Goebbels-Dokumentation

chevalier

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Morgenthalers 1. Teil der Gobbels-Doku, gestern abend in der ARD, war mir im Ganzen zu biographisch geraten. Die Fakten wurden genannt, erklärt wurde wenig. Aussagen von Zeitzeugen brachten wenig Klarheit über das, was die Faszination des Demagogen ausgemacht hat. Wo der Beitrag keine Fakten lieferte, überließ er das Feld den nebelhaften Erinnerungen der Zeitzeugen und brachte dann so unwesentliche Details à la: Sein Mantel war so fleckig und schäbig.
Auch die Fakten kamen zu kurz: Prägungen in der Kindheit? Warum nicht die (übliche) Kriegsbegeisterung im 1. Weltkrieg, warum Germanistik- und Theologiestudium in dieser Zeit? Wie kam es dazu, dass anfangs nur Freundinnen die einzigen Zuhörer von Goebbels Schriften waren, und dann - nach dem Erweckungserlebnis der "Mein Kampf"-Lektüre - der Mann auf einmal anfing, öffentlich für die NSDAP die Trommel zu schlagen und immer durchschlagende Erfolge als Redner hatte?
Die Doku hätte besser - anstatt seinen Kleinkrieg mit dem Berliner Polizei-Vize Weiss und seine Frauengeschichten nachzuzeichnen - dem Geheimnis seiner Energien nachgehen sollen. Woher kam seine Überzeugungskraft? Was machte den kleinen Klumpfüßigen für die Massen so faszinierend? Redete er den Massen aus der Seele, oder manipulierte er seinerseits die Massen?

Chevalier:fs:
 
Lieber chevalier,

Ich denke, wie sollten nicht aus den Augen verlieren, das die Dokumentation 3 Teile umfasst. Ich finde es ein wenig vorschnell, die Doku bereits nach dem ersten Teil zu besprechen bzw. kritisieren.
Der erste Teil handelte (logischer Weise) von seiner Kindheut, Jugend und Anfängen. Ich finde es nicht richtig, zu erwarten, dass jemand als Volksverhetzer auf die Welt kommt und auch eine Doku so berichtet. Zunächst sollte geklärt werden, woher der Mann kam, der eine gewisse Romantik und Fanatik für seine Ziele an den Tag legte. Und ich finde, dass ist dem ersten teil der Dokumentation gelungen. Ich persönlich finde die einzelnen Überschriften ein wenig falsch gewählt, aber das kann jeder anders sehen.
Ich jedenfalls werde die anderen Teile nicht verpassen...

Grüße
 
Nein, dass einer als Demagoge auf die Welt kommt, habe ich nicht behauptet. Sondern, man wird zu dem, was man ist. Und diesbezüglich ist der Doku wenig eingefallen. Konnte wirklich nichts anderes über Goebbels´ Kindheit ermittelt werden, als ein Familienfoto, dann Sprung in die Studentenzeit (1. Weltkrieg), über die nichts anderes zu hören war, als dass er politikvergessen studierte? Keine Briefe? Keine Aussagen von Kommilitonen? Keine Tagebucheintragungen?
Gruß
Chevalier
 
Also ich weiss nicht, diese Doku war mir für meinen Geschmack zu sehr auf die
Autorin/Herausgeberin der Goebbelstagebücher fixiert und hat nur wenig interessantes über den Demagogen geliefert.

Mehr Film/Tonausschnitte oder vernünftige Zeugenaussagen hätten hier nicht geschadet.
Ich finde die Doku nicht schlecht, aber an eine Knopp-Doku kommt sie noch lange nicht ran.
 
Das meine ich auch. Außerdem bezweifele ich, dass es dieser Schreihals, der Deutschland fast in den Untergang getrieben hat, es überhaupt wert ist von ihm Iene Dokumentation zu machen.Er, mit seinen vielen Frauengeschichten und seiner schwülstigen Sprache wirkt heute doch nur noch lächerlich. :rolleyes:
 
