Goebbels dagegen hat seine Tagebücher wieder und wieder überarbeitet, gerade WEIL er plante, sie zu veröffentlichen.
Sie sind also eher Memoiren in Tagebuchform, als echte Tagebücher.
Das ist ein wichtiger Punkt und vor diesem Hintergrund müssen diese zu größten Teil gesehen werden.
Nach Longerich 1) sind daher auch frühe „Tagebuch“-Eintragungen authentischer als spätere. (Angaben zu Zeit, Ort und Personen seien jedoch insgesamt als zuverlässig zu sehen.)
Im Herbst 1936 schließt Goebbels mit Max Amman, dem Chef des parteieigenen
Eher-Verlags, einen Vertrag „zu geradezu sensationellen Bedingungen“. 20 Jahre nach seinem Tod dürfen seine Tagebücher von diesem veröffentlicht werden 1) S.316
„Ich verkaufe Amman meine Tagebücher. 20 Jahre nach meinem Tode zu veröffentlichen. Gleich 250000 Mark und jedes Jahr laufend 100000 Mark. Das ist sehr großzügig. Magda und ich sind glücklich.“ Tagebucheintrag 22.10.1936. 2) S. 996
Das ist eine Menge Geld.
Folgt man der Faustformel von Götz Aly „Für die Umrechnung in heutiges Geld empfiehlt sich als Faustregel: Eine Reichsmark entspricht zehn Euro.“ 3) S.48, dann kriegt er dafür gleich 2,5 Mio. Euro auf die Hand, und dann jedes Jahr eine weitere Million.
Er hat ja auch einen sehr verschwenderischen Lebensstil. Mehrere teure Motorboote, Sportwagen und noch eine „Limusine [sic]...ähnlich wie der Führer ihn hat“ 1) S.316
Und im Oktober des folgenden Jahres schafft er sich einen „Maybach“ an, statt nur eines „Horch“ , und auch Magda Goebbels erhält einen Monat später, November 1937, „ein wunderschönes neues Auto“ zu ihrem Geburtstag. 1) S.361
1939 schließlich bezieht Goebbels eine neu erworbene Bleibe. Deren Kosten wurden im Februar dieses Jahres mit 2,5 Mio. RM (entsprechend 25 Mio Euro heute, nach Aly-Faustformel) . An den Baukosten beteiligt sich Goebbels „mit 1,35 Mio. RM, die er durch einen Kredit der Bank der Deutschen Arbeit (die zu Leys DAF-Imperium gehörte) deckte. 1) S.401ff
Er lebt auf sehr großem Fuß und Schulden hat er eigentlich immer.
Also der lebt als gäb es kein Morgen, so wie andere erfolgreiche Spießgesellen seiner Art auch.
Das bildet sich, so wie ich es verstehe, auch in seinen Tagebüchern ab.
Aber, wie
@El Quijote bemerkte, sind diese mit erheblicher Vorsicht zu genießen. Spätestens seit 1936.
Dennoch sind sie eine wichtige und vielzitierte Quelle.
Geradezu erschlagend ist der Umfang dieser.
Danke an
@beetle für den darauf hinweisenden Link. 4)
„Das handschriftliche Tagebuch liegt komplett vor. Die 6783 von Hand beschriebenen Seiten wurden in neun Bänden bzw. 14 Teilbänden veröffentlicht.“
„Diesen vollständig erhalten gebliebenen handschriftlichen Tagebüchern stehen circa 36000 von Joseph Goebbels diktierte, maschinenschriftliche Blätter (DIN A4) gegenüber..“
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1) Longerich, Peter (2012): Joseph Goebbels. Biographie. 1. Aufl. München: Pantheon.
2) Tagebücher 1924 - 1945. [in fünf Bänden (2008). Orig.-Ausg., 4. Aufl. München: Piper (Serie Piper, 1413).
3) Aly, Götz (2011): Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verl. (Fischer-Taschenbuch Die Zeit des Nationalsozialismus, 15863).
4)
https://db.degruyter.com/staticfiles/content/dbsup/TJGO_02_Einleitung_zur_Gesamtedition.pdf