europäische Sprachen und Dialektkontinuum

Danke , Timo , für diese Übersicht:winke:

Kein Problem; ich werde mir das wohl einmal irgendwo zwischenlagern müssen, um es immer wieder parat zu haben.
Anm.: Wenn ich für jeden bisherigen diesbezüglichen Beitrag pro Zeile 10 Euro kassiert hätte, wäre das ein einträgliches Geschäft geworden...

Tja, was machen wir nur......in der Breite der medialen Darstellungen werden nun einmal viele dieser Dialekte als "sächsisch " präsentiert , da kann man wohl nix machen:cool:
Obwohl es , wie du aufzeigst , in der fraglichen Region überhaupt keine "sprachlichen" Sachsen gibt =)

Da fallen mir die sprichwörtlichen Millionen von Fliegen ein...

Aber ernsthaft: Ähnliches gilt bspw. auch für die Hessischen Dialekte. Aufgrund des "Fernsehhessisch" a la Heinz Schenk sind auch da vollkommen falsche Vorstellungen weit verbereitet - aber sie sind eben trotzdem falsch. Und nur wenigen Leuten ist darüberhinaus bewußt, daß z.B. im Raum Aschaffenburg (bekanntlich bayerisches Unterfranken) das Untermainländische, ein Unterdialekt des Südhessischen (und damit sogar nächstverwandt zum Frankfurterisch, welches für das o.g. "Fernsehhessisch" prägend ist), gesprochen wird.

Soviel also zum Thema "Breite der medialen Darstellungen"; sprachwissenschaftlich gesehen ist da vieles einfach nur Mumpitz...
:fs:

Noch eine Anmerkung zum "Sächsischen" bzw. dessen Außenwahrnehmung: dem wird diesbezüglich doppelt übel mitgespielt.
Einerseits wird in Fernsehen und Kabarett etwas Osterländisch (Leipzig) und etwas Südostmeißenisch (Dresden) hergenommen, parodistisch aufbereitet - sprich: gegenüber der tatsächlichen Aussprache durch einige Übertreibung verändert - und dann von Leuten gesprochen, die gar nicht aus diesen Regionen stammen. Damit einhergehend wird das Bild vermittelt, in ganz Sachsen - ggf. sogar auf dem Gebiet der ehem. DDR (was noch unsinniger ist) - würden sämtliche Leute so sprechen.
Andererseits ordnen mitunter selbst Fachleute nahezu alle in Sachsen gesprochenen Dialekte unter Obersächsisch ein, was ein untrügliches Zeichen dafür ist, daß dies keinesfalls auf Grundlage von Sprachproben der betreffenden Mundarten erfolgt. Ansonsten muß es nämlich jedem Sprachforscher auffallen, daß bspw. ein Leipziger oder ein Dresdner einen erzgebirgischen oder vogtländischen Mundartsprecher beinahe überhaupt nicht versteht und das Verstehen selbst einem Chemnitzer oder Zwickauer - dort sind sog. Interferenzräume - in einem Gespräch durchaus schon schwer fällt.

Anm.: Und im Freistaat Bayern bspw. könnten wir mit solchen Analysen entsprechend fortfahren, da es auch dort weitaus heterogener aussieht als gemeinhin oftmals angenommen...
:fs:

Klischees sind wohl ziemlich haltbare Ordnungsprinzipien .....

Am Stammtisch vielleicht :cool:
 
Romanische Sprachen

Ich hänge meine "doofe" Frage hier dran, weil ich keinen eigenen Thread aufmachen will, es hier einigermaßen paßt und wahrscheinlich schnell zu erledigen ist.

Die letzten Tage habe ich in Italien verbracht und dabei wieder einmal festgestellt, dass die Verständigung mit Englisch als Fremdsprache in romanischen Ländern etwas Geduld auf beiden Seiten erfordert. Meine Tochter war mit Spanisch meist erfolgreicher und konnte auch mehr italienisch verstehen, vor allem lesen. Beim Lesen habe sogar ich einiges verstanden.
Daraus ergab sich nun die Diskussion, warum sich die romanischen Sprachen so unterschiedlich anhören.
Grammatik und Wortstämme sind fast immer auf Latein zurückführbar, die Aussprache und die ganze Sprachmelodie klingt jedoch sehr verschieden.
Wie kommt das? In der Diskussion wurde die Meinung vertreten, dass sich die Unterschiede zwischen Französisch, Italienisch und Spanisch vielleicht auf die unterschiedlichen Vorsprachen zurückführen lassen, da die ursprünglich im gallorömischen Bereich lebenden Bewohner ihren keltischen Akzent ins französische eingebracht haben. Für die verwaschenen italienischen Zisch-Laute wurden sogar eine Ähnlichkeit mit slawischer Intonitation vermutet.
Angeblich soll portugiesisch mehr italienisch-verwaschen klingen, obwohl es dem härter und klarer klingenden Kastellan benachbart ist.
Wie rätoromanisch oder rumänisch klingt, würde mich dabei auch interessieren.
Vielleicht habe ich weitere, evtl. inzwischen ausgestorbene romanische Sprachen vergessen, es gab doch ein südwestfranzösisches Okzitanisch, wie klang denn das?
 
