Gammelsvenskby

Fylgja schrieb:
Bei der Beschäftigung mit den Estlandschweden bin ich über den Ort Gammelsvenskby "gestolpert". Neben den Estland- und Finnlandschweden ein interessantes Beispiel dafür, daß die "Ostsiedlung" nicht nur eine rein deutsche Angelegenheit war.
Nach Kriegen gegen Dänemark und den Dreißigjährigen Krieg wurden Schweden große Teile des heutigen Staatsgebietes (Süden und Westen) zugesprochen. Außerdem umfaßte Schweden Finnland, eine Reihe von Provinzen im Baltikum und in Norddeutschland. Das Land war aber wirtschaftlich zu schwach, um dieses Territorium zu halten. Nach Niederlagen im großen nordischen Krieg (1700 - 1721) und später gegen Rußland (1809) gingen die Besitzungen wieder verloren.

Fingalo
 
fingalo schrieb:
Nach Kriegen gegen Dänemark und den Dreißigjährigen Krieg wurden Schweden große Teile des heutigen Staatsgebietes (Süden und Westen) zugesprochen. Außerdem umfaßte Schweden Finnland, eine Reihe von Provinzen im Baltikum und in Norddeutschland. Das Land war aber wirtschaftlich zu schwach, um dieses Territorium zu halten. Nach Niederlagen im großen nordischen Krieg (1700 - 1721) und später gegen Rußland (1809) gingen die Besitzungen wieder verloren.

Fingalo
Das ja. Allerdings liegt Gammelsvenskby in der tiefsten Ukraine im ehem. Gouvernement Cherson am Schwarzen Meer, das macht die Sache interessant. Das Dorf wurde 1782 von estlandschwedischen Kolonisten unter der Herrschaft Katharina II. gegründet und hat bis heute eine teilweise schwedische Bevölkerung. Die ersten schwedischen Siedler in Estland kamen übrigens schon zu Zeiten des Deutschen Ordens und der Hanse. Die meisten flohen 1945 nach Schweden.

Als weiterführende Literatur wäre das Buch "Die Geschichte der Estlandschweden" von Anja Stiller zu empfehlen.
 
Dann übersetze ich mal, denn der Vergleich mit der Deutschen Ostbesiedlung scheint mir etwas gewagt, eher träfe der Vergleich mit der stalinistischen Umsiedlungspolitik zu:
Bis 1781 lebte auf Dagö vor Estlands Küste ein schwedischer Volkssplitter. Diese Volksgruppe hatte auf Dagö seit dem 13. - 14. Jh. gelebt. Im Zusammenhang mit der Großmachtzeit Schwedens versuchten schwedische Adelige, die Kontrolle über die baltischen Küsten und Inseln zu bekommen. Die Schweden auf Dagö hielten sich noch bis 1781. Da herrschte Graf Karl Magnus auf der Insel, aber von der russischen Kaiserin Katharina II. wurde der Beschluss zur Ausweisung gefasst. Im August 1781 wurden die Schweden gezwungen, Dagö zu verlassen. Ihnen wurde ein neues Gebiet zum Urbarmachen in der südlichen Ukraine in der Nähe des Schwarzen Meeres am Ufer des Dnjeprs versprochen. Die Umsiedlung zum neuen Siedlungsraum wird als "Der Todesmarsch" bezeichnet - von den 1.200 Reisenden überlebten nicht mehr als ca 300 Personen. Nur die stärksten überlebten die Kälte, den Hunger und die Krankheiten unterwegs. Im Mai 1782 kamen die Schweden in der neuen Heimat an.

Der Boden wurde urbar gemacht, und allmählich wuchs die schwedische Bevölkerung bis zum Beginn des 20. Jh. auf auf 1.200 Einwohner. Von den neu angesiedelten Deutschen Neubürgern erhielt der Ort den Namen "Altschwedendorf" - Gammalsvenskby. Die Einwohner hießen "Schwedendörfler". In der neuen Haimat in der Ukraine behielt man seine schwedische Sprache (ein Dialekt "Altschwedisch" genannt), seinen lutherischen Glauben und die schwedischen Sitten und Bräuche.

http://www.svenskakyrkan.se/norrakyrketorp/gsvby/page7.htm

Fingalo
 
Stimmt.
Ich hab es auch nocheinmal in dem oben von mir genannten Buch nachgelesen.
Die "Ansiedlung" der Schweden in der Ukraine war den ungleich groesseren Rechten der Schweden in Estland gegenueber der estnischen Bevoelkerung geschuldet.
Fuer die Ansiedlung der Schweden in Estland kommt aber ein Vergleich mit der deutschen Ostsiedlung schon in Betracht.
Woher kannst du eigentlich schwedisch?

Gruss
 
Fylgja schrieb:
Woher kannst du eigentlich schwedisch?
Gar nicht.
Ich kann norwegisch. Ich übersetze und fasse z.B. zusammen, was in der 12-Bändigen Aschehougs "Norges Historie" über Harald Schönhaar steht und poste es hier, weil die dort niedergelegten neueren Forschungsergebnisse im deutschen Sprachraum nicht zugänglich sind. Und auf einer Internetseite befürchte ich, urheberrechtliche Probleme zu kriegen :cool:
Meine Großmutter war Norwegerin und ich habe fast alle Schulferien mit gleichaltrigen Verwandten auf einer Insel im Stavangerfjord verbracht.
Ein schwedisches Lexikon bringt dann den Rest.
Außerdem nehme ich ziemlich regelmäßig an den nordischen Historiker-Konferenzen teil (meine Frau ist isländische Historikern). Das frischt die Sprache auf.

Fingalo
 
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