FlaK sowie SAM, besonders im Vietnamkrieg

Kilon

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Hi,

durch den Film "Flight of the Intruder", benannt nach dem Grumman A-6 Intruder ("Eindringling") habe ich mich entschieden mich mal etwas näher mit dem Luftkrieg in Vietnam zu beschäftigen.

Fragt man 100 Deutsche oder auch US-Amerikaner unter 40 Jahren spontan nach Begriffen die ihnen zum Vietnamkrieg einfallen, so wird wohl "Napalm" und "Helikopter" unter den Top10 Begriffen sein. Dadurch geraten jedoch die Piloten von Flugzeugen etwas in Vergessenheit, obwohl sie selbst für viele Veteranen die "wahren Helden" sind. Während und kurz nach der TeT-Offensive starteten sie oftmals unter Feindbeschuss um andernorts ihren Kameraden zu helfen,

und in der Schlacht um Khe Sanh haben die Nordvietnamesen wohl auch einen starken FlaK-Gürtel um die Basis herum gezogen den sie (zumindest Anfangs) noch vergrößern konnten womit es sehr gefährlich wurde für die Flieger, v.a. bei Tag aber das hinderte sie natürlich nicht daran die ursprünglich 6.000 Marines am Leben zu halten, wegen des Risikos warfen die Maschinen die Güter wohl auch ab statt zu landen und sie zu entladen und Soldaten mussten "abspringen", bei einem Heli weiß ich wie das geht, aber bei einem großen Transportflugzeug mit über 50 Passagieren an Bord nicht (Fallschirme?)

lediglich bei Verwundeten geht das nicht, dafür wird man aber evtl. im Schutz der Nacht Helikopter verwendet haben bzw. in der großen Basis selbst gab es sicher ein Lazarett und Ärzte, die lediglich versorgt werden mussten um ihre Arbeit machen zu können. Dass man speziell Sanitäter eingeflogen hat nach Khe Sanh weiß ich, es durfte unter keinen Umständen "fallen", daher wurde auch die gesamte Umgebung mit Unmengen Napalm bombardiert.

Die Helikopter waren v.a. im "Feld" durch die Search & Destroy-Taktik fast schon omnipräsent die wohl wirklich auf der später auch verfilmten Schlacht im Ia-Drang-Tal ("Wir waren Helden") basiert in Kombination mit dem "Bodycount" bei diesem 1. Guerilla-Krieg denen die USA ausgesetzt waren.

Nun zu meiner Frage: Eine Doku sowie mehrere andere Quellen besagen, dass die Luftverteidigung von Hanoi die "beste" in der Militärgeschichte gewesen sei. Natürlich auf den jeweils aktuellen technischen Stand bezogen, klar wäre das Heute ein Witz. Erst ab 1959 in der Sowjetunion nahe großer Städte und wichtiger Industriebetriebe platziert und sind wohl bis Heute in einigen Ländern im Arsenal. Mitte der 1960er Jahre gehörten sie garantiert mit zu den fortschrittlichstem was es gab, da selbst die Sowjets Anfang der 60er noch vergleichsweise wenige hatten was sich aber innerhalb weniger Jahre änderte.

Da die A-6 Intruder keine Defensivbewaffnung besitzt laut Filmintro mussten die Piloten Ausweichmanöver fliegen um der S-75 zu entgehen. Sie war wohl auch der Grund wieso über 30 B-52 abgeschossen wurden. Gab es wirklich im Zuge von Linebacker II eine Aktion wo Flugzeuge gezielt "Köder" spielen sollten damit der Gegner seine SAM's verschießt und um damit einen "Korridor" für die B-52 zu schaffen? Logischerweise kann die B-52 keine Ausweichmanöver fliegen^^

1.) Stimmt das mit Hanoi und Hải Phòng? Naheliegende Hafenstadt, Hauptumschlagplatz für Militärgüter aus der Sowjetunion?

Die eine Doku spricht davon, dass bereits 1965-66 mind. 750 FlaK in Stellung waren um Hanoi herum in verschiedenen Kalibern die immer weiter vergrößert wurden als die Piloten immer höher Flogen, sein Maximum soll dies in einer 110mm FlaK gefunden haben.

2.) War Nordvietnam von Haus aus "tabu" für die Bomber? Von Operationen wie Rolling Thunder, Operation Linebacker und Linebacker II und evtl. anderer Operationen die mir unbekannt sind natürlich logischerweise abgesehen.

