Flottenpolitik des deutschen Reiches

Mark Mallokent schrieb:
Bei Deutschland aber war es umgekehrt: Es hatte eine starke Armee und zunächst eine schwache Flotte und war somit auch seinerseits nicht in der Lage, England direkt zu bedrohen.
Als es dann aber unter Wilhelm II. mit dem Flottenbau begann, begann sich dieses Gleichgewicht zu verschieben, insofern nun - unausgesprochen - die Möglichkeit einer deutschen Invasion Englands im Raum stand. Die Folgen sich bekannt.

Lieber Mark,

ich glaube kaum, dass eine Invasion von GB jemals Wilhelm II. oder den jeweiligen Kanzlern in dem Sinn gekommen ist. Selbst H. hat sich das nicht getraut.:rolleyes:
 
heinz schrieb:
Lieber Mark,

ich glaube kaum, dass eine Invasion von GB jemals Wilhelm II. oder den jeweiligen Kanzlern in dem Sinn gekommen ist. Selbst H. hat sich das nicht getraut.:rolleyes:
Es gibt schon Hinweise darauf, daß solche Invasionspläne existiert haben. Wie ernst die zu nehmen waren, ist freilich eine andere Frage. Aber es kommt weniger darauf an, was die eine Seite plant, als was die andere Seite ihr zutraut.
Ein Beispiel: Winston Churchill, damals erster Lord der Admiralität, hat 1912 in einer Rede folgendes ausgeführt: "Zwischen der englischen Seemacht und der Seemacht des befreundeten Deutschen Reichs besteht indessen der Unterschied, daß für uns die Flotte eine Notwendigkeit ist, während sie von manchen Gesichtspunkten aus für die Deutschen eher eine Art Luxus ist. Die Macht zur See schließt die Existenz Großbritanniens in sich ein. Wir können weder den Frieden eines einzelnen Dörfchens auf dem Festlande bedrohen noch wünschen wir das, wie groß und überlegen unsere Flotte auch werden möge. Auf der anderen Seite würden aber alle Güter unseres Volkstums und unseres Landes ... untergehen und hinweggefegt werden, wenn unsere Überlegenheit zur See gefährdet würde. Es ist die britische Flotte, die Britannien die Stellung einer Großmacht verleiht. Deutschland war eine in der ganzen Welt geachtete und geehrte Großmacht, ehe es ein einziges Schiff besaß...." (zit. nach Die Große Politik der europäischen Kabinette, Bd. 31, S. 62 (Fußnote).
 
Mark Mallokent schrieb:
Ein Beispiel: Winston Churchill, damals erster Lord der Admiralität, hat 1912 in einer Rede folgendes ausgeführt: "Zwischen der englischen Seemacht und der Seemacht des befreundeten Deutschen Reichs besteht indessen der Unterschied, daß für uns die Flotte eine Notwendigkeit ist, während sie von manchen Gesichtspunkten aus für die Deutschen eher eine Art Luxus ist. Die Macht zur See schließt die Existenz Großbritanniens in sich ein. Wir können weder den Frieden eines einzelnen Dörfchens auf dem Festlande bedrohen noch wünschen wir das, wie groß und überlegen unsere Flotte auch werden möge. Auf der anderen Seite würden aber alle Güter unseres Volkstums und unseres Landes ... untergehen und hinweggefegt werden, wenn unsere Überlegenheit zur See gefährdet würde. Es ist die britische Flotte, die Britannien die Stellung einer Großmacht verleiht. Deutschland war eine in der ganzen Welt geachtete und geehrte Großmacht, ehe es ein einziges Schiff besaß...." (zit. nach Die Große Politik der europäischen Kabinette, Bd. 31, S. 62 (Fußnote).

Lieber Mark,

Churchill hat im laufe seines langen Lebens viel gesagt. Meiner Meinung nach wollte er damit nur sagen, dass GB für seine Weltgeltung auf eine Flotte angewiesen ist und Deutschland auf seine Landstreitkräfte.:rolleyes:
 
Diese Einschätzung ist für ein industrialisiertes Land aber nicht zutreffend.
Diesen Ausspruch kann man eher unter politische Propaganda einordnen.
 
heinz schrieb:
Lieber Mark,

Churchill hat im laufe seines langen Lebens viel gesagt. Meiner Meinung nach wollte er damit nur sagen, dass GB für seine Weltgeltung auf eine Flotte angewiesen ist und Deutschland auf seine Landstreitkräfte.:rolleyes:
Das sehe ich auch so. Nur versuchte Deutschland das eben damals zu ändern, indem es sich auch eine Flotte zulegte. Und Churchill hat eben klar die Gefährdung gesehen, die dadurch für England entstand.
 
