Gewaltmonopol des Staates

steffen04

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Ich bin heute über ein m.E. unglaubliches Urteil eines deutschen Landgerichts gestolpert. Kurz und tagesaktuell: ein Verurteilter hat mit einer legalen Waffe einen von fünf Einbrechern erschossen. Der Verurteilte war zum Tatzeitpunkt 77 Jahre alt und musste sich erst von seinen Fesseln befreien. Dafür muss er nun in Bau. Er hat sich in seiner eigenen Wohnung verteidigt, nicht auf der Strasse, nicht in der Garage..

Nun zur Geschichte: Irgendwann so um 1900 hat das deutsche Bürgertum beschlossen, seine Waffen abzugeben und sich bezüglich persönlicher Sicherheit in die Hände des Staates zu begeben. Ein Rechtsgeschäft auf gegenseitiger Basis. Der Bürger hat sich freiwillig entwaffnet und dafür staatlichen Schutz bekommen, in einem vernünftigen Rahmen.

Frage 1: Wie explizit wurde dieses Rechtsgeschäft formuliert?

Frage 2: Wie können wir das rückgängig machen???
 
Tagespolitik findet im GF nicht statt, aber das ist dir ja klar.

Nebenbei: Wenn man noch nicht einmal die dürren Fakten unfallfrei wiedergibt, könnte das auf Absicht hindeuten....

Frage 2: Wie können wir das rückgängig machen???

Ich bin sicher, daß du es schaffen wirst, die in Internet vorhandenen, einschlägigen Seiten dazu zu finden. Was Beiträge im GF betrifft, ist es vielleicht günstig, bei den Regeln doch bis ganz nach unten weiterzulesen:

9. Gesetze
  • Die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind zu beachten. Eine Missachtung kann strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen. Die Administratoren und Moderatoren des Forums haben die Möglichkeit, relevante Daten zu erfassen, die bei Verstößen gegebenenfalls zur Identifikation des Verursachers herangezogen werden. Wer gesetzliche Bestimmungen verletzt, wird unverzüglich aus dem Forum ausgeschlossen.
 
Tagespolitik findet im GF nicht statt, aber das ist dir ja klar.

Nebenbei: Wenn man noch nicht einmal die dürren Fakten unfallfrei wiedergibt, könnte das auf Absicht hindeuten....

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Entschuldige. Ich mag dich und deinen Avatar. Aber hier liegst du bzgl. meiner Motivation vollkommen daneben. Ich möchte mich endlich einmal mit der historischen Legitimation des Gewaltmonopols des Staates beschäftigen. Denn nach meinem Verständnis ist und war das ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Und mich beschleicht der Verdacht, dass eine Seite ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.
 
Und mich beschleicht der Verdacht, dass eine Seite ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.
Erwartest Du, dass neben jeder Wohnungstür ein Polizist Wache schiebt ? Kein Staat kann hundertprozentige Sicherheit garantieren. Wäre der bewaffnete Bürger, der sich selbst verteidigt eine bessere Lösung, müsste die Kriminalität in den USA sehr niedrig sein, ist sie aber nicht.
 
Entschuldige. Ich mag dich und deinen Avatar.

Das entschuldige ich natürlich.

Aber hier liegst du bzgl. meiner Motivation vollkommen daneben. Ich möchte mich endlich einmal mit der historischen Legitimation des Gewaltmonopols des Staates beschäftigen. Denn nach meinem Verständnis ist und war das ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Und mich beschleicht der Verdacht, dass eine Seite ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.

Wenn es dir lediglich um die historische Legitimation des staatlichen Gewaltmonopols, dessen Entstehung & Absichten geht, empfehle ich dir, einen neuen Thread in einem entsprechenden Board zu eröffnen, der dann allerdings auch anders formuliert sein müßte. Also ohne Bezug zu einem tagesktuellen Vorfall.

Welcher Verdacht dich im Hier&Jetzt beschleichen mag oder nicht, ist für die Diskussion der *historischen* Legitimation jedenfalls völlig unerheblich und triggert nur ein Publikum, das unser Hausherr - der Betreiber des Forums - hier nicht versammelt sehen möchte und sonst wohl auch kaum jemand.
 
zur Geschichte: Irgendwann so um 1900 hat das deutsche Bürgertum beschlossen, seine Waffen abzugeben und sich bezüglich persönlicher Sicherheit in die Hände des Staates zu begeben.

