Dienstgrade und Rangabzeichen

Sahekek

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Wie jede andere Armee auch benötigte das Heer der alten Ägypter nicht nur Generäle, sondern auch Offiziere und Unteroffiziere um schlagkräftig zu funktionieren.
Welche Rangbezeichnungen und Rangabzeichen gab es?

Mit bestem Dank im Voraus

Sahekek
 
Ich bin kein Experte für das alte Ägypten. doch wenn man sich mit Militärgeschichte befasst, stellt man schnell fest, dass Offiziers- und Unteroffiziersränge und Abzeichen eher die Ausnahme als die Regel darstellen.

Bei den Römer gab es so etwas (Ränge) und ein Unterschied in der Ausrüstung (Schwert und Dolch auf der anderen Seite, Stab als Zeichen der Befehlsgewalt), ohne jedoch eindeutige Rangabzeichen zu führen. Bei den Griechen die entsprechenden Bezeichnungen für die Führer, aber keinerlei Differenzierungen in der Ausrüstung. Bei anderen Antiken Armeen und Mittelalterlichen Heeren ist mir, bis auf die der Byzantinern, nichts ähnliches Bekannt.

Aber auch in moderneren Zeiten: Eindeutige Rangabzeichen gab es in der Preussischen Armee erst ab der Heeresreform 1807. Noch unter Friedrich dem Großen unterschied sich äußerlich ein Leutnant von einem Oberst nur im Alter und vielleicht in der Qualität seiner Ausstattung.

Ich möchte also sehr bezweifeln, dass es bei den alten Ägyptern so etwas wie Offiziersränge und Abzeichen gab.
 
Aber hallo, selbstverständlich gab es Offiziersränge! Unteroffizier wäre so etwas wie "Führer der 50".

Eine gute Übersicht dazu bietet auf jeden Fall Wolfgang Helck, "Der Einfluß der Militärführer in der 18. ägyptischen Dynastie". Leider finde ich mein Exemplar gerade nicht und kann es nicht nachschlagen.

Oder falls Du an ein deutsch-ägyptisches Handwörterbuch von Rainer Hannig gelangst, das nach Themen geordnet ist, findest Du sicher auch viele Hinweise.

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In dem Aufsatz "Zur Prosographie von altägyptischen Militärangehörigen" von Christine Raedler sind etwa 4-5 Dutzend Titel tabellarisch zusammen gefasst, die in dem Artikel eine Rolle spielen.
Ich habe mal einige "rausgeschrieben" (so gut man die ägyptologische Umschrift ohne zusätzliche Buchstaben eben umschreiben kann. Das h mit Punkt drunter musste leider untergehen, aber bisschen Schwund ist immer.)

Darunter z.B. unzählige jmj-r3s (Vorsteher), wie z.B.
jmj-r3 ch3.w - Vorsteher der Waffen
jmj-r3 ja3.w - Vorsteher der Fremdsprachigen (nubischen Söldner)
jmj-r3 pr(.wj) cH3.w - Vorsteher des Waffenarsenals
jmj-r3 mnnn.w - Vorsteher der Festungen
jmj-r3 mSa - Truppenvorsteher
jmj-r3 mSa wr - Obertruppenvorsteher, General
wr nj mSa - Chef der Armee
ra mSa - Sprecher der Armee
sS mSa - Schreiber der Armee
sS nfr.w - Rekrutenschreiber
jmj-r3 hj - Vorsteher der Angriffstruppe
jmj-r3 ssm.wt - Vorsteher der Pferde, Marschall
hrj-pDt - Truppenkommandant
jmj-Ht hrp nj mS - Assessor des Truppenkommandanten
jrj ah3.w - Bewacher der Waffen
jdnw nj hm=f m n tj nj.t-hr - Feldmarschall
T3j-sry.t - Standartenträger
3Tw nj njw.t - Leiter des Stadtregiments
shD nfr.w - Aufseher der Rekruten
shD Smsw.w - Aufseher der Gefolgsleute
s3kw - Militärpolizist (?)
 
Sind das wirklich sicher Ränge bzw. Dienstgrade, oder könnten es nicht einfach auch nur Funktionsbezeichnungen sein?
 
Es müssten wirklich Ränge sein, denn sie werden in den Gräbern neben Beamtentiteln genannt (natürlich nur, wenn der Grabinhaber ebenfalls militärische inne gehabt hatte) und auch ansonsten wie Titel verwendet.

Bei Rangabzeichen bin ich leider überfragt; es kann gut sein, dass sich da bisher niemand für interessiert hat. Es sind anscheinend noch nicht einmal alle Waffen erfasst (anscheinend weil ich mir noch 3 Werke zur altägyptischen Militärgeschichte besorgen muss - aber der - später als diese Bücher - erschienene Symposiumsband des Arbeitskreises Militärgeschichte hat die Information enthalten, dass es da so mangelhaft aussieht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Anja Marschall so etwas konstatiert und wichtige Fachliteratur vernachlässigt).