Daraus ergab sich nun die Diskussion, warum sich die romanischen Sprachen so unterschiedlich anhören.
Grammatik und Wortstämme sind fast immer auf Latein zurückführbar, die Aussprache und die ganze Sprachmelodie klingt jedoch sehr verschieden.
Wie kommt das? In der Diskussion wurde die Meinung vertreten, dass sich die Unterschiede zwischen Französisch, Italienisch und Spanisch vielleicht auf die unterschiedlichen Vorsprachen zurückführen lassen, da die ursprünglich im gallorömischen Bereich lebenden Bewohner ihren keltischen Akzent ins französische eingebracht haben.

Im Bereich der Westromania gibt es die sogenannte Lenisierung oder Sonorisierung. D.h. aus den lateinischen Lauten /p-t-k/ wird /b-d-g/.
Beispiele:
Apotheca (ein Gräzismus im Lateinischen, aber enthält alle lenisierten Konsonanten) > Bodega
Advocatus (der Herbeigerufene, Anwalt) > Abogado, hier sind es nur /k/ und /t/ die sonorisiert wurden. Man erklärt diese Sonorisierung mit einem keltischen Einfluss, Zweifel daran werden allerdings geäußert, weil auch eine romanische Sprache - wenn ich mich bloß erinnern könnte welche - ohne keltischen Einfluss diese Sonorisierung zeigt.

Für die verwaschenen italienischen Zisch-Laute wurden sogar eine Ähnlichkeit mit slawischer Intonation vermutet.

Könntest Du ein Beispiel bringen?

Angeblich soll portugiesisch mehr italienisch-verwaschen klingen, obwohl es dem härter und klarer klingenden Kastellan benachbart ist.
So hart ist das Castellano gar nicht, wie an den beiden obigen Beispielen gezeigt, neigt es zur Lenisierung (/p-t-k/ > /b-d-g/) <-ct-> bzw. /-kt-/ zu -ch- /tʃ/ ("tsch") oder <-nn-> zu <ñ> ("nj"). Was das Kastilische so hart wirken lässt ist das kastilische <j>, welches wie das deutsche <ch> /χ/ wie in Kachel oder Sachen. Dieser Laut war aber ursprünglich mal ein weicher Laut /j/, wie in Dschungel, der aus den beiden Lauten /j/ und /ʃ/ zusammengefallen ist. Sowohl das /j=dsch/ als auch das /ʃ/ gibt es im Spanischen nicht mehr; es hat sich aber in der internationalen Aussprache des aus Jerez stammenden Sherry noch erhalten. Wenn auch Jerez ['χereθ] oder ['χereS] ausgesprochen wird, hat der Sherry das /ʃ/ noch erhalten ['ʃeRi:], in dem sich der alte arabische Stadtname noch widerspiegelt: Šarīš. Der Zusammenfall von /j=dsch/ und /ʃ/ ist auf das hohe bis ausgehende MA zu datieren, die Entwicklung vom <j> (=/j=dsch/) zum <j> (=/χ/) fand im 17. Jahrhundert statt, weshalb auch "Juncker Harnisch aus Fleckenland" in Frankreich und Deutschland als ['don ki:'ʃot] bekannt ist und nicht, wie in Spanien, als ['don ki'χote].

Vielleicht habe ich weitere, evtl. inzwischen ausgestorbene romanische Sprachen vergessen, es gab doch ein südwestfranzösisches Okzitanisch, wie klang denn das?

So ungefähr wie català.
 
Könntest Du ein Beispiel bringen?

Gar nicht so einfach, vielleicht macht es "süß" deutlich, im spanischen dulce mehr ein hartes "s/ß" und in italienisch klingt dolce weicher, mehr wie "tsch", dieses "tsch" mit einer Langziehtendenz, meinte ich mit verwaschen. Die slawische These ist wahrscheinlich Quatsch, auf tschechisch zischt es kürzer.
Eigentlich müßte die italienische Aussprache und Melodie dem Latein am nächsten stehen. Kann es sein, dass Latein so ähnlich klang, wir haben doch keine Tonquellen und können doch gar nicht wissen, wie das gesprochene Wort der Römer klang?

