einem lebenden Moritz gelingen können?
Zumindest eine ebenso denkbare Alternative wie die von Dieter genannte.
 
Mir scheint, die einzelnen in den bisherigen Beiträgen dazu bezogenen Positionen sind wohl gar nicht so kontrovers.

Aber der Reihe nach...

Würdest Du also sagen, dass die Schlacht bei Sievershausen eher eine andere Wahl der Mittel mit sich brachte als eine Stagnation des Landesausbaus?

Zumindest zeigte sich nach der Schlacht - wie bereits angesprochen - eine Konsoldierung des albertinischen Territorialstaates; und das sowohl politisch als auch ökonomisch. Meines Erachtens ist sein vergleichsweise vorsichtiges Verhalten vor diesem Hintergrund zu sehen.
Daß es hierbei aber Besonderheiten zu beachten gilt, welche sonst für keinen anderen (früh-)neuzeitlichen Staat im Reich galten, hatte ich mit meinen vorherigen Beiträgen aufzuzeigen versucht.

Erst unter Christian I. wurden daher wieder außenpolitische Pläne europäischen Zuschnitts gesponnen, was allerdings nicht von dem trägen Herrscher ausging, sondern von Krell.

Diese Episode ist mW ehedem etwas außen vor stehend, denn Krell versuchte eine dem Calvinismus wohlgesonnene Religionspolitik, wo doch die albertinisch-sächsische Politik zuvor und auch wieder danach eher als ausgesprochen anticalvinistisch und dafür durchaus freundlich zum katholischen Kaiser zu bezeichnen war (weil man grundsätzlich auf Ausgleich im Reich bedacht war).
Anm.: Später wurden die Albertiner ja den Katholiken gegenüber wieder sehr wohlwollend und zudem sogar selbst wieder Katholiken, um die polnische Krone zu gewinnen, aber das gehört nicht mehr in dieses Thema...

Man könnte also sagen, dass August das konsolidierte, was Moritz vorbereitet hatte, insbesondere auch die bei seinem Tod unumstrittene Erwerbung der Kurwürde.

Dem pflichte ich bei, denn die Politik Augusts fügte sich recht kontinuitiv sowohl in die Politik seiner Vorgänger wie auch seiner Nachfolger (vom versuchten "Kurswechsel" unter Christian I. einmal abgesehen) ein.
Auch auf diese Kontinuität hatte ich bei meinen früheren Beiträgen hier hinarbeiten wollen - wenn auch unter einem starken regionalhistorischen Aufhänger...

Es mag sein, dass Moritz rein machtpolitisch genau zum richtigen Zeitpunkt starb, da er - möglicherweise - vieles wieder verspielt hätte.

Eben "möglicherweise", möglicherweise aber auch nicht.
Wir wissen ja nicht, wie Moritz nach der siegreichen Schlacht weiter verfahren wäre...

Denn Erfolg August's als Tilger der durch Moritz angehäuften finanziellen Belastung fechte ich nicht an, jedoch warum hätte es auch nicht einem lebenden Moritz gelingen können?
Zumindest eine ebenso denkbare Alternative wie die von Dieter genannte.

Natürlich ist auch diese Alternative denkbar - aber eben genauso spekulativ.



Soweit meine Gedanken noch hierzu; mehr kann ich leider nicht zum Thema beisteuern...
 
So! Hoffentlich klappt das jetzt. Ich komme aus Sievershausen, bin hier aufgewachsen und wohne hier noch. Ich kenne das Schlachtfeld wie meine Westentasche und habe diverse Infos und kann Fotos liefern. Wer also Fragen hat soll sich an mich per Email wenden. Ich kann dann sehr schnell die Antworten, sofern verfügbar, liefern.
Sende dann alles was ich habe als Pdf plus Fotos zurück. Und da ich mich in dem Ort bewege, kann ich auch gelegentlich Recherieren!
 
Folgendes habe ich im Angebot. Ich verfüge über eine Mappe:"Sievershausen-Berichte und Dokumente für eine Chronik." Ich werde die Seiten am nächsten Wochenende mal scannnen und hier beifügen. An Fotos kann ich folgende liefern. Das Denkmal auf dem Friedhof an jener Stelle, wo Moritz fiel. Den Schaukasten, der mit Zinnfiguren die Schlacht darstellt und im Antikriegshaus im Ort zu finden ist. Ölgemälde, die in der Dorfkirche zu finden sind und die Schlacht darstellen (wenigstens eines von einem Vorfahren von mir gemalt, kein Witz!). Die Stelle, wo in der Kirche das Herz von Moritz begraben sein soll. Die Kirche selbst, deren älteste Fundamente und Gewerke über 1000 Jahre alt sind. Ein Panorama vom Denkmal aus gesehen, mit Blick auf das Schlachtfeld. Karten von heute, mit manuellen Eintragungen von mir. Das alles erfordert Arbeit und könnte dauern, aber Spaß ist ja bekanntlich auch mit Hobbys verbunden. :) Und nur keine Sorge! Ich versuche so gut und detailliert vorzugehen, wie möglich. Übrigens versuche ich herauszufinden, wo Überbleibsel der Schlacht (Funde an Waffen und Kugeln und andere Artefakte) verbracht wurden. Der größte Teil des Gebietes ist heute Ackerland, deshalb müssten zahlreiche Objekte in der Vergangenheit schon geborgen worden sein. Es macht also leider keinen Sinn mehr mit dem Metalldetektor weiter zu suchen. Ich könnte aber im Landesmuseum Hannover reinschauen und dort nachfragen. Ehrlich Leute, sowas macht mir wirklich Spaß! Ich weiß zumindest von einigen Katzbalgern und Steinschloßwaffen und der eine oder andere Pfünder. Es sollte nicht schwer sein Zugang für ein paar Fotos zu bekommen. Wenn man erst weiß, mit Wem man reden muß, sollten auch ein paar Dokumente zugänglich werden. ;)
Und ich habe jetzt irgendwie Blut geleckt. LOL
Ich glaube, da klemme ich mich ab Freitag mal hinter.Mal sehen, wa ich am Wochenende alles zusammenkratzen kann. :)
 
Angesichts bestehender Gesetzgebung ist das eine recht steile Aussage.
Wieso? Erstens kenne ich die Landwirte, also ist Buddeln kein Problem. Da bräuchte ich nur zu fragen. Was mögliche Waffenfunde angeht, sind die eh alle vergammelt und verrostet und somit Schrott. Aber für einen üblichen Finderlohn, sollte es kaum Probleme geben, außer Papierkram.:rofl:
 
Wenn Du tiefer als die 20cm Pflugtiefe gehst mit Deiner Buddelei, Jimmy, ist das schon ein Problem. Aus der Lage der Kugel zum ungestörten Boden kann mann nämlich einiges erkennen. Z.B. von wo und aus welcher Entfernung sie ungefähr kam.
Ähnliches gilt für "Waffenschrott", wie Du Dich ausdrückst. Spätere Generationen werden ´s Dir danken, wenn sie noch solche Sachen fachgerecht bergen können. Wenn Du etwas durch Zufall direkt auf der Erdoberfläche findest, vor dem Einsammeln, damits nicht untergepflügt wird, die Stelle fotografieren, das Teil, wie es liegt und so weiter. Am besten aber, Foto machen,liegen lassen
 
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