Grußformel von Fürst zu Fürst

vincent

Neues Mitglied
Hi!

Auch wenn es komisch klingt:

Angenommen ein Territorialfürst des Deutschen Reiches (z.B. Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen) schreibt an einen anderen solchen Territorialfürst (unterschiedliche Adelsränge mal nicht berücksichtigt): Wie würde er sein Schreiben einleiten, wie würde er es beenden? D.h. welche Grußformeln wären jeweils angebracht?

LG
Vincent
 
Hi!

Auch wenn es komisch klingt:

Angenommen ein Territorialfürst des Deutschen Reiches (z.B. Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen) schreibt an einen anderen solchen Territorialfürst (unterschiedliche Adelsränge mal nicht berücksichtigt): Wie würde er sein Schreiben einleiten, wie würde er es beenden? D.h. welche Grußformeln wären jeweils angebracht?

LG
Vincent


"Mein lieber Vetter,"


mag jetzt auch komisch klingen, war (ist) so üblich unter den gekrönten Häuptern und gleichrangigen.
 
Hi!

Auch wenn es komisch klingt:

Angenommen ein Territorialfürst des Deutschen Reiches (z.B. Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen) schreibt an einen anderen solchen Territorialfürst (unterschiedliche Adelsränge mal nicht berücksichtigt): Wie würde er sein Schreiben einleiten, wie würde er es beenden? D.h. welche Grußformeln wären jeweils angebracht?

LG
Vincent

Herzog Albrecht V. von Bayern beginnt ein Schreiben an den Kaiser (Maximilian II.) folgendermaßen:

"Allerdeuchleuchtigster, Grosmechtigister Kayser, Euer Kay. Mt. seyen mein gannz unnderthenig diennst in allergehormsamb yder Zeit berait Zuvor, Allergenedigister lieber Herr und Vetter,"

Tatsächlich waren Albrecht und Maximilian Schwäger.

LG Stephan
 
Soweit ich weiß, gilt auch unter gleichrangigen die Anrede mit (z.B. bei Königen) "Eure Königliche Majestät", oder?
 
Dass man sich unter etwa gleichaltrigen gleichgestellten Personen häufig als "Vetter" anredet auch wenn keine wirkliche verwandtschaftliche Beziehung vorhanden ist ist ein Phänomen auf das man bereits im Frühmittalalter stößt und das sich bis zum Ende des Alten Reiches hinzieht. Das gleiche gilt für "Oheim" bzw. "Neffe" für Personen mit Altersunterschied. Damit wollte man eine besondere Verbundenheit unterstreichen.
 
Herzog Albrecht V. von Bayern beginnt ein Schreiben an den Kaiser (Maximilian II.) folgendermaßen:

"Allerdeuchleuchtigster, Grosmechtigister Kayser, Euer Kay. Mt. seyen mein gannz unnderthenig diennst in allergehormsamb yder Zeit berait Zuvor, Allergenedigister lieber Herr und Vetter,"

Tatsächlich waren Albrecht und Maximilian Schwäger.

LG Stephan


Bei Albrecht V. und Maximilian II. sind natürlich Umstände gegeben die sowohl die Zeit als auch die Personen betreffend sehr besonders zu sehen sind. Üblich ist das nicht dass ein bayerischer Herzog der formell unter dem römisch-deutschen Kaiser steht diesen als "Vetter" anspricht. Wobei man natürlich auch sehen muss dass abgesehen von der Heirat Albrechts V. mit Anna von Habsburg auch zuvor schon Verbindungen zwischen beiden Familien bestanden. Man braucht nur ein Jahrhundert vor Eheschließung der beiden zurückgehen und ohne dass ich nun Stammtafeln wälze fallen mir spontan die unglückliche Episode Margarete Maultasch ein sowie die Nacht-und-Nebel-Aktion-Hochzeit zwischen Kunigunde und Albrecht IV ein. Albrecht IV. redete übrigens im Gegensatz zu seinem Enkel Albrecht V. Maximilian I. mit "Schwager" an und nicht mit "Vetter".

