Emanzipation in der BRD und in der DDR

Conzaliss

Mitglied
Nach über 20 Jahren Vereinigung und manch Erfahrung stelle ich grundsätzliche Unterschiede fest.

Die Frauen aus dem deutschen Osten sind emanzipierter als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen.

Ich frage mich allerdings, ob das an der Formung durch das Regime oder an anderen Ursachen liegt...
 
Kommt wahrscheinlich darauf an, an was du Emanzipation festmachst.
Am Anteil der Frauen in Erwerbsarbeit, Politik, Führungspositionen?
An der gerechten Aufteilung der Hausarbeit in gemischtgeschlechtlichen Haushalten?

Es gibt viele Kriterien, die beim Stichwort Emanzipation zu betrachten wären. Bezieht du dich nur auf die Zeit bis 1990?
 
Ich denke an die Zeit zwischen 1968 und 1990...

Ja gut und wie definierst du Emanzipation? Die Kriterien sollten schon über Duden | Emanzipation | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Synonyme, Herkunft hinausgehen.
Kommt wahrscheinlich darauf an, an was du Emanzipation festmachst.
Am Anteil der Frauen in Erwerbsarbeit, Politik, Führungspositionen?
An der gerechten Aufteilung der Hausarbeit in gemischtgeschlechtlichen Haushalten?
 
Emanzipation bedeutet für mich volle Gleichberechtigung, Teilen von Hausarbeit, Erwerbstätigkeit mindestens bis zur Kindererziehung, Kindererziehung von beiden Elternteilen, Zulassen von unterschiedlichen Ansichten mit fruchtbarer Diskussion und bei Unfähigkeit, sich zu einigen, Toleranz...
 
So wie ich Frauen der alten Bundesländer kennen gelernt habe, würde ich nicht sagen, sie wären nicht emanzipiert.

Ich würde eher so sagen, Emanzipation erschien meines Erachtens in den alten Bundesländern anders, wie Emanzipation in der ehemaligen DDR.
Es gab teilweise andere Inhalte, die auch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen zusammen hingen, aber sich nicht nur ausschließlich auf diese reduzieren.

Diese eine Wertung zu unterziehen nach besser oder schlechter, halte ich nicht unbedingt für empfehlenswert.
Auflisten ja, aber Wertung, da stecken mir zu viel unterschiedliche Meinungen drin.

Etwas anderes wäre für mich...
Hat die Emanzipation der Frauen der alten Bundesländer dazu geführt, dass sie mit den Erfordernissen der heutigen Zeit gut zu rechte kommen.
Und hat die Emanzipation der Frauen aus der ehemaligen DDR das gleiche bewirkt.
 
Emanzipation bedeutet für mich volle Gleichberechtigung, Teilen von Hausarbeit, Erwerbstätigkeit mindestens bis zur Kindererziehung, Kindererziehung von beiden Elternteilen, Zulassen von unterschiedlichen Ansichten mit fruchtbarer Diskussion und bei Unfähigkeit, sich zu einigen, Toleranz...

Ein schwieriges aber hochinteressantes Thema. Juristisch war die Bundesrepublik und die DDR spätestens nach 1958 bzw. 1965 bei der Gleichstellung gleichauf.

Zur Bundesrepublik vergl.:

http://www.gesetze-im-internet.de/b undesrecht/gleichberg/gesamt.pdf

Zur DDR vergl.:

Familiengesetzbuch der DDR (1965)

Juristisch ist das relativ einfach, aber soziologisch bzw. soziohistorisch wird es "sperrig" und schwierig. Ich fürchte, das "sprengt" den Rahmen einer Diskussion in einem Forum.

Einen Vergleich der "Frauenarbeitsquote" zwischen der BRD und der DDR bekäme man statistisch sicher hin. Aber bei denen in Deiner Definition angeführten Kategorien wie "Teilen von Hausarbeit" oder "...Zulassen von unterschiedlichen Ansichten mit fruchtbarer Diskussion und bei Unfähigkeit, sich zu einigen, Toleranz. ..." ist das faktisch unmöglich.

M. :winke:
 
Ein schwieriges aber hochinteressantes Thema. Juristisch war die Bundesrepublik und die DDR spätestens nach 1958 bzw. 1965 bei der Gleichstellung gleichauf.

