Die Tyrannis des Peisistratos als Vorraussetzung der Demokratie?

Mullemaus

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Vielleicht hilft mir jemand, folgende Behauptung nachzuvollziehen.
Im Buchners Kolleg Geschichte, Antikes Griechenland, wird behauptet, dass der Wohlstand Athens, der durch die Tyrannis des Peisitratos entstanden ist, ein wichtiger Schritt hin zur Demokratie gewesen sei.

Kann mir das jemand erläutern, bzw. begründen?
Vielen Dank
 
Ich kann zwar nicht genau darauf antworten, aber ich habe gehört,dass die Herrschaft der Tyrannen eher einer Diktatur glich. Es heißt, dass Peisistratos innenpolitisch für einen Tyrannen verhältnissmäßig gemäßigt regiert und außenpolitisch gute Beziehungen gepflegt hat, um den athenischen Handel auszuweiten. Außerdem kümmerte er sich um die verarmten Bauer, reorganisierte die Finanzen und das Steuersystem, förderte Verkehr, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Und er hat das Münzwesen eingeführt.
Vielleicht hilft dir das etwas :winke:
 
Peisistratos stattete die Stadt mit einigen netten Gebäuden aus, förderte die Künste und errichtete eine Bibliothek etc. und stärkte damit vielleicht das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bürger. Dass er die solonischen Gesetze nicht antastete, hat vielleicht mehr zur Entwicklung der Demokratie beigetragen als die gesteigerten Einnahmen während seiner Herrschaft.
Für die Demokratie war in erster Linie der Wille dazu wichtig. Nach dem kurzen Intermezzo mit Hippias, was die Athener letztendlich als unangenehm empfanden, sagten sie sich wahrscheinlich, dass das alte System nicht schlecht aber verbesserungswürdig war. Eine Phylenreform später konnten viel mehr Bürger am politischen System partizipieren (und die „Durchmischung“ war viel besser). Für ein paar gute Ideen benötigt man nicht all zu viel Geld, manchmal kommen die von ganz alleine. Erst in späteren Zeiten (Perikles) benötigte man etwas mehr Kohle um Diäten zu zahlen und vor allen Dingen Flotten zu bauen.
Welcher großartige finanzielle Zuwachs in der Zeit des Peisitratos nötig war um eine demokratische Grundordnung zu gewährleisten bleib mir schleierhaft. Er persönlich besaß, soweit mir bekannt ist, nur einige Gold- und Silberminen deren Ertrag ganz nett war aber auch nur die schon erwähnten Projekte finanzieren konnte. In wiefern die wirtschaftliche Bedeutung Athens in seiner Regierungsphase anstieg, und sich damit der Wohlstand der Bevölkerung vergrößerte ist mir nicht bekannt. Ich glaube aber nicht, dass das einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Demokratie hatte.
 
Ich kann zwar nicht genau darauf antworten, aber ich habe gehört,dass die Herrschaft der Tyrannen eher einer Diktatur glich.
Von welcher Regierungsform möchtest Du Peisistratos mit der Formulierung "eher eine Dikatur" distanzieren?

Dass er die solonischen Gesetze nicht antastete, hat vielleicht mehr zur Entwicklung der Demokratie beigetragen als die gesteigerten Einnahmen während seiner Herrschaft.
Ich sehe seinen Einfluss auch wesentlich in der endgültigen Entmachtung des Adels (was Solon meiner Meinung nach weder wollte noch errreichte)Nach der Beseitigung seiner Söhne war damit ein großes Machtvakuum in Athen entstanden, in das das Volk eindringen konnte ohne dass der Adel einen Vorsprung hatte.
Erst in späteren Zeiten (Perikles) benötigte man etwas mehr Kohle um Diäten zu zahlen und vor allen Dingen Flotten zu bauen.
Schiffe hatte Athen schon vor Perikles. Ohne die Athener Flotte in den Perserkriegen wäre es sicherlich auch gar nicht zu ihm oder der radikalen Demokratie gekommen. Wenn man wirklich einen Zusammenhang zwischen dem Wohlstand der Tyrannis und der Demokratie konstruieren will, dann imho am ehesten damit. Aufgrund des zeitlichen Abstands von mehr als 20 Jahren zwischen Tyrannenmord und Salamis schließe ich mich aber dieser deiner Verwunderung an
Welcher großartige finanzielle Zuwachs in der Zeit des Peisitratos nötig war um eine demokratische Grundordnung zu gewährleisten bleib mir schleierhaft.

Eine Möglichkeit wäre noch, dass die Münzprägung den Handel belebte und gerade die Getreideimporte waren später wichtig, wenn vielleicht auch nicht direkt für die demokratische Ordnung.
 
Von der anderen Seite betrachtet

Unter der Tyrannis des Peisistratos wurden die Bürger Athens (einschl. des Adels) entwaffnet, da sich die Peisistratiden vorwiegend auf Söldner – Hopliten und Bogenschützen – stützten. Die Herrschaftszeit des Peisistratos war allerdings nach den vorausgegangenen Jahren der Stasis eine Phase der Stabilität und, damit verbunden, eines wirtschaftlichen Aufschwungs, von dem alle Schichten profitierten. Auch die soziale Mittelschicht, und damit die spätere Hoplitenschicht, hat sich unter der Tyrannis wesentlich verbreitert.
Nach dem Sturz der Peisistratiden wurde die Mittelschicht durch die Reformen des Kleisthenes dem Adel - dessen Einfluss während der Tyrannis schwand - politisch prinzipiell gleichgestellt. Das Schlagwort war Isonomia.
Weiterhin verfügte nun ein größerer Teil der Bevölkerung über die finanziellen Mittel sich eine Panhoplite (volle Rüstung) zu leisten und so militärisch aktiv zu werden. Da sie am meisten von der neuen Ordnung profitierten sorgten sie dafür, dass diese rasch und unbestritten funktionierte. Die neue Ordnung band die Mittelschicht stärker in das politische Leben ein. So entwickelte sie sich langsam zu einer gewissermaßen staatstragenden Schicht.
Dadurch wurde der Adel aber nicht entmachtet sondern seine Funktion wurde gewandelt. Durch die der Tyrannis folgenden Reformen wurde er von der politischen Schicht zur politischen Führungsschicht und im militärischen Bereich von der Hoplitenschicht zur militärischen Führungsschicht.

Der Anteil der Peisistratiden an diesem Prozess war also eine bessere finanzielle Versorgung der Mittelschicht (bzw. deren Verbreiterung) und die Schwächung der Aristokratie.
 
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