Expansion Spaniens und Portugals; Eine Einführung

ursi

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Strukturelle Voraussetzungen der Expansion

Voraussetzung der spanischen Kolonisation in Amerika

• die spätmittelalterliche Handelsrevolution in Italien , die zu einem Aufschwung und einer effektiveren Organisation des Fernhandels und gewisser Produktionsformen (Plantage) führte​
• die politisch-militärische Entwicklung auf der iberischen Halbinsel im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts, als ein erstarktes Königtum die Rückeroberung Südspanien von den Mauren. Die Krone und Teil der Oberschicht waren auf kriegerische Überseeaktionen bereits eingestellt.​

Antriebe und Anlässe

Expansionsgeschichtlich betrachtet stand Spanien in Rivalität zu Portugal. Portugal hatte bereits mit dem Aufbau eines Netzes von Handelsstützpunkten an der afrikanischen Küste begonnen. Im Vergleich waren beide Länder zentralistisch organisiert, durchschlagskräftig sowie ökonomisch interessiert und hatten den Katholizismus zur Identitätsstiftenden staatstragenden Doktrin gemacht. Der Papst teilte die Welt in zwei Interessensphären und konnte so die Konkurrenz zwischen den beiden Mächten in geordnete Bahnen lenken. Der Westen den Spaniern, der Osten den Portugiesen. Eine Bedingung mussten die Iberer erfüllen, das Christentum verbreiten und die nötigen Voraussetzungen zu schaffen.

Nachdem Columbus die Karibik entdeckte musste sich die Krone Spaniens etwas anderes einfallen lassen. Da sie kein Geld hatte überliess man die Initiative den andalusischen Kaufleuten und den Konquistadoren. Einen Eroberungsplan gab es keinen, statt den Handel aufzubauen ging man über zur Eroberung, Plünderung und Siedlung – Siedlungskolonialismus.
Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung in der Eroberungsphase

Die Europäer standen zum ersten Male als Minderheit einer grossen, mit Europa völlig unvertrauten Population gegenüber. Die komplexen Herrschaftssysteme (Azteken und Inka) brachen zusammen, nachdem sie ihrer Spitze beraubt worden waren.

Auf die einheimische Bevölkerung hatte der Zusammenstoss mit den Europäer fatale Folgen; Versklavung, Arbeitszwang, Ausbeutung in Bergwerken und landwirtschaftlichen Betrieben, der Zusammenbruch gesellschaftlicher und familiärer Strukturen, die eigene Machtlosigkeit und die der Götter, an die man geglaubt hatte.

1492 35 bis 45 Millionen Menschen in Spanisch-Amerika
1650 4 Millionen Menschen in Spanisch-Amerika

Neben der Gewalt, Mord und Krieg kamen viele Indianer durch die Einschleppung von Krankheiten ums Leben, wie Pocken, Pest, Typhus, Malaria, Gelbfieber, Grippe, Masern, Mumps oder Diphtherie.

Nach der Anfangsphase wollte die Krone, gedrängt von der Kirche, eine gezielte Politik der Christianisierung und Zivilisierung der Wilden durchführen. Mission und Kirche leisteten einen wichtigen Beitrag zu Aufbau und Stabilisierung des spanischen Überseeimperiums. Die Missionare gewannen die Indianer für die katholische Religion. Die Misshandlungen und Ausbeutungen unter denen die Indios zu leiden hatten, verhinderte eine wirkliche Evangelisierung und die Akzeptanz der neuen Machthabern gegenüber.
Formen der Besiedlung

Die Spanier legten von Anfang an Städte an wie z. B. Mexiko, Lima, Havanna, Santo Domingo, Bogotá und Guatemala. Mit dieser erfolgreichen Städtepolitik konnte die Krone die Konquistadorenadel unter Kontrolle halten und die Versorgung der Siedler sicherstellen. Auch die Wirtschaft der Indios wurde auf die Städte hin orientiert. Es gab in ganz Amerika keine spanischen Bauern! Die Spanier bauten grosse Haziendas und liessen die Indios für sich arbeiten

Auf den westindischen Inseln, hauptsächlich in Kuba, wurde das durch europäische Krankheiten und die Abwanderung der Spanier verursachte demographische Vakuum später durch die Zwangsimmigration von afrikanischen Sklaven gefüllt. Die Initiative lag aber nicht bei den Spaniern, sondern bei den Portugiesen, Holländern, Briten usw. die den Sklavenhandel aktiv betrieben.
Kolonialer Staat

Die spanische Krone versuchte in Amerika ein System des bürokratischen Absolutismus durchzusetzen, mit einem grossen Bestandteil der Kirche.
Ergebnisse und Folgen

Grosse Teile der indianischen Bevölkerung haben einen traumatischen Kulturverlust erlitten. Für diesen wird häufig die katholische Mission verantwortlich gemacht. Anderseits bot das Christentum den Indios die Möglichkeit in einem gewissen Rahmen sich kulturell zu behaupten. Die materielle Lage der Indios blieb aber dennoch miserabel.
Weltwirtschaftliche Umstände der spanischen Kolonisation

In Amerika organisierten die Europäer zu ersten Mal im grossen Massstab die Produktion mit einheimischen Arbeitskräften, hauptsächlich für den Export nach Europa und Asien. Dabei gibt es zwei Wachstumsbranchen:

1. Die Gold- und Silbergewinnung in Peru und Mexiko
2. Der Anbau von Zuckerrohr und Zuckergewinnung in Nordostbrasilien, Kuba sowie den britischen und französischen Antillen

Wirtschaft:

Atlantikhandel
Steigerung des Welthandel durch Einfuhr neuer Kolonialprodukte (Kartoffel, Mais und Tabak) und Plantagenwirtschaft

Steigerung des Grossgewerbes (Kolonien als Abnehmer)
Erhöhter Geldbedarf begünstigt grosskapitalistische Unternehmen

Politik: Portugal und Spanien werden Grossmächte

Kultur: Beginn der Europäisierung der Erde

Gesellschaft und Wirtschaft des spanischen Amerikas im ökonomischen Weltsystem
Bevölkerung in Spanisch-Amerika

Europäer: Führungspositionen in Staat und Kirche

Mestizen: Entweder werden sie zu den Weissen oder Indianern gezählt

Kreolen: Im Land geborene Spanier

Indianer: Ureinwohner wurden versklavt

Afrikaner: Sklaven

In der spanischen Gesellschaft Amerikas fehlte der Bauernstand. Es gab zwar kleine spanische Landbesitzer und Lohnarbeiter, die letzteren im Bereich des Bergbaus, generell aber wird die Lohnarbeit in Stadt und Land von Indianern verrichtet, sofern es sich nicht ohnehin um unfreie Arbeiter oder Sklaven handelt.

Es gab aber bald eine grosse Schicht von spanischen Handwerkern, die sich durch Zunftorganisationen und Privilegien gegen indianische Konkurrenz schützten.
Die Indianer verstanden es aber die neuen Techniken erfolgreich aufzugreifen.

Schwerpunkt des spanischen Handwerks:

• Textilgewerbe
• Metallverarbeitung
• Bauwesen

Wer als Handwerker genügend Geld hatte stieg in die Reihen der Kaufleute auf.

Der Klerus entsteht auch in spanisch Amerika

• Privilegien
• Prestige
• Macht
• Reichtum

Die indianische Führungsschicht der lokalen Häuptlinge wurden erfolgreich im Staat integriert

• Sie bekamen den Status des Spanischen Niederadels, dies gab ihnen das Recht ein Schwert zu tragen, einen privilegierten Gerichtsstand und sie konnten die Söhne in besonderen Kollegien ausbilden.


Grossgrundbesitzer (Hazienda)

• Indianer wurden von ihrem Land in geschlossene Dörfer umgesiedelt
• Anstelle der Zwangsarbeit wurde ihnen ihr Land enteignet
• Indianer arbeiten auf den Haziendas

Die Hazienda ist ein Produkt im allgemeinen Sinn der „kapitalistischen Marktwirtschaft“

Produktion von Fleisch, Getreide und Agrarerzeugnisse

Es wurde fast nie Fernhandel betrieben da es schlechte Verkehrsbedingungen gab und es zu teuer war.

Die mitgebrachten Haustiere vermehrten sich in Amerika sehr schnell, deshalb war das Fleisch auf dem Markt billig, es wurde zur Volksnahrung.

Chile wurde zum Weizenlieferanten für Peru.

Agrarprodukte werden in arbeits- und kapitalintensiver Weise erzeugt. Um die Lohnkosten zu sparen wurden Sklaven eingesetzt.

Produktion:
• Zucker
• Kakao
• Tabak

Export ins Mutterland


Industrielle Fertigung

• Textilproduktion Wolltuchherstellung
• Tabakverarbeitung
• Schiffsbau

Die Grossen Zentren

Peru:
Lima dürfte im 16. und 17. Jahrhundert die ökonomisch dominante Rolle in spanisch Amerika gespielt haben.
Einwohner anfangs 17. Jahrhundert:
Total 60 000 davon 5 000 – 6 000 Weisse und 30 000 Negersklaven


Mexiko:
Mexiko wird aber bald zur politischer Metropole des Nordens, und die wirtschaftliche Metropole ganz spanisch Amerikas.

Bevölkerungswachstum 1550 – 1800 von 75 000 auf 130 000
(Zahl der Weissen 1570 18 000 1790 67 500)

Der Amerikahandel war in fester Hand der Sevillaner Kaufleute und Bankiers.

Der atlantische Sklavenhandel

Neuheiten des Sklavenhandels

1. Das Ausmass transkontinentalen Sklavenhandels
2. Die Kombination einer „modernen“ kapitalistischen Betriebsform (Plantage) mit einer vormodernen extrem gewaltsamen Arbeitsform
3. Die Koexistenz von Sklaverei mit Weltanschauungen, die Gleichheit aller Menschen betonen (Christentum, Philosophie der Aufklärung)
4. Die biologische Rechtfertigung der Sklaverei durch Lehren von der unterschiedlichen Wertigkeit der Menschenrassen (Rassismus)

Sklaverei und Sklavenhandel waren ein interkulturelles und transkontinentale Phänomen. Alle frühneuzeitlichen europäischen Kolonialmächte waren an ihm beteiligt.


Quellen:
Urs Bitterli, Die Entdeckung Amerikas, von Kolumbus bis Alexander von Humboldt
Jürgen Osterhammel, Kolonialismus, Geschichten, Formen, Folgen
Wolfgang Reinhard, Kleine Geschichte des Kolonialismus
Wolfgang Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion, Die Alte Welt bis 1818 Band 1
 
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