Mark Mallokent schrieb:
Das sehe ich auch so. Nur versuchte Deutschland das eben damals zu ändern, indem es sich auch eine Flotte zulegte. Und Churchill hat eben klar die Gefährdung gesehen, die dadurch für England entstand.

Lieber Mark,

von der Zulegung einer Flotte bis zur Invasion auf die Insel ist es doch noch ein gutes Stück. Festzuhalten bleibt, dass GB trotz großer Flotte nie allein eine Invasion auf dem Festland gewagt hat.:rolleyes:
 
heinz schrieb:
Lieber Mark,

von der Zulegung einer Flotte bis zur Invasion auf die Insel ist es doch noch ein gutes Stück. Festzuhalten bleibt, dass GB trotz großer Flotte nie allein eine Invasion auf dem Festland gewagt hat.:rolleyes:
Lieber Heinz,
es ging mir weniger darum, was die englische und die deutsche Regierung planten, als vielmehr darum, was die eine von der anderen befürchtete.
Daß England in Deuschland landen könne, damit hat man kaum gerechnet, dafür aber gab es den sogenannten "Kopenhagen-Komplex", d. h. die Befürchtung, die englische Flotte könne die deutsche durch einen Überraschungsangriff vernichten (analog zur Vernichtung der dänischen Flotte durch Nelson in Kopenhagen). Vor allem nachdem die japanische Flotte 1905 die russische in Port Arthur überrascht hatte, wurde diese Befürchtung virulent. Der arme Wilhelm hat deswegen das Auswärtige Amt und den Admiralstab in Aufregung versetzt.
 
Mark Mallokent schrieb:
Der arme Wilhelm hat deswegen das Auswärtige Amt und den Admiralstab in Aufregung versetzt.

Lieber Mark,

der arme Wilhelm hat sich über viele Dinge aufgeregt und war sicherlich auch an der Flottenpolitik von Deutschland maßgeblich beteiligt.:rolleyes:
 
heinz schrieb:
Lieber Mark,

von der Zulegung einer Flotte bis zur Invasion auf die Insel ist es doch noch ein gutes Stück. Festzuhalten bleibt, dass GB trotz großer Flotte nie allein eine Invasion auf dem Festland gewagt hat.:rolleyes:

Doch, in Portugal 1808.

Grüße Repo
 
Ich wollte wissen von wann bis wann Wilhelm denn genau regiert hat..denn ich konnte es nirgendwo finden!

EDIT: Stimmen vieleicht diese Zahlen: 1888–1918?
 
Danke für die Bestätigung!
(hatte die Info auch aus Wikipedia=))


Ich habe gerade aus 2 verschiedenen Quellen folgende Informationen bekommen:

Quelle 1: [FONT=&quot]* 27. Januar 1859 in Berlin; † 4. Juni 1941 auf Schloss Doorn, Niederlande[/FONT][FONT=&quot] [/FONT]
Quelle 2:
*27.1.1859 Potsdam, † 4.6.1941 Haus Doorn, Provinz Utrecht (Niederlande)


Was stimmt denn nun?
 
Zuletzt bearbeitet:
Also die Frage bezieht sich auf das Geburtsdatum Wilhelm II.
Habe ich vergessen oben zu schreiben, aber da ich den Beitrag schonmal editiert hatte, kann ich das irgendwie nicht nochmal...:grübel::rotwerd:

PS.: Wäre echt nett wenn mir jemand helfen könnte:(, muss in 1,5 Wochenvortragen, da muss ich sowas lernen :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Armin schrieb:
Danke für die Bestätigung!
(hatte die Info auch aus Wikipedia=))


Ich habe gerade aus 2 verschiedenen Quellen folgende Informationen bekommen:

Quelle 1: [FONT=&quot]* 27. Januar 1859 in Berlin; † 4. Juni 1941 auf Schloss Doorn, Niederlande[/FONT][FONT=&quot] [/FONT]
Quelle 2:
*27.1.1859 Potsdam, † 4.6.1941 Haus Doorn, Provinz Utrecht (Niederlande)


Was stimmt denn nun?

