Gut diskutierbare Thesen zum 19. Jahrhundert / Civil Rights Movement in den USA?

djzon

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Hallo zusammen,

ich bin derzeit dabei, mich im Zuge meines Geschichtsstudiums auf eine mündliche Abschlussprüfung über die Themen Sklaverei in den USA (Hauptsächlich Jim Crow Ära, Plessy V. Ferguson) und das Civil Rights Movement (Fokus auf dem Wirken und der Theologie Martin Luther Kings) vorzubereiten.

Ich soll nun vor der Prüfung einige Thesen vorlegen, die ich dann in der Prüfung selbst sicherlich vorstellen / analysieren und diskutieren soll. Leider bin ich jemand der sich meist recht knapp und direkt ausdrückt und habe etwas Bammel, dass ich zwar viel weiß aber trotzdem die Zeit nicht richtig vollbekomme.

Könnt ihr mir einige Thesen zu den genannten Themen empfehlen, die sich besonders gut und ausführlich, mit für und wider usw. diskutieren lassen?

Danke!
 
Könnt ihr mir einige Thesen zu den genannten Themen empfehlen, die sich besonders gut und ausführlich, mit für und wider usw. diskutieren lassen?

Wir diskutieren gerne mit dir, welche Thesen wir für geeignet halten, wenn du zB einige Thesen hier vorstellst, die dir zu deinen Themenbereichen einfallen. :winke:
 
Ok, dann habe ich mal hier einige Beispielthesen die ich mir überlegt habe:

1. Die Jim Crow-Ära der ungleichen Rassentrennung begann erst richtig aufgrund des Plessy V. Ferguson-Urteils 1896, welches die Segregation legalisiert hat.

2. Martin Luther King hatte missionarische Absichten.

3. Martin Luther King hatte vier zentrale Einflüsse in seiner Philosophie bzw. Theologie: Social Gospel (Rauschenbusch), Protestantische Neo-Orthodoxie (Niebuhr, Tillich), Personalismus (Brightman) und Liebe / Gewaltfreiheit (Ghandi).

4. Die Separate But Equal-Doktrin ist zwar weder juristisch noch konstitutionell irgendwie vorgeschrieben, dennoch wird sie als solche behandelt.

Welche Tipps könnt ihr mir geben, wenn ich diese Thesen in meiner Prüfung diskutieren sollte? Gibt es etwas, das auf gar keinen Fall vergessen werden darf? Gibt es besonders namhafte Autoren, welche die Thesen evtl. stützen oder ihr widersprechen?

Danke! :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie war das doch gleich mit der knappen Ausdrucksweise...? :devil:

1. Die Jim Crow-Ära der ungleichen Rassentrennung begann erst richtig aufgrund des Plessy V. Ferguson-Urteils 1896, welches die Segregation legalisiert hat.

Zusatzfrage: was heißt "erst richtig"? Daß das Urteil eine ganz andere Ausprägung der Segregation ermöglichte, ist schon klar, aber in welcher Hinsicht, in welchen Bereichen? Als kleines Stichwort zb: institutionalisierter Rassismus.

Das Wort "ungleich" würde ich aus der Formulierung streichen - eine "gleiche" Rassentrennung" willst du ja nicht wirklich diskutieren.

2. Martin Luther King hatte missionarische Absichten.

Das ist auch sehr knapp gefaßt. Als Prüfer würde ich da erstmal locker kontern: könnte man bei Geistlichen generell voraussetzen :devil:.

3. Martin Luther King hatte vier zentrale Einflüsse in seiner Philosophie bzw. Theologie: Social Gospel (Rauschenbusch), Protestantische Neo-Orthodoxie (Niebuhr, Tillich), Personalismus (Brightman) und Liebe / Gewaltfreiheit (Ghandi).

Was diskutieren wir denn nach dem Lesen dieser These?

4. Die Separate But Equal-Doktrin ist zwar weder juristisch noch konstitutionell irgendwie vorgeschrieben, dennoch wird sie als solche behandelt.

