Flucht von Deutschrumänien 1944/1945

maximahls

Neues Mitglied
Hallo,

ich versuche gerade eine Geschichte zu rekonstruieren, die mir meine Großmutter erzählt hat. Kurz bevor ihre Familie selbst am 22. April 1945 vor der Roten Armee aus Elsterwerda geflohen ist, kam eine rumänische Flüchtlingsfamilie bei ihnen an. Die Frau war schwanger und bekam ihr Kind in dem Haus meiner Großmutter.

Nun Frage ich mich, wie lange diese rumänische Familie (ob aus Siebenbürgen oder woanders her, weiß ich nicht) unterwegs gewesen sein muss. Laut meinen Recherchen sind die Deutschrumänen ab September 1944 vertrieben worden.

Das heißt, die waren 8 Monate unterwegs? Ist das realistisch?
 
Elsterwerda!
Rumänische Flüchtlingsfamilie?

Sieht mir eher nach einer Familie aus der Bukowina stammend aus. Dein Datum würde auch passen.

Diese Menschen wurde durch den Hitler Stalin Pakt ausgesiedelt.
Ob nun alle, oder nur einige weiß ich nicht. Jedenfalls z.B. die Familie meiner Schwiegermutter kam erst einmal nach Oberschlesien, dann nach Gera/Thüringen.

Meine Schwiegermutter hat mir einiges aus dieser Zeit erzählt, vieles mit Tränen in den Augen, manchmal beendete ich dann auch das Gespräch.
Allerdings, ob die gelaufen sind, was man annehmen möchte, darüber hat sie mir nie etwas erzählt.

Ich weiß nur, es ging mit der Bahn dann von Gera/Thüringen über die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien wieder in die alte Heimat. Transport hatten die Russen veranlasst.
Allerdings an der Grenze zur Ukraine war dann Schluss, es ging nicht in die Bukowina zurück. Viele blieben im Nordosten von Rumänien hängen, so auch meine Schwiegermutter, sie war auch Hochschwanger.
 
Elsterwerda!
Rumänische Flüchtlingsfamilie?

Sieht mir eher nach einer Familie aus der Bukowina stammend aus. Dein Datum würde auch passen.


Entschuldigt, wenn ich jetzt so unerfahren dazwischenbreche...aber zwischen Elsterwerda und Buckowina liegt ja eine ganz schöne Strecke, wenn man Google Maps Glauben schenken kann. Jetzt ist meine Frage, warum man denn eine so weite Strecke ausgerechnet dorthin geht?
Wenn meine Frage jetzt das Thema verfehlt hat, so tut es mir leid, aber es kommt mir so unrealistisch vor...
LG
MissHorstful
 
Wieso?
Von der Bukowina, genauer Cernowitz kommend nach Oberschlesien.

Laut meiner Schwiegermutter, im Vorfeld des Rückzuges der deutschen Truppen dann weiter nach Westen.
Da könnte ich mir Elsterwerda durchaus vorstellen.

Wie geschrieben, die Familie meiner Schwiegermutter ist nach Gera/Thüringen gekommen.
Habe auch geschrieben, mir ist unbekannt, ob sie laufen mussten. Kann es mir nur vorstellen bei den Chaos was zu dieser Zeit herrschte.

Bis Oberschlesien – müsste in der Akte nachsehen wo genau, welcher Ort – sind sie allerdings mit der Bahn gefahren.

So meine Schwiegermutter, am Bahnhof von Cernowitz standen die Russen und da hatte man die Schlüssel abzugeben mit der Wohnadresse.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun Frage ich mich, wie lange diese rumänische Familie (ob aus Siebenbürgen oder woanders her, weiß ich nicht) unterwegs gewesen sein muss. Laut meinen Recherchen sind die Deutschrumänen ab September 1944 vertrieben worden.

Das heißt, die waren 8 Monate unterwegs? Ist das realistisch?

Als sich die Niederlage Deutschlands gegenüber den Alliierten abzeichnete, vollzog Rumänien einen Seitenwechsel, und trat Ende August 1944 auf die Seite der Alliierten. Das veranlasste viele Rumäniendeutsche - vor allem Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben - zur Flucht nach Österreich und Deutschland. Gefürchtet war besonders die vorrückende Rote Armee. Die Masse der Rumäniendeutschen verblieb allerdings in ihrer Heimat, wo zwischen 1945 und 48 etwa 80 000 Rumäniendeutsche zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt wurden.