Der Geburtsort war Berlin.
 
Sollte ich diese information auch erwähnen?
ich denke dass das nicht soo wichtig ist, das hat ja nichts direkt mit der flottenpolitik zu tun, es reicht ja wenn ich sage das er ...in berlin geboren wurde, oder?
 
Noch eine Frage:
Wie kann ich Englands Reaktion auf die deutschen Flottenpläne erklären?
Reicht es wenn ich sage dass England es nicht dulden wollte, und daher das "Deutsch-Englische Wettrüsten" begann?
Und danach würde ich die "hintergründe für deren Reaktion nennen, ist das ok?


Bitte helft mir:):winke:
 
Repo schrieb:
Ich habe in anderem Zusammenhang schon meine Überzeugung geäußert, dass die "wilhelminische" Flottenpolitik eine überaus verhängnissvolle Rolle zwischen 1900 und 1918 gespielt hat.
1. hat sie Deutschland völlig unnötig die Feindschaft Englands eingebracht.
2. die USA zum Kriegseintritt genötig.
3. während der Waffenstillstandverhandlungen zur Revolution und zum Zusammenbruch Deutschlands mit entsprechend harten Bedingungen geführt.

Ich würde das etwas weiterfassen und zugleich präzisieren wollen:

1.a) Liegt die Wurzel des deutsch-britischen Antagonismus tatsächlich in der Flottenpolitik? Oder ist die Flottenpolitik lediglich eine der Auswirkungen?

2.a) War es die Flottenpolitik oder deren Scheitern (U-Boot-Krieg), die die USA zum Kriegseintritt bewegten?

3.a) Wie wirkt sich das Verhalten der Seekriegsleitung (SKL) auf die Waffenstillstandsverhandlungen aus?

4. Welche Rolle spielt die Flottenpolitik in der deutschen Außenpolitik vor 1914?

5. Welche Faktoren definieren die britische Außenpolitik vor 1914?



zu 1.) Ich denke, die Flottenpolitik war ein Punkt, an dem der Antagonismus zwischen dem britischen Weltreich und dem Deutschen Reich am deutlichsten wurde. Als aufstrebende Wirtschaftsmacht drängte Deutschland zu "Weltgeltung", was notwendigerweise auf Kosten Großbritanniens gehen mußte. Die Flottenpolitik hatte m.E. ihre Wurzeln in innenpolitischen Problemstellungen, die mittels imperialer Expansion gelöst werden sollten, was zum Konflikt, nicht nur mit Großbritannien führte.

zu 2.) Seit der Jahrhundertwende hatten sich die USA stärker in die internationale Politik eingemischt. Während es mit Großbritannien eine gewisse Interessengemeinschaft gab, war Deutschland zunehmend in Mißkredit gekommen, was nicht zuletzt mit der unglücklichen Außenpolitik Wilhelm II. zusammenhing. Hinzukam die wirtschaftliche Konkurrenz zwischen Deutschland und den USA, die, kompliziert durch deutsche Versuche in Südamerika Einfluß zu gewinnen (Monroe-Doktrin), zur außenpolitischen Konfrontation führten. Als dann die SKL als Resultat der verfehlten Flottenpolitik zum U-Boot-Krieg überging, wurde eine weitere fundamentale Doktrin der US-Außenpolitik (Freiheit der Meere) verletzt, was schließlich zum Kriegseintritt führte. Hier würde ich die Flottenpolitik eher als Anlaß, denn als Ursache sehen.

zu 3.a) Die November-Revolution hatte verschiedene Ursachen. Eine war die allgemeine Kriegsmüdigkeit, die sich bereits in mehreren Streiks ausgedrückt hatte. Die Verhandlungen über einen Waffenstillstand liefen bereits, als die Hochseeflotte zum letzten Gefecht auslaufen sollte ("Stirb und werde!"). Inwiefern sich die revolutionären Verhältnisse auf die Verhandlungen auswirkten, müßte am konkreten Verhandlungsverlauf nachvollzogen werden.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ja oder kannst Du Dir einen hier einen Rechtsstreit vor einem Gericht vorstellen? Wenn ja, auf welcher Grundlage?
Der Begriff Recht ist etwas umfassender als das, was in Gerichtssäälen verhandelt wird. Wenn es um Hinterhöfe von Großmächten geht, sollte schon klar sein, dass man sich nicht auf juristischer Ebene bewegt.