Ich möchte mich endlich einmal mit der historischen Legitimation des Gewaltmonopols des Staates beschäftigen.

Schon ein Blick in Wikipedia könnte dich zum Nachdenken anregen, auch mit einem Hauch geschichtlichen Anspruchs, der die Datumsangabe ein wenig in Frage stellt: Gewaltmonopol des Staates ? Wikipedia

Und auch wenn du von einem "Geschäft" bei der Sache sprichst, wäre historisch mindestens etwa an die Staatslehre Rousseaus (Stichwort: Gesellschaftsvertrag) zu denken.
 
Frage 2: Wie können wir das rückgängig machen???
Gar nicht, eine solche Entwicklung über Jahrhunderte kann nicht ungeschehen gemacht werden, es könnte höchstens eine neue Entwicklung einsetzen.

Abgesehen davon will ich da auch keine Änderung, aber dazu wäre alles weitere tagespolitisch...
 
Der Fall an sich hat nichts mit dem Gewaltmonopol des Staates zu tun.

"Der Errichtung des Reichskammergerichtes geht die Verkündung eines “Ewigen” Landfriedens voraus, denn ohne vorherige Sicherung des Rechtsfriedens war das Hauptanliegen der Reform, eine grundlegende Neuordnung der Verfassungsstrukturen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und insbesondere der Beziehungen zwischen dem Reichsoberhaupt und den Reichsständen, nicht zu erreichen. In § 2 des Landfriedensgesetzes 2 wird ein absolutes und zeitlich unbeschränktes Fehdeverbot erlassen. Niemand darf sein Recht von nun an selbst in die Hand nehmen, die Selbstjustiz ist abgeschafft. Das Faustrecht soll der Vergangenheit angehören, denn von nun an nimmt die staatliche Gewalt, die durch den König und die Reichsstände verkörpert wird, das Monopol der Gewaltausübung für sich in Anspruch. Zugleich freilich übernimmt die staatliche Gewalt auch die Verpflichtung, sich intensiv um die öffentliche Sicherheit und um die Rechtspflege zu kümmern.
Immer wieder sind im Laufe des Mittelalters Klagen laut geworden, daß die blanke Gewalt regiere und das Recht nicht beachtet werde. Walther von der Vogelweide klagte z.B. um das Jahr 1200: “Treulosigkeit liegt im Hinterhalt, Gewalt beherrscht die Straße, Friede und Recht sind schwer verwundet." ...
Die überlieferten Formen der Streiterledigung, vor allem das Faustrecht der Fehde, sind unbefriedigend, weil diese Selbstjustiz nur dem Starken hilft und weil häufig genug ein gieriger Raubzug als rechtmäßige Fehde getarnt wird. Aber auch die rechtmäßige Fehde ist eine Quelle von Plünderung, Raub und Mord. Der öffentliche Friede wird so nicht erreicht. Neue Mittel zur Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten werden zwar erprobt, aber es fehlt im gesamten Mittelalter die Kraft, eine wirksame dauerhafte Friedensordnung zu errichten."

Becker, Das Gewaltmonopol des Staates und die Sicherheit des Bürgers
Der Ewige Landfriede - vor 500 Jahren, NJW 1995, S. 2077.

Gewaltmonopol bezieht sich hier auf Sühne, Strafe, Selbsthilfe=Faustrecht, Blutrache, Fehde etc. Es hat somit auch nichts mit der Frage des Waffenbesitzes zu tun, da man die "Waffe" im Fall problemlos (auch dazu gibt es Fälle in der Rechtshistorie) mit Flaschen, Hammer, Messer etc. austauschen kann.

Historisch fügt sich der zitierte Fall in die Beurteilung einer Körperverletzung mit Todesfolge, die Abgrenzung Notwehr vs. Totschlag, und hier speziell der "minder schwere Fall von Totschlag" (durch Provokation, vorherige Notwehrlage etc.), § 213 StGB: Auch der minder schwere Fall des Totschlags ist Verbrechen, der Versuch deshalb strafbar.

Das sind dann Sachverhalts-Unterscheidungen, die wieder in die tagesaktuelle Rechtsfragen übergehen. Darf nach Abwehr einer Notwehrlage (natürlich ein Problem: das wird hinterher wie immer in Prozessen "am Tisch" untersucht, und da kann man bemäkeln, dass die Situation in der "Trockenübung" nicht angemessen berücksichtigt wird, aber dieses Problem lässt sich eben in Rechtsprechung zum Rechtsfrieden nicht beseitigen) eine Tötung im Affekt hingenommen werden? Natürlich nicht, und auch nicht in der eigenen Wohnung. Wieder Becker:

"Die Unterscheidung von Gewalt, die vom Staat verantwortet wird, und privater Gewalttätigkeit ist uns heute selbstverständlich. Der Rechtsstaat setzt voraus, daß die Staatsgewalt das Gewaltmonopol besitzt. Körperliche Zwangsgewalt darf ausschließlich vom Träger der öffentlichen Gewalt ausgeübt werden. Das Gewaltmonopol, das die öffentliche Sicherheit erst möglich macht, ist ein wesentlicher Teil der inneren Souveränität eines Staates. Die staatliche Hoheitsmacht und das damit verbundene Recht, sie notfalls mit physischer Gewalt durchzusetzen, sind in einem viele Jahrhunderte währenden Prozeß den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften und Mittelgewalten entzogen und bei der verfaßten Staatlichkeit konzentriert worden. Innerhalb dieses langwierigen Prozesses kommt dem Reichstag von Worms im Jahre 1495 die Bedeutung einer Wendemarke zu."

Das ist somit historisch auch keine Frage, ob das Bürgertum um 1900 das Gewaltmonopol abgegeben habe. Die Frage nach dem Verzicht auf das Selbsthilferecht ist älter.

"Gewalt und Fehde zurückzudrängen war schon ein Anliegen der fränkischen und karolingischen Herrscher. Die Bußgeldkataloge der Volksrechte z.B. zeigen auf, wie man im frühen Mittelalter versuchte, durch rechtliche Vorgaben Sühneverhandlungen zwischen den Streitparteien anzuregen. Die detaillierten Listen, in denen verletzte Gliedmaßen, geraubtes Vieh, gestohlene Gegenstände mit Geldsummen gegeneinander verrechnet werden, bieten ein anschauliches Bild. Das Wergeld, dessen Höhe nach dem sozialen Rang des Getöteten gestaffelt ist, wird verhältnismäßig hoch angesetzt, damit sich für die Sippe eine Einigung und damit der Verzicht auf das Selbsthilferecht auch lohnte. Gleichwohl waren die Erfolge zur Eindämmung der blutigen Fehden gering. Wenn ein karolingisches Kapitular von 802 den Königsbann aufbietet, um die Verwandten eines Erschlagenen zur Annahme des Wergeldes und zum Verzicht auf eine Fortsetzung der Fehde zu zwingen, so zeigt dies nur, daß mit Hilfe der Bußgeldkataloge das Problem nicht zu lösen war."

Zum Waffenrecht bis 1945:

"Schon ab dem Mittelalter sind vereinzelt Vorschriften bekannt, die das Tragen und die Benutzung von Waffen reglementierten. Dabei stellte das Recht, eine Waffe tragen zu dürfen, oft ein nach außen sichtbares Zeichen der sozialen Stellung der betreffenden Person dar. Im Wesentlichen bildeten sich dabei zwei verschiedene „Zwecke“ heraus, zu denen Waffen getragen und verwendet wurden: die militärische Verteidigung und die Jagd.
Eine allgemeine Kodifikation des Waffenrechts erfolgte allerdings erst relativ spät. Zwar finden sich vereinzelte Edikte und landesrechtliche, später auch reichsrechtliche Bestimmungen. Eine umfassende Regelung fand jedoch erst im „Gesetz über Schusswaffen und Munition“ vom 12.4.1928 statt. Hierdurch wurde erstmalig die Herstellung, der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz und das Führen von sowie der Handel mit Schusswaffen einem grds. Verbot unterstellt. Gleichzeitig wurden verwaltungsrechtliche Instrumentarien geschaffen, die Befreiungen von diesem Verbot sowie behördliche Genehmigungen zum Betrieb des Waffengewerbes vorsahen. Gut zwei Jahre später wurde eine vergleichbare Regelung auch für Hieb-, Stoß- und Stichwaffen geschaffen. Zudem wurden die Vorschriften u.a. für das Waffentragen bei politischen Veranstaltungen verschärft. Daneben gab es jedoch auch Sonderregelungen für den Schusswaffengebrauch von Forst- und Jagdschutzberechtigten.
Eine Lockerung dieser bis dahin recht strikten Vorschriften fand sich dann zur Zeit des Nationalsozialismus unter dem Vorwand der „Wehrhaftmachung des Deutschen Volkes“, welche unter anderem in der Neufassung des Reichswaffengesetzes (RWaffG) vom 18.3.1938 sichtbar wurde. Waffenherstellung und Waffenhandel wurden weitgehend liberalisiert und eine Vielzahl von Genehmigungspflichten wurde abgeschafft."
 
Ich meine , der ewige Landfriede wäre schon älter als 500 Jahre, sowas ähnliches taucht schon in den frühen Sachsenspiegeln auf, allerdings noch mit der Festschreibung von Fehderegeln und der Verpflichtung "öffentlicher Organe", Urteile durchzusetzen.

Waffenrechtliche Bestimmungen gabs auch, von der Verpflichtung, zu bestimmten Anlässen, Waffen zu tragen bist zum Verbot des Waffentragens/Waffenführens.

Mir scheint es so, das "die Bürger" in den Ländern des HRRDN das Verbot des Waffenführens außer zu bestimmten Anlässen durchgesetzt/begrüßt haben.
 
Dazu noch ein Hinweis:

Der Fall an sich hat nichts mit dem Gewaltmonopol des Staates zu tun.**

** weil es nach den Feststellungen nicht um Selbstjustiz ging, sondern um eine spontane Reaktion im Stress, mit vorausgehender Notwehrlage.

Ganz interessant ist die Wiki-Darstellung zu Selbstjustiz mit Bezug auf Literatur, Film etc.:

Michael Kohlhaas wird dort ebenso angeführt wie Der Graf von Monte Christo, M von Fritz Lang, Dirty Harry und Taxi Driver sowie Death Wish (Ein Mann sieht rot).

Populäre Justizfälle waren André Bamberski, Marianne Bachmeier etc.

Ich meine , der ewige Landfriede wäre schon älter als 500 Jahre, sowas ähnliches taucht schon in den frühen Sachsenspiegeln auf, allerdings noch mit der Festschreibung von Fehderegeln und der Verpflichtung "öffentlicher Organe", Urteile durchzusetzen.

Waffenrechtliche Bestimmungen gabs auch, von der Verpflichtung, zu bestimmten Anlässen, Waffen zu tragen bist zum Verbot des Waffentragens/Waffenführens.

Ist ja oben erwähnt.

Den Aspekt, den steffen04 hier aufgeworfen hat, wollte ich nur im Übergang verorten. Wenn man an steffen04 und die "Bürgerlichkeit" anknüpft, hat das Thema weitere Facetten:

Übergang von einer an Personen gebundenen staatlichen Souveränität (Machiavelli) mit Fragen der staatlichen Souveränität und damit Gewaltausübung auf den souveränen Staat (Jean Bodin) als institutionalisiertes Instrument zur Bewahrung des inneren und äußeren Friedens und zum modernen Herrschaftsverständnis, aber auch zum Verständnis sozialer Koexistenz. Dann ist man beim Übergang zur staatlichen Souveränität angelangt, bei "naturrechtlichen Bindungen", Begrenzung der Gewalt, Konzentration der Rechtsmacht, Unteilbarkeit der Staatsgewalt.

Von daher finde ich "den Aufreißer" ganz spannend, weil sich da einen Themen-Autobahn öffnet.:D
 
Erst mal danke, dass ihr mir nicht gleich das Fell über die Ohren gezogen habt. Ich hätte natürlich zuerst lesen, dann posten sollen. Den Aufreisser nicht ganz so hochpuschen. Und das Thema vernünftig platzieren - sorry.