Die eingangs gestellte Frage, wie lange eine Familie zur Flucht nach Deutschland benötigte, ist schwer zu beantworten, da das sicher individuell ganz verschieden war. Konnte noch ein Personen- oder Güterzug als Transportmittel benutzt werden, ging das innerhalb von 2-3 Tagen. Musste die Strecke zu Fuß oder mit Hilfe von Pferdewagen zurückgelegt werden, muss man sicher mit einigen Wochen rechnen. Aber auch da ging es bei einigen schneller, bei anderen langsamer.

Bei Wiki fand ich dazu das hier:

Am 7. September begann die Flucht vor den sowjetischen Truppen. Aus den Städten Bistritz und Sächsisch-Regen wurde die deutsche Bevölkerung mit der Bahn und Lastwagen der Wehrmacht abtransportiert. Ab dem 9. September brachen die Bewohner der deutschen Dörfer in langen Trecks in Richtung Reichsgrenze auf. Die meisten gelangten nach Österreich, einige wenige konnten sich nach Deutschland absetzen und der kleine Rest, dem dies nicht gelang, wurde vom Kriegsgeschehen überrollt und nach Siebenbürgen zurückverfrachtet. Von 298.000 im Jahre 1941 in Siebenbürgen lebenden Deutschen waren schon während des Krieges etwa 50.000 Personen verschwunden.
 
@Ralf
Hmm, die Umsiedlung fand laut Wikipedia schon 1940 statt. Aber dann könnten die ja trotzdem 1944/45 aus dem besetzten Polen geflüchtet sein. Meinst du das?
Dann ist der Weg nach Elsterwerda auch nicht mehr so unwahrscheinlich weit und das passt dann mit der Zeit. Und als Rumänen hatten die sich dann vielleicht trotzdem noch bezeichnet.

@Dieter
Okay, dann ist das eher unwahrscheinlich, dass sie zu diesen Flüchtlingen gehörten, wenn sie erst im April 1945 in Elsterwerda ankamen.
 
Hatte dies hier eingebracht weil maximahls schrieb: „ob aus Siebenbürgen oder woanders her...“.

Habe in den Unterlagen (Familienbuch, Standesamt Gera/Thüringen, Juli 1945) noch einmal nachgesehen.
Von Cernowitz ging es nach Litzmannstadt, danach 1944 Sucha/Oberschlesien, von da aus nach Gera/Thüringen und von da aus wurden sie 1945 unter falschen Aussagen abtransportiert wie bereits geschrieben.

1961 kam dann Schwiegermutter mit ihren Mann und 3 Kindern auf dem Weg der Familienzusammenführung in die DDR.

Litzmannstadt muss ganz schlimm gewesen sein. Wenn Schwiegermutter auf diesen Namen zu sprechen kam, war sie wie so eine Art Traumatisiert.

Inzwischen kann man sich im Netz kundig machen und versteht auch warum.

Man muss sich in die Welt aus der sie vertrieben wurde reinversetzen. In Cernowitz lebten die verschiedensten Nationalitäten friedlich Neben- und Miteinander.


 
Hallo,

ich versuche gerade eine Geschichte zu rekonstruieren, die mir meine Großmutter erzählt hat. Kurz bevor ihre Familie selbst am 22. April 1945 vor der Roten Armee aus Elsterwerda geflohen ist, kam eine rumänische Flüchtlingsfamilie bei ihnen an. Die Frau war schwanger und bekam ihr Kind in dem Haus meiner Großmutter.

Nun Frage ich mich, wie lange diese rumänische Familie (ob aus Siebenbürgen oder woanders her, weiß ich nicht) unterwegs gewesen sein muss. Laut meinen Recherchen sind die Deutschrumänen ab September 1944 vertrieben worden.

Das heißt, die waren 8 Monate unterwegs? Ist das realistisch?

genau läßt sich das vermutlich nicht rekonstruieren. Es ist durchaus möglich, dass die Vertreibung schon viel früher statt gefunden haben kann. Vielleicht gab es vor Elsterwerda noch einige/viele Zwischenstationen?!

Die Familie meiner Mutter stammte auch aus der Bukowina. Sie kamen durch die Vertreibung mehrmals nach Polen, dann auch nach Thüringen, Bayern und Österreich.
 
Vielleicht gab es vor Elsterwerda noch einige/viele Zwischenstationen?!


Zwischenstationen von der Bukowina her...
Zum Beispiel Pabianice. Liegt bei Litzmannstadt.

Habe inzwischen mit der Tante meiner Frau telefoniert.
Sie war ein Nachzügler in dieser Familie, deshalb lebt sie auch noch.
Sie war nicht in der grausamen Litzmannstadt.
Aber fast gleich daneben. Sie war in Pabianice. Da waren auch die anderen Familienmitglieder.

Pabianice -> siehe wiki, Abschnitt „Deutsche Minderheit“.
 
@Ralf.M, #8 und #10: Beim Thema Flucht und Vertreibung kaönnen wohl viele unter uns etwas beisteuern. So lebte ich mit meinen Eltern bis Jan 45 in Lodz, damals Litzmannstadt. Das es dort ganz schlimm gewesen wäre bzw. grausam ist mir nicht aufgefallen. Nach der allgemeinen Flucht versuchte mein Vater, wieder zurückzukehren. Das wurde natürlich von der nun polnischen Verwaltung bzw. Grenzpolizei verhindert. Da muß ich sagen, in Deutschland lebt es sich auch nicht schlecht...
 
Wenn ich meine Schwiegermutter richtig verstanden habe...
Das fürchterliche an diesen Ort war für sie wohl der Umgang mit den Juden. Dafür hatte sie wohl überhaupt kein Verständnis. Sie war froh, dass sie dort wieder abhauen konnte.
Was dort passiert ist, kann man ja inzwischen auch im Netz nachlesen.
Stichwort -> Ghetto Litzmannstadt.
 
@Ralf.M, #8 und #10: Beim Thema Flucht und Vertreibung kaönnen wohl viele unter uns etwas beisteuern. So lebte ich mit meinen Eltern bis Jan 45 in Lodz, damals Litzmannstadt. Das es dort ganz schlimm gewesen wäre bzw. grausam ist mir nicht aufgefallen. Nach der allgemeinen Flucht versuchte mein Vater, wieder zurückzukehren. Das wurde natürlich von der nun polnischen Verwaltung bzw. Grenzpolizei verhindert. Da muß ich sagen, in Deutschland lebt es sich auch nicht schlecht...

Wenn ich meine Schwiegermutter richtig verstanden habe...
Das fürchterliche an diesen Ort war für sie wohl der Umgang mit den Juden. Dafür hatte sie wohl überhaupt kein Verständnis. Sie war froh, dass sie dort wieder abhauen konnte.
Was dort passiert ist, kann man ja inzwischen auch im Netz nachlesen.
Stichwort -> Ghetto Litzmannstadt.

Ralf hat ja schon auf das Ghetto hingewiesen.

Eckert ich weiss von wann an du genau in Litzmannstadt gelebt hast, das Ghetto wurde im April 1940 "eingerichtet". Bis dahin mussten alle nicht jüdischen Bewohner das Gebiet in der Altstadt verlassen haben. Ab dem 30. April 1940 war das Ghetto von der Aussenwelt abgeschnitten. Es wurde vollständig isoliert. Im Juni 1940 waren auf rund 4 Quadratkilometer 160 320 Juden interniert. 153 849 kamen aus Lodz und 6 471 aus dem "Warthe-Gau. Im Herbst 1941 wurden 19 954 Juden aus dem Protektorat Böhmen und Mähen, aus Österreich, Luxemburg und Deutschland nach Lodz deportiert. Dann gab es noch ein gesondertes "Zigeunelager" da wurden 5 007 Roma interniert.

1942 gab es die ersten Deportationen ins Vernichtungslager Chlemno, insgesmt wurden über 70 000 Menschen deportiert.

Von Juni bis August 1944 wurde das Ghetto liquidiert. 73 000 Menschen wurden in dieser Zeit deportiert, die ersten ins Vernichtungslager Chełmno, der meisten dann nach Auschwitz und die letzten dann ins KZ Sachsenhausen oder KZ Ravensbrück.

Quelle: Das deutsche "Ghetto Litzmannstadt" im polnischen Lódz

Weiterführende Links:

Ghetto Litzmannstadt ? Wikipedia

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/zweiter-weltkrieg/voelkermord/ghetto-lodz.html

Lodz
 
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