Die spanischen Habsburger (1504/16-1700)

Konradin

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Das Vorspiel

PHILIPP I. DER SCHÖNE
König von Kastilien 1504-1506
* 1478, † 1506

Philipp der Schöne, Sohn Kaiser Maximilians I., war mit Johanna der Wahnsinnigen († 1555), der Tochter Ferdinands II. des Katholischen von Aragon († 1516) und Isabellas von Kastilien-Léon († 1504) verheiratet. Er wurde nach dem Tod seiner Schwiegermutter Isabella 1504 König von Kastilien, starb jedoch bereits 1506. Es gab Gerüchte, daß er von Ferdinand II. vergiftet worden sei, was sich aber nie bestätigen ließ. Jedenfalls wurde Johanna, bestürzt über Philipps Tod, für wahnsinnig erklärt. Ferdinand selbst riss Kastilien an sich, und es sollten noch 10 Jahre vergehen, bis Spanien endgültig an Habsburg fallen sollte, nämlich an Karl, Philipps des Schönen Sohn.



Der Aufschwung

KARL I.
König von Spanien 1516-1556
(als Karl V.) Römischer Kaiser seit 1519/30
* 1500, † 1558

Karl wurde am 24. Februar 1500 als Sohn Philipps I. des Schönen († 1506) und Johannas der Wahnsinnigen († 1555) in Gent geboren. Mütterlicherseits war er der Enkel Ferdinands II. des Katholischen von Aragon († 1516) und Isabellas I. von Kastilien-Léon († 1504), väterlicherseits der Enkel des habsburgischen Kaisers Maximilian I. († 1519), außerdem der Urenkel Karls des Kühnen († 1477), des Herzogs von Burgund. Nach dem Tod seines Vaters Philipp 1506 erbte Karl dessen burgundisches Reich; nach dem Tod Ferdinands des Katholischen 1516 wurde er zum spanischen König proklamiert – was Ferdinand zu Lebzeiten erfolglos verhindern wollte; und als schließlich Kaiser Maximilian 1519 knapp 60jährig verstarb, erbte er auch noch die österreichischen Erblande in Mitteleuropa, die sein jüngerer Bruder Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand I. († 1564), während Karls Abwesenheit als Statthalter betreute.
Noch 1519 wurde er zum Kaiser (!) des Heiligen Römischen Reiches gewählt und am 23. Oktober 1520 in Aachen gekrönt. Karl wollte sein Kaisertum dennoch vom Papst legitimieren lassen und ließ sich daher 1530 in Bologna von Clemens VII. abermals krönen.
Karl, der sich 1519 bei der Kaiserwahl schon gegen den König von Frankreich, Franz I. († 1547) durchsetzen konnte, führte gegen diesen vier Kriege um Italien und Burgund.
Den ersten habsburgisch-franzöischen Krieg, bei dem Heinrich VIII. von England († 1547) auf Karls Seite stand, beendete 1525 der Sieg Karls bei Pavia, wo sogar Franz I. in Gefangenschaft geriet. Im Frieden von Madrid (1526) mußte Franz auf Italien und Burgund verzichten.
Dennoch widerrief er dies und es kam 1527 abermals zum Krieg. Jetzt standen aber sowohl Heinrich VIII. als auch der Papst auf Franz’ Seite. Trotz dieser Überzahl fiel das kaiserliche Heer 1527 in Rom ein, verwüstete die Stadt und nahm sogar Clemens VII. gefangen. Der zweite habsburgisch-französische Krieg endete 1529 mit dem „Damenfrieden“ von Cambrai, der von Luise von Savoyen, der Mutter König Franz’, und Margarte von Österreich, der Tante Karls V., ausgehandelt wurde. Franz I. mußte wiederum auf Italien verzichten, bekam aber Burgund.
1536 befand sich Karl erneut im Krieg mit Frankreich; diesmal hatte sich der katholische Franz mit den ungläubigen Türken verbündet. Dieser dritte Krieg endete 1538 nach einigen Niederlagen Karls mit dem Frieden von Nizza, der Franz I. einen Teil des Piemont zugestand. 1542 nahmen Franz und Karl zum vierten und letzten Mal den Krieg wieder auf; der Friede von Crépy von 1544 bestätigte im Großen und Ganzen den Damenfrieden von Cambrai, außerdem sagte Franz seine Hilfe gegen die protestantischen Reichstände zu.
Obgleich Karl in Europa keine nachhaltigen Erfolge beschieden waren, konnten in der Neuen Welt Mexiko (1521) und Peru (1533) erobert werden.
Das große Problem von Karls Regierungszeit war der aufkommende Protestantismus, der die Reichsfürsten spaltete und keinen großangelegten Vorstoß gegen die Türken, die 1529 sogar vor Wien lagen, erlaubte.
1531 ließ Karl seinen Bruder Ferdinand zum römischen König wählen. Doch noch im selben Jahr formierte sich der Schmalkaldische Bund der protestantischen Fürsten. Erst 1546 fand der Kaiser Zeit, sich diesem Problem zu widmen. Den Schmalkaldischen Krieg beendete die vernichtende Niederlage der Protestanten gegen den Kaiser in der Schlacht bei Mühlberg (24. April 1547). Trotz diesem glorreichen Sieg scheiterte eine Rekatholisierung des Reiches auf dem „geharnischten Reichstag“ zu Augsburg 1548. Der Kaiser mußte den Protestanten Zugeständnisse wie Laienkelch und Priesterehe machen.
1552 schließlich wandte sich Moritz von Sachsen, den Karl im Schmalkaldischen Krieg mit der Kurwürde belohnt hatte, an der Spitze einer Fürstenverschwörung, die auch von Heinrich II. von Frankreich († 1559), dem Sohn Franz’ I., unterstützt wurde, gegen den Kaiser, der fliehen mußte.
1552 schloß Ferdinand im Namen seines Bruders den Passauer Vertrag, der das Augsburger Interim ablöste und den Protestanten freie Religionsausübung gewährte. 1555 wurde diese Vereinbarung im ebenfalls von Ferdinand ausgehandelten Augsburger Religionsfrieden bestätigt. In der Zwischenzeit hatte Heinrich II., wie es in dem Vertrag mit Moritz von Sachsen vorgesehen war, 1552 die Bistümer Toul, Metz und Verdun besetzt. Karls Versuch, Metz zurückzuerobern, scheiterte 1553.
Des ständigen Kampfes müde und verbittert, überließ Karl 1555 die Niederlande und 1556 Spanien seinem Sohn Philipp II., und 1556 verzichtete er zugunsten seines Bruders Ferdinand I. auf die Kaiserwürde. Karls Idee von einem Universalreich unter seiner Führung war gescheitert: Die Einheit der Christenheit war zerfallen, das Abendland rieb sich in dynastischen Konflikten auf, und die Abwehr der Ungläubigen durch eine geeinte abendländische Christenheit hatte sich als Illusion erwiesen. Ebenso war Karl mit seinem Plan der so genannten „Spanischen Sukzession“, dem zufolge Philipp neben dem spanischen Erbe auch die Kaiserkrone hätte übernehmen und den Universalreichsplan fortführen sollen, am Widerstand der deutschen Fürsten gescheitert.
Karl zog sich in das Kloster San Jerónimo de Yuste in der Extremadura in Spanien zurück, wo er am 21. September 1558 starb.