Da bin ich nicht so sicher, gab es denn in der DDR ein Äquivalent zum Ehegattensplitting?
Soweit ich das übersehe, ist das ein im europäischen Vergleich nicht häufig angewendetes Verfahren. Das Instrument, mit der Auswirkung die Hausfrauenehe zu stärken, stammt aus dem Jahr 1934. Ehegattensplitting ? Wikipedia



Einen Vergleich der "Frauenarbeitsquote" zwischen der BRD und der DDR bekäme man statistisch sicher hin. Aber bei denen in Deiner Definition angeführten Kategorien wie "Teilen von Hausarbeit" oder "...Zulassen von unterschiedlichen Ansichten mit fruchtbarer Diskussion und bei Unfähigkeit, sich zu einigen, Toleranz. ..." ist das faktisch unmöglich.

M. :winke:

Naja, schwierig und wahrscheinlich kontrovers aber nicht unmöglich, würde ich sagen. Es haben sich doch bestimmt schon Soziologen an Umfragen und Untersuchungen versucht.
 
Da bin ich nicht so sicher, gab es denn in der DDR ein Äquivalent zum Ehegattensplitting?

Äquivalent zum Ehegattensplitting in der DDR...

Mir nicht bekannt.
Möglicherweise gab’s so etwas bei Ehepaaren die Selbstständig waren (Künstler, Ladeninhaber, Eigentümer von Betrieben und dergleichen).

Habe aber nie davon gehört.
Auch nicht von Mitarbeitern der „staatlichen Finanzrevision“ (hatte mit einigen Kontakt), die die Selbstständigen prüften.

Im Angestelltenverhältnis gab es Tarife und innerhalb dieser Tarife Gruppen.
Da war alles geregelt.
Beispiel Tarif Bauwesen:
S-Gruppe, I-Gruppe, W-Gruppe, A-Gruppe, M-Gruppe, L-Gruppe.
In anderen Tarifen gab es auch diese Gruppen.

S... Sondergehalt (in der Regel Direktoren),
I... Ingenieure
W...Wirtschaftler/Ökonomen
A... Angestellte
M... Meister
L... Facharbeiter und Angelernte

Einige im Angestelltenverhältnis, so z.B. auch ich, mussten am Jahresende eine Steuerklärung (Formular - Vordruck) beim Rat des Kreises, Abteilung Finanzen abgeben.
War für alle die, die zusätzlich zum Angestelltenverhältnis eine freiberufliche Tätigkeit ausübten.
Wenns gewünscht ist, stelle ich gern Bilder von diesen Formular hier rein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein weiterer Emanzipationsanzeiger ist die Bezahlung.
Du kennst dich mit den Tarifgruppen in der DDR ja gut aus, RalfM.
Hatten die Frauen ungefähr das gleiche Einkommen wie Männer? Oder gab es etwa auch typische Frauenberufe, die in eine niedrigere Tarifgruppe eingeordnet wurden?
 
Kann eben darauf an wo die Frau arbeitete.

Ich meine in welchen Industriezweig (Tarif), mit welcher Qualifikation und welcher Planstelle.
Der Industriezweig regelte den Tarif.
Die Qualifikation regelte welche Gruppe (I, W, A usw.) man bekam.
Die Planstelle regelte welches Gehalt man innerhalb der Gruppe bekam.
Da gab es keine Unterschied ob Mann oder Frau.

In meinen Bereich (Technik) herrschte in der Leitungsebene (Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Bereichsleiter) Männerdominanz.
Mitarbeiter, die die Ing. Qualifikation haben mussten, waren aber auch Frauen.
Je nachdem wer die Planstelle hatte, gleich ob Mann oder Frau, die Entlohnung war dann die Gleiche.

Im ökonomischen Bereich und Buchhaltungsbereich war das gemischter.
Da gab es Männer und Frauen als Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter oder Bereichsleiter, auch als Direktoren.
War ein Frau Abteilungsleiter bekam sie das, was die Planstelle auswies. War es ein Mann, bekam er das Gleiche.

Da Frauen zu diskriminieren (z.B. wegen Familie, Kinder usw.) war Lebensgefährlich!

Beschwerdestellen gab’s ja genug in den Betrieben und übergeordneten Organen (Kaderleitung, SED, FDGB, DFD, FDJ, ABI; ich hoffe ich habe keine Vergessen :).