Aus meiner Sicht wären nicht nur Großkampfschiffe sondern parallel auch Depots an verschiedenen Küsten (in den eigenen Kolonien und per Vertrag auch an anderen), unterstützende Kreuzer und allgemein Schiffe mit größerer Reichweite nötig gewesen. Kurz, nicht nur eine Schlachtflotte, der Aufwand hätte in allen Bereichen der Marine getrieben werden müssen. Bei gleichem Aufwand hätte dies natürlich weniger Großkampfschiffe bedeutet.
Leider decken sich diese Ansichten weder mit den damaligen technologischen Möglichkeiten noch mit dem militärischen Bedarf.

Für den Einsatz im Kolonialbereich waren Kreuzer und Kanonenboote vorgesehen. Sie mussten und wurden in einem Kriegsfall aber als verloren angesehen werden. Also war in Übersee nur sowohl zu stationieren wie absolut notwendig. Alles in der bereits erwähnten Flottenvorlage beschrieben.

Technisch sah die Sache so aus, dass es sich nicht mehr um Segelschiffe mit quasi unbegrenzten Aktionsradius handelte, sondern um Schiffe, die Kohle in Massen brauchten. Ein Panzerkreuzer der Scharnhorstklasse hatte bei mäßiger Geschwindigkeit von 10 kn einen durchaus respektablen Fahrbereich von gut 5.000 sm oder 21,5 Seetage. Dafür wurden rund 2.000 t Kohle mitgeführt. Bei schneller Fahrt von 20 kn explodierte der Verbrauch geradezu. Die 2.000 t reichten dann gerade noch für rund 2.200 sm, die man theoretisch in 4,5 Tagen zurückgelegt hätte. Ein kleiner Kreuzer, z. B. Dresden, benötigte dafür immer noch 850 t Kohle.

Theoretisch deshalb, weil schon nach einigen Stunden die Feuerroste von Schlacken gereinigt werden mussten, d. h. Feuer aus, und damit weniger Dampf und Geschwindigkeit. Für die Versorgung von Graf Spees Ostasiengeschwader waren bis zu seinem Untergang über 50! Schiffe im Einsatz.

Ein anderes Beispiel ist der Schnelldampfer Kronprinz Wilhelm, der 250 Tage Handelskrieg führen konnte. In dieser Zeit mussten 24.000 t Kohle von eigenen und erbeuteten Schiffen übernommen werden.

Politisch hätte eine Zusammenarbeit mit anderen Stellen gut getan, d.h. nicht nur eine fast schon Geheimpolitik mit dem Kaiser.
Welche Geheimpolitik? Die deutsche Flottenrüstung wurde öffentlich und im Reichstag diskutiert und beschlossen. Jeder potentielle Gegner konnte im Reichsgesetzblatt nachlesen wie viele Schiffe ab Kreuzergröße in den nächsten Jahren gebaut werden sollten. Empfehlenswert sind in diesem Zusammenhang die Werke von Axel Grießmer.

Abgesehen davon, dass es hier nicht um Frankreich geht, ...
Warum wurde dann Frankreich angeführt?:
Die französische Politik hat sich da besser aufgestellt.

Aber eine Schlachtflotte in der Nordsee konnte produzieren?
Natürlich nicht, das wurde auch nicht behauptet. Sie wurde produziert. Kolonien konnte man allerdings nicht bei Blohm + Voss in Auftrag geben.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit hingegen hätte weitere Früchte tragen können. Für mich erstaunlich sind immer noch die Berichte vom Bau der Titanic und dem nebeneinander von englischen, irischen und deutschen Arbeitern. Die Verluste der deutschen Wirtschaft durch Enteignungen im Ausland zeigen trotz aller Zölle und (aus heutiger Sicht) Abgrenzung die Bedeutung des internationalen Handels. Absatzmärkte für deutsche Produkte wären viel besser in Industrieländern gewonnen worden als in Kolonien. Auch hätte sich für Deutschland mehr Aufwand beim Kampf gegen die Auswanderung gelohnt.
Richtig. Seit der Reichsgründung war Dtschl. verhältnismäßig friedlich zu einer Welthandelsmacht aufgestiegen (Außenhandel 1912: GB 22,8 Mrd.M, D 19,1 Mrd. M., USA 17,7 Mrd. M., F 11,8 Mrd. M.). Da stellt sich schon die Frage, was Dtschl. mit einem Krieg noch gewinnen sollte?
 
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