Germanische Priester?

Haerangil

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Hallo!

Ich habe eine Frage zu möglichen germanischen Priestern...

Bei Tacitus ist IIRC von einem Priester der Nerthus und einem Priester der Alces die Rede sowie eine Passage nach welcher nur Priestern das Recht zustand jemanden zu schlagen oder zu töten und das diese nicht auf Befehl von Königen oder Herzögen handelten sondern auf Geheiß der Gottheit...

Tacitus benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff "Sacerdos"...
nun stellt sich mir die Frage welche Bedeutung Sacerdos zu Tacitus Zet hatte und warum er diesen Terminus wählte um das germanische Priesteramt zu beschreiben...
 
"Sacerdos" ist im Lateinischen nun einmal der allgemeine Ausdruck für "Priester", während "pontifex", "flamen" etc. bestimmte Priestertypen bzw. Angehörige bestimmter Priesterkollegien bezeichnen.
 
also ist Sacerdos einfach das allgemeinste Wort für einen Vermittler zwischen Mensch und Gottheit und bei dem Römern die übliche Bezeichnung auch für Priester fremder Kulte?
 
Ja, das trifft es ganz gut. Auch die Augurn wurden zu den sacerdotes gerechnet. In der Vulgata ist "summus sacerdos" der Ausdruck für den jüdischen Hohepriester.
 
Gibt es neben Tacitus noch andere wichtige Quellen zu priesterlichen Funktionen bei den Germanen? Ich meine jetzt ausserhalb z.B. der altnordischen Literatur, diese Zeit stellt für mich eine gesonderte Epoche dar...
 
In der Nähe von Zundert, im Westen der niederländischen Provinz Nord-Brabant, wurde 1812 ein der Göttin Sandraugia gewidmeter Votivaltarstein gefunden. Der Stein ist auf das 2. oder 3. Jahrhundert d. Z. datiert.
Die Inschrift auf dem Stein lautet:

deae sandraudigae cultores templi

An der gleichen Stelle wurden 1950 einige Überreste gefunden, höchstwahrscheinlich von dem in der Inschrift erwähnten Tempel, was möglicherweise bedeutet, dass diese Göttin ihren eigenen Tempel hatte.

Bei den Übersetzungen der Inschrift gibt in Bezug auf "cultores" sowohl die Version "worshipers" als auch "keepers"; letzteres könnte auf eine Art Priesteramt deuten.
 
Her name is not explained conclusively, but for the first part a connection is assumed with Germanic 'sanþ-', '*sanþalīka-': 'truly', and for the second part with Germanic '*auda-', '*audaga-': 'wealthy', 'goods', 'possesion', 'luck', 'fortunate'. Together that would point to 'the truly rich one', perhaps meaning a goddess who can bestow material wealth.

An in the Netherlands favored interpretation is 'goddess of the red sand', based on Germanic '*sanda-': 'sand', and '*rauda-': 'red. A relation here with the Dutch place 'Zandrode' (sand red) is suggested; however, the name of that town is nowhere recorded early enough; since the 19th Century it has only been translated in hindsight and in appropriate Germanic words.

A proposal to see a connection with the Dutch town Zundert is problematic too, because that place name is only recorded for the first time in 1157 as 'Sunderda'.
Aus: GardenStone, Gods of the Germanic Peoples
 
Bei den Übersetzungen der Inschrift gibt in Bezug auf "cultores" sowohl die Version "worshipers" als auch "keepers"; letzteres könnte auf eine Art Priesteramt deuten.

cultores templi: Darunter ist ein Kollegium zu verstehen, das sich um Unterhalt und Pflege des Tempels kümmert.
Sandraudiga CF-GeI-282

Aber ist das noch germanisch?

Der Name der Göttin ist wohl germanisch, die Institution der cultores sicherlich nicht.
 
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Ich denke, da schlägt wieder die Widersprüchlichkeit der Menschen zu.

Auch wenn da eine germanische Göttin in einen römischen oder römisch-gallischen Kult gepresst wurde, wurde dieser wohl als germanischer Kult verstanden, den man nur zivilisiert beging. Ja, das ist im Grunde nur eine Vermutung und soll nur zeigen wie seltsam solche Etiketten sein können.
 
Strabon erwähnt in der Geographica Buch 7, Kapitel 1,4 Libes, einen Priester der Chatten im Triumphzug des Germanicus, bei den Kimbern (Kap.2) Priesterinnen in weißen Gewändern, die Kriegsgefangene opferten.

Zu erinnern ist auch an das römische Vorhaben eines germanischen Loyalitätskults im Oppidum Ubiorum, diesem Heiligtum, dem Ara Ubiorum, stand 9 n. Chr. der cheruskische Adelige Segimundus, Sohn des Segestes und Schwager des Arminius als „durchWahl bestellter Priester“(sacerdoscreatus) vor.
 
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Es gibt auch sprachliche Untersuchungen zum gotischen Gudija, althochdeutschen Esago, Godinc und Ewart, zum angelsächsischen Heargward umd ähnlichen Worten die, mitunter auch nur in Glossen oder als Lehnübersetzungen von u.a. Bibeltexten, als Priester oder "Sacerdos" übersetzt wurden.

Der Priester des Ara Ubiorum war jdf. Eine eindeutig römische Instanz einen Provinzialpriesters bei der man halt versucht hat lokale Adlige in den römischen "Staatskult" zu integrieren.

Interessant ist aber doch ,dass Tacitus verschiedene "Priestertypen" zu unterscheiden scheint...
den "Thingpriester" oder "Stammespriester", sacerdos civitatis , der doch etwas anderes zu sein svheint als der scheinbare "Berufspriester" oder "Hüter des Heiligtums" der Alces mit seiner "weibischen Kleidung", dem muliebris ornatus.

Vom Nerthuspriester wird soetwas icht explizit erwähnt, aber auch er scheint die Funktion eines "Hüters des Heiligtums" wahrgenommen zu haben, ob er weitere politische oder Rechtsgewalt hatte wie ein "Sacerdos Civitatis" ist weder auszuschliessen noch automatisch anzunehmen denke ich.

Mir fällt jedoch auf dass all diese Priesterämter männlich besetzt gesesen zu sein scheinen, im Gegensatz zu den "alten Frauen" der Cimbern.Über den Chattenpriester muss ich mal genaueres nachlesen, danke für den Tipp!
 
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