Ab wann etwa bekamen die Nordvietnamesen SAM's und MiG-Flugzeuge? War die reguläre Luftwaffe Nordvietnams 1965 schon mit "alten" (40er und frühe 50er) Flugzeugen ausgerüstet? Wenn ja, dann wenigstens die 1. Generation Düsenbetriebener Flieger oder noch Turbopropflugzeuge?!
 
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Hi, Kilon

der Vietnamkrieg bewirkte gerade im Bereich der Hubschrauber und Flugzeuge
rasante Entwicklungen.

Die US- Streitkräfte gingen zuerst mit " Sea King" , Bell UH-1 und "Chinook" - Hubschraubern in die Aktionen - es zeigte sich da, das diese wenig
beschussfest waren - selbst gegen Handwaffenfeuer.
Daraufhin kam die Entwicklung "echter" Kampfhubschrauber erst in Gang.

Bei Flugzeugen zeigten sich ebenso die eingesetzten F-5 , F- 105
und andere Typen wenig geeignet für den Luftkampf selbst mit den
schon veralteten MiG - 15 . MiG - 17 und den modernen MiG - 21.
Diese Flugzeuge waren bereits bei Beginn der Luftangriffe in der
Verfügbarkeit der Nordvietnamesen.
Daraufhin wurde vorwiegend nur noch die F- 4 Phantom eingesetzt,
welche den Anforderungen gewachsen war.
Die CIA beschaffte dringlich mit Hilfe des Mossad MiGs aus dem Nahen
Osten, um diese Flugzeuge zu studieren und Gegenstrategien zu
entwickeln....:scheinheilig:

Nordvietnam erhielt zahlreiche Flakwaffen aus der SU und China .
Legendär sind die 12,7 mm Vierlings - Flak - MG ZPU- 4 sowie
weitere 23 mm - und 37 mm - Waffen, welche massiert auch zB.
in Haiphong eingesetzt wurden.
Aber solche Waffen gelangten auch zahlreich nach Südvietnam und wurden
gegen US- Verbände auch in Infanteriegefechten eingesetzt.

Haiphong und Hanoi wurden auch mit SA- 2 Raketenbatterien
verteidigt - damit wurden wohl auch einige B-52 abgeschossen,
welche für Rohrwaffen nicht erreichbar waren.
 
Nun zu meiner Frage: Eine Doku sowie mehrere andere Quellen besagen, dass die Luftverteidigung von Hanoi die "beste" in der Militärgeschichte gewesen sei. Natürlich auf den jeweils aktuellen technischen Stand bezogen, klar wäre das Heute ein Witz. Erst ab 1959 in der Sowjetunion nahe großer Städte und wichtiger Industriebetriebe platziert und sind wohl bis Heute in einigen Ländern im Arsenal. Mitte der 1960er Jahre gehörten sie garantiert mit zu den fortschrittlichstem was es gab, da selbst die Sowjets Anfang der 60er noch vergleichsweise wenige hatten was sich aber innerhalb weniger Jahre änderte...

Da die A-6 Intruder keine Defensivbewaffnung besitzt laut Filmintro mussten die Piloten Ausweichmanöver fliegen um der S-75 zu entgehen. Sie war wohl auch der Grund wieso über 30 B-52 abgeschossen wurden. Gab es wirklich im Zuge von Linebacker II eine Aktion wo Flugzeuge gezielt "Köder" spielen sollten damit der Gegner seine SAM's verschießt und um damit einen "Korridor" für die B-52 zu schaffen?

Das muss man etwas sortieren. Gegen hochfliegende Bomber (im Vietnam-Krieg) gab es - trotz radargestützter Flak und Zonenschießens - effektiv nur die S-75 (NATO: SA-2) als Boden-Luft-Rakete.

Zu den Verlusten der B-52: die waren vor der Operation Linebaker II vernachlässigbar
Surface-to-air missile - Wikipedia, the free encyclopedia

Linebacker II war eine politisch vorgegebene Operation, mit den "Wellen" fast eine Weltkrieg-II-Kopie, mit entsprechend desaströsen Verlusten von zT über 5% pro Einsatz der B-52. Das wäre mit den 210 eingesetzten B-52 nicht lange durchzuhalten gewesen.

Zuvor reagierten die USA auf die sowjetischen SA-2-Raketen mit Gegenmassnahmen (Störungen der Radarsteuerung, Bombardierung der Radaranlagen etc.). Die B-52 waren gut gesichert, dieses funktionierte 1972 nicht mehr während des von Vietnamkrieg-Gegnern so genannten "christmas bombing" (Linebacker II-Operation). Die USAF reagierte auf die steigenden Verluste und stellte gegen Ende der Operation die Taktik um: F-105 und F-4 Phantom bombardierten gezielt vor Einflug der B-52 die SAM-Installationen in großangelegten Angriffen, mit dem LORAN-System, und Wild Weasel IV.
Wild Weasel - Wikipedia, the free encyclopedia
Das ist vermutlich das, was Du mit "Köder" meinst.

