Hallo Zusammen,
ich habe aus der Kaliberfrage ein paar Inhalte zu diesen Eingangsthema herausgefilter und werde hier darauf anworten. Wer wissen möchte woher die Beiträge sind, dann kann hier nachgelsen werden:
http://www.geschichtsforum.de/f328/...rage-nach-1909-a-38010/index3.html#post579441
[...]dass diese Idee eigentlich vom italiener Cuniberti stammte und dass die Amerikaner es schon für die South Carolina-Klasse geplant hatten, was die Briten dazu brachte es beschleunigt einzuführen.
Der Entwurf Cuniberti´s stammt aus dem Jahr 1903 und bestand als Neuerung zu den Einheitslinienschiff aus einer stärken Hauptbewaffnung und einer höheren Fahrgeschwindigkeit.
Insgesamt gab es eine Entwicklung im Linienschiffbau die genau auf diese Neuerungen zielte, noch vor den Planungen der britischen
Dreadnought.
So vielen die japanischen Linienschiffe des Etatjahres 1903 der
Satsuma-Klasse in ihrer ursprünglichen Planung mit 12x30,5cm und einer Fahrgeschwindigkeit von ca.20kn weit vor britische oder amerikanische Planungen. Allerdings wurden die Schiffe wieder auf ein Zwischenkaliber heruntergestuft, da die finanziellen Mittel für 24 30,5er Geschützen enorm waren.
Aber noch interessanter im Zusammenhang mit erhöhter Fahrgeschwindigkeit sind die italienischen Linienschiffe der
Vittorio Emanuele-Klasse die schon im Etatjahr 1901 genehmigt wurden. Die Bewaffnung ist mit nur 2x 30,5cm aber 12x 20,3cm Geschützen leicht unter den Standardlinienschiff aber insofern gewaltig, wenn man die deutschen Konstruktionen des Jahres 1901 gegenüberstellt, mit 4x 24cm bzw. 4x 28cm Geschützen.
Allerdings wurde für das Zwischenkaliber immer wieder die Mittelartillerie vernachlässigt oder war gar nicht vorhanden.
Legt man jetzt dem „all big gun one caliber battleship“ nun als Trendwende die britische
Dreadnought zu Grunde ist das m.E. eine falsche Annahme.
Die Frage nach der Menge der schweren Geschütze auf einem Panzer-, Schlacht- oder Linienschiff ergaben sich aus der Mischung des Turm- und Barbetteschiffes der 1870iger Jahre, sowie die Aufstellung der Geschütze nach dem britischen Muster der
Admiral-Klasse in den 1880iger und wurden manifestiert in der zum Naval Defence Act gehörenden
Royal Sovereign-Klasse ab den 1890iger Jahren.
Doch gab es Konstruktionen die schon weit vor Cuniberti mehr als nur die klassische 2x2 Aufstellung in der Mittelschiffslinie inne hatten.
Ich ziele hier auf die deutschen Panzer- bzw. Linienschiffe der
Brandenburg-Klasse, die mit 6x 28cm Geschützen in Mittelschiffsaufstellung die Vorreiter als „all big gun battleship“ darstellten. (Sicherlich gab es Nachteile in der verschiedenen Kaliberlänge der Geschütze, die damit auch als nicht Einheitlich interpretiert werden kann, doch wurde die
Brandenburg-Klasse mit 6x 28cm-L35 geplant. Eine Änderung ergab sich, weil Krupp während der Bauzeit der Schiffe nun auch die Geschütze der Länge L40 produzieren konnte, doch für den mittleren Turm waren die Geschütze zu lang um ein durch schwenken an den Aufbauten zu garantieren.).
Als Modell für die 6 schweren Geschütze der
Brandenburg-Klasse standen die russischen Panzerschiffe der
Imperatica Ekaterina II – Klasse. Diese hatten allerdings die Geschütze nicht in der Mittelschiffsline positioniert, sondern hier lag das Augenmerk auf ein starkes Bugfeuer, somit standen je 2x 30,5cm Geschütze Steuer- und Backbord und 2 Mittelschiffs auf dem Heck.
Es gab 1884 auch noch den Entwurf des russischen Offiziers Vladimir Stepanov, der hier 8x 30,5cm Geschütze in der Mittelschiffslinie in 4x2 Barbetten positionierte.
Doch noch vor der Planung zu den britischen Idealaufstellung nach dem Muster der britischen
Admiral-Klasse liegt die Planung Barnebys 1873 aus der das spätere Panzerschiff
Inflexible gebaut wurde, der Entwurf „New Fury No.2“, der drei Türme in Mittelschiffslinie vorsah mit 2x4 30,5cm und 1x 34,3cm (ähnliches Aussehen wie die
Dreadnought von 1870).In meiner persönlichen Einschätzung gehe ich aber davon aus, daß bei der britischen
Inflexible letztlich mehr die italienische
Duilio einfluß in der Konstruktion ausübte, aber das ist ein anderes Thema...
Um nun wieder zum Dreadnought-Sprung von 1906 zu kommen, zeigen die og.g Beispiele auf, daß dieser revolutionäre Umschwung im Schlachtschiffbau nicht auf dieses eine Linienschiff zurückzuführen ist, sondern 1906 mehr von der
Invincible-Revolution zu sprechen ist.
Der Panzerkreuzerbau im Umschwung auf den Schlachtkreuzerbau war Richtungsweisender, als der Weiterbau von Linienschiffen bzw. nun Großlinienschiffen, deren Planungen über mehr als nur dem Standard entsprechend in der Planung weit vor 1906 oder 1903 lag, die damit auch immer einer Fahrgeschwindigkeitserhöhung verbunden war. So liefen die Panzerschiffe der 1880iger Jahre noch 15kn und wurden ständig um 1-2 kn schneller.
Aber der Panzerkreuzer auf dem Weg zum Schlachtkreuzer erschafft einen neuen Typen, mit der Feuerkraft der Linienschiffe und der Fahrgeschwindigkeit von Torpedobooten. Das nenne ich revolutionär!
Insofern ist interessant, dass sich Fisher mit dem Weggang von Selborne endgültig durchsetzen konnte (März 1905). Das ist eigentlich das entscheidende Ereignis im Jahr 1905, jedenfalls in Richtung auf den Bau der battlecruiser, auch wenn er dann die gewünschten "4" nicht ganz bekam.
Daher lag Fisher auch viel daran und die
Dreadnought von 1906 war nur ein Beiwerk zudem die Admiralität nicht davon überzeugt war, was der parallele Bau der Linienschiffe der
Lord Nelson-Klasse beweist.
Hinzu kamen noch die Erfahrungen der Seeschlacht von 1905, die aufzeigten, wie wichtig eine hohe Fahrgeschwindigkeit ist, die eigentlich auch einen Gegner siegen lies, der in der Zahl an Linienschiffen geringer aufgestellt war. Geschwindigkeit und hohe Feuerkraft vor allem im Bezug auf die Gefechtsentfernung waren die Erkenntnisse, die Fisher in seiner Invincible-Revolution bestärkten.
Quellen:
Kriegsschiffe der Welt 1860-1905/ Chesneau u. Kolesnik/ Band 1 und 2
Die Brandenburg-Klasse/ Nottelmann
Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970/ Breyer