Einführung in die Geschichte Marokkos, Algeriens, Tunesiens, Libyens und Ägyptens

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Imperator

Premiummitglied
Marokko

Marokko befand sich seit dem siebten Jahrhundert unter sarazenischer, später unter osmanischer Herrschaft. Die europäischen Mächte scherten sich nicht darum und drangen dort ein: Großbritannien anerkannte 1904 Frankreichs Interessen, welches sich das Land mit Spanien aufteilte. Da Deutschlands Widerspruch nach der Konferenz von Algericas unberücksichtigt blieb, versuchte es durch den so genannten „Panthersprung nach Agadir“ 1911 erfolglos die Bevölkerung gegen Frankreich aufzuhetzen; die Zweite Marokkokrise endete mit dem Marokko-Kongo-Vertrag, der Sultan von Marokko anerkannte im Jahr darauf das Protektorat Frankreichs.

Im Jahre 1920 versuchte die im spanischen Teil lebende Bevölkerung unter der Führung Abd el-Krims gewaltsam die Unabhängigkeit zu erreichen; der Aufstand breitete sich auch auf das französische Protektorat aus, wurde aber bis 1934 niedergeschlagen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten die Marokkaner ihr Glück mithilfe der Diplomatie, jedoch wurde Sultan Mohammed V. erst 1955 von Frankreich als König und die Unabhängigkeit erst im Jahr danach anerkannt. Kurze Zeit darauf erfolgte die (zumindest offizielle) Vereinigung mit dem spanischen Teil. Mohammeds Nachfolger Hassan II. wandelte sechs Jahre später das Land in eine konstitutionelle Monarchie um.

Ein gewaltloser Marsch („Grüner Marsch“) von dreihundertundfünfzigtausend Marokkanern in den noch immer spanisch besetzten Teil Marokkos beendete die Herrschaft Spaniens; der größte Teil kam an Marokko, das südliche Drittel an Mauretanien, welches später allerdings von Marokko besetzt wurde. Dort wurde die Polisario gegründet, eine Organisation, die für die Unabhängigkeit des ehemals spanischen Teils eintritt; die „Demokratische Arabische Republik Sahara“ anerkannten bislang sechsundsiebzig Staaten. Der seitdem bestehende Konflikt konnte bis heute nicht beigelegt werden.


Algerien

Algerien, ein Teil des Osmanischen Reiches, wurde 1834 von Frankreich annektiert, welches im Gegensatz zu den Türken eine aggressivere Politik gegenüber den einheimischen Berbern führte. Der heute als Nationalheld verehrte Abd el-Kader versuchte, das Land in die Unabhängigkeit zu führen, wurde 1847 allerdings besiegt. Schließlich wurde eine Kolonie begründet, welche von den Colons, einer europäischen Minderheit, autoritär regiert wurde. Sie lehnten auch eine von Frankreich geplante Gleichberechtigung mit den unterdrückten Muslimen ab, was deren Widerstand schürte. Angeführt von Ferhat Abbas erreichte man eine gleichmäßige Sitzverteilung der Colons und der Muslimen in der ersten Nationalversammlung 1947, doch kam es zu keiner Lösung.

Sieben Jahr darauf wurde die Nationale Befreiungsfront (FLN) unter Ahmed Ben Bella begründet, welche durch Guerillaangriffe den Algerienkrieg heraufbeschwor. Obwohl nahezu fünfhunderttausend französische Soldaten die Terroranschläge des FLN zu bekämpfen suchten, mussten sie sich, v. a. wegen internationalen Drucks, 1959 geschlagen geben. Die Colons versuchten auf terroristischem Wege den Krieg weiterzuführen, mussten die Niederlage allerdings spätestens 1962 einsehen, als Algerien in die Unabhängigkeit entlassen wurde; die meisten Colons verließen daraufhin das Land.


Tunesien

Tunesien befand sich unter britischer Herrschaft, als Frankreich 1878 auf dem Berliner Kongress das Land als Gegenleistung dafür forderte, dass es auf Zypern zugunsten Großbritanniens verzichtete. Drei Jahre später marschierte Frankreich in das Land ein, brach den Widerstand der Bevölkerung, deren Bei den Bardo-Vertrag unterzeichnete und das französische Protektorat anerkannte.

