Flotte und Kapp-Putsch

Repo

Aktives Mitglied
Am 12./13. März 1920 besetzte die Marinebrigade Erhard in Berlin das Regierungsviertel.
Kapp-Lüttwitz-Putsch.

Die Reichswehr, insbesondere in Süddeutschland (sic! Wehrkreis V Stgt.!) überwiegend auf Seiten der Regierung, sonst zumindest abwartend.

Die Marine dagegen voll hinter Kapp.

Die Deckoffiziere wurden daraufhin auf Seiten der Regierung aktiv, verhafteten sehr viele Pro-Kapp-Offiziere, der Rest wurde von ihnen "entlassen".
Die Marineoffiziere, angefangen bei Trotha, wurden demnach von den Deckoffizieren an schwerwiegenden Dummheiten gehindert.

Im August 1920 Denkschrift der Marineleitung, "kein namhafter Bevölkerungsteil Deutschlands ist derzeit an einem Fortbestand, oder gar Ausbau der Marine interessiert"
Auch Reichspräsident Ebert spricht sich für eine Auflösung der Marine und Übernahme ins Reichsheer aus.

Vielleicht noch am Rand, die agierenden Deckoffiziere waren zu einem erheblichen Teil Mitglieder der Demokratischen Partei. Also tatsächlich ein Putsch der von demokratischen Kräften niedergeschlagen wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Decksoffiziere gehörten der Demokratischen Partei an?

Auf welchen Schiffen?

M.E. waren zu dem Zeitpunkt nur wenige Schiffe im Dienst, sprich eine Handvoll kleine Kreuzer ( Regensburg, Straßburg, usw.)und ein paar Torpedobootshalbflottillen. Diese waren auf jeden Fall auf der Seite der Putschisten. Die Besatzungen dieser Schiffe waren schon bei der Revolution Nov 1918 weitestgehend Kaisertreu.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Decksoffiziere gehörten der Demokratischen Partei an?

Auf welchen Schiffen?

M.E. waren zu dem Zeitpunkt nur wenige Schiffe im Dienst, sprich eine Handvoll kleine Kreuzer ( Regensburg, Straßburg, usw.)und ein paar Torpedobootshalbflottillen. Diese waren auf jeden Fall auf der Seite der Putschisten. Die Besatzungen dieser Schiffe waren schon bei der Revolution Nov 1918 weitestgehend Kaisertreu.

Die Marine war zdZ eine "Landmarine" hast Du recht.
Eine Torpedobootsflottile/Halbflottile lief noch während der Schießereien aus Kiel nach Swinemünde aus, der einzige Schiffsverband der im Dienst blieb.

In Wilhemshaven war es wohl insbesondere der Oldenburgische Ministerpräsident der hinter den Deckoffizieren stand.
 
Die aktivitäten der Marine und ihrer Schiffe bezog sich doch nur auf den Kriegshafen in Kiel und auf die Werften am Standort. Dort gab es Kämpfe zwischen den Werftarbeitern und den putschenden Marinesoldaten einiger Einheiten im Hafen, u.a. auch der alte Pott Wittelsbach, sowie der aktiven Minensucheinheiten. Oder?
 
Ich kenne dies lediglich aus dem MGFA Band wo die Vorgänge über etliche Seiten beschrieben werden.

In Kiel gab es wohl Marine-Landtruppen die den Putschisten folgten, daher die Kämpfe.


Weitere Infos fehlen mir völlig, nicht zuletzt deshalb habe ich den Thread eröffnet.
Der MGFA-Band nennt dies den "2. Zusammenbruch der Flotte" und führt das sehr späte Indienststellen (meist erst 1923) der meisten verbliebenen Schiffs-Einheiten nicht zuletzt darauf zurück.
Zumindest der Autor stuft die Vorgänge als sehr schwerwiegend ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Grüezi

Eine Randbemerkung:
Der Kapp-Putsch ist auch wegen des Wortes „Putsch“ sehr interessant. Damals wurde das typisch schweizerische Mundartwort „Putsch“ erstmalig auch in Deutschland verwendet. In der Schweiz bedeutet „Putsch“ auch ein Stoss, ein Rempler, ein Schups.

Vorher hatte sich das Wort „Putsch“ bereits im englisch- und französischsprachigen Gebieten ausgebreitet. Und heute ist es fast weltweit im Gebrauch.

Gruss Pelzer


.
 