Damit wurden die Verluste deutlich reduziert.

Eine völlig andere Frage sind die Verluste durch Flak im Tiefflug.
Encyclopedia Vietnam War, 2. Auflage, S. 662 (Operation Linebaker II).
http://www.virginiareviewofasianstudies.com/wp-content/uploads/2012/06/VRAS-Head.pdf
http://fmso.leavenworth.army.mil/documents/Patterns-and-Predictability.pdf

EDIT:
wie dynamisch dieser Wettlauf zwischen Abwehr und Luftstreitkräfte war, zeigt der wenige Monate später beginnende Yom-Kippur-Krieg im Oktober 1973. Hier wurde die israelische Luftwaffe von der SA-6 gegen Tiefflugangriffe anfangs überrascht, und war wegen verschiedener Fehlentscheidungen auch nicht in der Lage, diese System zuverlässig zu bekämpfen. Siehe:
Uri Bar-Joseph: Strategic Surprise or Fundamental Flaws? The Sources of Israel's Military Defeat at the Beginning of the 1973 War, JoMH 2008, S. 524ff.
 
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Danke für deine Antwort silesia, werde mal schauen wegen den Links. Ja zum Yom-Kippur-Krieg haben meine eigenen Recherchen auch verwiesen, das wollte ich aber nicht, weil das neben den Flugzeugaspekten wieder unzählige andere Dinge aufwirbelt (Zionismus etc.)

Aus dem Kopf hätte ich jetzt gesagt, dass etwa 30 B-52 im Zuge von Linebacker II abgeschossen worden sind, abgesehen von Unfällen wohl die einzige größere Operation mit größeren B-52 Verlusten. Die sind ja soweit ich weiß bis Heute im Einsatz und als sie gebaut wurden übertrafen die Stückkosten glaube ich unsere heutigen Vorstellungen, aber es war eben Krieg. Kalt zwar, aber die CIA hatte ihre Finger überall mit im Spiel wo gegen die Sowjets gekämpft wurde und umgekehrt das selbe. Chinas Unterstützung wundert mich etwas, weil sie doch kurz nach oder sogar noch in die Phase des Großen Sprungs fällt oder wie man das nennt, 1962 oder wan das war verhungerten doch unzählige Millionen Chinesen wegen Maos Maßnahmen...

Es wären wohl mehr gewesen ohne die Maßnahmen die zum Schutz getroffen wurden. Dass der Norden jedoch über eine so moderne Waffe - auch in großer Stückzahl - verfügte verwundert mich doch schon etwas. Jedenfalls nur wenige Jahre nach der Inbetriebnahme in der Sowjetunion.

Jedoch wie Treibsand schreibt gab es während des Vietnamkrieges rasante Entwicklungen. Auslegungssache was man als Vietnamkrieg definiert, jedenfalls war es der längste Krieg des 20. Jahrhunderts und streng genommen beginnt er bereits 1945 durch die Franzosen gegen die Viet Minh, bis 1954 die Franzosen praktisch "geschlagen" waren. Ich glaub man kann daher die 30 Kriegsjahre (1945-1975) in Vietnam auch als Phase der massiven technischen Entwicklung ansehen. Wenn wir Heute einen 10 oder 15 Jahre alten "Kampfjet" sehen, dann ist er modern. Wenn man 1967 ein 15 Jahre altes Flugzeug, also 1952 gebaut vor sich hatte, war dies (bis auf wenige Ausnahmen) schon hofnungslos veraltet. Jedenfalls als Jagdflugzeug oder Angriffsflugzeug niedriger Höhen. Bei Transportern war/ist das natürlich nicht der Fall, bei Bombern die immer mehrere tausend Meter Hoch fliegen und auch zum Bombenabwurf recht hoch bleiben zählt das wohl auch nicht so. Ob MiG-15 oder MiG-21 war jedoch ein "kleiner" Unterschied.

