Geschichtsbetrachtung, Forschung, Erkenntnis und Nutzen

ning

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http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=8132

Nur so. Das Maß aller Dinge und das dritte Reich...

Liebe Geschichtsfreunde,

Wenn man sich besonders bei "heißen" geschichtlichen Themen deklariert, weil man sich deklarieren MUSS, dann wird Geschichtsbetrachtung nicht von Emotionen frei zu machen sein, also wirds "schwierig".

Meinen Kragen platzen lassen hat jüngst der Verteidiger jenes "am Grabe Hindenburgs (nur so) trauern Wollenden": Für mich war es schlichtweg unverschämt, dass ein Beteiligter (Hindenburg) an einem - heute noch - quälenden (Volks!-)Verderbnis, ein Mitverderber sozusagen, mit der unantastbaren Grabesruhe eines lieben Opa X. verbandelt wurde.
Unser Kollege Heinz hat das geschrieben, was hoffentlich jeder, der keine Lügen und Verdrängungen aus der Geschichte mitgenommen hat, schreiben müsste und was ich auch sofort dachte: "Nein, man darf keine Blumen auf das Grab des Herrn von Hindenburg legen!". Da höre ich Moral! "Einfach so" geht das nämlich nicht.
Es gibt (oder gab einmal) ein uraltes Gesetz, das der Moral. Wurde von den Kimbern ein diesbezüglicher Verbrecher und Ausgestoßener deshalb im Moor versenkt, auf das niemand an seinem Grabesort seiner gedenkt oder gar ein Denkmal errichtet, so bekomme ich dafür Verständnis, wenn ich es mit einem Heutigen vergleiche, der unsere demokratische Kultur benützt, um Hindenburg an seiner marmornen Grabplatte zu "ehren", dies auch noch aus-nützt, um Verständnis, Vergebung, nein sogar Hochachtung für den Reichspräsidenten des Jahres 1933 öffentlich zu proklamieren!

Dass ein Mitverantwortlicher am doppelten (auch hier gilt: in Versailles maßlos bestraften) Gesichtsverlust Deutschlands nach dem 1. Weltkrieg sowie, als Draufgabe, späterer Diktatoren-Macher und somit Fanal des 3. Reiches Ermöglichender (Hindenburg), von beschränktem Gemüte war, sollte uns rückwirkend betrachtet, besonders zu denken geben!
Welchen Schluss darf man aus dieser Erkenntnis ziehen? Für heutige Verhältnisse?
Ich sage nicht, dass auch heutige Militärs vom selben "Kaliber Hindenburgs" sind, aber ich wage die Behauptung in den Raum zu werfen, dass man aus (tatsächlichen) Sicherheitsgründen, einem Menschen kriegerischer Ausbildung nie wieder die Leitung, weder direkt noch indirekt, eines Staates gewähren darf! Für Krisensituationen haben wir (hoffentlich haben wir!) andere Sicherungsmaßnahmen festzusetzen und dafür beinhaltet nur eine moderne Form des Pluralismus die notwendige Struktur. Und den Handelnden wird Platon - als Pflichlektüre - mitzugeben sein.

Sich deklarieren in Sachen Geschichtserkenntnis: Man wird sich, will man Geschichte allgemein betrachten, von allen Seiten sozusagen, über sich selbst ärgern, wenn man sich -besonders im heute noch nachwirkenden Geschichtsfall des 3. Reiches- auf eine Seite stellen muss (die der Anklagenden ist gemeint). Man trägt erstens umgehend zu einer Polarisierung bei. Und zweitens, macht man sich angreifbar, wird zum "Nestbeschmutzer", zum "Linken", "Rückgratlosen" und zu sonst was Genehmen erklärt.

So kommt man auf eine Seite der Kompassnadel zu stehen. Oje, und das als leidenschaftlicher Historiker, der Objektivitär als höchste Prämisse sieht.
Polarisierung treibt die Sichtweisen wie Kontinente auseinader, einen breiter werdenden Graben öffnend. Es dürfte aber keine "Seite" geben, will man Geschichtserkenntnisse "objektiv richtig" umsetzen. Man müsste sich über die zwei Standpunkte stellen und die objektive Erkenntis umsetzen. Und das geht im eigentlichen Sinne wieder nur diktatorisch.
Heutige Konsenspolitik versucht dem Folge zu tragen, was jede Seite der Geschichtsbetrachtung auf ihren auseinadergetriebenen Kontinenten will: schon ihre Erkenntnis in die Umsetzung einzubringen. So glaubt man, die Kontinete einander angenähert zu haben und der berühmte "Kompromiss" (aufgeschütteter Verbindungsdamm) sei erzielt. So wurden, falls man sich die Mühe machte, Erkenntnisse aus der Geschichte als Kompromisslösung für die Nachwelt umgesetzt. Ein guter, aber auch ein richtiger Schritt?Und jetzt polarisiere ich mal: Bestimmt richtigER als im gängigen Ablauf der Menschheitsgeschichte, heute wie die letzten 4000 Jahre, war die aus simpler Aktion, Reaktion und erneuter Gegenreaktion (usw) zum heutigen Stand gekommen ist.

Sehr schwer wird jedenfalls ein Erkenntniskompromiss beim "Weg der deutschen Kultur in die Schande". Die Abrechnung mit einer ideolgisierten, zusätzlich mehrschichtig und teiweise undurchschaubar zusammengefügten sowie metaphysisch durchwobenen Ideologie-Geschichte, die auch noch jeden Deutschen oder Österreicher - wo auch immer er oder sein Vorfahre stand - direkt betrifft (und viele viele Europäer mehr, wovon nicht wenige Staatsangehörige späterer Siegerstaaten waren bzw. sind!) ist eine Lebensaufgabe.

Man kann dabei entweder verdrängen, leugnen, aber schlussendlich einer Deklarierung nicht ausweichen: "Ja, ich habe verstanden. Ja, wir haben Schuld auf uns geladen. Ja, wir lassen es nie mehr zu dergleichen kommen!" Das wäre objektiv

Objektivität Mich würde freuen, wenn ich hier bessere Rezepte erhalten könnte, inwieweit man Geistes- und Moralhaltungen des menschl. Zusammenlebens (also ja: Philosophie) auf die Geschichtsforschung anlegen darf und kann.
Inwieweit kann man Unterschiede der Herkunft (im Sinne ideologischer und/ergo sozialer Heimat) aus der Geschichtsbetrachtung ausklammern?
Heute existieren die sozialen Unterschiede nicht mehr in der Art, wie beispielsweise noch in der Zwischenkriegszeit. Aber wir sind am besten Wege wieder in grobe Klassenunterschiede hineinzuschlittern, wozu interessanter Weise aber nun beide Seiten (Geber und Nehmer) in verheerender Weise beitragen.

Für Historiker sollte Objektivität und Ideologiefreiheit an höchster Stelle stehen. Richtig. Aber Erkenntnisse sind der Nutzen JEDER Wissenschaft, würde sie im "art pour l'art" verblassen, wird sie der Allgemeinheit keinerlei Nutzen bringen. Und die sogenannten Lehren aus der Geschichte verkümmern ungenutzt. Sie sollten ja eigentlich Haltungen und Prinzipien des gemeinsamen Umgangs ergeben und bringen. Aber die Lehre aus der Geschichte - im philosophischen Sinne - versuchen manche Tatsachenforscher manchmal vor die Türe zu weisen: meiner meinung nach ein Zeichen von Schwäche eines (in seiner so "undeklarierten" Art wirklich gefährlichen!) Elfenbeinturm-Denken.

