Einführung in die Geschichte des Mittelalters

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Persönlichkeiten im Mittelalter

Mehrere Ereignisse im 15. und 16. Jahrhundert kennzeichneten den Umbruch dieser Zeit. Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, die Reformation Martin Luthers, die Entdeckung des amerikanischen Kontinenten durch Christoph Kolumbus oder die Aufstellung des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, markierten den Beginn eines neuen Zeitalters. Dieses Zeitalter hält bis heute an und seitdem wurden noch viele andere Entdeckungen und Erfindungen gemacht, die das Leben der Menschen erleichterten und ihr Wissen über Gott und die Welt erweiterten. Dieses Zeitalter stand ganz im Gegensatz zu den vorangehenden eintausend Jahren und knüpfte an eine Zeit an, als Persönlichkeiten wie Sokrates, Platon oder Aristoteles versuchten, die Welt und ihre Eigenheiten zu erklären. Kein Wunder also, dass die Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts einen Begriff für jene eintausend Jahre prägten, um sich davon abgrenzen zu können. Ihre eigene und damit auch unsere heutige Zeit bezeichneten sie als Neuzeit, die Zeit der großen Philosophen als Antike und die dazwischen liegenden eintausend Jahre als Mittelalter.

Diese Zeiteinteilung hat sich bewährt und wird noch heute verwendet. Jedoch sind die modernen Historiker sich nicht einig darüber, mit welchem Datum man das Mittelalter ansetzen sollte. Zwischen dem 3. und dem 9. Jahrhundert fanden eine ganze Menge wichtiger Ereignisse statt, die die ganze Weltgeschichte beeinflussen sollten; die Historiker hatten also die Qual der Wahl, sich eines dieser Daten auszusuchen. Da wäre unter anderem die Zeit von 284 bis 305, als ein Mann das Römische Reich regierte, der es komplett reformierte: Diokletian. Durch die Erhebung von drei Nebenkaisern begründete er die Tetrarchie (griech. „Viererherrschaft“), wodurch er eine seit fünfzig Jahren anhaltende Krise im Reich bewältigen wollte. Stattdessen folgte aber ein Bürgerkrieg zwischen den Kaisern, den ein Mann namens Konstantin gewann. Er war es, der im Jahre 313 das Toleranzedikt von Mailand erließ und das Christentum als gleichberechtigte Religion anerkannte. Er war es, der 325 das erste Ökumenische Konzil in Nicäa einberief, in dem die Wesensgleichheit von Gott und Jesus Christus festgelegt wurde. Und ebenfalls er war es, der 330 eine antike griechische Stadt namens Byzantium in Konstantinopel (griech. „Stadt des Konstantin“) umtaufte und zur neuen Reichshauptstadt einweihte; Rom war bereits damals Geschichte. Trotz dieser Ereignisse sprechen die Historiker für diese Zeit noch von der Spätantike. Das Mittelalter begann frühestens im Jahre 395, als Theodosius der Große starb und das Reich, wie einst unter Diokletian, in zwei Herrschaftsbereiche geteilt wurde. Das Weströmische Reich zerfiel zusehends, vor allem wegen den Hunnen, die 375 in Europa eingefallen waren, und den Germanen, deren Völkerwanderung von den Hunnen, besonders von ihrem König Attila (Reg. um 433-453) ausgelöst worden war und die nun Zuflucht im Reich suchten; einer dieser Germanen, Alarich, eroberte 410 Rom sogar. Ein anderer Germane, Odowakar, setzte im Jahre 476 den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus ab. Auf dem ehemaligen Reichsgebiet bestanden nur noch die germanischen Königreiche, aus denen sich unsere heutigen Staaten entwickeln sollten; Deutschland beispielsweise entwickelte sich aus dem von Chlodwig I. begründeten Fränkischen Reich.

Im Osten bestand das Reich weiter und einer seiner Kaiser, Justinian I., unternahm den Versuch, den Westen zurückzuerobern. Tatsächlich erhielt er Italien und Nordafrika zurück, welche innerhalb weniger Jahrhunderte jedoch wieder verloren gingen. Das germanische Volk der Langobarden eroberte Italien, während die Nomadenstämme auf der arabischen Halbinsel von Mohammed (um 570-632), seiner Nachfolger und der von ihm begründeten Religion des Islams geeint wurden und sich nicht nur Nordafrika packten, sondern auch Byzanz, wie das Oströmische Reich genannt wurde, bedrohten. Auch im Westen bekamen die Kaiser Konkurrenz, als im Jahre 800 der fränkische König Karl der Große von Papst Leo III. zum römischen Kaiser gekrönt wurde. Karl schaffte es, ein großes Imperium zu errichten, welches u. a. Italien, Frankreich und Deutschland umfasste und nach seinem Tod ebenso schnell zusammenbrach, wie es entstanden war.