Ein solcher Direktor, wem man ihm dann überhaupt noch behalten wollte, wäre ähnlich wie eine Maschine behandelt worden.
Nämlich:
  • Auseinandergeschraubt, d.h. in seine Teile zerlegt,
  • Diese wären geölt worden und danach wäre er wieder
  • Zusammengesetzt worden.
  • Man konnte dann besser Denken und Laufen!

Ich drücke es mal vereinfacht so aus:

  • Geld - Unterschiede gab’s in den Tarifen. Ich glaube einer der schlechtesten Tarife war der der Bekleidungsindustrie und der Lebensmittelindustrie.
  • Mit der Qualifikation der Person war dann in diesen Tarif geregelt, in welche Gehalts- oder Lohngruppe die Person (gleich ob Mann oder Frau) eingeordnet wurde.
  • Die Gehalts- oder Lohngruppe regelte die Höhe des monatlichen Entgeltes.
  • Die Planstelle das konkrete Gehalt, was die Person bekam (gleich ob Mann oder Frau).

Eine I/V im Bauwesen mit der Endstufe Brutto 1.600,- Mark/Monat war nicht das gleiche, wie eine I/V z.B. in der Bekleidungsindustrie, die lag wohl so ungefähr um die 1.400,- Mark.
Bei den I-Gruppen, ich glaube gleich welcher Tarif, gab’s noch zusätzlich Treueprämie. Aber frag mich nicht, ab wie viel Jahren Betriebszugehörigkeit. Irgendwann (5 oder 10 Jahre) waren es auf meiner Gehaltsabrechnung automatisch etwas mehr geworden.





 
Eine I/V im Bauwesen mit der Endstufe Brutto 1.600,- Mark/Monat war nicht das gleiche, wie eine I/V z.B. in der Bekleidungsindustrie, die lag wohl so ungefähr um die 1.400,- Mark.

Ahja, danke RalfM. Wie war es denn bei Betreuern in Kindergärten, Krankenpflegern, Frisören, Verkäufern?
Ich nehme an, dass in der Bekleidungsindustrie überwiegend Frauen arbeiteten oder gab es Quoten?
Wie schätzt du denn den Unterschied von 200 Mark ein? Kann man den verallgemeinern?
 
Da bin ich nicht so sicher, gab es denn in der DDR ein Äquivalent zum Ehegattensplitting?
Soweit ich das übersehe, ist das ein im europäischen Vergleich nicht häufig angewendetes Verfahren. Das Instrument, mit der Auswirkung die Hausfrauenehe zu stärken, stammt aus dem Jahr 1934. Ehegattensplitting ? Wikipedia...

@rena8

Wie RalfM. schon w.o. schrieb, nein, ein Ehegattensplitting gab es m. W. nicht.

Das Steuersystem der DDR in Kurzfassung:

DDR-Lexikon: Steuern und Abgaben

Das Gesetzblatt, auf das der Artikel abstellt, könntest Du hier finden:

Bundesarchiv - Deutsche Demokratische Republik (1949-1990)

Bzw.: hier:

DR GBL1 1970, Heft 22 (Gesetzblatt der DDR) - Recht für Deutschland

Nun aber zum Kern Deines Beitrages.

Hier findest Du die "Frauenarbeitsquote" in der DDR, ich habe 1989 gewählt.

DigiZeitschriften: Seitenansicht

Da kannst Du Dich "durchklicken", z.B. auch in den Wirtschaftszweigen.

Nach meiner Erfahrung und Einschätzung (soziologisch nicht abgesichert) waren in der DDR Frauen in bestimmten Berufen überrepräsentiert w.z.B. Erzieherinnen, Krankenpflege, Unterstufen-Lehrerinnen, Verkauf, nichtleitender kaufmännischer Bereich, nichtleitender Verwaltungsbereich usw.

Das waren Berufe mit relativ niedriger Bezahlung.

Schau auch mal hier ("Quellentext").

Die DDR in den siebziger Jahren | bpb

Dort sind auch Literaturangaben.

In leitenden Positionen waren Frauen, natürlich mit Ausnahmen, jenseits der untersten Führungsebene, eher selten.

M. :winke:

P.S.: "Teilen von Hausarbeit" und "Toleranz" sind m.E. Kategorien, die auch soziologisch faktisch nicht empirisch erfasst werden können.
 
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