Seit einiger Zeit macht sich bemerkbar, dass sich im Forum (von vor allem Neuzugängen) ein Diskussionsstil mit unverholender Absicht der Polarisierung eingeschlichen hat. Bei den "Polarisierungstaktikern" stören weniger (meinst junge und unschuldige) Menschen, die ein ideologisiertes Geschichtsbild "in die Wiege gelegt bekamen", man kann ihnen helfen, sondern diese heimlichen (und im Falle der Hindenburg-Mannen) "Wieder-Umdreher" geschichtlicher Tatsachen.
Es mag auch eine Reaktion auf die Abwehr mancher reinen Wissenschaftler (im Elfenbeinturm) sein - welche ich ja auch wiederum gut verstehen kann: sie wollen halt ihre Forscherruhe haben und sich nicht mit resultierenden identifikationsmustern, Ängsten und sonstigen Gefühlsreaktionen von Geschichteinteressierten, also Psychologie beschäften. Sie fühlen sich, identifizieren sich fachlich, in ihrem fach. Wer aber hat das Fach: Auswirkungen auf die Psyche der Geschichte selbst, ihrer Auswirkungen, der Erkenntnisse daraus und zuletzt die Umsetzung der Erkentnis, welche sinnerweise ja ganz selten je geschah?
Ja, das wäre die Politik. Und daraus folgend die Erziehung, also Bildung.

Womit ich den Kreis (uff, endlich ;)) schließe: die derzeitige Politik (Österreich als bestes Beispiel) untergräbt zunehmend die richtige Umetzung geschichtlkicher Erkenntnisse. Und wer das nicht versteht, hier noch drei lose Sätze zum verbinden: George W. Bush wurde nach 4 jahren fehlgeschlagener Politik wiedergewählt. Ausschlaggebend waren die Stimmen verunsicherter Menschen. Meinnung können in den USA nur Menschen machen, die auf einer angesehenen Universität um den Preis eines Luxusklasseautos studieren können.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!
Schönen Sonntag! Euer elender Philosoph.
 
Zuletzt bearbeitet:
lieber ning, ich muß gestehen, daß es mir schwer fällt, zur Gänze deinen Text zu durchdringen - also das Gefühl zu erlangen: Ja, so will er sich verstanden wissen.
Ich möchte mal versuchen, das auf einen kurzen Absatz zu verkürzen und dann schreib doch mal, ob du das (ungefähr) so meinst, ja?

Du gehst davon aus, daß man zu einem gewissen Punkt, aus der reinen wissenschaftlichen Forschung eine Erkenntnis bekommen hat, die zu einer objektiven Betrachtung und folgenden Wertung führen muß.
Quasi der Richterspruch nach der Beweisaufnahme. Wer dann noch wieder zur Beweisaufnahme zurückkehren oder sich dem Richterspruch nicht beugen will, ist einer, der sich der Erkenntnis nicht beugen(?) will oder ein Ignorant (nicht unbedingt negativ bestzt) überhaupt einer Erkenntnis aus einer Forschung.
Die philosophisch, moralisch betrachtete Geschichte als höhere Stufe der reinen Tatsachenforschung.

Soweit richtig?
Aber wann oder in welchen Fällen kann man wirklich zu einer absoluten Wahrheit gelangen, die über die reine Faktenfeststellung hinaus geht?

Ist dieser "Richterspruch", der zu der von dir erwünschten philosophischen Sicht führen soll, nicht (auf immer?) ein unsicheres Urteil - ja manchmal auch eine Anmaßung?
 
Hallo Arne,

zur "absoluten Wahrheit" wird man in den weichen Wissenschaften nie kommen. Man kann sich ihr höchstens annähern. Aber, um ein möglichst objektives Ergebnis auf eine Fragestellung zu bekommen, muss auch die Fragestellung objektiv und offen auch für Ergebnisse sein, die man vielleicht nicht erwartet. Da die weichen Wissenschaften, das unterscheidet sie von den Kernwissenschaften, aber sehr von der Persönlichkeit des Forschers abhängen, ist in ihnen vollkommene Objektivität fast unmöglich, und es ist ein täglicher Kampf des Forschers eben nicht Partei zu ergreifen.
Auf der anderen Seite könnte ein falsches Verständnis von Objektivität zu einer apologetischen Geschichtsschreibung führen - wie etwa in dem zitierten Thread (wo es ja fast noch krasser ist: dort wird der Bock zum Gärtner gemacht).

Die Frage ist nur, ob man aus der Geschichte wirklich lernt (ich glaube es ist möglich, wird aber im Allgemeinen nicht getan). Vermutlich kämpfen wir doch nur gegen vierarmige Riesen, die uns durch die Luft wirbeln und auf den Rücken schmeißen... :trost:

Nur Schade, dass Ning diesen Thread in den Smalltalk gestellt hat - ich finde es nämlich zu wichtig für dieses Forum. (Antrag an Moderatoren - wenn ning einverstanden ist: verschieben nach "Kultur- und Philosophiegeschichte". Dort passt es zwar auch nicht 100%, aber Geschichtsphilosophie und Philosophiegeschichte finden schon irgendwie zusammen :))

El Quijote
 
Arne schrieb:
Du gehst davon aus, daß man zu einem gewissen Punkt, aus der reinen wissenschaftlichen Forschung eine Erkenntnis bekommen hat, die zu einer objektiven Betrachtung und folgenden Wertung führen muß.
Quasi der Richterspruch nach der Beweisaufnahme. Wer dann noch wieder zur Beweisaufnahme zurückkehren oder sich dem Richterspruch nicht beugen will, ist einer, der sich der Erkenntnis nicht beugen(?) will oder ein Ignorant (nicht unbedingt negativ bestzt) überhaupt einer Erkenntnis aus einer Forschung.
Die philosophisch, moralisch betrachtete Geschichte als höhere Stufe der reinen Tatsachenforschung.

Soweit richtig?


Noch bin ich halbwegs fit, hab die Nacht gearbeitet, ja, auch an diesen Gedanken ;-)
Lieber Arne, du hast mich schon verstanden. Auf die Schnelle (was jetzt eigentlich ungebührlich ist):

1. Es gibt eine höhere Moral, die über Einzelschicksalen steht. (Dass der Begriff desavouiert ist, liegt an Punkt 2. Einigen wir uns also auf Ethik und den Ethos.)
A. Der sogenannte "gute Wille" ist Grundvoraussetzung.
B. Die Möglichkeit der Änderung einer anderen und der eigenen "Haltung" zu begrüßen, die nächste.

2. (siehe rancor) Es gibt Scheinmoral. Ihr fehlt es am guten Willen. zum Beispiel zu erkennen, dass er Klarstellungen der Tatsachenforscher akzeptiert und diese in seine Haltung einfließen. Das heisst jedoch nicht, dass man Verrat an einer (kollektiven) IDENTIFIKATION (welche der gröbste Brocken zum Wegbringen ist) begeht, man erkennt nur ihre negative Seite.
Alle Dinge, alle Begriffe haben eine Auswirkung und Form in Richtung PLUS (pos.) und MINUS (negativ) - und beinhalten die MÖGLICHKEIT das gewicht zu verlagern. (schwerer Gedanke, ich weiß)

3. Religionen: Fast alle beinhalten in ähnlicher Form die Ethik der 10 gebote.
Das 11. "Du sollst die Wahrheit nicht verdängen und weil du sie nicht hinnehmen kannst auch noch bekämpfen!" fehlt allerdings. Da wären die Priester vielleicht ohne Arbeit... hm?

