Fritz Haber ist bis heute eine Persönlichkeit, an der sich die Geister scheiden. für die einen ist er ein zweifellos genialer Wissenschaftler, Nobelpreisträger und Freund Albert Einsteins, für die anderen ist er tatsächlich der erste Wissenschaftler, der persönlich den Einsatz des ersten Massenvernichtungsmittels geleitet hat und sich davon auch vom Freitod seiner Frau nicht abbringen ließ.
Haber, ein Jude, war der festen Überzeugung, daß ein Wissenschaftler im Frieden der ganzen Menschheit, im Krieg aber nur dem eigenen Land, dem "Vaterland" gehört. Er glaubte, daß der Gaseinsatz das Mittel sei, den Stellungskrieg zu beenden und wieder in den Bewegungskrieg überzugehen. Einige Soldaten würden sterben, doch am Ende sei es das Mittel, en Krieg zu verkürzen und daher "human".
Habers Ammoniaksynthese, das Haber -Boschverfahren machte Deutschland von den Salpeterlieferungebn aus Chile unabhängig. Ursprünglich aber war das zur Herstellung von Kunstdünger gedacht und Haber hoffte, daß Hungerkatastrophen in Zukunft der Vergangenheit angehören würden.
Der erste Weltkrieg war in gewisser Weise ein totaler Krieg, in dem keine Seite Skrupel hatte, völkerrechtswidrige Waffen zu verwenden. Welche Seite nun tatsächlich als erste chemische Waffen anwendete, ist unsicher.
Immerhin handelte es sich bei den Waffen der Briten und Franzosen um Reizgase, ehe die Deutschen im April 1915 Chlorgas abbliesen. In nur einer Viertelstunde eroberten die Deutschen Langemark, an der Waffe lag es nicht, daß die 2.Flandernschlacht scheiterte. die weitere Entwicklung war von deutschen Innovationen geprägt, denen bald alliierte Plagiate folgten.
1916 verschossen die Franzosen Gasgranaten mit Phosgengas, die Deutschen antworteten bei Verdun mit der Grünkreuzmunition, die Phosgengas in einer besonders konzentrierten Form enthielt. Bei Fleury verschossen die Deutschen über 110.000 Gasgranaten. Die Franzosen hatten 16.000 Gaskranke, darunter 90 Tote zu beklagen. Man war nicht länger auf die Windrichtung und das Blasverfahren angewiesen und konnte die Granaten weit bis in die Artilleriestellungen verschießen. Alle Armeen an der Westfront waren Ende 1916 mit relativ sicheren Gasmasken ausgerüstet.
Um den Gegner zum abnehmen der Maske zu zwingen entwickelten die Deutschen 1917 den "Maskenbrecher" Clark, Blaukreuz. In der Dritten Flandernschlacht wurde es erstmals eingesetzt. Für den Angriff verwendete man Grün- und Blaukreuz, man rechnete 100 Schuß auf einen Hektar.
Für die Verteidigung entwickelten die Deutschen doch ein anderes Gas, Lost oder Yprit genannt. Es wurde ebenfalls in Flandern eingesetzt. Man markierte die Granaten mit einem gelben Kreuz. Das Gas hielt sich sehr lange im Gelände, wegen seines Geruchs nach Senföl nannte man es Senfgas, es verätzte alle unbedeckten Hautpartien. In 3 Wochen hatten die Briten über 14.000 Gaskranke und 500 Tote zu beklagen.
Der größte Gasangriff aber fand nicht an der Westfront statt, sondern während der 12. Isonzoschlacht am 24.10 1917. 1000 Gaswerfer feuerten 2000 Gasflaschen auf die italienischen Stellungen, die völlig unvorbereitet waren.
Das "Wunder von Karfreit" oder Caporetto war nicht zuletzt auch dem Einsatz von Gas zu verdanken.