Der Zenit

PHILIPP II.
König von Spanien 1556-1598
König von England 1554-1558
König von Portugal 1580-1598
* 1527, † 1598

Philipp erbte als ältester und einzig überlebender legitimer Sohn von Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (Karl I. von Spanien), und Isabella von Portugal das Königreich von Spanien, die amerikanischen Kolonien, die Niederlande, die Freigrafschaft Burgund, das Königreich Sizilien und das Herzogtum Lombardei. Ab 1580 war Philipp II. auch als Philipp I. König von Portugal, nachdem er sich dort gegen den selbst ernannten Gegenkönig Antonio von Crato durchsetzten konnte. Philipp II. erkannte 1554 Don Juan de Austria als seinen Halbbruder an, nachdem dies bereits sein Vater Kaiser Karl V. im geheimen getan hatte.
Philipps erste Frau war Prinzessin Maria von Portugal, die er am 15. November 1543 ehelichte und mit der er einen Sohn, Don Carlos (* 1545, † 1568) hatte. Diese Hochzeit vereinigte 1580 Portugal mit Spanien. Nach Marias Tod am 12. Juli 1545 strebte er ein Bündnis mit England an und heiratete am 25. Juli 1554 die katholische Königin Maria I. von England, auch Maria Tudor oder Bloody Mary bekannt (* 1516, † 1558). Diese Ehe war bei ihren Untertanen unbeliebt und, soweit es Philipp betraf, eine rein politische Allianz. Am 16. Januar 1556 folgte Philipp, nach der Abdankung seines Vaters Karl, auf den spanischen Thron, jedoch war er bis zu dessen Tod, zwei Jahre später, nicht mehr im Land.
Nachdem seine zweite Frau, Maria Tudor, 1558 kinderlos gestorben war, machte Philipp ihrer jüngeren Schwester Elisabeth I. von England Avancen, doch sein Plan schlug wegen einer ganzen Reihe von Gründen fehl. Philipp glaubte auch, dass sein Sohn Don Carlos gegen ihn intrigierte und ließ ihn verhaften. Als der Prinz nur kurze Zeit später starb, klagten Philipps Feinde ihn an, den Mord an seinem eigenen Sohn in Auftrag gegeben zu haben.
Spanien und England wurden Feinde, insbesondere wegen des Erstarkens der spanischen Inquisition. 1559 endete der sechzigjährige Krieg mit Frankreich durch Unterzeichnung des Vertrags von Cateau-Cambrésis. Eine Bedingung des Friedensvertrages war Philipps dritte Hochzeit am 2. Februar 1560 mit Prinzessin Elisabeth von Valois, der Tochter Heinrichs II. von Frankreich, die allerdings zuerst Philipps Sohn Don Carlos versprochen war. Elisabeth (* 1545, † 1568) schenkte ihm zwei Töchter (Isabella Clara Eugenia (* 1566, † 1633) und Catalina Micaela (* 1567, † 1597), aber keinen Sohn. Philipps vierte Frau, Anna von Österreich (* 1549, † 1580), Tochter von Kaiser Maximilian II. († 1564), schenkte ihm den ersehnten Erben, Philipp (III.) (* 1578, † 1621). Anna gebar desweiteren die Söhne Ferdinand (* 1571, † 1578), Carlos Laurentius (* 1573, † 1575) und Diego (* 1575, † 1582), sowie die Tochter Maria (* 1580, † 1583).
Während Philipps Regentschaft wurden die Philippinen erobert und nach ihm benannt, außerdem wurde eine nordamerikanische Kolonie in Florida etabliert. Seine Herrschaft war jedoch durch finanzielle Instabilitäten gekennzeichnet und durch eine drohende muslimische Invasion bedroht. Auch der Konflikt mit England und den Niederlanden wuchs beständig an. Die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, dem Nachfolger der Utrechter Union von 1579, erklärte sich 1581 unabhängig vom spanischen König. Währenddessen erbte Philipp den portugiesischen Thron und seine Erfolge während der Kolonisation Amerikas verbesserten seine finanzielle Situation, was ihm erlaubte, größeren Druck auf seine Feinde aufzuüben. Die Enthauptung der schottischen Königin Maria Stuart (1587) gab ihm die Rechtfertigung für eine Invasion Englands durch die Spanische Armada (130 Schiffe) unter Führung des unerfahrenen Herzog von Medina Sidonia, die von den besser bewaffneteren und schnelleren englischen Schiffen unter der Führung von Sir Francis Drake 1588 besiegt wurde. Das ungünstige Wetter half den Engländern sicherlich auch. Eine zweite Armada wurde 1589 im Hafen von Lissabon versenkt.