Arne schrieb:
Aber wann oder in welchen Fällen kann man wirklich zu einer absoluten Wahrheit gelangen, die über die reine Faktenfeststellung hinaus geht?

Ist dieser "Richterspruch", der zu der von dir erwünschten philosophischen Sicht führen soll, nicht (auf immer?) ein unsicheres Urteil - ja manchmal auch eine Anmaßung?

Ja, da ist der ning auch ein zu kleiner Hund. ;)
Ich bin nicht deiner Meinung, wenn ich zum Beispiel den Historikerbericht (den ich nicht zur Gänze lesen konnte) hernehme, der von einem Dutzend verantwortlicher Historiker und Geisteswissenschaftler erstellt wurde "War der ehem. Bundespräsident Waldheim ein kriegsverbrecher".

Er war es nicht. Das heißt, er war nicht direkt beteiligt.
Aber er wusste von den Vorgängen.
Er leugnete aber auch dieses.

Der "Richterspruch" lieber Arne ist im Falle geschichtlicher Aufarbeitung viel weniger befangen und vergleichbar mit einem Bezirksgericht voller Quatschköpfe, die zur Manipulation angetreten sind: der eine, um mit dem Paragraphen möglichst hart zu strafen, der andere, um den Paragraphen zu biegen oder vom gefährlichen Paragraphen abzulenken.

Wichtig sind die Lichtquellen aus jeder Richtung. Gute Studiofotographie kommt nicht ohne Ober- und/oder Unterlicht, Spots und Aufheller zu Rande, um "das Ding" zu erfassen.
Gute Geschichtsforschung muss den zu erforschenden "Trabanten" oder besser (und allzu oft) den Knäuel eines Geschichtszusammenhangs ebenso bearbeiten. Und sie muss rein in die Sache, also rein in die Handelnden.
Der Rest hängt dann ab von Kombinierungsvermögen (muss man auch einigermaßen Psychologe sein), Vorstellungskraft (also die kreativen SINNE) UND dieser Sache, die jedem von uns oft versagt ist: Klugheit.
Tja, stimmt, das sind alles relative Unsicherheiten.
Und darum streiten Wissenschaftler gern und viel. Um die fehler (die gemachtw erden dürfen!) wieder wettzumachen. Und schon sind wir bei Streit, Haltung, Zu-etwas-stehen und bei unserem elenden Menschsein... :p
Außer man hat den "guten Willen".

Vollkommenheit (also diese Wahrheit, die du wohl meinst) ist ausgeschlossen, stimm ich dir zu. Aber es arbeiten so viele weltweit zum beispiel am Entzwirbeln des Entstehens faschistischer oder einseitig dogmatischer Haltungen, da MUSS doch mal ne Moral von der G'schicht rauskommen!

;) lg, ning
 
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El Quijote schrieb:
Nur Schade, dass Ning diesen Thread in den Smalltalk gestellt hat - ich finde es nämlich zu wichtig für dieses Forum. (Antrag an Moderatoren - wenn ning einverstanden ist: verschieben nach "Kultur- und Philosophiegeschichte". Dort passt es zwar auch nicht 100%, aber Geschichtsphilosophie und Philosophiegeschichte finden schon irgendwie zusammen :))

El Quijote

gerne. guter platz. und danke für das (und das) lob. tat not. ;) ;-)

(ps: öh, du hast ja eigentlich das selbe wie ich geschrieben... sehr schön. :winke:)
 
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Hallo Ning, ein interessanter Beitrag,
auf den ich mal ausführlicher antworte.

Wenn man sich besonders bei "heißen" geschichtlichen Themen deklariert, weil man sich deklarieren MUSS, dann wird Geschichtsbetrachtung nicht von Emotionen frei zu machen sein, also wirds "schwierig"
Ja, das stimmt. Trifft übrigens eher, aber nicht nur bei zeitgeschichtlichen Themen zu - ich erinnere an die "Völkermord in Gallien"-Diskussion.
Unser Kollege Heinz hat das geschrieben, was hoffentlich jeder, der keine Lügen und Verdrängungen aus der Geschichte mitgenommen hat, schreiben müsste und was ich auch sofort dachte: "Nein, man darf keine Blumen auf das Grab des Herrn von Hindenburg legen!". Da höre ich Moral! "Einfach so" geht das nämlich nicht.
"Einfach so" geht das wirklich nicht, und der Verfasser des Threads hatte auch eine Intention, die darüber hinausging, dass er nur mal schreiben wollte, dass er Blumen am Grab Hindenburgs niederlegte. Dennoch - aus meiner Sicht ist das sein persönliches Problem, und ich fand es auch letztlich richtig, wie die Diskussion lief - die meisten haben auf die Gründe hingewiesen, weshalb er seine "Verehrung" vielleicht noch mal überdenken sollte. Und dann wollte er davon nichts hören und kündigte an, dem Forum fernzubleiben.

Es gibt (oder gab einmal) ein uraltes Gesetz, das der Moral. Wurde von den Kimbern ein diesbezüglicher Verbrecher und Ausgestoßener deshalb im Moor versenkt, auf das niemand an seinem Grabesort seiner gedenkt oder gar ein Denkmal errichtet, so bekomme ich dafür Verständnis, wenn ich es mit einem Heutigen vergleiche, der unsere demokratische Kultur benützt, um Hindenburg an seiner marmornen Grabplatte zu "ehren", dies auch noch aus-nützt, um Verständnis, Vergebung, nein sogar Hochachtung für den Reichspräsidenten des Jahres 1933 öffentlich zu proklamieren!
Diesen Vergleich finde ich etwas rigoros. Dass Rancor kein objektives und auch meiner Meinung nach unangebrachtes Geschichtsbild hat - o.K. Aber gleich ihn mit Verbrechern in Bezug setzen, nur weil er meint, am Grab Hindenburgs Blumen niederzulegen? Begibt man sich da nicht auf sein Niveau - er hatte z.B. die Vorgehensweise eines Marburger Geschichtsverein, der ein wiederum ein ihm unliebsames Geschichtsbild vertritt, mit den Nazis verglichen?
Und: übertreibt man damit nicht die Bedeutung eines letztlich persönlich, vielleicht auch politisch motivierten Beitrags, der aber letztendlich inhaltlich wenig hergab?