So hart ist das Castellano gar nicht, wie an den beiden obigen Beispielen gezeigt, neigt es zur Lenisierung (/p-t-k/ > /b-d-g/) <-ct-> bzw. /-kt-/ zu -ch- /tʃ/ ("tsch") oder <-nn-> zu <ñ> ("nj"). Was das Kastilische so hart wirken lässt ist das kastilische <j>, welches wie das deutsche <ch> /χ/ wie in Kachel oder Sachen. Dieser Laut war aber ursprünglich mal ein weicher Laut /j/, wie in Dschungel, der aus den beiden Lauten /j/ und /ʃ/ zusammengefallen ist. Sowohl das /j=dsch/ als auch das /ʃ/ gibt es im Spanischen nicht mehr; es hat sich aber in der internationalen Aussprache des aus Jerez stammenden Sherry noch erhalten. Wenn auch Jerez ['χereθ] oder ['χereS] ausgesprochen wird, hat der Sherry das /ʃ/ noch erhalten ['ʃeRi:], in dem sich der alte arabische Stadtname noch widerspiegelt: Šarīš. Der Zusammenfall von /j=dsch/ und /ʃ/ ist auf das hohe bis ausgehende MA zu datieren, die Entwicklung vom <j> (=/j=dsch/) zum <j> (=/χ/) fand im 17. Jahrhundert statt, weshalb auch "Juncker Harnisch aus Fleckenland" in Frankreich und Deutschland als ['don ki:'ʃot] bekannt ist und nicht, wie in Spanien, als ['don ki'χote].

Danke El Q für die ausführliche Antwort. Kann das harte Rachen-J auf den arabischen Einfluss zurückzuführen sein?
Das würde auch den Unterschied zu portugiesisch erklären, was angeblich italienischer klingt.

Hoi Rena

Da kann dir geholfen werden: Radio e Televisiun Rumantscha >>> hier

Sehr schön, das rätoromanisch klingt wie eine Mischung aus italienisch und Swyzerdeutsch, was auch daran liegen könnte, dass die Sprecher beide Sprachen sprechen.
Oder beeinflussen die Nachbarn, auch wenn sie ganz andere Sprachen sprechen, die Melodie. Rumänisch klingt auf jeden Fall südslawischer als italienisch.
 
Eigentlich müßte die italienische Aussprache und Melodie dem Latein am nächsten stehen. Kann es sein, dass Latein so ähnlich klang, wir haben doch keine Tonquellen und können doch gar nicht wissen, wie das gesprochene Wort der Römer klang?

Es gibt ja noch andere Sprachen, in die lateinische Worte entlehnt wurden, z.B. Griechisch, Arabisch oder auch Germanisch, bzw. lateinische Worte in griechischer Schrift und umgekehrt. Desweiteren lässt sich anhand des Wandels der Orthographie ein Wandel in der Phonetik feststellen.

Danke El Q für die ausführliche Antwort. Kann das harte Rachen-J auf den arabischen Einfluss zurückzuführen sein?

Nein. Es gibt zwar einen solchen Laut im Arabischen, das /ḫ/ oder /kh/ <>, aber es handelt sich um die in Umschrift /ǧ/ und /š/ geschriebenen <> und <>, die zusammen mit ihren romanischen Entsprechungen <x> (=/ʃ/) und <ge-/gi-/j> (=/dʒ/ oder /ʒ/) zusammen fielen und eben später zum "harten Rachen-J" oder zum stimmlosen velaren Frikativ, also zum stimmlosen am Gaumensegel (velum) gebildeten Reibelaut wurde.


Das würde auch den Unterschied zu Portugiesisch erklären, was angeblich italienischer klingt.

Nur bedingt. Das Portugiesische unterlag ja genau so dem arabischen Einfluss, wie das Spanische. Portugal ist noch mehr ein Erbe der Reconquista als Spanien.
 
Noch eine Anmerkung zum "Sächsischen" bzw. dessen Außenwahrnehmung: dem wird diesbezüglich doppelt übel mitgespielt.
Einerseits wird in Fernsehen und Kabarett etwas Osterländisch (Leipzig) und etwas Südostmeißenisch (Dresden) hergenommen, parodistisch aufbereitet - sprich: gegenüber der tatsächlichen Aussprache durch einige Übertreibung verändert - und dann von Leuten gesprochen, die gar nicht aus diesen Regionen stammen. Damit einhergehend wird das Bild vermittelt, in ganz Sachsen - ggf. sogar auf dem Gebiet der ehem. DDR (was noch unsinniger ist) - würden sämtliche Leute so sprechen.

Genau dieses Klischeesächsisch ist furchtbar.))
Ein Klischeesachse würde den Satz Mein Junge, das kann ich nicht verstehen ungefähr. Mei Jünge, düs kon üch nüch vorstehn aussprechen.
Ein Erzgebirgler aber würde Mei Gung des kaa iich net vorstii sagen =)
 
Zurück
Oben