Wegen FlaK wollte ich noch fragen wie eigentlich die FlaK im Zeitraum 1939 bis sagen wir 1953, also Ende des Koreakrieges zu bewerten ist? War die deutsche FlaK im 2. Weltkrieg eine wirksame Waffe oder war es eher die einzige Möglichkeit außer eigene Abfangjäger und signalisierte der Bevölkerung natürlich auch, dass man es "denen" kräftig zeigt mit der FlaK - jedenfalls im 3. Reich denke ich. Ich weiß, dass ein Pilot mit wichtigem Wissen und Technik über Schweden nach Großbritannien flog, was die frühen "Radars" unwirksam machte indem die Allierten wohl dünne Streifen Aluminiumfolie oder etwas ähnliches abgeworfen haben, was dann den gesamten Bildschirm hunderte Ziele anzeigen ließ. Ob das Wissen darüber wirklich über diesen einen Deserteur basierte weiß ich nicht, ist sehr lange her, dass ich das gesehen/gelesen habe.
 
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Der Vietnamkrieg war ohne Zweifel auch ein Treiber in den Rüstungsentwicklungen, da hast Du recht. Es wird geschätzt, dass über 10.000 sowjetische "Berater" in der nordvietnamesischen Raketen-Luftabwehr tätig waren. 1965 zögerte die UdSSR, die SA-2 in großen Stückzahlen zu liefern, da man befürchtete, dass diese aufwändige Entwicklung in amerikanische Hände fallen könnte.

Insgesamt sollen >6000 SA-2 an Nordvietnam geliefert worden sein. Während der Operation linebacker II wurden rund 1200 SA-2 abgefeuert, die zu den in den links genannten Verlusten führten. Am Schluss der Operation soll die nordvietnamesische Luftabwehr allerdings abgenutzt und weitgehend unterdrückt worden sein. Die Relation zeigt, dass auch gegen die SA-2, obwohl damals gefürchtet, durchaus wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. [*]

Der Vietnamkrieg war aber nicht nur Treiber, sondern es gab auch überraschende Korrekturen. Die hoch angepriesene F4 Phantom wurde nachträglich in einer neuen Version E mit einer Maschinenkanone ausgerüstet, da die Piloten nicht nur auf die Luft-Luft-Raketen angewiesen sein wollten. Dazu gibt es einen aktuellen, umfassenden Aufsatz im JoMH April 2013.[**]


[*]
Die Gesamtverluste (2316 Flugzeuge, ohne Helikopter) durch SAM/SA-2 betrugen rd. 9%, durch Flak 31% und durch SA/AW 45%.
Hannah, Striving for Ait Superiority, The Tactical Air Command in Vietnam, S. 72.

[**]
Steven A. Fino, “Breaking the Trance: The Perils of Technological Exuberance in the U.S. Air Force Entering Vietnam,” The Journal of Military History 77 #2 (April 2013): 625-655.
 
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Hi,

ja wiegesagt eine Maßnahme die im Film gezeigt wird ist eben die Methode mit Jagdflugzeugen geringer Größe aber großer Wendigkeit und Geschwindigkeit gezielt Ausweichmanöver zu fliegen. Ist sicher nicht gerade der "schönste" Einsatz, vlt. wurden die Besatzungen auch nicht wirklich informiert, sondern waren eben geschult darin bzw. erfahren da sie es auch bei regulären Einsätzen desöfteren tun mussten. Deine Schlussfolgerung kann ich mir aber gut vorstellen, es war keine günstige Waffe und die Sowjetunion war sicher auch nicht bereit zehntausende dieser Raketen an den Norden zu verschenken. Hätten die USA nicht den Friedensvertrag von Paris unterschrieben und gleichzeitig eine uneingeschränkte Bombardierung Nordvietnams fortgeführt, so glaube ich würde die Nationflagge Vietnams jetzt nicht Rot sein.

Ich weiß ist ein Film, aber Raketen waren damals eben noch "Neuland" und daher wird es schon möglich gewesen sein, wenn auch sehr riskant, ihnen auszuweichen und sie (durch die Nähe?) zur Detonation zu bringen und wenn man genug Sicherheitsabstand hatte gabs vlt. einige Schäden durch rumfliegende Teile aber keine schweren Schäden würde ich sagen. Die Amerikaner hatten mit Wernher von Braun sowie den allerwichtigsten Raketenforscher in ihrer Hand. Er war jedoch wohl zu sehr mit dem Bau der Weltraumraketen beschäftigt anstatt von Anti-SAM-Raketen. Die A-6 Intruder hat wohl meistens eine Anti-Radar-Rakete verschossen und war beim Ausschalten feindlicher Radarstellungen wohl am erfolgreichsten im Vietnamkrieg.

Wie du sagst, 1965 war die Luftabwehr des Nordens praktisch gleich null gegen die moderne US-Luftwaffe, was sich während der Operation "Flaming Dart" (von der hab ich davor auch noch nie was gehört) und der später folgenden Operation Rolling Thunder zeigen sollte. Dort waren die Verluste wohl sehr gering, der Erfolg zwar auch, aber das hatte andere Gründe.