heinz schrieb:
Außerdem bezweifele ich, dass es dieser Schreihals, der Deutschland fast in den Untergang getrieben hat, es überhaupt wert ist von ihm Iene Dokumentation zu machen.Er, mit seinen vielen Frauengeschichten und seiner schwülstigen Sprache wirkt heute doch nur noch lächerlich. :rolleyes:
Findest du? Wer es fertig gebracht hat, Europa in einen neuen Weltkrieg zu stürzen und ein Volk dazu zu bringen, militanten Antisemitismus zu tolerieren, verdient allerdings, als Mann der Geschichte ernst genommen zu werden. Als Privatmann mag er lächerlich erscheinen, seine Wirkung war jedenfalls brachial. Nur diese Wirkung ist es, die meiner Meinung nach eine ausführliche Doku über Goebbels rechtfertigt. Da bringt es natürlich wenig, seine Frauengeschichten auszuschlachten und seinen äußeren Lebensweg nachzuzeichnen. Man sollte zeigen, wie der Mann es fertig gebracht hat, Presse, Funk und Kino gleichzuschalten, Film-Besetzungen bis in die Nebenrollen vorzuschreiben; wie er über Funk und Film manipuliert hat (z.B. indem er rechtzeitig zum Auftakt der "Tötung unwerten Lebens" in den Heil- und Pflegeanstalten den Spielfilm "Ich klage an", in welchem diese Tötung unter humanitärem Mäntelchen gerechtfertigt wird, in die Kinos gebracht hat); wie er mit Redakteuren verfahren hat, die nicht völlig auf seiner Linie waren etc.
Aber dazu brachte die Doku wenig. Nur ein Zeitzeuge machte sich die Mühe, den Charakter von Goebbels´ Reden wenigstens in Ansätzen zu beschreiben: Immer ein Körnchen Wahrheit drin, das niemand verneinen konnte; der Rest Verdrehungen, Instrumentalisierungen.
Ansonsten: Viel Werbung für die Neuherausgabe der Tagebücher, indem man der Herausgeberin ein Gratis-Forum gibt.
Zu deiner Aussage, dass seine Sprache heute nur noch lächerlich wirkt: Wieso sind wir heute angeblich kritischer? Haben nicht Millionen Amerikaner Bush geglaubt, als er seine Kriegsgründe gegen den Irak in die Hirne hämmerte? Dass man hinterher immer klüger ist, ist altbekannt ...

chevalier
 
IcyChris schrieb:
Mehr Film/Tonausschnitte oder vernünftige Zeugenaussagen hätten hier nicht geschadet.
Ich finde die Doku nicht schlecht, aber an eine Knopp-Doku kommt sie noch lange nicht ran.
Wollt nur mal was in eigener Sache sagen: Guido Knopp ist beileibe kein sehr guter Filmemacher.:runter: Er schlachtet die NS-Zeit gnadenlos aus um damit Kohle zu machen ( Hitlers Helfer, Hitlers Frauen, Hitlers Briefmarkenalbum...:spinner: ); sein Zielpuplikum sind dabei häufig die "armen Deutschen", sprich unsere älteren Mitbürger, die sich dann gerne an Masuren oder Ostpreussen erinnern können. Seine weinerliche und aufgesetzte Art der Berichterstattung finde ich widerlich!
Die Goebels-Doku fand ich ganz ok, erschreckend fand ich die Telefonistin Goebbels, die wohl immer noch ganz begeistert von ihm war...
 
Ich fand den 3. Teil gestern übrigens am besten von allen dreien. Gut vor allem die vielen Zeitzeugen, die zu Wort kamen.

Goebbels war in den letzten Kriegsjahren offensichtlich zur wichtigsten Figur geworden. Hitler und seine Entourage versteckten sich in der Wolfschanze, später im Führerbunker. Einzig Goebbels kümmerte sich in Berlin um das Volk bzw. um seinen Durchhaltewillen.
Gut möglich, dass es ohne ihn eher Kriegsende gekommen wäre, weil das Volk kriegsmüde wurde. :confused:
So wurde, wie es im Film gesagt wurde, "bis 5 Minuten nach 12 gekämpft".:spinner:
 
Neu war für mich der Fakt, dass Hitler Goebbels zuletzt noch zu seinem Nachfolger ernannt hat. Nach meinem bisherigen Wissensstand hatte er den Großadmiral Dönitz für diese Rolle ausersehen. Dönitz, der dann auch die Kapitulation unterzeichnete.

Was auch kaum zu fassen war (auf Goebbels bezogen, nicht auf die Dokumentation): die Tatsache, dass Goebbels für den Durchhaltefilm "Kolberg" 10.000 Wehrmachtsoldaten von der Ostfront abgezogen hat, damit diese als Statisten mitwirkten. Da bellt dieser Grausame unentwegt vom Kampf bis zum letzten Mann, von Widerstand um jeden Preis - und reißt dann noch vorsätzlich eine Loch in die ohnehin kaum noch vorhandenen deutschen Linien. Daran und an Hitlers Vernichtungsbefehlen, die sich gegen das eigene Volk kehrten, sehe ich deutlich, dass Hitler und Goebbels gegen alle Appelle zum Durchhalten den Untergang bewusst gewollt und herbeigeführt haben. Nach dieser Logik sollte das nicht mehr länger siegreiche deutsche Volk halt mit Pauken und Trompeten untergehen. Mit Vernichtungsbefehlen und Statistenrekrutierung (s.o.) halfen beide noch nach.

chevalier
 
Eine Frage hätte ich noch. Auf einem Familienfoto war neben den vielen kleinen Goebbelskindern noch ein erwachsener Sohn (?) zu sehen. Ist er ein gemeinsames Kind von Magda und Goebbels, hat er den Krieg überlebt?
 
Andronikos schrieb:
Eine Frage hätte ich noch. Auf einem Familienfoto war neben den vielen kleinen Goebbelskindern noch ein erwachsener Sohn (?) zu sehen. Ist er ein gemeinsames Kind von Magda und Goebbels, hat er den Krieg überlebt?

Das ist Harald Quandt, er ist der Sohn von Magda Goebbels, aus ihrer ersten Ehe mit Günther Quandt. Harald Quandt starb 1967 bei einem Flugzeugabsturz.
 
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