Schau mal hier, sehr interessante Aufstellung mit historischen Dokumenten:

http://www.kurkuhl.de/kapp_putsch/kapp-putsch_bild-video-begleitheft.pdf


dito zu Wilhelmshaven:
Am Dienstagmorgen zogen bewaffnete Matrosengruppen unter dem Kommando ihrer Deckoffiziere durch die Stadt, verhafteten auf der Marinestation, an Bord der Schiffe und in den Kasernen alle Seeoffiziere, entwaffneten sie und sperrten sie in die Tausendmann-Kaserne. Vizeadmiral Michelsen legte sein Amt nieder. Der Führer der Wilhelmshavener Deckoffiziere, Torpedoobermaschinist Arthur Grunewald, wurde - im Auftrag der Oldenburgischen Regierung - zum Chef der Nordseestation ernannt.

Damit war - einen Tag, bevor die Putsch-Regierung in Berlin aufgeben mußte - der Staatsstreich in Wilhelmshaven unblutig abgeschlagen. In keinem Betrieb wurde gestreikt, auf der Nordseestation ging unter der schwarzrotgoldenen Fahne der Republik der Dienstbetrieb ohne Seeoffiziere weiter.

Arthur Grunewald war kein "roter Stationschef", der jetzt die Revolution vom November fortsetzen wollte. Der Berufssoldat, gelernter Kupferschmied und Schlosser, damals schon Ende vierzig, Familienvater, Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, war ein besonnener, liberaler Mann. Er und seine Deckoffizierskameraden ersparten Wilhelmshaven die Blutopfer, die Kiel erleiden mußte.
aus dem Link


Irgendwo sind wir Deutschen doch selbst schuld.
Hipper, Scheer, Tirpitz kennt jedes Kind.

Wer kennt Arthur Grunewald?
Keiner.
Welche Einheit der Deutschen Marine ist nach ihm benannt?
Keine.

Wann endlich besinnen wir uns tatsächlich auf unsere demokratischen Traditionen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer kennt Arthur Grunewald?
Keiner.

Warum auch, er war nur vorübergehend für 2 Monate (17.03.-24.05.) im dem Amt eingesetzt. Hat er die Geschichte der deutschen Marine entscheidend geprägt?

Am Kapp-Putsch war nur von Seiten der Marine die Brigade Ehrhardt beteiligt. Die Offiziere nahmen eine undurchsichtige Rolle ein.

Letzlich war Berlin von diesen Putsch mehr betroffen und es zeigte einmal mehr, daß in der Marine mehr reaktionäre Kräfte saßen, als demokratische.

Und repo, nichteinmal in der DDR-Marine wurde dieser Name mit einem Schiff geehrt.
 
Warum auch, er war ja Demokrat!

Köbis war auch unpolitisch ambitioniert in seinem Tun und wurde von der DDR als Kommunist hochstilisiert.
Daher kam mir einfach der Gedanke, daß alles was nicht politisch National an einer Revolte in dieser Zeit teilnahm, für die kommunistische Sache in der Propaganda späterer Jahre dienlich war.
 
Köbis war auch unpolitisch ambitioniert in seinem Tun und wurde von der DDR als Kommunist hochstilisiert.
Daher kam mir einfach der Gedanke, daß alles was nicht politisch National an einer Revolte in dieser Zeit teilnahm, für die kommunistische Sache in der Propaganda späterer Jahre dienlich war.


In der DDR haben sie jeden Anführer einer Lehrlings-Frühstücks-Pausen-Revolte zu den sozialistischen Wurzeln gerechnet.

In der ehemaligen BRD haben spätestens am Kasernentor die demokratischen Wurzeln keine Rolle mehr gespielt.
Um das alles etwas überspitz darzustellen.

Aber mal konkret, welche Marine der Welt hat eines ihrer Kriegsschiffe nach Carl Schurz benannt?
Keineswegs die deutsche!
Die US-Amerikanische!
Was zu beweisen war!
 
Zuletzt bearbeitet:
Nix gegen Lütjens.
Aber wo bitte finde ich bei ihm die demokratische Tradition?
Deshalb mein Hinweis auf die drei "Parade-Schiffe". Bei der Marine hätte es sicher andere Kandidaten gegeben, zumal damals der Heil-Funkspruch von Lütjens vor dem Untergang noch etwas anders gedeutet wurde. :still:
 
Deshalb mein Hinweis auf die drei "Parade-Schiffe". Bei der Marine hätte es sicher andere Kandidaten gegeben, zumal damals der Heil-Funkspruch von Lütjens vor dem Untergang noch etwas anders gedeutet wurde. :still:

Sorry, hatte ich Dich falsch verstanden.

Aber ich will jetzt nicht mal die Schiff-Namensgebung diskutieren, gibt es noch weitere Infos zum '"Marine-Kapp-Putsch"?
 