Von 1589 bis 1598 führte Philipp auf Seiten des Papstes und des Herzogs von Guise den französischen Religionskrieg gegen den Hugenottenkönig Heinrich IV. von Frankreich.
Philipp wollte als Witwer Elisabeths von Frankreich Erbansprüche für seine Tochter Isabella Clara Eugenia einforden. Der Krieg, der zweitweilig recht erfolgreich verlief, verlor seine Legitimität, als Heinrich IV. 1593 zum Katholizismus übertrat.
1592 schlug er einen Aufstand in Aragon, das sich nur als Provinz Kastiliens ansah, blutig nieder; bereits hier beginnt der körperliche, aber keinesfalls geistige Zerfall des nunmehr 65jährigen.
1596 versuchte Philipp von Calais aus, das seine Truppen neben anderen Teilen Frankreichs erobern konnten, eine neue Invasion gegen England zu starten. Diese neue, nunmehr dritte Armada wurde abermals vernichtet, diesmal wiederum bereits vor dem Auslaufen.
Philipp II. ist in die Geschichte als der „düstere, unnahbare König“ eingegangen. Er residierte mitten in der Einöde des kastilischen Hochlandes, in seiner Gründung, dem Kloster San Lorenzo de El Escorial, wo er in pedantischer Einförmigkeit dahinlebte. Er trug in späteren Jahren immer schwarz, aß jeden Tag pünktlich dieselben Speisen und machte jeden Tag dieselbe Ausfahrt durch die einförmige Hochebene. In seinen späteren Lebensjahren verlies er sein Zimmer nur mehr, um die Messe zu hören. Er verkörperte das Ideal der undurchdringlichen Ruhe und Gelassenheit wie kein anderer: nie soll er gelacht haben, und weder bei der Nachricht seines größten Sieges (der Seeschlacht von Lepanto 1571, bei der sein Halbbruder Don Juan de Austria als Oberbefehlshaber die osmanische Flotte versenkte) noch bei der seiner größten Niederlage (dem Debakel der Armada 1588) auch nur eine Mine verzogen haben. Ehrfürchtig starren wir wie gebannt auf das letzte, von Juan Pantoja de la Cruz gemalte Gemälde (1597), das uns von diesem „unbesiegbaren König“ erhalten ist: es vermittelt uns der Ausdruck des bereits vom Tod gezeichneten 70jährigen unbedingte Selbstbeherrschung. Es muß ihm wahrlich schwer gefallen sein, sich für das Porträt aufrecht zu halten, ihm, der er sich seit geraumer Zeit fast nur mehr in der Sänfte tragen ließ. Und trotz des deutlich sichtbaren Schmerzes in seinen Augen vermittelt er uns wie kaum ein anderer königliche Ausstrahlung in seiner schmucken, pechschwarzen Hoftracht und mit dem eleganten Zylinder auf dem Haupt.
Wir wissen auch, daß Philipp II. viele Menschen um sich hasste wie die Pest: Er umgab sich mit einem undurchdringlichen Hofzeremoniell, nur die allerhöchsten Granden hatten Zutritt zu ihm, und das oft nur nach monatelanger Wartezeit. Er sprach soviel mit ihnen, wie gerade notwendig: seine Befehle erteilte er in kryptischen Halbsätzen, die man erst deuten musste. Durch diese Unnahbarkeit galt er fast schon als eine Art Gottheit, ein weltentrückter Mönchskönig.
Legendär ist auch sein Bürokratismus: jedes noch so kleine Detail in seinem Weltreich musste von ihm persönlich entschieden werden, was die Verwaltung dieses Reiches natürlich unglaublich schwerfällig machte. Dazu kam ein gewisser Hang zum Verfolgungswahn hinzu: er misstraute allen, auch und gerade jenen, die sich für das spanische Reich Verdienste erworben hatten. Es liegt auch auf der Hand, das dies sich mit seinen weltumspannenden Plänen von einer katholischen Universalmonarchie überhaupt nicht vertrug. Am Ende seines Lebens musste er dem Aufstieg all derer zusehen, die er erbittert bekämpft hatte, vor allem England unter Elisabeth I.
Philipp II. starb, körperlich bereits schwer angeschlagen, mit 71 Jahren 1598 im Escorial bei Madrid, sein Nachfolger wurde sein Sohn Philipp, den er für schwach und leicht beeinflussbar erachtete, und zu dem nie eine Bindung aufbauen konnte.