Sich deklarieren in Sachen Geschichtserkenntnis: Man wird sich, will man Geschichte allgemein betrachten, von allen Seiten sozusagen, über sich selbst ärgern, wenn man sich -besonders im heute noch nachwirkenden Geschichtsfall des 3. Reiches- auf eine Seite stellen muss (die der Anklagenden ist gemeint). Man trägt erstens umgehend zu einer Polarisierung bei. Und zweitens, macht man sich angreifbar, wird zum "Nestbeschmutzer", zum "Linken", "Rückgratlosen" und zu sonst was Genehmen erklärt
Die Geschichte des Dritten Reichs erfordert in der Tat, Position zu beziehen. Das tut in gewisser Weise auch der Staat, indem er die Straftatbestände der Volksverhetzung und Leugnung des Holocaust in seine Gesetzbücher aufnahm. Andere Staaten - z.B. die USA, Dänemark etc. - haben da eine liberalere Handhabung, dennoch halte ich diese bundesdeutschen Gesetze für richtig. Allein dies zeigt schon an, dass es in gewisser Weise nicht möglich ist, völlig objektiv über das Dritte Reich zu reden. Damit möchte ich mich aber nicht auf die Seite der Revisionisten schlagen, sondern eher folgendes ausdrücken: es ist kein Thema, dem man "kalt" gegenüberstehen kann. Es gibt noch viele Menschen, die das Dritte Reich am eigenen Leib miterlebten - und es geht noch viel weiter: die Angst, dass sich so etwas noch mal ereignen könnte, hat nicht nur bei der Schaffung des politischen Systems der BRD eine Rolle gespielt, sondern war auch einer der Faktoren, die zur 68er-Bewegung führten. Und dass das Thema immer noch nicht ganz passé ist, zeigten auch einige ausländische Reaktionen auf die Wiedervereinigung, und selbst bei heutigen Debatten wirkt es noch nach - als es etwa 2003 zur Affäre um die Hohmann-Rede kam, spürte man es auch - man befürchtete, in der Volkspartei CDU könnte es mehr "Hohmanns" geben, auch wurden von der "Welt" damals Umfragen zum Antisemitismus in Deutschland in Auftrag gegeben.
Die Meinung, dass man sich durch solche Positionen angreifbar macht, sehe ich nicht so - dass das Dritte Reich nichts gutes gebracht hat, ist doch eine "Mainstream"-Meinung, die in diesem Falle nicht nur moralisch, sondern auch objektiv richtig ist. Und dann kommen wir zu den Revisionisten. Ich habe manchmal den Eindruck, die Zeitgeschichte ist zum wichtigsten politischen Programm Rechtsextremer geworden - wichtiger als etwa die Agitation gegen Ausländer. Und sie werden immer wieder versuchen, das Dritte Reich zu verharmlosen. Aber Revisionisten scheitern auch immer wieder daran, die Geschichte umzuschreiben - dazu ist die Beweislast einfach zu erdrückend.

So kommt man auf eine Seite der Kompassnadel zu stehen. Oje, und das als leidenschaftlicher Historiker, der Objektivitär als höchste Prämisse sieht.
Polarisierung treibt die Sichtweisen wie Kontinente auseinader, einen breiter werdenden Graben öffnend. Es dürfte aber keine "Seite" geben, will man Geschichtserkenntnisse "objektiv richtig" umsetzen. Man müsste sich über die zwei Standpunkte stellen und die objektive Erkenntis umsetzen. Und das geht im eigentlichen Sinne wieder nur diktatorisch.
Die Polarisierung kommt aber daher, dass Zeitgeschichte nicht nur ein historischer, sondern auch ein politischer und gesellschaftlicher Komplex ist.
Allein schon die Politiker sorgen dafür, dass dieses Thema geschichtswissenschaftlich nicht zum Beispiel wie die karolingische Reichsgründung abgehandelt werden kann. So rechtfertigte Joschka Fischer 1998 die Teilnahme der Bundeswehr am Balkankrieg mit dem Verweis auf Auschwitz.

Heutige Konsenspolitik versucht dem Folge zu tragen, was jede Seite der Geschichtsbetrachtung auf ihren auseinadergetriebenen Kontinenten will: schon ihre Erkenntnis in die Umsetzung einzubringen. So glaubt man, die Kontinete einander angenähert zu haben und der berühmte "Kompromiss" (aufgeschütteter Verbindungsdamm) sei erzielt. So wurden, falls man sich die Mühe machte, Erkenntnisse aus der Geschichte als Kompromisslösung für die Nachwelt umgesetzt.
Ning: definiere doch mal näher, was du mit den "auseinandergetriebenen" Kontinenten meinst. Innerhalb der Geschichtswissenschaft - obwohl es ohne Zweifel heftige Kontroversen gibt - sehe ich keine großen, verfeindeten "Lager", was die Geschichte des Dritten Reichs betrifft. Nicht mal der Historikerstreit als eine der bedeutendsten Kontroversen hat wirklich dazu geführt, weil sich um Ernst Nolte kein bedeutender Historikerkreis entwickelt hat.

Objektivität Mich würde freuen, wenn ich hier bessere Rezepte erhalten könnte, inwieweit man Geistes- und Moralhaltungen des menschl. Zusammenlebens (also ja: Philosophie) auf die Geschichtsforschung anlegen darf und kann.
Inwieweit kann man Unterschiede der Herkunft (im Sinne ideologischer und/ergo sozialer Heimat) aus der Geschichtsbetrachtung ausklammern?
Heute existieren die sozialen Unterschiede nicht mehr in der Art, wie beispielsweise noch in der Zwischenkriegszeit. Aber wir sind am besten Wege wieder in grobe Klassenunterschiede hineinzuschlittern, wozu interessanter Weise aber nun beide Seiten (Geber und Nehmer) in verheerender Weise beitragen
Aber das tut man ja auch. Nur sollte man (besonders bei weiter zurückliegenden Epochen) nicht zu sehr die heutige Sichtweise hineintragen - im Spiegel widmete sich gerade wieder eine Titelgeschichte dem finsteren Mittelalter, dass aber gar nicht immer so finster war.

Für Historiker sollte Objektivität und Ideologiefreiheit an höchster Stelle stehen. Richtig. Aber Erkenntnisse sind der Nutzen JEDER Wissenschaft, würde sie im "art pour l'art" verblassen, wird sie der Allgemeinheit keinerlei Nutzen bringen. Und die sogenannten Lehren aus der Geschichte verkümmern ungenutzt. Sie sollten ja eigentlich Haltungen und Prinzipien des gemeinsamen Umgangs ergeben und bringen. Aber die Lehre aus der Geschichte - im philosophischen Sinne - versuchen manche Tatsachenforscher manchmal vor die Türe zu weisen: meiner meinung nach ein Zeichen von Schwäche eines (in seiner so "undeklarierten" Art wirklich gefährlichen!) Elfenbeinturm-Denken
Ich bin ehrlich gesagt auch kein Anhänger der "pädagogischen Sichtweise".
Meiner Meinung nach funktioniert es deshalb nicht, weil Medien und Politiker - die meiner Meinung nach einen viel direkteren und stärkeren Einfluss auf das Geschichtsbild haben als die Historiker - sich oft geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen verschließen. Ich bin eher der Meinung, dass es wichtig ist, sich mit der Geschichte zu beschäftigen, um uns unserer Herkunft und Identität klarzuwerden und dadurch das heutige Leben besser zu verstehen, weniger um daraus moralische Regeln für die Zukunft zu entwickeln. Da kommt man schnell dahin, frühere Generationen in Bausch und Bogen zu verurteilen, weil sie den heutigen moralischen Anforderungen nicht gerecht würden.

Seit einiger Zeit macht sich bemerkbar, dass sich im Forum (von vor allem Neuzugängen) ein Diskussionsstil mit unverholender Absicht der Polarisierung eingeschlichen hat. Bei den "Polarisierungstaktikern" stören weniger (meinst junge und unschuldige) Menschen, die ein ideologisiertes Geschichtsbild "in die Wiege gelegt bekamen", man kann ihnen helfen, sondern diese heimlichen (und im Falle der Hindenburg-Mannen) "Wieder-Umdreher" geschichtlicher Tatsachen.
Das kann ich so überhaupt nicht hier feststellen. Die "Hindenburg-Mannen" - das waren doch eigentlich nur anderthalb (wenn man den Gast dazu zählt, der sich einmal gemeldet hat). In welchen Diskussionen hast du dass denn bemerkt?