Sorry, hatte ich Dich falsch verstanden.

Aber ich will jetzt nicht mal die Schiff-Namensgebung diskutieren, gibt es noch weitere Infos zum '"Marine-Kapp-Putsch"?


Gewundert hat mich, dass mir diese Vorgänge in der Flotte bisher entgangen sind.
Die Verhaftung aller Seeoffiziere in Wilhelmshaven sind ja nicht gerade Kleinigkeiten.

Habe ich nachgeschaut.
Röhr, Deutsche Marinechronik.:
"Aus der Marinebrigade Erhardt wurde das Marinestammbataillon XX, die Brigade Erhardt war auch am Kapp-Putsch beteiligt."
Das war sie in der Tat. Bemerkenswert ist das "auch".
Weiter kein Wort! Nix zu Kiel, Wilhelmshaven, Cuxhaven ...

Deutsche Militärgeschichte, aus dem Militärverlag der DDR:
Seitenlang Kapp-Putsch, dann "in Kiel und Wilhelmshaven wurden Seeoffiziere von revolutionären Mannschaften verhaftet"
das war es dann auch. Noch der Hinweis, dass die Niederschlagung des Kapp-Putsches und die folgenden Kämpfe zu den "revolutionären Traditionen der NVA gehören"

Das MGFA sieht diese Vorgänge jedoch als "2. Zusammenbruch der Flotte" und hebt darauf ab, dass die Indienststellung der verbliebenen Schiffe dadurch erheblich verzögert wurde.
Also ein ganz erheblicher einschneidender Vorgang.

Mein Fazit:
Militärgeschichte wird von Offizieren geschrieben.
Und von Kommunisten.
Die anderen interessiert dies weniger.
Schade eigentlich. Ein paar aufrechte Demokraten tun uns doch auch gut. Und unserem Selbstverständnis.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gewundert hat mich, dass mir diese Vorgänge in der Flotte bisher entgangen sind. ...
Mein Fazit: Militärgeschichte wird von Offizieren geschrieben. Und von Kommunisten. Die anderen interessiert dies weniger. Schade eigentlich. Ein paar aufrechte Demokraten tun uns doch auch gut. Und unserem Selbstverständnis.

Du hast zu Recht auf eine - auch meine - Informationslücke aufmerksam gemacht, die eigentlich geschlossen werden müsste! (Insoweit schon mal Dank an köbis17 für den guten Link.) Auch dem Fazit kann man schwerlich widersprechen.

Die Wilhelmshavener Vorgänge sind vielleicht deswegen so unbekannt geblieben, weil (1) es ohne Blutvergießen abging und (2) die Putschisten, trotz Levetzow, so überaus erfolglos blieben. Letzteres mag auch der Grund sein, warum die nazi-hörige Deutsche Seekriegsgeschichte von Busch/Ramlow nur einen einzigen Satz über die gesamte Affäre verliert: "1920 trat Admiral v. Trotha zurück" (4. Aufl. 1943, S. 850).

Etwas böswillig formuliert: die Seeoffiziere versagten abermals, wie schon 1918. Zu wenige waren offenbar bereit, sich mit Haut und Haaren auf das Putschunternehmen einzulassen. Bezeichnend ist insoweit vielleicht die Rolle von Tirpitz, der das Ganze für verfrüht und schlecht vorbereitet hielt (vgl. Alfred Von Tirpitz and German Right ... - Google Buchsuche).

Andererseits fiel es den Seeoffizieren hernach umso leichter, sich als Leute zu gerieren, denen es in den kritischen Märztagen nur um die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung gegangen sei. Bekanntlich ist ja nur ein einziger Kappist (Regierungspräsident von Jagow) überhaupt bestraft worden. Der verbitterte Emil Julius Gumbel (Verschwörer, S. 61) schrieb: "Dies konnte von den Kapp nahestehenden Kreisen mit Recht als eine Ermunterung angesehen werden. Die vaterländische Gesinnung der Kappisten war damit anerkannt. Sie hatten nur zu einem noch nicht ganz zeitgemäßen Mittel gegriffen."
 
Wer kennt Arthur Grunewald?
Habe vorhin mit dem Mit-Autor des Beitrags über AG korrespondiert. AG war zum Zeitpunkt der Ereignisse bereits außer Dienst (so steht es auch bei Dülffer/MGFA), aber im Verband aktiv. Er hat wohl selbst seine Rolle als so "selbstverständlich" angesehen, dass sich seine Spur rasch wieder verloren hat. (Ob er mit dem AG verwandt ist, der 1972-1976 Oberbürgermeister von W. war, wäre noch zu klären.)
 
Zurück
Oben