Irgendwann zwischen 284 und 800 begann das Mittelalter, genauer das Frühmittelalter. Die Historiker teilten das Mittelalter auch wieder auf in ein Früh-, ein Hoch- und ein Spätmittelalter. Das stellte sie vor das Problem, wann man diese drei Epochen abgrenzen sollte. Von Nation zu Nation werden andere Daten dafür benützt; allgemein ist es die Mitte des 11. Jahrhunderts, als die Bevölkerung drastisch anwuchs, was zahlreiche Folgen hatte: da mehr Nahrung produziert werden musste, wurden die Methoden zur Nahrungsbeschaffung verbessert und die Flächen für Siedlung und Anbau erweitert; das führte dazu, dass die Bedeutung von Handel und Handwerk stieg, dass neue Märkte entstanden und dass sich neue Städte bildeten. Speziell in Deutschland könnte man den Beginn des Hochmittelalters im 10. Jahrhundert ansetzen, als die deutschen Karolinger (die Familie Karls des Großen) 911 mit Ludwig dem Kind ausstarben; einer seiner Nachfolger, Otto der Große, besiegte die Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld 955, wurde sieben Jahre später römischer Kaiser und trieb durch die Gründung des Erzbistums Magdeburg 968 seine Untertanen zur Ostsiedlung an.

Das Spätmittelalter begann im 12./13. Jahrhundert, als Frankreich im Gegensatz zu Deutschland eine Erbmonarchie wurde, als 1187 Jerusalem von Sultan Saladin fiel und mit Ausnahme der Jahre von 1229-1244 in der Hand der Sarazenen verblieb und als 1204 Konstantinopel von den Kreuzfahrern während des 4. Kreuzzugs erobert wurde. Es waren vor allem die Kreuzzüge, durch die es zu Kontakten zwischen den Europäern und Sarazenen kam. Dadurch wurde auch ihr Wissen ausgetauscht, u. a. wurde in der westlichen Mathematik die Zahl 0 aufgenommen. Außerdem trugen sie ebenso wie die Sarazenen und Osmanen zum Untergang von Byzanz bei, dessen Hauptstadt 1453 von letzteren erobert wurde. Viele Byzantiner flohen mit den Schriften der antiken Philosophen in den Westen. So kamen die Schriften auch in die Hände von Christoph Kolumbus, der feststellte, dass bereits Aristoteles von der runden Erde wusste. Das zu beweisen verknüpfte er mit der Entdeckung eines westlichen Seewegs nach Indien. Da Byzanz vernichtet war, war der Landweg nach Indien verschlossen, weswegen nun mal ein Seeweg entdeckt werden musste; einen östlichen Seeweg entdeckte Vasco da Gama fünf Jahre später. Jedenfalls führten diese Ereignisse zum Entstehen der Neuzeit.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Zeiteinteilung in Antike, Mittelalter und Neuzeit nur für Europa gilt. Für andere Kulturen wird anders gerechnet. Beispielsweise wird bei der Mayakultur zwischen einer vorklassischen (ca. 1500 v. – ca. 300 n. Chr.), einer klassischen (ca. 300 – ca. 900) und einer nachklassischen Zeit (ca. 900 – ca. 1500/1600) unterschieden. Und auch hier gibt es wieder Unterteilungen, was die ganze Geschichte verkompliziert. Ebenso verhält es sich mit allen anderen Kulturen. Eine gemeinsame Zeiteinteilung für alle Kulturen wird es wohl nie geben, sofern sie so extrem detailliert überhaupt nötig ist.

Literatur:
Felix Dahn, „Die Völkerwanderung“ (1977)
Ehlers, Müller, Schneidmüller, „Die französischen Könige des Mittelalters“ (1996)
Michael Grant, „Die Römischen Kaiser“ (1985)
Gerhard Hartmann, Karl Schnith, „Die Kaiser“ (1996)
Manfred Höfer, „Die Kaiser und Könige der Deutschen“ (1994)
Dietmar Kienast, „Römische Kaisertabelle“ (1996)
Johannes Lehmann, „Die Kreuzfahrer“ (1976)
Ferenc Majoros, Bernd Rill, „Das Osmanische Reich“ (2002)
Emil Nack, „Germanien“ (1977)
John Julius Nowich, „Byzanz“ (2000)
Hermann Schreiber, „Geschichte der Päpste“ (1995)
 
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