Wie ihr mir schnell klargemacht habt, hat sich das Gewaltmonopol des Staates über Jahrhunderte entwickelt und entwickelt sich weiter:

Ewiger Landfriede, 1495
Jean Bodin Sechs Bücher über den Staat
Thomas Hobbes, 1651 Leviathan
Max Weber, 1919 Politik als Beruf

Die jüngste Ausweitung hinein in die intimste Privatsphäre ist, zumindest nach Ansicht von Wiki, das Verbot, die eigenen Kinder zu watschen.
Die Bürger übertragen ihren Schutz und deren Durchsetzung ganz auf die staatlichen
Justiz- und Exekutivorgane.

Historisches Ziel war die Machtausweitung des Monarchen, nicht die Rechtssicherheit natürlicher Personen. Das kann einen erstmal skeptisch gegenüber dem Gewaltmonopol machen.
Es soll aber auch gewaltsamen Rechtsmissbrauch oder Willkür einzelner Personen oder Gruppen verhindern - das versöhnt einen dann wieder mit dem Monopol.

Interessant finde ich folgende Wiki-Passage:
Weitgehend anerkannt ist ein privates
Widerstandsrecht für den Fall, dass die staatliche Rechtsordnung versagt oder der Staat selbst zur Bedrohung für die Rechte der Bürger wird. Im deutschen Grundgesetz ist dies im Artikel 20 Absatz 4 festgehalten (Widerstandsrecht in Deutschland):

Aus Artikel 20: (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das
Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Ich nehme nicht an, dass hier der Kampf gegen Einbrecher gemeint ist. Hier spiegelt sich wohl die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit Staatsgewalten, die mit Ausübung des Gewaltmonopols nicht zimperlich waren.

Es wird aber ein mir wichtiger Punkt angesprochen: "..wenn andere Abhilfe nicht möglich ist". Das könnte implizieren, dass Selbsthilfe erlaubt ist, wenn der Staat versagt. Die Väter des Grundgesetzes dürften daran nicht gedacht haben. Die dachten eher an zu starke Staaten. Aber uns Heutigen ist das Phänomen des "Failed State" ja durchaus vertraut. Weniger exotisch: "National befreite Zonen", "No-Go-Areas" etc.

Worüber ich im Wiki-Beitrag stolpere ist die Einleitung: "Es ist ein Prinzip aller modernen Staaten und gilt als eine der Grundlagen für das Funktionieren des
Rechtsstaates." In der englischen Wiki findet sich nur eine knappe Übersetzung des deutschen Beitrags unter dem wenig anheimelnden Schlagwort "Monopoly on violence". Ich wage mal zu bezweifeln, dass ein angelsächsischer Historiker so ohne weiteres unterschreiben würde, dass ein "Monopoly on violence" eine Grundlage seines Staates sei.

Kurz zum aktuellen Fall: Wenn ein Staat seinen Bürgern Rechte zur Selbstverteidigung einräumt, ist das kein Verzicht auf das Gewaltmonopol. Denn diese Rechte entstehen eben innerhalb des Monopols und werden vom Staat gewährt, aber auch beschränkt. Wir müssen uns halt ausrauben lassen, die Amis nicht, Punkt. Ich lag mit einer Eröffnung also vollkommen falsch.
 
Silesias Anregung, das Thema zu verlagern und die "Autobahn" weiter zu verfolgen, würde ich unterstützen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant finde ich folgende Wiki-Passage:
Weitgehend anerkannt ist ein privates [/SIZE]Widerstandsrecht für den Fall, dass die staatliche Rechtsordnung versagt oder der Staat selbst zur Bedrohung für die Rechte der Bürger wird. Im deutschen Grundgesetz ist dies im Artikel 20 Absatz 4 festgehalten (Widerstandsrecht in Deutschland):

Aus Artikel 20: (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das
Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Ich nehme nicht an, dass hier der Kampf gegen Einbrecher gemeint ist. Hier spiegelt sich wohl die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit Staatsgewalten, die mit Ausübung des Gewaltmonopols nicht zimperlich waren.

Es wird aber ein mir wichtiger Punkt angesprochen: "..wenn andere Abhilfe nicht möglich ist". Das könnte implizieren, dass Selbsthilfe erlaubt ist, wenn der Staat versagt. Die Väter des Grundgesetzes dürften daran nicht gedacht haben. Die dachten eher an zu starke Staaten. Aber uns Heutigen ist das Phänomen des "Failed State" ja durchaus vertraut.