Was ich nicht verstehe... gab es eigentlich eine "Zusage" der Sowjetunion oder Chinas, dass im Fall einer Invasion des Nordens eine Art Bündnisfall eintreten würde? Sprich so wie die Franzosen und Briten die Unabhängigkeit Polens 1939 garantierten? Weil die US-Politik ist in vielen Bereichen was das betrifft sehr verwirrend. Ich kenne da jedenfalls ein paar Beispiele (durch Interviews der Zeitzeugen), die zeigen wie paradox manche Befehle waren, der sinnloseste wohl von 1970 als ein Offizier mit seiner Truppe in Laos (Spezialeinsatz zur Vernichtung von dortigen Lagern) kurz vor dem Erreichen des 2. Vorratslagers, noch viel größer als das 1. den Befehl bekam umzukehren (wg. Nixon).
 
Hi,

...

Was ich nicht verstehe... gab es eigentlich eine "Zusage" der Sowjetunion oder Chinas, dass im Fall einer Invasion des Nordens eine Art Bündnisfall eintreten würde? Sprich so wie die Franzosen und Briten die Unabhängigkeit Polens 1939 garantierten? Weil die US-Politik ist in vielen Bereichen was das betrifft sehr verwirrend. Ich kenne da jedenfalls ein paar Beispiele (durch Interviews der Zeitzeugen), die zeigen wie paradox manche Befehle waren, der sinnloseste wohl von 1970 als ein Offizier mit seiner Truppe in Laos (Spezialeinsatz zur Vernichtung von dortigen Lagern) kurz vor dem Erreichen des 2. Vorratslagers, noch viel größer als das 1. den Befehl bekam umzukehren (wg. Nixon).

@Kilon

Eine offizielle Garantiezusage der UdSSR an Nordvietnam gab es nicht.
Eine Grantiezusage der UdSSR hätte eine Involvierung des Warschauer Paktes bedeuten können. Das hat die UdSSR immer vermieden. Genauso gab es keine Bündnisfallerklärung der NATO.

Südvietnam stand zwar unter dem Schutz der SEATO, aber auch, obwohl Truppen von SEATO-Staaten involviert waren, gab es keine Bündnisfallerklärung.

Es war ein Stellvertreterkrieg, in dem die Hauptkontrahenten des Kalten Krieges es allerdings vermieden, direkt aufeinander zu treffen.

Du hast recht mit Deiner Meinung, er ist aus heutiger Sicht verwirrend und erscheint voller Paradoxien, sowohl auf taktischer, operativer als auch strategischer Ebene. Viele dieser Paradoxien auf taktischer und operativer Ebene lassen sich bei Betrachtung der innenpolitischen Situation der USA in dieser Zeit auflösen (Antikriegsbewegung in den USA, ökonomische Rahmendaten, politische und juristische Unklarheiten etc.).

Strategisch lösen sich manche Paradoxien auf, daß er, trotz manch "Säbelgerassels", unterhalb der nuklearen Eskalationsschwelle gehalten wurde.

M.
 
Hi, ich weiß dass es ein Stellvertreterkrieg war, nicht nur ein, sondern DER. Der Koreakrieg war ja auch einer, dort haben Experten zufolge wiegesagt die Chinesen Material und später als die USA Pjöngjang eroberten und weiter bis Norden Richtung Chinas Grenze vorstießen kamen wohl auch mind. 400.000 "Freiwillige". Stalin hatte wohl das absolute sagen, Kim Il-sung ist vor jeder Operation zu Stalin und hat ihn um Erlaubnis gefragt, aber liefern taten die Chinesen. Öl, Kohle, Erz o.ä. kamen evtl. aus der SU aber keine Waffen.

In Vietnam hingegen sagen andere Experten (Doku), dass es eine Rivalität zwischen der SU und China gab, bzw. China wollte zur "alleinigen Schutzmacht" aufsteigen. Jedoch gerade was Raketen aller Art in den Jahren 1965 bis 1975 anging musste man sich an die SU wenden. Ich weiß auch wieder wer in der einen Doku von Vietnamesischer Seite aus ein Interview gab, das war Võ Nguyên Giáp. Der ist 1911 geboren und lebt immer noch :respekt:

Wenn solche Zusagen fehlten, verstehe ich einerseits nicht, wieso die USA nicht ganz Vietnam besetzt und eben eine eilige Wiedervereinigung eingeleitet haben. Das hätte nicht das Partisanenproblem gelöst, jedoch wären dadurch alle größeren Anlagen im Land nicht mehr (ohne großes Risiko) einsetzbar, man hätte vlt. auch einige daran gehindert zu kämpfen da die Einwohner nicht mehr der Propaganda der NVA ausgesetzt gewesen wären, und das wichtigste: die Nachschubwege. Das Problem ist natürlich die Grenze zu China, aber nicht zur SU.