Also würde ich mal frech sagen: nur weil sich in der Fachliteratur noch nichts dazu finden lässt (?), heisst das nicht, dass es keine gegeben hat. Militärgeschichte ist, gerade in Deutschland, sehr vernachlässigt, und zählt definitiv nicht zu den Themenbereichen, mit den man Forschungsstipendien etc gewinnen kann. Recht stiefmütterlich behandelt.
 
Manches in Deiner Auflistung klingt schon mehr nach Funktionsbezeichnung, wie "Schreiber der Armee", "Bewacher der Waffen" oder "Militärpolizist". Aber gut, dagegen kann man natürlich einwenden, dass heutzutage auch nicht jeder "Brigadier" eine Brigade befehligt oder jeder "Fähnrich" eine Fahne trägt. Ebenso könnte sich auch der "Schreiber der Armee" von einer Funktionsbezeichnung zu einem Dienstgrad gewandelt haben.
 
Dienstrang, Funktion, Sonderdienst - von militärischen Bezeichnungen

Mit altägyptischem Militär habe ich mich noch nie näher befasst. Ravenik hat mit seiner Frage nach der Differenzierung zwischen Rangabzeichen und Funktionsbezeichnungen einen sehr wichtigen Punkt angesprochen. Deine Liste stammt außerdem von einem Aufsatz zur Prosographie von Militärangehörigen – ohne den Aufsatz zu kennen möchte ich zu bedenken geben, dass diese Methode im Bezug auf Militärränge vielleicht eher zusätzliche Verwirrung schaffen könnte. Gemeinsam dürfte den untersuchten Personen nur der militärische Hintergrund gewesen sein. Je nach Zielsetzung können unterschiedliche weiter Faktoren einfließen. Naheliegend sind etwa soziale und – besonders wahrscheinlich: hierarchische und funktionale Elemente.
Während für modernes Militär vordergründig soziale Überlegungen sehr untergeordnete Rollen spielen, gilt das ganz sicher nicht für die Antike, wo dies gerade in Inschriften oft zu finden ist! Zu militärischen Belangen mal ein willkürliches, moderneres Beispiel: Ein Unteroffizier mag Funker sein, dennoch wird er als Unteroffizier vom Dienst eingesetzt, einem Sonderdienst mit zusätzlichen disziplinarischen und sozialen Aufgaben – aber kein Dienstgrad im Sinne einer direkten soldatischen Hierarchie. Genannter Unteroffizier ist vom Dienstrang her Unteroffizier, von der Funktion/Dienststellung her ein Funker und als Sonderdienst UvD… Solche Punkte dürften nahezu sicher in eine Prosographie einfließen: Mangels Verifizierungsmöglichkeiten aber kaum von eigentlichen Dienstgraden zu unterscheiden sein – falls es diese Unterscheidung im zu untersuchenden Zeitraum überhaupt gegeben haben sollte. In älterer Zeit ist wohl eher mit recht flachen Rangordnungen zu rechnen...
@Dienstgrade, Funktionen, Sonderdienste…
Ich habe mich eher mit römischem Militär der Antike befasst. Am besten untersucht sind wohl die kaiserzeitlichen, klassischen Legionen: Eine stehende Armee von Berufskriegern! Ein Berufskriegertum hat in der Geschichte nicht immer die erste Rolle im militärischen Kontext gespielt. Häufig haben Aufgebote (verschiedener Art) die Masse der Heere gebildet… Die Zahl der in den Legionen vorkommenden Titel, Sonderdienste oder Ränge sind kaum zu überschauen in ihrer Vielfalt. Es wurden über 100 solcher Bezeichnungen für die römische Geschichte bekannt. Es können nicht alles Ränge im Sinne von militärischen Dienstgraden gewesen sein.
Rangabzeichen im Sinne heutiger Armeen sind nicht anzunehmen. Bekannt sind aber Attribute für bestimmte Dienstgrade für bestimmte Tätigkeiten: Etwa der Stab eines Centurios oder eines Optios. Während ein Centurio einen militärischen Dienstgrad beschreibt, wurde als Optio ein Gehilfe für spezielle Aufgaben bezeichnet. Gewöhnlich ist mit Optio der Stellvertreter eines Centurio gemeint und er trug im Dienst ebenfalls einen besonderen Stab. Die Centurionen scheinen sich ihren Stellvertreter, den Optio selbst ausgewählt zu haben. Je höher der Rang eines Soldaten innerhalb einer Truppe war, desto auffälliger und qualitativ hochwertiger dürfte seine Ausrüstung gewesen sein...
Im Falle der Centurionen sind besonders bekannt der quer gestellte Helmbusch (crista transversa), der auffällige Zenturionenstab aus Rebholz (auch zur Züchtigung benutzt), sowie Beinschienen und das links getragene Schwert…

Es ist für mich kaum anzunehmen, dass sich altägyptisches Militär in seiner Organisation deutlich stärker als das römische an heutige Standards angenähert haben sollte.
 