Bereits zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts bildeten sich erste Unabhängigkeitsbewegungen. Diese so genannten Jungtunesier schlossen sich 1920 zur Destur-Partei zusammen, welche, nachdem sie sich nach fünf Jahren aufgelöst hatten, sich in den Dreißiger Jahren neu begründeten; während sie nach eher liberalen Idealen operierte, wurde 1934 unter Habib Bourguiba die extreme Neo-Destur-Partei begründet, welche vier Jahre darauf von der Regierung aufgelöst wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Tunesien in einen halbautonomen Staat umgewandelt und 1947 wurde ein Kabinett aus Einheimischen gebildet. Doch konnte das die Bevölkerung nicht befrieden, die mit vermehrten Aufständen antwortete, die v. a. nach der Rückkehr des exilierten Bourguiba einsetzten. Im Jahre 1955 wurde eine vollkommen aus Tunesiern bestehende Regierung eingesetzt, während die Außenpolitik weiterhin von Frankreich geführt wurde. Da dies die Probleme noch immer nicht löste, wurde Tunesien im Jahr darauf als konstitutionelle Monarchie unter der Herrschaft des Beis in die Unabhängigkeit entlassen. Bereits nach einem weiteren Jahr wurde das Amt des Beis abgeschafft und eine Republik ausgerufen; Präsident wurde Bourguiba, der bis 1987 regierte.


Libyen

Libyen befand sich seit 1551 unter osmanischer Herrschaft, konnte sich jedoch spätestens seit dem achtzehnten Jahrhundert als ein autonomes Staatswesen unter der Familie der Karamanli etablieren. Im Jahre 1911 fiel Italien ein, was sie dazu veranlasste, mit den verfeindeten Osmanen gemeinsame Sache gegen den Eindringling zu machen. Allerdings scheiterte der Versuch und Libyen wurde im Jahr darauf eine italienische Kolonie; der Widerstand wurde allerdings erst 1931 endgültig gebrochen.

Im Jahre 1947 verzichtete Italien auf die mittlerweile annektierte Kolonie; Libyen wurde UN-Treuhandsgebiet und fünf Jahre später in die Unabhängigkeit entlassen. Souverän über ein föderatives Königreich wurde Idris I., der bislang das Amt des Emirs der Cyrenaika bekleidet hatte. Er machte auch aus Libyen eines der wichtigsten Erdöl exportierenden Länder; wirtschaftlich wurde es von den Westmächten unterstützt, die in Libyen Truppenstützpunkte errichteten. Doch putschte das Militär 1969, stürzte Idris und erhob Muammar al-Gaddhafi zum Staatspräsidenten, der einen islamistischen Sozialismus einführte und sich der Sowjetunion annäherte. Zehn Jahre später nahm Gaddhafi den Titel eines „Führers der Großen Revolution“ an und regiert das Land seitdem ohne ein offizielles politisches Amt.


Ägypten

Oftmals heißt es, dass Ägypten als Staat seine Souveränität 30 v. Chr. einbüßte und sie erst zweitausend Jahre später wiedererhielt. Ende des neunzehnten Jahrhunderts übernahm jedenfalls Großbritannien faktisch die Herrschaft, während das Land offiziell ein Teil des Osmanischen Reiches blieb. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde es allerdings in ein britisches Protektorat umgewandelt und dem Reich abgetrennt; schließlich verblieb es auch beim Vereinigten Königreich. Beim Ende des Krieges regte sich bereits erster Widerstand gegen die Besatzer; die Befreiungsorganisation Wafd unter Saad Zaghlul versuchte zunächst auf diplomatischem Weg die Unabhängigkeit zu erreichen, stieß bei den Briten jedoch auf taube Ohren. Im Jahre 1921 wurde Zaghlul aus dem Land gewiesen. Im Jahr darauf hob der britische Hochkommissar Viscount Allenby das Protektorat auf und proklamierte ein unabhängiges Königreich unter Fuad I., wobei Großbritannien im Hintergrund weiterhin die Fäden zog.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg zogen sich die Briten zurück, behielten aber die Kontrolle über den für ihre Wirtschaft unentbehrlichen Suezkanal. Nach der Niederlage Ägyptens im Ersten Nahostkrieg, nutzte das Militär das sich verschlechterte Image des Königs Farkus I. zu einem Staatsstreich und beendete die Monarchie. General Nagib wurde Staatspräsident, nach seinem Rücktritt im Jahre 1954 General Nasser.


Literatur:

Kleines Afrika-Lexikon
Politik, Wirtschaft, Kultur von R. Hofmeier und A. Mehler

Fischer Weltgeschichte
Band 32
Afrika
Von der Vorgeschichte bis zu den Staaten der Gegenwart

Geschichte der europäischen Expansion
Band 4 Dritte Welt Afrika von Wolfgang Reinhard

Geschichte Afrikas von Franz Ansprenger, erschienen in der Beckschen Reihe "Wissen"
 
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben