Geht das Kamel durch das Nadelöhr?

Ich kenne mich weder im Griechischen, Hebräischen, Aramäischen noch Arabischen aus. Trotzdem einige Gedanken meinerseits zu dem Thema:

Könnte mit Nadelöhr im nicht überlieferten aramäischen Originaltext, das Jesus sprach, einfach ein Engpass gemeint sein? So wie wir im Deutschen Flaschenhals auch für eine enge Stelle benutzen (Flaschenhals – Wikipedia ). So würde auch ein Kamel wieder Sinn ergeben.

Falls diese Information richtig sein sollte, ist im Aramäischen das Wort für Kamel und für Schiffstau gleich (möglicheweise, weil die Schiffstaue aus Kamelhaar gemacht wurden):

An alternative linguistic explanation is taken from George M Lamsa's Syriac-Aramaic Peshitta translation2 which has the word 'rope' in the main text but a footnote on Matthew 19:24 which states that the Aramaic word gamla means rope and camel, possibly because the ropes were made from camel hair. Evidence for this also comes from the 10th century Aramaic lexicographer Mar Bahlul who gives the meaning as a "a large rope used to bind ships".

The camel and the eye of the needle, Hebrew NT Application - Biblical Hebrew

D. h. es wäre in dem Fall schon im Aramäischen nicht ohne weiteres zu unterscheiden gewesen, ob ein Kamel oder Schiffstau gemeint ist. Das Wort Kamel kommt über das Lateinische aus dem Griechischen. Und dort ist es ein Lehnwort aus einer semitischen Sprache. Die Ähnlichkeit der griechischen Wörter für Kamel und Schiffstau mit gleichen Wörtern im Aramäischen ist doch schwerlich ein Zufall. Ist das griechische Wort für Schiffstau auch ein Lehnwort aus einer semitischen Sprache?

3.) Der Talmud hat das aufgegriffen und aus dem Kamel das größte bekannte Tier, den Elefanten, gemacht.

Meinst Du, dass der Talmud hier vom Evangeliumtext beeinflußt wurde? Da bin ich skeptisch (vielleicht zu Unrecht), dass das Judentum sich von Christentum beeinflußt haben sollte. Aber möglicherweise liegt hier eine gemeinsame sprachliche Basis vor. Vielleicht war "das Kamel oder Schiffstau durch das Nadelöhr" schon im Aramäischen ein geflügeltes Wort.
 
"Ihr siebt die Mücke aus und verschluckt das Kamel." (Mt 23,24) - hier ist sicher kein Schiffstau gemeint.

Eine interessante Seite eines interessierten Laien:
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr - Biblica - Michael Neuhold Homepage
Zusammenfassung
Die ntl. Forschung ist sich einig darüber, dass die Evangelisten Kamel geschrieben (das belegt die handschriftliche Überlieferung) und auch gemeint haben (darauf verweisen die frühen Übersetzungen ins Koptische, Syrische, Lateinische und Gotische).

Seit dem 5. Jh. ist durch Kyrillos von Alexandrien und die (von der syrischen Kirche beeinflusste) armenische Bibelübersetzung die Idee vom Seil belegt. Kyrills Lukaskommentar ist nur in der syrischen Übersetzung erhalten, dürfte dort also fleißig rezipiert worden sein. Irgendwie scheint Syrien ein Zentrum für das Seil zu sein.

In der Byzantinischen Renaissance im 10. Jh. findet das Seil dann auch seinen Niederschlag in griechischen Handschriften des NT - in Form eines offenbar von Gelehrten ad hoc erfundenen Wortes kamilos.

Obwohl die großen Griechischwörterbücher wie Pape oder Liddell/Scott auf den geringen Wert dieser Lesart verweisen, wird sie immer wieder, leider auch von meinem geliebten Etymologie-Duden, zur richtigen erklärt. Und dank zahlreicher Webseiten, die es ungeprüft weiterkolportieren, wird das Märchen vom Seil auch die nächsten Jahrzehnte unbeschadet überstehen.

Offene Punkte
Gibt es im Syrischen wirklich ein Wort gml (gamla) = Seil, und wenn ja seit wann? Oder ist dieses (vom Thesaurus Syriacus genannte) Wort genauso eine Gelehrtenschimäre wie griech. kamilos?
 
Eben.

@Carolus: auch diese Theorie wird in den Kommentaren erwogen: es könne sich um ein enges Tor zB in Jerusalem gehandelt haben.

Die wohl überwiegende Erklärung der Kommentierungen gibt Sepiola.

Ob man dieser glaubt, oder anderen Erklärungen Glauben schenkt, ist wohl - auch darauf hat ElQ hingewiesen - letztlich für das Verständnis dieser Zuspitzung egal.
 
Könnte mit Nadelöhr im nicht überlieferten aramäischen Originaltext, das Jesus sprach, einfach ein Engpass gemeint sein? So wie wir im Deutschen Flaschenhals auch für eine enge Stelle benutzen (Flaschenhals – Wikipedia ). So würde auch ein Kamel wieder Sinn ergeben.
Das würde zunächst einmal voraussetzen, dass der historische Jesus dieses Gleichnis benutzt hätte. Das ist aber eine Ebene, auf die wir als Historiker nicht kommen. Wir kommen nur bis zu den Evangelien zurück. Normalerweise wird das Markusevangelium auf die Zeit nach dem Jüdischen Krieg datiert, vereinzelt gibt es Frühdatierungen, die es bereits 30 Jahre früher ansetzen (Güntzer Zuntz 40 n. Chr.). Die sind aber eher fragwürdig. Nach gängiger Datierung wurden die Evangelien also ca. 40 Jahre nach dem Tod des hist. Jesus verfasst.
Viel wichtiger aber ist, dass das ganze Gleichnis keinen Sinn mehr ergäbe, wenn es einfach nur eine enge Stelle wäre. Im Prinzip haben diese These auch schon früher Theologen aufgestellt, so hat man vermutet, dass das Nadelöhr ein besonders enges Tor in Jerusalem gewesen sei, durch welches Lasttiere nur mit Not durchkamen. Aber das widerspricht doch dem eigentlichen Textsinn der Stelle und entspricht dem (vor allem modernen*) Bedürfnis, die Evangelientexte mit der erfahrbaren Wirklichkeit zu harmonisieren.

ist im Aramäischen das Wort für Kamel und für Schiffstau gleich (möglicheweise, weil die Schiffstaue aus Kamelhaar gemacht wurden):
Nein, der Fehler liegt im griechischen Itazismus und hat mit dem Aramäischen nichts zu tun.
Langes e: (η) (kamelos = Kamel) wird wie i (kamilos = Tau) ausgesprochen. Ist also ein rein griechisches Übertragungsproblem, kein aramäisches Missverständnis.

Meinst Du, dass der Talmud hier vom Evangeliumtext beeinflußt wurde? Da bin ich skeptisch (vielleicht zu Unrecht), dass das Judentum sich von Christentum beeinflußt haben sollte. Aber möglicherweise liegt hier eine gemeinsame sprachliche Basis vor. Vielleicht war "das Kamel oder Schiffstau durch das Nadelöhr" schon im Aramäischen ein geflügeltes Wort.
Im Talmud werden durchaus christliche Lehren erwähnt, ähnlich wie sich christliche Autoren mit heidnischen Vorwürfen auseinandersetzten, setzten sich jüdische Autoren mit christlichen Vorwürfen auseinander. Und Ideen sind nicht gebunden. Es kann aber auch sein, dass der Evangelist (oder Jesus selbst, aber auf die Ebene gelangen wir als Historiker nicht) ein geflügeltes Wort aufgriff, ja.

*Bei Wikipedia gibt es zu der Stelle ein Foto von einer Dortmunder Kirche, wonach diese Vorstellung allerdings bereits im Mittelalter "verbreitet" war. Dort ist ein Kamel dargestellt, welches sich durch eine enge Pforte zu zwängen versucht.
 
Eine interessante Seite eines interessierten Laien:
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr - Biblica - Michael Neuhold Homepage
Zusammenfassung
Die ntl. Forschung ist sich einig darüber, dass die Evangelisten Kamel geschrieben (das belegt die handschriftliche Überlieferung) und auch gemeint haben (darauf verweisen die frühen Übersetzungen ins Koptische, Syrische, Lateinische und Gotische).
Ich wies ja bereits darauf hin, dass, wenn der Fehler früh in den Text kam, womöglich schon beim ersten Synoptiker selbst, dann ist die Chance, dass sich der Fehler fortsetzte, umso größer. Es gibt nämlich auch Übersetzungen, die für Tau optieren. Wann diese datieren, da müsste man mal bei Nestlé-Aland schauen. Ohne ein Stemma der verschiedenen Varianten stochern wir im Trüben.
 
Gesenius nennt für Seil die hebräischen Begriffe chäväl und avot, außerdem et.un und M_schkot (hier weist er auf das arabische maskata hin, was Fußfessel heißt, das m ist mit keinem Vokalzeichen versehen). Yätär nennt er als Zeltseil, Bogensehne. Im (wesentlich kürzeren) aramäischen Vokabelteil habe ich bei Gesenius keine Erwähnung von Seil gefunden. Ist halt ein BibelWB.
 
Ich wies ja bereits darauf hin, dass, wenn der Fehler früh in den Text kam, womöglich schon beim ersten Synoptiker selbst

Die These besagt, dass durch die Aussprache des griechischen η (e: ) wie ι (i) aus dem Kamilos (Schiffstau) ein Kamelos (Kamel) gemacht habe.

Die Frage ist doch, ob es ein Wort κάμιλος in der Bedeutung "Schiffstau" in der gesprochenen Sprache jemals gegeben hat. Es scheint sich hier um ein hapax legomenon zu handeln.
 
Die Frage ist doch, ob es ein Wort κάμιλος in der Bedeutung "Schiffstau" in der gesprochenen Sprache jemals gegeben hat. Es scheint sich hier um ein hapax legomenon zu handeln.
Bei Dionysios von Halikarnassos kommt es vor. Römische Altertümer, Buch 2, Kap. 22.

ὅσα δὲ παρὰ Τυρρηνοῖς καὶ ἔτι πρότερον παρὰ Πελασγοῖς ἐτέλουν ἐπί τε Κουρήτων καὶ μεγάλων θεῶν ὀργιασμοῖς οἱ καλούμενοι πρὸς αὐτῶν κάδμιλοι, ταῦτα κατὰ τὸν αὐτὸν τρόπον ὑπηρέτουν τοῖς ἱερεῦσιν οἱ [3] λεγόμενοι νῦν ὑπὸ Ῥωμαίων κάμιλοι.

Hapax oder kein Hapax?
 
In der von Dir zitierten Stelle geht es aber nicht um Taue, sondern das Wort "Kamiloi" ist die Bezeichnung für bestimmte Priesterdiener. Laut Dionysios, immer bestrebt, einen fremden Ursprung römischer Gebräuche "nachzuweisen", soll sich das Wort von den "Kadmiloi" der Tyrrhener und Pelasger herleiten. Auf Lateinisch hießen sie eigentlich "camilli"; Dionysios hat sie bewusst (damit es mehr nach Kadmiloi klingt?) oder unabsichtlich eher schlampig ins Griechische übertragen.
 
Zuletzt bearbeitet:
auch diese Theorie wird in den Kommentaren erwogen: es könne sich um ein enges Tor zB in Jerusalem gehandelt haben.

Gibt es eigentlich i-welche andere Überlieferungen, die auf das Vorhandensein eines so benannten Tors bzw einer so benannten Gasse hinweisen, oder darauf, dass "Nadelöhr" als Begriff für einen verkehrstechnischen Engpass benutzt wurde, wie das auch heute noch im Deutschen der Fall ist? (Wenn auch eher in der Bedeutung "Da stehst du ewig im Stau", als "Da kommt dein Auto/Kamel überhaupt nicht durch".)
 
In der von Dir zitierten Stelle geht es aber nicht um Taue, sondern das Wort "Kamiloi" ist die Bezeichnung für bestimmte Priesterdiener. Laut Dionysios, immer bestrebt, einen fremden Ursprung römischer Gebräuche "nachzuweisen", soll sich das Wort von den "Kadmiloi" der Tyrrhener und Pelasger herleiten. Auf Lateinisch hießen sie eigentlich "camilli"; Dionysios hat sie bewusst (damit es mehr nach Kadmiloi klingt?) oder unabsichtlich eher schlampig ins Griechische übertragen.
Tyrrhener (Etrusker) waren keine Griechen. Der Begriff für einen Priesterdiener heißt im etruskischen Zilath (kult.. Beamter). Der etruskische Begriff für Kamel ist (noch) nicht aktenkundig (wenn dieses Volk denn überhaupt etwas mit Kamelen zu tun hatte). Das Seil (griech. chordos) musste zu einem Schiffseil werden, damit sich überhaupt eine jahrhunderte alte Diskussion um dieses Thema entwickeln konnte.

Leider geht die theologische 'Tiefe', mit dieser profanen Differenz verloren. Ist es aber doch ein Kernstück des christlichen Glaubens, dass Niemand wirklich verloren ist und ein Kamel doch durch ein Nadelöhr gehen kann (wenn Gott es will).

Der Koran thematisiert in Sure 7, 38 das gleiche Thema mit den gleichen 'Akteuren'. Nur fehlt die Implikation, dass der Wille Allahs dies doch ermöglichen könnte. Dies unterscheidet in diesem Detail die Theologie des Christentums von der Theologie des Islam.

Eine, wie ich finde sehr gute Erklärung liefert: Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums

welche auch die Bedeutung eines Kamels oder eines Elefanten beinhaltet.

Und war dies nicht die Eingangsfrage?
 
Leider geht die theologische 'Tiefe', mit dieser profanen Differenz verloren. Ist es aber doch ein Kernstück des christlichen Glaubens, dass Niemand wirklich verloren ist und ein Kamel doch durch ein Nadelöhr gehen kann (wenn Gott es will).

Das ist ein Missverständnis des Gleichnisses. Da ein solches Missverständnis den Blick auf die Frage, ob Tau oder Kamel, trübt (indem es das Kamel als plausibler als das Tau erscheinen lässt), will ich den Text nochmals aufdröseln:

24 Wiederum aber sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.
25 Als aber die Jünger es hörten, gerieten sie ganz außer sich und sagten: Wer kann dann gerettet werden?
26 Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei Menschen ist dies unmöglich, bei Gott aber sind alle Dinge möglich.

Du behauptest offensichtlich, dass sich Vs.26 ("Bei Menschen ist dies unmöglich") auch auf die Passage eines Kamels durch ein Nadelöhr bezieht. Das ist meines Erachtens eine falsche Deutung. Die Begründung dafür habe ich in meinem obigen Beitrag im Grunde schon geliefert.

Zunächst einmal macht keinen Sinn zu sagen, dass es "bei Menschen unmöglich" ist, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht. Schon deswegen muss das "unmöglich" einen anderen Bezug haben, nämlich einzig und allein den Satzteil "als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt". Und weil es "leichter" ist, dass ein Kamel durch das Öhr geht, als dass ein Reicher usw., kann es von der Logik her nicht unmöglich sein, dass ein Kamel durch das Öhr geht, denn wäre das unmöglich, könnte es nicht "leichter" sein als etwas anderes Unmögliches (dass ein Reicher usw.).

Kurzum: Etwas Unmögliches kann nicht "leichter" sein als etwas anderes Unmögliches. Da stimmst du mir doch zu, oder?

Also ist es nicht unmöglich, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht (wenn man die Kamel-Deutung bei der Übersetzung vorzieht, allerdings ist es objektiv doch unmöglich, weshalb die Tau-Deutung vorzuziehen ist, siehe ganz unten).

Womit deine Deutung widerlegt ist, dass sich Vs. 26 auch auf das Kamel (oder, in anderer Übersetzung, Tau) bezieht. Dieser Vers bezieht sich vielmehr darauf, dass es für einen Reichen unmöglich ist, in das Himmelreich zu gelangen, und zwar unmöglich aus eigener Kraft, d.h. ohne die göttliche Gnade ("bei Gott sind alle Dinge möglich"). Gemeint ist damit, dass es nicht ausreicht, die Gebote usw. zu befolgen, um in den Himmel aufgenommen zu werden, vielmehr hängt das von der Entscheidung (Gnade) des Christengottes ab, das ist jedenfalls die logische Konsequenz von "Bei Gott sind alle Dinge möglich".

Mit einem Kamel (oder Tau) hat das alles nicht zu tun, Vs. 26 bezieht sich exklusiv auf reiche Menschen.

Damit gewinnt die Tau-Deutung an Wahrscheinlichkeit, weil ein Tau, rein technisch, durchaus durch ein Nadelöhr gehen kann, wie ich schon erwähnt habe (Aufdröselung in einzelne Fasern). Dass das X in Vs. 24 (Tau oder Kamel) durch ein Öhr gehen kann (und zwar auch ohne Gott, denn es ist "leichter" als unmöglich, d.h. es ist möglich), ist Voraussetzung für die Logik von Vs. 24, womit das Kamel eigentlich vom Tisch ist.

(irgendwie funktioniert das Attachment nicht, auf dem man schön die einzelnen Fasern erkennt, aus denen ein Seil geflochten ist)
 

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Tyrrhener (Etrusker) waren keine Griechen. Der Begriff für einen Priesterdiener heißt im etruskischen Zilath (kult.. Beamter).

Und im Lateinischen gab es den Begriff camillus:

1. camillus (auch casmillus geschr.), ī, m. (v. γάμος, wie γαμήλιος), ein aus unbescholtener Ehe entsprossener, freigeborener, ehrbarer Knabe oder Jüngling, Carm. rust. b. Paul. ex Fest. 93 u. Serv. Verg. georg. 3, 101; u. weil nur solche zum Opferdienst zulässig, ein vornehmer, beim Opferdienst des flamen Dialis u. dann übh. bei religiösen Handlungen gebrauchter Jüngling, ein Opferknabe, Altarknabe, Varr. LL. 7, 34 u.a. Gramm. – = jung übh., Poët. b. Quint. 8, 3, 19.​
camillus [1]

Den Plural camilli gibt Dionysios auf Griechisch mit κάμιλοι wieder.

Ansonsten ist (außerhalb der Diskussionen über die Bibelstelle) ein griechisches Wort κάμιλος mit der Bedeutung Schiffstau unbekannt.


den Blick auf die Frage, ob Tau oder Kamel

Die Frage ist für den griechischen Text insofern beantwortet, als "Tau" gar nicht in Frage kommt.
Du meinst also, der Text wäre ursprünglich Aramäisch gewesen und der postulierte Fehler bei der Übertragung ins Griechische passiert?
 
Gibt es eigentlich i-welche andere Überlieferungen, die auf das Vorhandensein eines so benannten Tors bzw einer so benannten Gasse hinweisen, oder darauf, dass "Nadelöhr" als Begriff für einen verkehrstechnischen Engpass benutzt wurde, wie das auch heute noch im Deutschen der Fall ist? (Wenn auch eher in der Bedeutung "Da stehst du ewig im Stau", als "Da kommt dein Auto/Kamel überhaupt nicht durch".)

Das wird als "einfache" Erklärung vorgeschlagen, eine solche Örtlichkeit ist nirgends belegt, und wird wegen dieser völlig fehlenden sonstigen Hinweise als Erklärung von den Kommentatoren nicht weiter aufgegriffen bzw. verworfen.

Ich habe das erwähnt, weil ich den Hinweis von Carolus insofern interessant fand, weil diese Erklärung tatsächlich naheliegend ist. Deshalb der ergänzende Hinweis, dass dies auch schon in der Literatur zumindest vorgeschlagen, aber verworfen wurde.
 
In der von Dir zitierten Stelle geht es aber nicht um Taue, sondern das Wort "Kamiloi" ist die Bezeichnung für bestimmte Priesterdiener.
Hm, das ist doof. Ich hatte nämlich gestern im Greek Word Study Tool den Begriff κάμιλος eingegeben und erhielt als ÜS rope: Greek Word Study Tool
Dann habe ich auf die Word frequency statistics geklickt und bekam den Dionysios.
Word Frequency Information
Das habe ich nicht weiter hinterfragt. Also ist die ganze Tau-These für die Katz'.
 
Und im Lateinischen gab es den Begriff camillus:

1. camillus (auch casmillus geschr.), ī, m. (v. γάμος, wie γαμήλιος), ein aus unbescholtener Ehe entsprossener, freigeborener, ehrbarer Knabe oder Jüngling, Carm. rust. b. Paul. ex Fest. 93 u. Serv. Verg. georg. 3, 101; u. weil nur solche zum Opferdienst zulässig, ein vornehmer, beim Opferdienst des flamen Dialis u. dann übh. bei religiösen Handlungen gebrauchter Jüngling, ein Opferknabe, Altarknabe, Varr. LL. 7, 34 u.a. Gramm. – = jung übh., Poët. b. Quint. 8, 3, 19.​
camillus [1] Die Frage ist für den griechischen Text insofern beantwortet, als "Tau" gar nicht in Frage kommt.
Du meinst also, der Text wäre ursprünglich Aramäisch gewesen und der postulierte Fehler bei der Übertragung ins Griechische passiert?

Das meint nicht Chan, sondern das ist aus der Literatur kopiert:

"The discussion concerning the alternate use of (Kamel/Schiffstau)... in Matt 19.24 has normally been discussed in Western scholarship from the standpoint of a grammatical distinction based on the pronunciation of Greek vowels in late Antiquity. But Alan Bain notes:
'The situation re the Peshitta text (which I do have) lies in the Aramaic word . . . The Aramaic is gmla, which can mean rope or camel according to the context—rather like Aramaic targums. Aramaic, like primitive Hebrew, has no vowel points, so that “received” interpretations are the norm. The Aramaic speaking and Aramaic using churches have “received” rope for this verse, and deny any knowledge or reason for reading it otherwise'."

Theodore R. Lorah, Jr.: AGAIN — CAMEL OR ROPE IN MATTHEW 19.24 AND MARK 10.25?

Soweit offenbar aus einem "theologischen Seminar". In der Rezeptions-/Kommentargeschichte ...
(da wir hier in einem Geschichtsforum und nicht in einem theologischen Seminar sind) ...
spiegelt sich die Diskussion mW so nicht.

Wo sich dieser Alain Bain dazu ausgetobt hat, ist mir nicht bekannt.
 
Hm, das ist doof. Ich hatte nämlich gestern im Greek Word Study Tool den Begriff κάμιλος eingegeben und erhielt als ÜS rope: Greek Word Study Tool
Dann habe ich auf die Word frequency statistics geklickt und bekam den Dionysios.
Word Frequency Information
Das habe ich nicht weiter hinterfragt. Also ist die ganze Tau-These für die Katz'.

Ich meine gelesen zu haben ( :D ) , dass irgendein spezieller Altgriechisch-Kommentar zum "Biblischen Griechisch" diese Diskussion enthält.

Robert Funk , A Greek Grammar of the New Testament and Other Early Christian Literature: F. Blass and A. Debrunner (Chicago: University of Chicago Press, 1961) 14.

Aus dem Zitat oben:

"The Greek grammar of Blass-Debrunner-Funk places the discussion of this passage in §24, where they cite two exceptions to their conclusion that the change from “camel” to “hawser” is “a later artificial rationalization* . . . . ” The exceptions noted are a reference to a citation by Viggo Bröndal, who came to the conclusion that “cable” was correct on the basis of developments in Arabic grammar. The second is by Émile Boisacq, editor of an etymological Greek lexicon, ..."

*so wörtlich bei Funk/Blass/Debrunner, demnach sozusagen "rationalisierende Künstelei" oder "gekünstelte Rationalisierung"
 
Könnte mit Nadelöhr im nicht überlieferten aramäischen Originaltext, das Jesus sprach, einfach ein Engpass gemeint sein? So wie wir im Deutschen Flaschenhals auch für eine enge Stelle benutzen (Flaschenhals – Wikipedia ). So würde auch ein Kamel wieder Sinn ergeben.

@Carolus: auch diese Theorie wird in den Kommentaren erwogen: es könne sich um ein enges Tor zB in Jerusalem gehandelt haben.

Die wohl überwiegende Erklärung der Kommentierungen gibt Sepiola.

Ob man dieser glaubt, oder anderen Erklärungen Glauben schenkt, ist wohl - auch darauf hat ElQ hingewiesen - letztlich für das Verständnis dieser Zuspitzung egal.

Ich vemutete nicht, dass es einen konkreten Ort gab, der als Nadelöhr bezeichnet wurde, sondern dass damit ein Engpass oder enge Stelle im allgemeinen bezeichnet wurde. Im Deutschen verwenden wir Nadelöhr oder Flaschenhals im ähnlichen Sinne.

Hier einige Beispiele, um zu illustrieren, was ich meine:

Die Verwaltungsgerichte dürfen nicht dauerhaft zum Nadelöhr werden.

Trägt der Senat eine Mitschuld an der bevorstehenden Teilsperrung der Autobahnbrücke über die Lesum, oder ist das neue Nadelöhr lediglich ...

Ende für Nadelöhr am Salonwald - Heute im Laufe des Tages wird der Kreisel an der Aldinger Straße freigegeben.
Möglicherweise wurde dann aber auch die ein oder andere Stelle, wo man schlecht durchkam, auch im lokalen Volksmund als Nadelöhr bezeichnet. Das muß sich nicht unbedingt literarisch niedergeschlagen haben.

Aber das hängt natürlich davon ab, ob das zur Zeit Jesu gesprochene Aramäisch den Ausdruck Nadelöhr in diesem Sinne verwendete.
 
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