Der langsame Niedergang

PHILIPP III.
König von Spanien 1598-1621
König von Portugal 1598-1621
* 1578, † 1621

Was sich 1588 mit der Niederlage der Spanischen Armada schon ankündigte nahm nun, 10 Jahre später, Gestalt an: es begann der Niedergang des spanischen Weltreiches. Philipp III., der Sohn des Königs, der Spanien auf den Zenit geführt hatte, glich seinem Vater nur in seiner Frömmigkeit. Politisch kaum bedarft, legte er die Staatsführung in die Hände von Günstlingen, allen voran der Graf von Lerma, der ihn 1609 dazu bringt, die Morisken (zum Katholizismus übergetretene Mauren; ca. 275 000 ) aus Spanien zu vertreiben, was katastrophale Auswirkungen auf die Wirtschaft hat.
Immerhin brachte Philipp III. 1604 einen Frieden mit England zustande und beendete so den kostspieligen Krieg.
Er griff in den beginnenden Dreißigjährigen Krieg ein, indem er dem Kaiser Truppen sandte.
1621 stirbt er 43jährig nach 23 Regierungsjahren, nachdem er bereits seit längerer Zeit gesundheitlich angeschlagen war.
Wahrlich: es ist nicht leicht, die Nachfolge eines Königs, wie Philipp II. einer war, anzutreten. Insofern muß man Philipp III. sogar etwas in Schutz nehmen, da er den absoluten Niedergang zumindest hinauszögerte, doch war seine Entscheidung, die Morisken zu vertreiben, ein tiefer Schlag für Spanien, das sich davon kaum erholen konnte.

Das Ende der Hegemonie

PHILIPP IV.
König von Spanien 1621-1665
König von Portugal 1621-1640
* 1605, † 1665

Über Philipp IV., Sohn Philipps III., läßt sich nicht viel gutes sagen. Wie bereits sein Vater vertraute er unfähigen Günstlingen, in seinem Falle dem Herzog von Olivares, die Staatsleitung an, und gab sich – im Gegensatz zum Vater und Großvater weniger religiös –
lieber sonstigen Vergnügungen hin.
So kam es, wie es kommen mußte: zwar konnte die spanische Armee unter dem Kardinalinfanten Ferdinand, Philipps Bruder, 1634 einen großartigen Sieg über die Schweden erzielen, doch auf Dauer gesehen sollte dieser Sieg nichts entscheiden. So wurde 1639 die Spanische Armada von den Niederländern im Kanal versenkt und, verursacht durch die Dezentralisieungspolitik von Olivares, kam es in Portugal zu Aufständen, welche zum Sturz des spanischen Vizekönigs führten. 1640 erklärte sich Portugal für unabhängig und wählte den Herzog von Braganza als Johann IV. zum König, was aber erst 1668 von spanischer Seite anerkannt wurde.
Spanien schloß sich dem Westfälischen Frieden (1648), der den Dreißigjährigen Krieg beendete, nicht an, sondern kämpfte alleine gegen Frankreich weiter. Erst 1659 wurde der Krieg im Pyrenäenfrieden beendet: Spanien mußte etliche Gebiete an Frankreich abtreten und Philipp IV. mußte Ludwig XIV. von Frankreich († 1715) seine Tochter Maria Theresia zur Braut geben, was schließlich zum Spanischen Erbfolgekrieg führen sollte, obgleich Maria Theresia auf jedweden Erbanspruch verzichten mußte.
Philipp IV. starb im Jahre 1665 und mit seinem Ableben ging die Hegemonie in Europa endgültig an Frankreich über. Allenfalls die Künste erlebten unter ihm einen Höhepunkt.

Die Ruhe vor dem Sturm

KARL II.
König von Spanien 1665-1700
* 1661, † 1700

Das Schicksal meinte es wahrlich nicht gut mit Karl II.: dieser Sohn Philipps IV. wurde als Vierjähriger König von Spanien, da seine Brüder alle vor ihm gestorben waren. Er war auf das Entsetzlichste entstellt – der Preis der endlosen Verwandtschaftsheiraten im Hause Habsburg. So konnte der bemitleidenswerte König niemals seinen Mund schließen, konnte kaum stehen und litt von frühester Jugend an an massivem Haarausfall, welchen er mit einer Perücke zu verdecken suchte.
Spanien erlebte unter seiner Herrschaft sogar einen leichten Wirtschaftsaufschwung.
Im Devolutionskrieg (1667-1668) verlor Spanien einige flandrische Gebiete an Frankreich, im Holländischen Krieg (1672-1678) die Freigrafschaft Burgund an Ludwig XIV.
Da es Karl II. nicht möglich war, Kinder zu zeugen, und ein frühzeitiger Tod absehbar war, hatte Ludwig XIV. schon vorsorglich Gesandte nach Spanien geschickt, um Anspruch auf das Land erheben zu können – rechtlich gesehen natürlich völlig unbegründet, zumal seine 1683 verstorbene Frau Maria Theresia ja auf jeglichen Erbanspruch verzichten mußte, ehe sie ihn heiratete. Dennoch kam es dazu, daß Karl II., der seit den 1690ern fast blind und taub war, im Jahre 1699 – nachdem der vormals zum Nachfolger bestimmte Prinz von Bayern gestorben war – den Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou – aus welchen Gründen auch immer –, zum Nachfolger erklärte, was der habsburgische Kaiser in Wien, Leopold I. († 1705), natürlich nicht anerkannte.
Als Karl II. 1700 mit 39 Jahren starb, brach kurz darauf der Spanische Erbfolgekrieg aus, der schlimmste Konflikt seit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) im Vorjahrhundert.
Schlußendlich sollten sich die Bourbonen durchsetzen und von da an die Könige Spaniens (bis heute) stellen.