Es ist ja aber nicht so, dass heutige Kriege anders sind. Ebenso wenig wie das US-Militär in Vietnam dem Feind wirklich zusetzen durfte, indem es Soldaten mit Hubschraubern im oder nahe des Ho-Chi-Minh-Pfades absetzte (in Laos oder Kambodschia), dortige Lager und Nachschubwege zerstörte. In Afghanistan darf man nicht in den Opiumanbau eingreifen als Soldat, nur für Kameras werden paar einzelne Felder zerstört, und was das angeht, also Opiate bin ich vom "Fach". Inflationsbereinigt kostet Heroin inzwischen wegen der Flut aus Afghanistan nur noch 1/4 soviel wie in den frühen 90igern, Vergleiche zu den 70igern will ich mal lieber nicht ziehen. Das ist der afghanische Ho-Chi-Minh-Pfad...
 
...Wenn solche Zusagen fehlten, verstehe ich einerseits nicht, wieso die USA nicht ganz Vietnam besetzt und eben eine eilige Wiedervereinigung eingeleitet haben. ...

@Kilon

Nicht alles was militärisch machbar gewesen wäre, war auch politisch opportun.

Versuch einer Analyse.

USA
Die USA hatten innenpolitische Probleme mit dem Vietnamkrieg. Es bestand Wehrpflicht und der Krieg in Vietnam war ziemlich unpopulär (Stichworte: "Antikriegsbewegung", "Bürgerrechtsbewegung" etc.). Wirtschaftpolitisch befand sich das Betton-Woods-System in stetiger Erosion und 1971 war es dann damit vorbei u.a. den Haushaltsdefiziten der USA infolge des Vietnamkrieges geschuldet. Eine militärische Besetzung ganz Vietnams hätte zu einm Eingreifen Chinas führen können, damit hätten sich eventuell direkt amerikanische Truppen und chinesische Truppen gegenübergestanden, also zwei Atommächte. Und dann gab es ja noch ein paar internationale Abkommen (beispielsweise das Genfer Abkommen). Dann galt es eine Demütigung der UdSSR zu vermeiden, da es während des Vietnamkrieges noch nicht absehbar war, wie weit die UdSSR die Breschnew-Doktrin faßt.

Andererseits wollte die USA einen "Domino-Effekt" vermeiden.

Wie Du siehst, sehr viele Variable. Dieses Spannungsfeld bezeichnet m.E. den Handlungsspielraum der USA.

UdSSR
Die hatten 1968 ein Problem vor ihrer "Haustür". Waren zwar nicht paralysiert aber geschwächt.

China
Die größte Variable, Mao wurde als unberechenbar eingeschätzt und China war Atommacht.

Ob das amerikanische Militär seinerzeit in der Lage gewesen wäre, ganz Vietnam zu besetzen, und zwar unterhalb einer nuklearen Eskalation kann ich nicht bewerten, da gibt es berufenere. Ob Johnson bzw. Nixon die dann wahrscheinlich aufgetretenen Verluste politisch "überlebt" hätten, ist m.M. nach reine Spekulation.

Wäre so mein Ansatz.

M.
 
dünne Streifen Aluminiumfolie oder etwas ähnliches abgeworfen haben, was dann den gesamten Bildschirm hunderte Ziele anzeigen ließ.

das nannte sich "window" system. :winke:
heute werden die stanniolstreifen als "Düppel" bezeichnet.
sie tun aber immer noch das gleiche, sie streuen das Radarsignal und machen eine erfassung schwerer.
 
Hi, ja ich weiß, der Vietnamkrieg ist bis Heute derjenige der eben wegen der Wehrpflicht auch am umstrittensten in der Bevölkerung war. Daraufhin wurde ja auch direkt nach dem Vietnamkrieg die Wehrpflicht ausgesetzt. In der ersten Phase wurden eben v.a. arme Menschen eingezogen und nicht Leute die in der Uni waren, oder gerade die Uni absolviert hatten und anfingen zu arbeiten. Das führte eben vorallem bei den Afro-Amerikanern zu der völlig verständlichen Frustration: Wieso soll ich hier kämpfen, für ein Land das mir nicht gestattet im Bus neben Weißen zu sitzen, aus den selben Brunnen zu trinken, die selben Waschsalons zu benutzen etc.

