Gründe für die irische Immigration in die USA

Wohl wissend, dass dieser Thread nun einige Jahre inaktiv war, würde mich interessieren welchen Faktor man bzgl. der irischen Auswanderung in die USA in Zusammenhang mit der Hungersnot benennen kann?

Kann man die Hungersnot aufgrund der Kartoffelfäule als wirtschaftlichen Faktor sehen oder eher als gesellschaftlichen oder als Natur/Umweltkatastrophe?

Da im 19. Jh. ja überwiegend wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielten und die irische Hungersnot da in der Literatur immer gesondert behandelt wird, würde mich das doch sehr interessieren, wie man dieses Motiv "benennt".
 
Ich denke, hier sind verschiedene Faktoren zu nennen, die Kartoffelfäule war für Irland und die Mehrzahl seiner Bewohner sicher eine Katastrophe, doch es waren soziale Gegebenheiten die die Katastrophe beförderten. Gemessen an dem, was in Irland an Agrarprodukten produziert und an Lebensmitteln verfügbar war, hätte niemand am Hungertod krepieren müssen, im Gegenteil wurden zum Höhepunkt der Great Famine Lebensmittel, vor allem Weizen nach England exportiert, und es hat sich diese Erfahrung für Generationen traumatisierend ausgewirkt und für eine große Erbitterung gesorgt. Die Bewegung der Fenier, der Vorläuferin der späteren IRA ging unmittelbar auf die Erfahrungen der Hungerkatastrophe hervor. Der größte Teil Irlands gehörte der britischen Gentry, von der die meisten Vertreter sich nur sporadisch in Irland aufhielten. Es war die laissez faire Politik der Regierung Russell, die dafür sorgte, dass die Kartoffelfäule zu einer solchen Katastrophe führte.
In Irland kursiert heute noch ein Sprichwort: "The Allmighty sent the potato blight, but the English created the Famine."
 
In England haben zu viele Leute mitgeredet, die sich, gelinde gesagt, einen Dreck um die Iren gekümmert haben. Da war es wichtiger, weiter Getreide aus Irland herauszuziehen, das man dann aus England heraus sogar noch weiterverkaufen konnte. Maßnahmen wie der Import von Mais aus den USA brachten nichts, weil die Iren sich den Mais gar nicht leisten konnten. Premierminister Peel hatte sich politisch verbrannt und den Whigs war es ebenfalls wichtiger, die Hilfsleistungen für Irland zu kürzen, anstatt Menschenleben zu retten. Als dann auch noch die Getreideernte durch starke Regenfälle mager ausfiel, verloren viele Haus und Hof, weil sie die Pacht nicht mehr aufbringen konnten. Da wurde dann die Polizei geschickt, um die Bauern zu vertreiben. Ohne jegliche Grundlage für ein normales Leben blieb den meisten nur der Hungertod oder - wer es sich noch leisten konnte - die Ausreise.
 
Ist ja in Schottland, während der Highland Clearances nicht viel anders gewesen. Zuerst hat man die Clan-Strukturen zerschlagen, dann die Crofter vertrieben.

Mais wäre im Übrigen nicht unbedingt die Lösung gewesen. Mais als Grundnahrungsmittel bedarf der richtigen Behandlung, nämlich des Mahlens mit Pottasche. Sonst kommt es zu Mangelernährung: Mais - Niʃtamalización vs. Pellagra
 
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