Es ist ja ein bekanntes Faktum dass die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts und die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts immer wieder bestimmt war von einer Rivalität des Hauses Wittelsbach mit Habsburg. Die Habsburger haben diesen Wettstreit ja schon sehr früh für sich entschieden nur den Bayern fiel es eben schwer das so zu akzeptieren. Besonders schön sieht man das an den Kleinstreitigkeiten was die Besetzung des Salzburger und Passauer Bischofsstuhls betrifft und in der Tatsache dass die Wahl Ferdinands zum römischen Kaiser erst mit dem Linzer Vertrag 1534 anerkannt wurde. Man hatte einfach nicht verwunden dass man innerhalb von 100 Jahren von dieser anderen Dynastie mit solcher Geschwindigkeit überholt wurde. Nichtsdestotrotz war man natürlich auf die Habsburger angewiesen und musste einen Konsens finden. Und das war nicht nur für die Bayern von Interesse sondern nachdem viele Reichsfürsten zunächst lutherisch und einige dann calvinistisch geworden waren war es auch für das Haus Österreich eine Notwendigkeit einen Ausgleich mit der zweiten noch verbleibenden, ernstzunehmenden katholischen Macht im Reich zu finden.

Die Tatsache dass sich Albrecht V. und Maximilian II. mit "Vetter" anreden soll unterstreichen dass man nicht nur was die familiären Bande einen gemeinsamen Konsens gefunden hat sondern dass man quasi auch im Glauben eng "blutsverwandt" ist.

Um einen knackigen Abschluss zu finden: Es war diese besondere, enge, über das normale Lehensnehmer-Lehensherrverhältnis hinausgehende Verbindung notwendig weil es die Zeit erforderte dass gerade diese beiden Fürstenhäuser sehr eng miteinander zusammenarbeiten. Man brauchte sich gegenseitig. Vielleicht kommt mir in den nächsten Wochen oder Monaten mal Korrespondenz zwischen Maximilian II. und einem seiner anderen Schwäger aus dem Hause der Medici, der Este, des Herzogs von Jülich oder den Gonzaga unter. Allerdings lehne ich mich schon jetzt mit der Behauptung aus dem Fenster dass sich dort nicht mit "Vetter" angeredet wird.

Vielen Dank für die Mühe das Zitat hier einzustellen, stephan11.:winke:
 
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Dass man sich unter etwa gleichaltrigen gleichgestellten Personen häufig als "Vetter" anredet auch wenn keine wirkliche verwandtschaftliche Beziehung vorhanden ist ist ein Phänomen auf das man bereits im Frühmittalalter stößt und das sich bis zum Ende des Alten Reiches hinzieht. Das gleiche gilt für "Oheim" bzw. "Neffe" für Personen mit Altersunterschied. Damit wollte man eine besondere Verbundenheit unterstreichen.


Max von Baden hat im 1.WK unter dieser Anrede mit dem Kaiser korrespondiert.
Habe ich schon Faksimiles gesehen.
 
Ich hatte mal von der Anrede "Mein Herr Bruder" gelesen, oder gilt/galt das nur unter Kaisern?

"Mein lieber Vetter,"
mag jetzt auch komisch klingen, war (ist) so üblich unter den gekrönten Häuptern und gleichrangigen.

Die Anrede "Vetter" war in Frankreich für Mitglieder des Hochadels durch den König üblich.

"Bruder" war die Anrede unter gekrönten Häuptern aber nicht nur auf die Kaiser beschränkt.

Napoleon übernahm diese Traditionen:

So wurde z.B. Berthier mit Vetter, die Könige von Bayern und Spanien und auch der Fürst-Primas von Dalberg mit Bruder angeredet.
Bei Kaiser Franz I. las sich das so:
"Durchlauchtigster und mächtigster Fürst, teuerster und geliebtester guter Herr Bruder ..."
(vergl. Kurz, Heinrich (Hrsg.): Ausgewählte Korrespondenz Napoleon I. , Verlag des Bibliographischen Instituts, Hildburghausen, Bd.3 1868)

Grüße
excideuil
 
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