Quellen
z. T. e-papyrus.de und Wikipedia.de​
 
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Schön, dass es hier Mitglieder gibt, die so fleißig sind! :hoch:

Du schreibst, Karl II. habe Philipp von Anjou "aus welchen Gründen auch immer" zum Nachfolger erklärt.
Ich weiß leider auch nicht, warum das so war, aber es würde mich interessieren. Vielleicht kennt ein anderes Mitglied den Grund?
 
Die Frage, warum er Anjou als Erben einsetzt hat, lassen wir Karl II. am besten selber beantworten.
Sein letzter Wille hier (leider nur auf englisch):

LAST WILL AND TESTAMENT OF CHARLES II OF SPAIN 1700

NOS, CAROLUS, DEI GRATIA
REX CASTELLAE, ARAGONUM, LEGIONIS, UTRIUSQUE SICILIAE, HIERUSALEM, NAVARRAE, GRANATAE, TOLLETI, VALENCIAE, GALLETIAE, MAIORICARUM, HISPALIS, SARDINIAE, CARDUBAE, CORISICAE, MURCIAE, GIENNIS, ALGARBII, ALGEZIRAE, GIBRALTARIS, INSULARUM CANARIAE, NECNON INDIARUM ORIENTALIUM ET OCCIDENTALIUM, INSULARUM ET TERRAE FIRMAE MARIS OCEANI,
ARCHIDUX AUSTRIAE,
DUX BURGUNDIAE, BRABANTIAE, MEDIOLANI, ATHENARUM, ET NEOPATRIAE,
COMES HABSPURGI, FLANDRIAE, TIROLIS, ET BARCHINONAE,
DOMINUS VISCAYAE ET MOLINAE,
ETC., ETC.​

"Recognising, in accordance with various counsels proffered by Our Ministers of State and Our judiciary to the effect that the reason which has compelled the Lady Anne and the Lady Marie-Therese, both of whom were Queens of France, the one Our aunt and the other Our sister, to renounce Their respective rights to these Our Realms was none other than fear of the consequences for Spain which might ensue from union with the Crown of France; and recognising that, while this cause for concern is no longer a valid one, the right of the closest relative to succeed to the Throne still subsists under the laws of these Realms, and that this claim can now be entered on behalf of the second son of the Dauphin of France, We do herewith, in due observance of these laws, appoint as Our successor (in the eventuality of God calling Us to Himself while We are yet childless) the Duke of Anjou, second son of the Dauphin, and We do name Him heir to all Our Realms and all Our Domains without any exception whatever. And We do command and direct Our subjects and vassals in whatever part of Our Realms and territories that, should We be called away from this life while We are yet denied lawful issue, they shall take and recognise the said Duke of Anjou as their rightful King and Natural lord and shall straightway grant Him possession of the said territories, as soon as He has taken the customary oath of observance of all the laws, charters and customs of these Our Realms and domains. And it being Our intention that, in the interests of the peace of Christendom and of all Europe and of the well-being of these Our Realms, this Crown and that of France shall ever remain sundered, We do declare, with reference to the stipulations made above, that, if the said Duke of Anjou should die before We are Ourselves called to God, or should He accede to the Throne of France and prefer to wear that Crown rather than that of these Our Realms, then the said Crown shall pass to the Duke de Berry, His brother, and the third son of the said Dauphin, and that all the conditions set out above shall pertain in this eventuality; and that, should the Duke de Berry die before We are Ourselves called, or should He accede to the Throne of France, We do declare that it is Our will that this Our Crown pass to the Archduke, second son of Our uncle, the Emperor, passing over, for the same reasons that We have listed above, - and because of the same concern We showed above for the common-weal - the firstborn of the Emperor, Our uncle; and should the Archduke die before We are Ourselves called to the life hereafter, We do declare that is Our will that, in such an eventuality, the Crown pass to the Duke of Savoy and to His heirs. This is Our will and We do command Our subjects that they observe this to the letter and not suffer it to be altered one whit, for it is thus that their own well-being and the orderliness of their own Realm are best served, and We do charge them not to permit the slightest dismembering of this Our Realm nor to permit any lessening whatever of the greatness of this Monarchy which basks in the glory and renown earned by Our forefathers in its service. And, since We do so fervently desire that peace and union subsist between the Emperor, Our uncle and His Most Christian Majesty, and since the peace of Christendom hangs upon this, We do exhort Them and beg They may be pleased to cement the bonds of friendship that do bind them together, by joining the Duke of Anjou and the Archduchess in Holy Matrimony, and grant Europe thereby the peace She so desperately needs.