Es mag auch eine Reaktion auf die Abwehr mancher reinen Wissenschaftler (im Elfenbeinturm) sein - welche ich ja auch wiederum gut verstehen kann: sie wollen halt ihre Forscherruhe haben und sich nicht mit resultierenden identifikationsmustern, Ängsten und sonstigen Gefühlsreaktionen von Geschichteinteressierten, also Psychologie beschäften. Sie fühlen sich, identifizieren sich fachlich, in ihrem fach. Wer aber hat das Fach: Auswirkungen auf die Psyche der Geschichte selbst, ihrer Auswirkungen, der Erkenntnisse daraus und zuletzt die Umsetzung der Erkentnis, welche sinnerweise ja ganz selten je geschah?
Ja, das wäre die Politik. Und daraus folgend die Erziehung, also Bildung.
Eine Reaktion von wem? Ich muss hier noch mal die Geschichtswissenschaftler verteidigen: viele wünschten sich vielleicht schon mehr Aufmerksamkeit im Gegensatz zur "Forscherruhe", besonders solche, die vielleicht in ihren Disziplinen ansehen müssen, wie die Leute massenhaft den neuesten Däniken oder IIlig kaufen. Dass die Geschichtswissenschaft vielfach im "stillen Kämmerlein" oder meinetwegen "Elfenbeinturm" abläuft (wo ich dir ohne Frage zustimme), hängt auch damit zusammen, dass viele Fragestellungen den Normalbürger nicht so stark interessieren - was nicht heißt, dass man sich damit nicht beschäftigen sollte.

Womit ich den Kreis (uff, endlich ;)) schließe: die derzeitige Politik (Österreich als bestes Beispiel) untergräbt zunehmend die richtige Umetzung geschichtlkicher Erkenntnisse. Und wer das nicht versteht, hier noch drei lose Sätze zum verbinden: George W. Bush wurde nach 4 jahren fehlgeschlagener Politik wiedergewählt. Ausschlaggebend waren die Stimmen verunsicherter Menschen. Meinnung können in den USA nur Menschen machen, die auf einer angesehenen Universität um den Preis eines Luxusklasseautos studieren können
Politiker haben die Neigung, sich vor allem für ihre eigene Politik zu interessieren. Geschichte dient da oft nur als nützliches Werkzeug, mit dem man punkten, dies und das rechtfertigen oder auch mal den politischen Gegner brüskieren kann. Und daher geht es ihnen weniger um die "richtige", sondern um die nützliche "Umsetzung geschichtlicher Erkenntnisse."
 
letztens wurde beiläufig, weiß auch nicht wo, auf den unterschied zwischen meinungen und haltungen hingewiesen. nach meinem verständnis kann man über meinung diskutieren, wenn man unbedingt will, sogar mit dem ziel, dem anderen von seiner meinung abzubringen und ihm die eigene meinung zu eigen zu machen. haltungen kann man m.e. nicht wirklich diskutieren. jeder hat seine eigenen haltungen, die haltung andere personen gilt es zu respektieren, akzeptieren und machmal, wenn es ganz schwer fällt, zu ertragen.
und beim streit um den beitrag von rancor kann man m.e. deutlich sehen, daß hier halt verschieden haltungen aufeinanderprallten. das gleiche passiert auch in anderen debatten, wenngleich selten so deutlich. ich bin also dafür, hier nicht zu empfindlich zu sein, zumal jeder möglicherweise in die lage kommt, die großzügigkeit der mehrheit mit abweichender haltung einfordern zu wollen (ich sprech da aus erfahrung. (lachfleck!)).

"ich verabscheue ihre meinung, werden aber alles dafür tun, damit sie ihre meinung weiter frei äußern können"
naja, so ähnlich lautet der berühmte satz wohl.
 
glaub schon, ashigaru, ich meine arcimboldo war es, aber wer und wo ist mir im moment gar nicht wichtig. ich bin mir auch nicht sicher, ob ich mit haltungen das gleiche verbinde, wie arcimboldo. aber dieser aspekt -haltungen- scheint mir hier sehr wichtig zu sein. ach ja, natürlich kann aus einer haltung auch eine gesinnung resultieren. jaja, ein altmodischer begriff.
 
Ashigaru schrieb:
Hallo Ning, ein interessanter Beitrag,
auf den ich mal ausführlicher antworte.

Und ich dir wieder, aber erst in eingen Tagen ;-))

Übrigens hab ich den Beitrag anscheinend so verfasst, dass es (zumindest einer) (lediglich) als "Verdacht einer mit Objektivität ummantelten Abneigung" auffassen wollte. Das tut mir leid. Und schade: auch meine Herkunftshintergründe dürften hier Verdachtsgründe sein, nun, ich werde sie - um die Philosophie nicht zu stören - (noch) nicht erzählen. Nur soviel: sie spielten bei meinem Text KEINE Rolle.
Ich hab mich und euch in diese philosophische Ecke "getrieben" und es ist natürlich auch für mich genauso schwierig bei einem Thema, das "emotionale verarbeitung" beinhaltet, nicht auch den oder den Hieb zu unterlassen. Ich werde an meiner "polemischen Ader" arbeiten ;).
Wie auch immer! Danke jedenfalls für Eure ersten, interessanten Reaktionen.
PS: Eure letzten Sätze sind mir noch hängengeblieben: ich habe bewusst das - fahle - wort "Meinung" nicht -> gemeint, sondern eben "Haltung".
Unreflektiert dazu: "Meinen" heißt eben meinen (ist und bleibt vage) und das ist sehr weit von Wissen entfernt, kann aber schon eine (vorschnelle) Haltung ergeben. Und jetzt wird es natürlich hart: ob links, rechts, mitte-konservativ: viele Haltungen beruhen auf einer (persönlichen, jaja, von wegen..) Meinung, also auf emotionaler Intelligenzbasis reflektierte Wahrnehmungen. (emotionale Intelligenz = sagt, versteht ihr das auch so wie wir?)
Die ungefestigten "Haltungen" haben wohl den einen oder anderen Hieb meinerseits abbekommen. Das tut mir nicht leid, weil ich denke, dass dieses Maß des Reflektierens heute das medialisierte Sagen hat.

Bis bald!
 
Zuletzt bearbeitet:
Förmliches Ersuchen.

Die Bitte wurde ja auch hier schon ausgesprochen.
Ich bekam sogar Briefe, die mich drängten, ich solle drängen! :winke:

Deshalb:
Wäre einer der Moderatoren so nett, diesen Beitrag zur Philosophiegeschichte zu transferieren.
Angesichts verschiedener Maßstäbe von "Smalltalk" aber auch seiner Bandbreite ist dieses Thema hier - wie manche vielleicht zu Recht meinen - vergeudet.

Vielen Dank und auf Wiederlesen.
 
ning schrieb:
Die Bitte wurde ja auch hier schon ausgesprochen.
Ich bekam sogar Briefe, die mich drängten, ich solle drängen! :winke:

Deshalb:
Wäre einer der Moderatoren so nett, diesen Beitrag zur Philosophiegeschichte zu transferieren.
Angesichts verschiedener Maßstäbe von "Smalltalk" aber auch seiner Bandbreite ist dieses Thema hier - wie manche vielleicht zu Recht meinen - vergeudet.

Vielen Dank und auf Wiederlesen.