Das ist ein interessantes Spannungsverhältnis.

Das Widerstandsrecht ist 1968 als "Kompensation" einer "Notstandsverfassung" ins GG gekommen. Dem Grunde nach betrifft es Staatsstreichmöglichkeiten "von oben" wie "von unten". Obwohl breit als überpositivistisches Recht schon vorher anerkannt, meinte man ein Signal setzen zu müssen, aus der Erfahrung der Scheinlegalität des Dritten Reiches. Man könnte es als psychologisches Signal sehen, Widerstandswillen zu stärken, auch wenn der Rechtsstaat faktisch außer Kraft gesetzt ist, die Verfassungsorgane nicht mehr funktionieren.

Gewaltmonopol setzt dagegen den funktionierenden Rechtsstaat voraus. Widerstandsrecht als Grundrecht bezieht sich auf den faktisch beseitigten Rechtsstaat, also bürgerkriegsähnliche Zustände oder Diktatur von oben mit scheinlegalem Anstrich.

Da setzt auch die Kritik an der Vorschrift an, weil es in solchen Situationen wohl kaum noch auf die Legalisierung des Widerstandes ankommt. Es ist also eher ein "Aufruf" der Verfassung des untergegangenen Rechtsstaates (zum "Tyrannenmord", zum Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen etc.) der also bereits beseitigt worden ist. Art. 20 regelt das Widerstandsrecht auch nicht abschließend, so wie es vom BVerfG weitergehend formuliert wurde.

Art. 20 ist damit bei allgemein erkennbaren Angriffen auf die Volkssouveränität und den Rechtsstaat ultima ratio, "Notwehrrecht". Das Gewaltmonopol des noch funktionierenden Rechtsstaates ist davon nicht berührt, im Gegenteil: diese Frage wurde unter dem Aspekt strittig diskutiert, ob sich Bürger durch Gruppenbildung oder Bewaffnung, Bildung "gesellschaftlicher Streitkräfte" oder ähnliche Aktionen quasi auf das Widerstandsrecht und den vollständigen Zusammenbruch der Staatsorganisation "vorbereiten" können. Das ist gerade mit Hinweis auf das Gewaltmonopol des funktionierenden Rechtsstaates abgelehnt worden.

Widerstandsrecht und Gewaltmonopol kollidieren also nicht etwa, sondern Widerstandsrecht setzt Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit gerade Beseitigung des daraus abgeleiteten staatlichen Gewaltmonopols voraus.
 
Nein, wir müssen uns nicht ausrauben lassen, auch nicht bestehlen. Nur die Verhältnismäßikeit der Mittel beachten.

Steht der Einbrecher mit ner Waffe vor Dir, darfst Du ihn auch mit Waffengewalt daran hindern, Dich oder andere umzubringen. Läuft der mit seiner Beute weg, also besteht keine Gefahr für Leib und Leben mehr, darfst Du ihn nicht mit Waffengewalt daran hindern. Das ist aber schon seit Kaisers Zeiten so.
Ein Rollstuhlfahrer o.ä. durfte damals und heute nem Einbrecher durchaus mit der Schrotflinte die Beine wegschießen, wenn der das Familiensilber einpackt und sich auch nach Anruf nicht davon abhalten läßt. Ein nicht Behinderter, der einem Angriff ausweichen kann /konnte, hat durchaus die Möglichkeit heute, die Polizei zu rufen, zu Kaisers Zeiten ja nur, wenn der Polizist in der Nähe war. Ein Menschenleben steht/stand eigentlich immer höher als Sachwerte.
 
...Steht der Einbrecher mit ner Waffe vor Dir, darfst Du ihn auch mit Waffengewalt daran hindern, Dich oder andere umzubringen. Läuft der mit seiner Beute weg, also besteht keine Gefahr für Leib und Leben mehr, darfst Du ihn nicht mit Waffengewalt daran hindern....
Genau, dann ist es nämlich keine Notwehr mehr.
Edit: Notwehr ist die Abwehr eines drohenden Schadens durch angemessene Mittel
 
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