In the event of Our dying without issue, the said Duke of Anjou shall succeed to all Our Realms and domains, both those attaching to the Crown of Castille and those that do pertain to Aragón and Navarre, and, indeed all of them, both within and without Spain; to wit: in particular the following lands that do attach to the Crown of Castille: Castille itself, Leon, Toledo, Galicia, Seville, Granada, Córdoba, Murcia, Jaén, the outposts of Algeciras, Gibraltar, the Canaries, the Indies, the mainlands and island both on the far shores of the Atlantic in the Americas, and in the South Seas, the Philippines, and all other islands and lands discovered either now or at any time in the future, together with all other rights of whatever kind attaching to the Realm of Castille; and the following that do attach to the Crown of Aragón: Aragón itself, Valencia, Catalonia, Naples, Sicily, Majorca, Sardinia and all other territories and rights of whatever kind that do attach either to the Crown of Aragón or to the Realm of Navarre, together with all lands that belong or shall belong at any time in the future to it in the Low Countries, and all rights and other privileges that have redounded to Us in virtue of Our succession to that Throne. And it is Our will that, when God is pleased to take us from this present life, the said Duke of Anjou shall be called to the Throne and crowned King of all the said lands and territories, all Acts of Abdication and all other legislation to the contrary notwithstanding, (all such acts being held as without foundation and, accordingly, declared null and void). And We do hereby charge all Dignitaries of Our Church, Our Grandees, Dukes, Marquises, Counts, and Gentlemen of quality, and all Our Priors, the Knights-Commander of Our Orders of Chivalry, Our Knights, the Captains-General and judges in Our colonies, the Governors of Our castles and Our country-seats, Our Nobles, and all the Members of Our Councils, justices, Mayors, Bailiffs, Aldermen, Municipal Officers, and all the Yeomen of these Our cities, towns and villages, in all the lands pertaining unto these Our Realms and Domains; and all Our Viceroys and Provincial-Governors, the Governors and Wardens of Our castles, Our Captains and all those Officers who guard the frontiers of Our Kingdoms both here in Spain and overseas, and all Our Ministers and all those who hold office both in the civil service and in both branches of Our armed forces throughout Our Realms, in Castille and in Aragón and Navarre, in Naples, and Sicily, in the Estates of Milan and the Low Countries and in all other lands that do attach to Our Crown, and all Our subjects, vassals and all the indigenous peoples in Our territories, of whatever rank and station, and wherever they reside, who find themselves bound by their duty as vassals and subjects: to accord this Our Will and Decree the obedience which they owe to it, as loyal subjects of a King who is their Natural Lord, in virtue of the oaths of loyalty and allegiance which they have sworn to Our Royal Person and which it was their duty to swear, in which it is decreed that whensoever God is pleased to call Us from the cares of this present life, that they shall take the said Duke of Anjou as their lawful King and the rightful Lord of all Our Realms, domains and possessions, and cleave to Him, should it come to pass that We die without issue; and We charge them, as soon as they shall know of Our death, to comply with the laws of these Our Realms, Domains and Estates, by raising banners for their new King and carrying out all the public Acts prescribed by precedent and custom in each Realm and Province, giving every sign and outward show, performing every ceremony and executing every rite that is in their Realm and Province a token of the loyalty, allegiance and obedience which as vassals and subjects they are in duty bound to afford their King and Natural Lord. And We do hereby command the Wardens of Our fortresses and castles and the Governors of our country-seats and their lieutenants in all the cities, townships and villages of our Realms and all the uninhabited places therein to pay homage to the said Duke of Anjou as is laid down in the Laws of the Realm and the ancient rights and privileges of Spain, Castille, Aragón and Navarre and all the lands pertaining thereunto; and We do command that this be likewise performed in the Estates of Milan and all other Domains and territories under Our Crown in accordance with the traditions and customs of the particular provinces in honour of the Duke of Anjou, and to keep the said tokens of homage and fealty for as long as they are commanded to do so and then to hand them over to the person appointed, whose name and identity shall be communicated to them either in writing or by word of mouth. All this do We command them to perform without any departure whatever from the letter of this Our Will, and to do so, on pain of the grim fate that befalls all traitors to the State and all those who are unheedful of the wishes of their Sovereign and Natural Lord and who break and shatter oaths of loyalty and allegiance and disregard those acts of homage to which they have pledged their faith."

This tallies with the originals of the Will of Our Lord, the King (R.I.P.). Madrid, second day of November, seventeen hundred. Don Antonio de Ubilla y Medina.

This copy tallies with the one from which it was taken and which I handed to His Excellency Don Manuel Arias, Governor of the Council of State, to which fact 1, Don Rafael Saenz Maza, secretary to His Majesty and senior clerk to the Council, do hereby bear witness. Madrid, third day of November, seventeen hundred.