...ärlädischd...
 
ning schrieb:
Objektivität Mich würde freuen, wenn ich hier bessere Rezepte erhalten könnte, inwieweit man Geistes- und Moralhaltungen des menschl. Zusammenlebens (also ja: Philosophie) auf die Geschichtsforschung anlegen darf und kann.
Inwieweit kann man Unterschiede der Herkunft (im Sinne ideologischer und/ergo sozialer Heimat) aus der Geschichtsbetrachtung ausklammern?

Rezepte. Sehr schwierig ...

Ideologie begreife ich als "Ideenlogik". Menschliche Horizonte reichen so weit, wie sie zu denken imstande sind. Zudem haben Menschen eine Sehnsucht, nach einer Welt, die klein und rund ist und so funktioniert, wie mensch nun mal denkt, dass es richtig ist.

Würde man Ideologien im Supermarkt verkaufen, mensch würde sie kaufen. Manch einer gleich mehrere täglich vielleicht, je nach Laune. Andere immer die selbe, Tag ein Tag aus, weil nur diese Ideologie ihnen dieses "rundumglücklich"-Gefühl gibt.

Dabei sind aber auch Ideologien, die billiger sind, als andere. Schnell-Ideologien oder Spar-Ideologien, weil sie flott daherkommen und die Welt mit einem Satz erklären können. Teurer sind die Weltanschauungen mit wissenschaftlicher Belegschaft. Dicke Wälzer mit Fußnoten, die mensch, wenn er sie denn gelesen hat, auch irgendwie unbefriedigt und recht einsam zurücklassen. Manch einer wird sein Geld zurückfordern. Kopfschüttelnd. "Nein, für den Preis! Da habe ich mir etwas anderes erwartet..."

Und so landen die Menschen bei den Mormonen und Scientologen. Bei den Braunen oder den Roten. Oder wo auch immer ein Weltbild billig zu haben ist.

Ich nehme mich dabei garnicht heraus! Ich finde es auch äußerst verlockend, einfach alles den Juden, Ausserirdischen oder Dreckskapitalimperialisten in die Schuhe zu schieben. Es wäre so schön einfach, hätte es nicht 50 frühzeitliche Hochkulturen gegeben, sondern nur Atlantis. Wenn meine Kinder mich fragen, woher kommen wir Menschen mit dem Finger auf die Genesis oder auf den Mars zeigen zu können. Wenn jeder mit krummem Blick ein überführter Sexualverbrecher und jeder Ausländer ein Sozialschmarotzer wäre. Jeder Beamte ein Langschläfer und jeder Handwerker kriminell ...

Das Sammelsurium an Glaubenssätzen, welches ich gerade präsentiert habe, ist nur eine mikroskopische Auswahl. Und man täusche sich nicht! Es sind keine Wahrheiten oder Unwahrheiten, nein! Es sind Glaubenssätze. Man muss wirklich nur daran glauben. Und wie unser Gast es vor einigen Wochen getan hat, wird man Menschen finden, die sich echauffieren und gewalttätig werden, wenn man sagt, dass es Atlantis nicht gab. Oder, dass Kapitalisten auch nur Menschen sind.

Nein, es ist Religio. Alles. Christentum, Nazitum, Dänickentum, Tierschützertum, selbst Wissenschaftlertum ...

1. Ich denke, also bin ich.
2. Ich glaube, also weiss ich.

Nur wer das Glauben verlernt, ist objektiv. Aber wer das Glauben verlernt, ist kein Mensch mehr. Glauben ist wichtig. Glauben kann aber nicht falsch sein, weil es zu den einzigen Grundrechten jedes Menschen zählt.

Verurteile ich einen Tierschützer dafür, dass er glaubt, ich tue Unrecht beim Verzehr einer Hamburgers?

Verurteile ich einen Kommunisten dafür, dass er an die kapitalistische Weltverschwörung glaubt?

Nein. Ich kann es nicht. Und wer wäre ich, hätte ich den "Rechten Glauben" anzubieten? Ich müsste erst glauben, ich wäre eines Gottes Sohn ...

Und doch will man kämpfen. Kämpfen gegen Leid, Not, Krieg und für die Würde der Menschen. Denn eines Tages wird einer kommen und sagen: "Liebe Menschen, wisst ihr denn jetzt endlich, nach all den Jahrhunderten, warum ihr hier seid?" Und wir werden Antworten: "Kannst von Glück reden, dass überhaupt noch wer da ist ..." Davor fürchte ich mich.

Also kämpfe ich.

Was zu tun bleibt, ist Zweifel streuen. In mir, wie in anderen. Glaube ist hartnäckig. Er kann sich nur aus sich selbst heraus besiegen. Immer schön nachfragen. "Aber", als Methode. Dazu muss man aber erstmal mitläufrig werden. Es tut weh, aber nur so kann es gelingen.
 
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Mir gings zwar beim damaligen nächtlichen Philosophieren um was anderes, du bist die Abfahrt "Haltung" abgefahren. Aber: auch gut.

Ideologie ist größtenteils eine religiöse, also Glaubenshaltung. Stimm ich dir zu. Mir gings aber darum, inwieweit Ideologie die Geschichte und deren klare Aussagen strapaziert, um sich selbst zu gerechtfertigen.
Sturböcke sind uninteressant. Querverweis: einem mr. David Irving mit seinen gut 80 Jahren wohl, wird "seine" (=die einer verführten, jungen Mitläufergeneration) Strapazierung geschichtlicher Wahrheiten nicht mehr auszutreiben sein. Er braucht es, um "sein zu können"! Richtig.
(zu Irving bitte nicht ins Detail gehen)

Das ->Korrektiv ist dabei aber eines, dass diese Menschen für mich schein- bzw. halbreligiös macht: jede Religion sagt: "Sieh deine Fehler, sieh sie ein, bitte um Vergebung, knie nieder, demütige dich und reinige deine Seele. Werde frei"

In Wahrheit sind diese gottlos, die die Wahrheit leugen.

Und die Geschichte an sich, dient nichts anderem als der Wahrheit, die eine Religion, Ideologie, Haltung befreit von Unglaubwürdigkeit.
Oder sie erledigt.

Zur Anregung.

Schön, dass du Kinder hast ;-))
 
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ning schrieb:
du bist die Abfahrt "Haltung" abgefahren. Aber: auch gut.

Ich nehme einen Schleichweg.

ning schrieb:
Das ->Korrektiv ist dabei aber eines, dass diese Menschen für mich schein- bzw. halbreligiös macht: jede Religion sagt: "Sieh deine Fehler, sieh sie ein, bitte um Vergebung, knie nieder, demütige dich und reinige deine Seele. Werde frei"

Gleichzeitig das, was die Institution am meisten fürchtet. Und wie gerne lassen wir uns institutionalisieren! Wie gemütlich es doch dort ist, zu Kaffee und Kuchen ...

ning schrieb:
In Wahrheit sind diese gottlos, die die Wahrheit leugen.

Sie leugnen sie oder vergessen einfach, dass es sie geben könnte.

ning schrieb:
Und die Geschichte an sich, dient nichts anderem als der Wahrheit, die eine Religion, Ideologie, Haltung befreit von Unglaubwürdigkeit.
Oder sie erledigt.

Amen.

ning schrieb:
Schön, dass du Kinder hast ;-))

Es war mir unmöglich die Konditionalform gramatikalisch korrekt anzuwenden, ohne den Satz zu verhunzen. Das "wenn" musste dafür herhalten.:cool:
 
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Hallo Ning,

ich nehme mir einmal die Freiheit, hier auch ein paar Gedanken zu äußern :winke:

Erst einmal bin ich ganz Ashigarus Meinung, besonders was das Übertragen moderner Sichtweisen u.ä. in weit zurückliegende Epochen angeht. Und auch ich stehe einer "pädagogischen Sichtweise" eher skeptisch gegenüber...