Daraufhin reagierte man, völlig verspätet natürlich, mit der "Wehrpflicht-Lotterie", die gab es im 2. WK, jedoch nicht im Koreakrieg. Ich kann echt sehr die Doku "Der Vietnamkrieg: Trauma einer Generation" empfehlen. Ist sehr ausführlich mit 3 Teilen in jeweils Spielfilmlänge und sehr sehr viel Videomaterial, aber auch unzählige Interviews. Da merkt man im 3. Teil auch, dass verstärkt Leute eingezogen wurden die eben einen höheren Abschlus hatten, sich gerade ihr 1. Auto gekauft haben usw... und die der Meinung waren der Krieg ist eh verloren seit der TeT-Offensive und es durfte ja dann auch iwann der 1. Vietnam-Veteran vor dem Kongress sprechen, was ja eine "große Ehre" ist, und er sagte es treffend "Niemand möchte der letzte sein der in Vietnam stirbt.".

Es gab Unruhen im ganzen Land bei denen Männer teilweise ihre Einberufungspapiere medienwirksam verbrannten. Es gab sogar in Washington D.C. eine Aktion bei der Veteranen alle ihre Auszeichnungen wegwarfen. Dies war jedoch eine einmalige Aktion.

Die Leute die demonstrierten wollten aber im Endeffekt ein Ende des Krieges bzw. des Sterbens. Eine Besetzung des Nordens hätte meiner Meinung nach die Todeszahl verringern können, wenn sie rechtzeitig erfolgt wäre und man die gesamte Südvietnamesischen Streitkräfte miteinbezog, nicht in Schlüsselpositionen, aber quasi in Rollen wo sie nicht viel Falsch machen konnten (Artillerie-Stellungen, Flankenschutz, Spähtrupps) und eben den US-Truppen folgend,

da sie ja die selbe Sprache sprachen wäre das auch sinnvoll gewesen wenn dann sehr schnell in die Nordvietnamesischen Orte die ARVN-Soldaten gekommen wären und mit der Bevölkerung gesprochen hätten usw. und nicht wie die US-Amerikaner aus Angst vor dem Vietcong zumindest die Waffe immer schussbereit hatten wenn ein Vietnamese sich ihnen näherte, selbst wenn es ein 11-jähriges Kind war.

Ich bin da vlt. zu optimistisch, aber für mich steht es eig. außer Frage, dass die USA in einem offenen Gefecht die NVA hätte schlagen und Nordvietnam besetzen können, jetzt ohne irgendwelche Atomszenarien. Ähnlich wie im 2. Weltkrieg wäre jedes größere Hinderniss, sprich schwere PaK oder evtl. Panzer, ich weiß nicht ob der Norden über T-34, T-54/55 verfügte, aber auch die wären durch die Luftwaffe ausgeschaltet worden. Das hätte aufgrund der FlaK zwar zu Verlusten geführt aber war eine Militärdoktrin der USA die auf den Erfahrungen im 2. Weltkrieg basierte als man gegen starke Bodentruppen kämpfte die selbst aber nur über wenige Jagdflugzeuge (1944-45) verfügten und höchstens stellenweise eine etwas stärkere FlaK.

Dazu kommt die Küstenlage Vietnams, viele Städte liegen direkt an der Küste. Sprich bei Gefechten in der Stadt selbst hätten die Bordkannonen der größeren Schiffe die man noch aus dem 2. WK über hatte in den Stadtkampf eingreifen können, bekanntlich waren diese Geschütze Monsterkaliber, bzw. man hätte (Raketen-)Artillerie von diesen Schiffen aus einsetzen können. Hanoi selbst lag mit 100km wohl außerhalb dieser Reichweite, aber der extrem wichtige Hafen der Stadt Hải Phòng lag direkt am Meer, ebenso wie die Stadt Vinh die recht südlich lag war ebenfalls eine Hafenstadt und galt wohl als Ausgangspunkt des vietnamesischen Ho-Chi-Minh-Pfades. Ansonsten gab es ja neben Hanoi nur 2-3 weitere Städte im Landesinneren. War ja ein sehr geringfügig urbanisiertes Land.

Einen T-44 gab es auch, wusste ich bis eben gar nicht, den werden die Nordvietnamesen aber wohl auch nicht gehabt haben obwohl alle seine Exemplare schon lange wertlos waren für die SU während des Vietnamkrieges, 1944 in Auftrag gegeben bis Kriegsende in Europa nur 150 und insgesamt nur 900 gebaut, praktisch von da an schon obsolet mit seiner 85mm Kanone wie beim T-34/85.
 