Taken from SPAIN UNDER THE BOURBONS, Edited and Translated with a critical introduction by W. N. Hargreaves-Mawdsley, MA, Dphil, FRHistS, Prof of History, Brandon University, Canada, London, Macmillan, 1973, quoting from Fausto Nicolini, L'Europa durante la guerra di successione di Spagna, Naples, 1937-39, 3 vols, vol. I, pp. 167-8.

vgl. hierzu
http://www.chivalricorders.org/royalty/bourbon/france/success/d1tstch2.htm
 
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Karl II. schreibt, die Krone und alle Besitzungen sollen ausnahmslos an den Herzog von Anjou, den zweiten Sohn des Dauphin, fallen.
Wenn jedoch Anjou vor ihm (Karl II.) sterben sollte oder falls Anjou die Krone Frankreichs erben sollte, so soll Spaniens Krone an den Herzog von Berry, den dritten Sohn des Dauphin fallen.
Sollte auch diese vor ihm (Karl II.) sterben oder König von Frankreich werden, dann soll die Krone Spaniens an den Erzherzog (Joseph) fallen, den zweiten Sohn des Kaisers.
Falls auch dieser vor ihm (Karl II.) sterben sollte, dann soll die Krone an den Herzog von Savoyen und seine Erben fallen.

Ziemlich weit vorausgeplant. :king:
 
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Kirlon schrieb:
Du schreibst, Karl II. habe Philipp von Anjou "aus welchen Gründen auch immer" zum Nachfolger erklärt.
Ich weiß leider auch nicht, warum das so war, aber es würde mich interessieren. Vielleicht kennt ein anderes Mitglied den Grund?

Zuerst: Super Arbeit Konradin. Gefällt mit echt gut ! :)

Dann: Es waren nicht irgendwelche Gründe. Es war das Fundamentalrecht. Nach dem spanischen Erbrecht waren Frauen erbberechtigt, danach war der Prinz von Bayern als nächster Verwandter der Erbe. Als dieser starb wurde es der älteste Sohn Louis XIV. der "Grand Dauphin", der frz. Kronprinz. Da aber eine Doppelmonarchie unmöglich war, verzichtete dieser zugunsten seines zweiten Sohn, Philippe d'Anjou. Sein älterer Sohn Louis de Bougogne war ja auch frz. Thronanwärter.

Auch ohne Carlos II. Testament waren die Bourbonen diejenigen mit dem größten Anspruch, danach erst der Kaiser. Warum: der Dauphin war der Sohn von Marie-Thérese von Spanien, der ältesten Tochter Phillipp IV., diese sollte gegen eine Mitgift von 500.000 Goldecus auf ihren Erbanspruch verzichten. Diese kleine gemeine Klausel verdanke wir dem frz. Außenminister Lionne, wohlwissend, dass nichts davon je ausgezahlt würde. So kam es auch. Louis sah nie auch nur eine Münze dieser Mitgift und damit war die Ausschlussklausel unwirksam. Die Königin von Frankreich und Infantin von Spanien war damit die älteste erbberechtigte Tochter und übertrug dieses Recht automatisch auf ihre Kinder. Der Plan war perfide aber höchst wirksam und völlig legal. Lionne war ein ziemlich genialer Mann, nur ihm verdanken die Bourbonen wegen des kleinen Wörtchen „gegen“ den Thron.

Ursprünglich lautete der Heiratsvertrag zwischen Louis XIV. und Maria-Theresia:
„Die Infantin verzichtet auf den span. Thron und erhält 500.000 Goldecus als Mitgift“

Dann unterbreitete Lionne den kleinen Änderungsvorschlag Kardinal Mazarin und dem König, diese erkannten den möglichen Nutzen und stimmten zu. Die span. Seite durchschaute dieses Detail nicht und stimmte fataler Weise ebenso zu. So lautete der Text nun:
„Die Infantin verzichtet auf den span. Thron gegen den Erhalt von 500.000 Goldecus Mitgift“

Alle unterschrieben und die Falle schnappte zu. Denn es war den Franzosen völlig klar, dass Spanien zahlungsunfähig war und nicht einmal 10.000 Goldecus hätte aufbringen können. Die Spanier hatten von Anfang an auch gar nicht vor jemals was zu zahlen. Für sie war die Mitgift nur etwas auf dem Papier. Hätten sie nur nicht das Wort „gegen“ akzeptiert, dann wäre ihr Plan auch aufgegangen. Allerdings erkannten sie ihren Fehler schnell, da war es aber schon zu spät und die Infantin bereits verheiratet und zur Königin gekrönt.

So waren fortan die Bourbonen erbberechtigte Nachbarn, gleich nach Bayern. Die hatten eine noch ältere Tochter bekommen, aber nur einen Erben. Der dann auch noch dahinschied. Wäre er der kleine Bayernprinz nicht gestorben, so wäre der blutige Spanische Erbfolgekrieg verhindert worden. Denn die deutschen Habsburger sahen auf verständliche Weise ihren dritten Platz nicht ein und erhoben die Waffen nach Carlos Tod.
 
Louis le Grand schrieb:
Zuerst: Super Arbeit Konradin. Gefällt mit echt gut ! :)

Dann: Es waren nicht irgendwelche Gründe. Es war das Fundamentalrecht. Nach dem spanischen Erbrecht waren Frauen erbberechtigt, danach war der Prinz von Bayern als nächster Verwandter der Erbe. Als dieser starb wurde es der älteste Sohn Louis XIV. der "Grand Dauphin", der frz. Kronprinz. Da aber eine Doppelmonarchie unmöglich war, verzichtete dieser zugunsten seines zweiten Sohn, Philippe d'Anjou. Sein älterer Sohn Louis de Bougogne war ja auch frz. Thronanwärter.