Es läßt sich gewiß darüber streiten, ob die Konzeption des Leopold von Ranke, daß Historiker nicht zu sehr urteilen sollen, sondern nachweisen "wie es eigentlich gewesen ist" immer und überall richtig oder passend ist. Dennoch folge ich - das gebe ich zu - oftmals seinen Worten, was diejenigen, welche mein "Lieblingszeitalter" kennen, nicht weiter verwundern dürfte.
Nur bedeutet dies ja konsequent befolgt keineswegs, Fakten zu ignorieren - im Gegenteil: jeglicher Revisionismus, der zum Verdrehen der Tatsachen neigt, widerspricht genau diesem Prinzip!
Damit ist ebenso ableitbar - zumindest meiner bescheidenen Meinung nach -, daß im konkreten Fall, der zu diesem Thema hier geführt hat, die unverhohlene Äußerung von Sympathie für einen Militaristen bei gleichzeitig abschätzigen Bemerkungen über "Deserteure" (wenn ich es richtig gelesen habe) recht bedenklich ist. Unabhängig vom konkreten Fall ist so etwas Schwarz-Weiß-Malerei, die bewußt Fakten ausblendet bzw. verdreht und damit wiederum im Gegensatz zum Rankeschen Konzept steht...

Auf den Punkt gebracht bzw. zu bringen versucht: je mehr wir von dem wissen oder besser gesagt erfahren haben, "wie es eigentlich gewesen ist" (um bei Ranke zu bleiben), sollten wir doch in der Lage sein, unsere eigenen Schlüsse ziehen zu können.
Und um doch noch den Bogen zur "jüngeren" Geschichte zu schlagen (ich habe leider kein akrobatisches Talent): Adolf Hitler konnte das wohl nicht, denn er führte seinen Feldzug gegen Rußland doch, obwohl bereits vor ihm zwei neuzeitliche Feldherren ebendort jämmerlich gescheitert waren; Karl XII. von Schweden und Napoleon...

In diesem Sinne

Timo

PS: Sorry, daß ich so spät daherkomme, aber mir war das Thema bis dato entgangen... ich schäme mich ja auch schon dafür...
 
Jede Art von Objektivitaet in der Betrachtung von Geschichte (und in jedem anderen Fachgebiet) ist doch nur eine Illusion, ein Ideal, ein Weg, dessen Ziel ich nie erreichen kann. Denn fuer echte Objektivitaet ist die Kenntnis aller Fakten zwingende Vorraussetzung. Und diese Faehigkeit ist vielleicht einem Gott, aber in keinem Fall einem Menschen gegeben.

Die heutieg Zeit mit ihrem stetig anwachsenden kollektivem Faktenwissen, dass mir in Form von Buechern oder in noch groesserem Ausmass im Internet zur VErfuegung steht, gaukelt mir vielleicht ein groessere Objektivitaet vor, aber letztlich ist das Gegenteil der Fall. Die Aufnahmefaehigkeit des Menschen, was Wissen angeht, hat sich nicht erhoet. Was bleibt dem Menschen? Er muss heute viel staerker selektieren, aus dem unuebersehbaren Dschungel an Informationen, der auf ihn einstuermt. Das heisst, dass was er an Wissen ansammelt, beruht in viel staerkerem Masse auf eine rindividuellen, subjektiven Auswahl, als das frueher der Fall war.

Dies fuehrt zu einem FAchidiotentum, dass den Horizont viel staerker einschraenkt, wenn ich versuche bei einem Thema wirklich in die Tiefe zu gehen. Oder es fuerht zu einer Oberflaechlickeit, ohne das die fuer brauchbare Rsultate notwendige Tiefe noch vorhanden ist.

Sind wir also heute besser dran? Wir haben Menschen, die sich nicht mehr verstehen, weil es keine Wissensschnittmenge mehr zwischen ihnen gibt, und Menschen, die sich zwar verstehen, aber nichts geistvolles mehr zu stande bringen, weil ihnen die noetige Tiefe fehlt.

In jedem Fall sehe ich immer weniger Chance fuer die Ausbildung objektiver, ueber den Dingen stehender, die Gesamtzusammenhaenge begreifender Meinungen...
 
Lieber Thimo, du hast alle Freiheiten und: schäm dich doch nicht.. ;) ;)


Alles, was du sagts, ist natürlich nicht falsch.
Und ich spinne nun meine Gedanken, die nicht unmittelbar eine Antwort an dich direkt sind. :winke:

-> In Sachen Mittelalter (und darin gerade im - hier sichtlich - spannendsten Abschnitt "Konsoldierungszeit von d. Völkerwanderung bis Heinrich I) bedarf es unbedingt -meine ich - mehr psychologischer. also soziologischer Standpunkte. Ich mache aus meiner Duby-Verehrung diesbezügl. kein Hehl, ER geht für mich einen diffizileren und natürlich schwereren Weg. Denn da kommt Vorstellungsvermögen ins Spiel.
Was ist zB. so schwer daran, sich in die -> Menschen-Situation zu versetzen, zB. in jene, abhängig, machtlos, ein Spielball zu sein?
Hier muss die klass. Mediävistik vom "Graben und Lesen" endlich mal wegkommen!

->In Sachen "BLUMEN AUF HINDEBURGS GRAB" ging es mir um etwas anderes als um Adolf Hitler (und natürlich ist er der "Endpunkt" der Betrachtung.. Es ging mir um die Verweigerung, über die Schattenseiten einer geschichtl. Persönlichkeit rigoros hinwegzusehen. Und as geschichte anscheinend als orchideenwissenschaft nichts daran zu ändern vermag.
"1932-35" wäre psycholog.-soziologisch, ergo philosophisch eine "leichte Übung", rein, was die Fakten und Abläufe betrifft.

Wie gesagt, selbstverständlich darf man einen verehrten Menschen betrauern. Stolzmachender Militär hin oder her, Hindenburg HAT sich in die entscheidende POLITIK begeben, als er nichts mehr durchblickte. Er wäre gut beraten gewesen, seine Grabesruhe unbelastet zu erhalten, indem er nicht nochmal in Berlin die preussiche Militaristen-Revanchisten-Seite bedient hätte... *
Hat er aber. und das NS-Regime damit zu Wege gebracht.
Und deshalb ist es eine ebenso große Dummheit, darauf zu beharren, dass man ihm an seinem Grab Ehre zollen-soll-dürfen-können .

Ich finde, Geschichte muss auch deutlich verurteilen. Natürlich kann man verzeihen. Der Mensch Hindenburg ist zu entschuldigen. Aber nicht von seiner SCHULD freizusprechen. Das steht denen zu, die unter seiner Mitwirkung zu leiden hatten. Zum Beispiel Bauernjungs, die mit 17 noch einrücken mussten und sich -klugerweise! - rechtzeitig den Amis ergaben...
Das sind zB. "die Desserteure", die Herr Dings-Exuser hier zu Volksverrätern hochstilisiert hat! :motz:
War es Demens oder Altersstarrköpfigkeit,- in jedem Fall hat Hindenburg psychologisch etwas nicht verwunden und der nachfolgend der viel größeren Schande Deutschlands (und der sogenannten Ostmark) Vorschub geleistet.
Punkt.