Ich habe mich eher mit römischem Militär der Antike befasst. Am besten untersucht sind wohl die kaiserzeitlichen, klassischen Legionen: Eine stehende Armee von Berufskriegern!

Die ägyptische Geschichte ja ziemlich lang und vielfältig, und das gleiche gilt für die militärische Entwicklung. Zumindest in manchen Phasen muss Ägypten aber über eine Art Berufsarmee verfügt haben. Dafür sprechen mWn sowohl gefundene Aufzeichnungen zu Versrogung, als auch ausgegrabene Anlagen, die als Kasernen gedeutet werden, inkl Ställen ua Funde, die annehmen lassen, dass hier Streitwagen stationiert waren. Gerade für diese Elitetruppe muss man annehmen, dass es sich um professionelle Krieger handelte, und die besagten Indizien deuten auf eine Kasernierung hin, nicht auf eine "feudalritterliche" Unterbringung am Ort der Versorgung. Das gilt für die Hochzeit des Neuen Reiches, in anderen Abschnitten der Geschichte mag das völlig anders ausgesehen haben.

Eine wichtige Rolle spielten (in verschiedenen Zeiten) ausländische Krieger/Söldner/Soldaten, bspw aus Nubien, worauf auch eine der von jmj-ra ssm.wt zitierten Bezeichnungen hinweist.
 
Laut Wikipedia gab es Wehrpflichtige und Berufssoldaten: Militärwesen im Alten Ägypten ? Wikipedia

Da Ägypten als Großmacht auftrat und Einflussspären weit entfernt von Ägypten aufrecht erhielt, ist von dauerhafter Präsenz von Truppen auszugehen, was ein entsprechend professionalisiertes Militär voraussetzen dürfte. Die kasernierten Streitwagenkämpfer beweisen, dass auch in Ägypten selbst solches Militär existierte.

Ich habe die Besonderheiten des kaiserzeitlichen, römischen Militärs als Berufskrieger hervorgehoben, weil mir unklar ist, inwieweit das ägyptische Militär im gleichen Maße Vereinheitlichungen in seiner Struktur (und damit auch der Rangordnung oder regionaler Ausprägungen?) erfahren hat. Vorstellbar sind recht unterschiedliche Bezeichnungen entsprechend der Herkunft oder Aufgaben der Truppen für ähnliche Positionen möglich?
 
Ich befürchte, die ägyptische Militärgeschichte ist mangels Quellen zu wenig erforschbar, um da so eindeutige Ausagen zu treffen, wie das bei den Römern möglich ist. Ich lasse mich aber gerne von Experten (auch selbst ernannten) eines besseren belehren. ;)

Außerdem muss man recht genau schauen, welche Epoche man betrachtet. Das römische Militär, das bei den Kaudinischen Pässen den kürzeren zog, sah völlig anders aus als die Legionen Caesars vor Alesia. Dazwischen liegen keine 270 Jahre. Die ägyptische (Militär-) Geschichte umfasst 2.700 Jahre (1. bis 31. Dynastie), alleine die des Neuen Reiches fast 500. Ich gehe davon, dass zumindest in manchen Epochen das ägyptische Militär eine ähnlich komplexe und hierarchische Organisation hatte wie das römische (als es eine echte Berufsarmee darstellte). Leider wissen wir wenig über die Heeresstärken dieser Zeit, da eigentlich alle Quellen mWn grandios übertreiben, soweit es überhaupt irgend welche Zahlenangaben gibt. Daher lassen sich so kaum Rückschlüsse ziehen.
 
Laut ägyptologischer Literatur gab es militärische Titel im Alten Ägypten, die von der Bedeutung her dem Rangbegriff gleichzusetzen sind. Eine gute Quelle für Ränge aus der Zeit des MR ist die Arbeit "The Holders of the Regular Military Titles in the Period of the Middle Kingdom, London 2006" von Danijela Stefanovic. Folgende Bezeichnungen (kleine Auswahl) gelten als "military titles":

(Umschrift leider nur unvollständig wiederzugeben):

imy-r ms = Oberbefehlshaber der Truppen

imy-r mnft = Bataillonsführer

tw ntw = Führer eines Stadtregimentes

hrp nfrw = Truppenführer

iry pdt = Bogenschütze (über dem Soldaten stehend)

nfrw = Soldat

Zum Vergleich: Sumerische Bezeichnungen für Funktionen in der Armee waren z.B. "ugula" (Befehlshaber), "nu.banda" (Hauptmann) und "shub.lugal" (Adjutant des Königs), welche in der englischsprachigen Sumerologie als "military titles", also Dienstränge, gelten.

(Zu Ägypten siehe ab S. 255)

Ancient Egyptian Administration - Google Books
 
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