Auch ohne Carlos II. Testament waren die Bourbonen diejenigen mit dem größten Anspruch, danach erst der Kaiser. Warum: der Dauphin war der Sohn von Marie-Thérese von Spanien, der ältesten Tochter Phillipp IV., diese sollte gegen eine Mitgift von 500.000 Goldecus auf ihren Erbanspruch verzichten. Diese kleine gemeine Klausel verdanke wir dem frz. Außenminister Lionne, wohlwissend, dass nichts davon je ausgezahlt würde. So kam es auch. Louis sah nie auch nur eine Münze dieser Mitgift und damit war die Ausschlussklausel unwirksam. Die Königin von Frankreich und Infantin von Spanien war damit die älteste erbberechtigte Tochter und übertrug dieses Recht automatisch auf ihre Kinder. Der Plan war perfide aber höchst wirksam und völlig legal. Lionne war ein ziemlich genialer Mann, nur ihm verdanken die Bourbonen wegen des kleinen Wörtchen „gegen“ den Thron.

Ursprünglich lautete der Heiratsvertrag zwischen Louis XIV. und Maria-Theresia:
„Die Infantin verzichtet auf den span. Thron und erhält 500.000 Goldecus als Mitgift“

Dann unterbreitete Lionne den kleinen Änderungsvorschlag Kardinal Mazarin und dem König, diese erkannten den möglichen Nutzen und stimmten zu. Die span. Seite durchschaute dieses Detail nicht und stimmte fataler Weise ebenso zu. So lautete der Text nun:
„Die Infantin verzichtet auf den span. Thron gegen den Erhalt von 500.000 Goldecus Mitgift“

Alle unterschrieben und die Falle schnappte zu. Denn es war den Franzosen völlig klar, dass Spanien zahlungsunfähig war und nicht einmal 10.000 Goldecus hätte aufbringen können. Die Spanier hatten von Anfang an auch gar nicht vor jemals was zu zahlen. Für sie war die Mitgift nur etwas auf dem Papier. Hätten sie nur nicht das Wort „gegen“ akzeptiert, dann wäre ihr Plan auch aufgegangen. Allerdings erkannten sie ihren Fehler schnell, da war es aber schon zu spät und die Infantin bereits verheiratet und zur Königin gekrönt.

So waren fortan die Bourbonen erbberechtigte Nachbarn, gleich nach Bayern. Die hatten eine noch ältere Tochter bekommen, aber nur einen Erben. Der dann auch noch dahinschied. Wäre er der kleine Bayernprinz nicht gestorben, so wäre der blutige Spanische Erbfolgekrieg verhindert worden. Denn die deutschen Habsburger sahen auf verständliche Weise ihren dritten Platz nicht ein und erhoben die Waffen nach Carlos Tod.

Danke für das Kompliment. :thx:
Das ist interessant, wirklich. Das wußte ich nicht einmal.
Somit waren also nicht die Habsburger, wie man meinen könnte, die nächsten Erben.
Und demnach stimmt wohl auch das Gerücht, daß der bayerische Erbprinz durch Gift aus Wien umkam und somit Maximilian Emanuels (Kurfürst von Bayern) Träume von einem wittelsbachischen Großreich zerplatzten.
 
@ Konradin & Louis le Grand:

Vielen Dank für die Antworten.
Geschichte ist doch wirklich spannend! :yes:
 
Kirlon schrieb:
@ Konradin & Louis le Grand:

Vielen Dank für die Antworten.
Geschichte ist doch wirklich spannend! :yes:

Bitte nichts zu danken, aber eigenlich hat Dir ja Louis die Frage beantwortet. :king:
Louis le Grand ist ja nur ein anderer Name für Ludwig XIV. - und der kennt sich bei solchen, Ludwig XIV. mitbetreffenden, Detailfragen natürlich besser aus. :yes:
 
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Hier nochmal Porträts von den spanischen Habsburgern.
 

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nach dem Tod Ferdinands des Katholischen 1516 wurde er zum spanischen König proklamiert – was Ferdinand zu Lebzeiten erfolglos verhindern wollte

Du erwähnst die Probleme der Machtbesteigung Carlos I. von Spanien, dies ist gerade ein Punkt der mich stärker interessiert.
Ich stelle mir das nämlich auch nicht leicht vor, dass da ein 16 jähriger Niederländer nach Spanien kommt und gleich zum König gekrönt wird. Da gab es doch sicherlich machtpolitische Widerstände. Man denke nur an den Tod seines Großonkels Ferrante von Neapel, als es plötzlich drunter und drüber ging in Italien, weil jeder den Thron von Neapel haben wollte und halb Europa in den Konflikt verstrickt war.
Derartige Zustände hat es bei Karls Machtübernahme in Spanien offensichtlich nicht gegeben, also muss er doch eine starke Lobby in Spanien gehabt haben. Worauf beruhte diese? Immerhin war er bisher nicht (?) aus den Niederlanden herausgekommen.
Hatte Ferdinand I. nicht auch noch uneheliche Kinder, die die Macht hätten übernehmen können? Oder war derartiges in einem so streng katholischen Land wie Spanien ausgeschlossen, solange noch ein regulärer Thronfolger vorhanden war - in dem Fall Juana La Loca, die pro Forma bis zu ihrem Tod Mitregentin von Carlos I. blieb.
 
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