Zurück zum Thema: es ist bedauerlich, dass eine Verdrängungsgeneration ("2.WK-generation") und eine nachfolgende, die Verdrängungsgeneration bedrängende und auch ungerecht brandmarkende Generation ("68"er) eine Generation anchfolgt, die - weil angeödet - wieder Asylantenheime anzündet und die Verschwörung des Weltjudentums herumkrakeelt.
Kleine Fische?

Der Teich füllt sich - auf Basis geschichtlicher Oberflächlichkeit, Tendenz, oder schlichter Ignoranz.

Darum dies als Schlusspunkt: Historiker ohne psycholog. und soziolog. Anspruch leisten genau dieser Entwicklung Vorschub.


*EDIT: Dazu etwas "Bedenk-Aktuelles": es gab meines Erachtens ein ganz drastisches Fehlurteil (neben viell. anderen) des Nürnberger Prozesses:
Franz von Papen hätte nicht nur gehängt, sondern 100 Jahre der Untersuchung der Auswirkungen seiner Ränkeschmiederei ausgesetzt werden müssen.
Für mich ist Papen eines der größten Schwein jener Zeit.
(Pardon fürs Schwein.)
EDIt 2: ashigarus Beitrag werd ich noch beantworten ;-))
 
Zuletzt bearbeitet:
ning schrieb:
Was ist zB. so schwer daran, sich in die Situation zu versetzen, zB. in jene, abhängig, machtlos, ein Spielball zu sein?
Hier muss die klass. Mediävistik vom "Graben und Lesen" endlich mal wegkommen!
Ich finde, Geschichte muss auch deutlich verurteilen. Natürlich kann man verzeihen. Der Mensch Hindenburg ist zu entschuldigen. Aber nicht von seiner SCHULD freizusprechen. Das steht denen zu, die unter seiner Mitwirkung zu leiden hatten. Zum Beispiel Bauernjungs, die mit 17 noch einrücken mussten und sich -klugerweise! - rechtzeitig den Amis ergeaben...
War es Demens oder Altersstarrköpfigkeit. In jedem Fall hat Hindenburg psychologisch etwas nicht verwunden und der nachfolgend viel größeren Schande Deutschlands (und der sogenannten Ostmark) Vorschub geleistet.
Punkt.

Zurück zum Thema: es ist bedauerlich, dass eine Verdrängungsgeneration ("2.WK-generation") und eine nachfolgende, die Verdrängungsgeneration bedrängende und auch ungerecht brandmarkende Generation ("68"er) eine Generation anchfolgt, die - weil angeödet - wieder Asylantenheime anzündet und die Verschwörung des Weltjudentums herumkrakeelt.
Kleine Fische?

Der Teich füllt sich - auf Basis geschichtlicher Oberflächlichkeit, Tendenz, oder schlichter Ignoranz.

Darum dies als Schlusspunkt: Historiker ohne psycholog. und soziolog. Anspruch leisten genau dieser Entwicklung Vorschub.


*EDIT: Dazu etwas "Bedenk-Aktuelles": es gab meines Erachtens ein ganz drastisches Fehlurteil (neben viell. anderen) des Nürnberger Prozesses:
Franz von Papen hätte nicht nur gehängt, sondern 100 Jahre der Untersuchung der Auswirkungen seiner Ränkeschmiederei ausgesetzt werden müssen.
Für mich ist Papen eines der größten Schwein jener Zeit.
(Pardon fürs Schwein.)
Ich erlaube mir nachfolgend ein paar Worte dazu, immerhin ein irgendwie Betroffener.

Zum ersten Teil des Zitates:
Wie willst du nachfühlen, wie sich ein versklavter Mensch gefühlt hat, der selbst vormals SKlavenhalter war oder in einer solchen Gesellschaft lebte?
Und was ist mit dem in der Sklaverei geborenen, der niemals anderes kennen lernte?
Wie vollziehen wir, denen Mitgefühl ein Begriff und keine Krankheit ist, nach, was im Emotionsleben und der damit verbundenen Ratio vor sich ging?
Es kann da nur eine Antwort geben: gar nicht, sie sind uns völlig fremd. Dem nachzukommen ist uns schwerlich möglich.
Bildest du der Menschheit da nicht ein wenig viel ein, wenn du ihnen ein solch potentes Verstehen anheftest? Und bevor das Argument des Bestrebens aufkommt, wie sollen wir derartiges erlenen? Erfahrungswelten neu aufbauen? Wohl kaum. Toleranz und Einfühlung zeigen? Dies würde dann zwangsläufig in Konflikt geraten mit der Verurteilung und Beurteilungsklausel, nach der du verlangst.

Versetzen wir uns in Spartacus, den Sklaven, Gladiator, Thraker...
Er führte Menschen zum Aufstand. Aber nicht die Sklaverei schuf er ab, er verteilte nur neu. Und nicht die friedliche Einigung war sein Ziel. Keine Gnade kannte er.
War er darum ein schlechter Mensch? Und wenn er so viel Leid erfuhr, und dabei aber keine Rachetendenz zeigte, wieso dann nicht der versuch der Umkehrung? Können wir daraus ein psychologisches Profil erstellen?
Selbst bei Caesar, von dem wir ungleich mehr wissen und haben, fällt das schwer.

Sicher bei der Neuzeit ist dies ein wenig anders, zumindest die jüngste. Gut dokumentiert, fast identische Lebensverhältnisse....aber schon da beginnt das Problem etwa mit der Geiselerschießung und der Relativierung dieser Tat.
Es war rechtlich erlaubt, andere Taten es auch. Napoleons Truppen taten dies in spanien zuhauf. Aber niemand stellt ihn, der seine Truppen ebenfalls nach Rußland führte und sie da verrecken ließ als Massenmörder dar. Zu Recht? Zu Unrecht?

Eine Verurteilung ist auch immer mit einem Wertesystem verbunden und Wertesysteme sind so außerordentlich wandelbar.
Bsp.
Das Bild Lenins als Erretter der Russen kommt erst ins wanken, und das wo doch immer bekannt war, wie viele abertausende wenn nicht Millionen Tote es auf dem Land dank seiner Reformen gab. Aber bis vor nicht all zu langer Zeit wurde er gefeiert.
Eine historische Wertung ist also nicht nur subjektiv und meist auf tönernen Füßen, sie ist auch mißbrauchend und mißbrauch gefährdet.
Und wenn sie steht, ist sie nur schwer weg zu bekommen. Manch Monster der Historie kämpft nun mit dem Ruf. Gerade die römischen Kaiser bekamen Stempel, deren Abbild sie in fast 50 Jahren Bildung und Forschung noch immer nicht verloren haben.
 
Da kann man Tib. Gab. nur zustimmen. Zwar ist es wichtig, auch die psychologischen udn soziologischen Aspekte zu beruecksichtigen, aber nicht in diesem menschendelnden Sinne, dass man sich in handelnde Personen hineinversetzt. Mal ganz abgesehen von der Unmoeglickeit dieses Versuches, verliere ich dadurch den letzten Rest an Objektivitaet.

Wertungen, wie "der war ein grosses Schwein", der war "dumm", "gut" und "boese" oder sonstiges, haben in einer wissenschaflichen Betrachtung nix verloren. Wer so in seinen eigenen moralischen Werten gefangen ist, der wird niemals in die Naehe von sinnvollen Erklaerungen fuer dei Ereignisse der Vergangenheit kommen...
 
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