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@Kilon

Ich denke, daß Du den Charakter und die Semantik des Kalten Krieges unterschätzt.

Stellvertreterkriege gab es viele, schlimm genug, aber beide Supermächte haben i.d.R. darauf geachtet, ihre "Einflußsphären" die wohl definiert waren, nicht zu verletzen, auch ohne Garantieerklärung. Der 17. Breitengrad war so eine "Grenze". Diese dauerhaft zu verletzen und das Genfer Abkommen damit gleichsam ad acta zu legen, war ein "Spiel mit dem Feuer", daher das Lavieren der USA, was in der Nachschau so Paradox erscheint.

Da hilft es nicht, Waffensysteme zu vergleichen, sondern sich zu vergegenwärtigen, daß eine TASS-Erklärung diesen Krieg beendet haben würde und die gesamten US-Streitkräfte paralysiert hätte. Warum die nicht erfolgte, ein anderes Blatt und nicht Gegenstand des Threads.

M.
 
Ich bin da vlt. zu optimistisch, aber für mich steht es eig. außer Frage, dass die USA in einem offenen Gefecht die NVA hätte schlagen und Nordvietnam besetzen können, jetzt ohne irgendwelche Atomszenarien.

Das ist nicht optimistisch, das ist 1. kontrafaktisch in seiner Aussage und 2. völlig losgelöst von jeglichen historischen Fakten. Melchior wies auf den Kalten Krieg als einer Konfliktlinie hin. Dazu kommen die Konflikte im Rahmen der "Volksbefreiungskriege", die in diesem Fall eine gewisse eigenständige Dimension dargestellt haben.

1. Der Konflikt in Vietnam / Indochina hat eine wesentlich längere Tradition wie bisher in diesem Thread dargestellt. Dazu könntest Du im GF wesentlich mehr finden, wenn Du suchst. Eine wichtige Publikation dazu stammt beispielsweise von Marr.

Vietnam 1945 - David G. Marr - Google Books

Eine ausführlich und kompetente Schilderung findest Du bei Frey.

Geschichte des Vietnamkriegs: Die Tragödie in Asien und das Ende des ... - Marc Frey - Google Books

2. Ansonsten übersiehst Du bei Deiner verkürzten militärischen Sichtweise die clausewitzsche Erkenntnis zum Verhältnis von Politik und Krieg. Und es war zunächst die USA, die gegen den Indochina-Krieg der Franzosen waren, da sie das Selbstbestimmungsrecht der Völker und damit die Entkolonialisierung als politische Zielsetzung in der post - WW2-Ära verfolgt haben.

Die Gelder, die eigentlich für den Aufbau in Europa / Frankreich bestimmt waren, investierte Frankreich in seinen Indochina-Krieg. Und somit finanzierte die USA, eher unfreiwillig, das absolut nicht mehr zeitgemässe koloniale Abenteuer von Frankreich in Vietnam.

Im weiteren Verlauf bedeutete der Vietnamkrieg für die USA bereits ein gravierendes ökonomisches Problem, neben dem Niedergang seines moralischen Führungsanspruchs - Stichwort: Woodstock, Studentenunruhen etc. - in den USA und weltweit.

Vor diesem Hintergrund hätte eine Steigerung der Militärausgaben in keinem Verhältnis zu irgendwelchen politischen Zielen gestanden.

Ökonomie im Kalten Krieg - Christian Th Müller, Claudia Weber - Google Books

3. Die USA agierte in Vietnam in der Rolle eines "Zauberlehrlings", dem nahezu jegliche Expertise für das Land und die Leute, dank McCarthy, abhanden gekommen ist. Wie bei McNamara selbstkritisch beschrieben.

In Retrospect: The Tragedy and Lessons of Vietnam - Robert S. McNamara - Google Books

4. Ansonsten sind Deine Vorstellungen zur Kriegsführung im Rahmen eines Volksbefreiungskrieges irreführend. Diese Form von Krieg war zum damaligen Zeitpunkt, unter den damaligen Verhältnissen militärisch nicht zu gewinnen. Die komplexen Anforderungen an diese Form der Kriegsführung ohne Fronten sind bei Greiner beschrieben.

Krieg ohne Fronten: die USA in Vietnam - Bernd Greiner - Google Books

Abschließend ist darauf hin zu weisen, dass Ho eine glaubwürdige und charismatische Führungspersönlichkeit war, die den Kampf gegen die Kolonialherren geführt hat. Im Gegensatz zu den Führern aus dem Süden.

H? Chí Minh ? Wikipedia
 
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