Wie - als solche? Als solche was denn?
Vermutlich meinst du, die SBE-Doktrin war kein Amendment in der Verfassung. Auch diese These könnte etwas mehr Unterfütterung in der Formulierung vertragen, so daß klarer wird, worauf du damit hinauswillst.
So ad hoc würde ich deine These kontern: gerade weil die SBE kein Amendment war und nicht als solches behandelt wurde, brauchte ja auch der Bereich "Equal" gar nicht beachtet werden. Statistiken zb mit Aufwendungen für weiße und schwarze Schulen, Ausgaben pro Schüler weiß/schwarz dürftest du vorliegen haben.

Gehst du eigentlich auch auf die sogen Black Codes ein, die zeitlich vor Plessis-Ferguson lagen? Dann könntest du zb Bewegungen wie Back to Africa und die Einwanderung nach Liberia mit einbeziehen.

Eine These ließe sich sicherlich auch gut formulieren, wenn du Martin Luther King/NAACP mit anderen Organisationen in Beziehung setzt, die seinerzeit aktiv waren, sowohl im bürgerlichen Lager wie auch radikalerer Couleur.
Auch möglich: ein Vergleich zwischen Jim Crow/Separate but Equal und zb den Forderungen der Black Muslims später.
Oder: wie korrespondieren Entwicklungsbewegungen der Civil-Rights-Bewegung mit denen des KKK?
Oder: Rezeption der Forderungen zb des NAACP und Reaktionen in der dominanten Gesellschaft?
 
Zusatzfrage: was heißt "erst richtig"? Daß das Urteil eine ganz andere Ausprägung der Segregation ermöglichte, ist schon klar, aber in welcher Hinsicht, in welchen Bereichen? Als kleines Stichwort zb: institutionalisierter Rassismus.

Ja, das "erst richtig" ist zu schwammig. Man könnte von einem "endorsement" bzw. einer Legalisierung sprechen, von einer Signalwirkung, von Kapitulation der (juristischen) Institutionen vor dem Rassismus und der Zementierung der Rassentrennung, etc.

„The Supreme Court's endorsement in 1896 of the flagrantly duplicitous doublespeak of Jim Crow segregation represented a resignation of America's white institutions to the conclusion that the emancipation of black slaves had been folly. Most agreed that the elimination of slavery per se was an adequate remedy to the past abuses of blacks. In the eyes of the vast majority of white Americans, the refusal of the southern states to fully free or enfranchise former slaves and their descendants was not an issue worthy of any further disruption to the civil stability of the United States. Black Americans were exchanged for a sense of white security.
There had always been lies and misrepresentations in U.S. politics, but the new consensus represented by Plessy v. Ferguson marked an extraordinary turning point in the political evolution of the nation. Thousands of northern whites had fought not because of their fondness or empathy for African Americans but because the principles of the Declaration of Independence coupled with the American compulsion for honesty demanded it.“

Douglas A. Blackmon, Slavery by Another Name, 2008.
 
Danke für die Hinweise Ingeborg!

Zu 1: Wie du schon vermutest, genau das sollte es heißen. Die These ist vor allem auf Gerichtsfälle bezogen, vor PvF gab es ja durchaus einige Fälle, in denen die Schwarzen ihre Rechte durchsetzen konnten (Logwood v. Memphis & C.R. bzw. Murphy v. Western & A.R.R.).

Zu 2: Genau sowas ist meine größte Angst. Was soll man darauf noch erwidern?
Ich hatte eigentlich vor, mit der These erläutern zu können, dass Martin Luther King die Liebe als das höchste Gut ansieht und Brüderlichkeit als Wert des Christentums ansieht und predigt. Als Konsequenz der christlichen Brüderlichkeit ist Rassismus schon ein Widerspruch zum Christentum, dem ja die meisten Amerikaner angehören. Wenn man sagt "Gott ist Liebe", lässt sich das gut auf einen missionarischen Aspekt beziehen. Die Doktrin der Liebe und Brüderlichkeit dient ihm als Waffe um dem Problem der Rassentrennung mit Ghandis gewaltloser Methode beizukommen.

Zu 3: Die These ist vielleicht problematisch formuliert, hast du da eine bessere Idee? Es wäre natürlich ideal die 4 Einflüsse / Konzepte und ihren Einfluss auf King etwas erläutern zu können.

Zu 4: Hier ist es ähnlich wie bei These 1, hauptsächlich erst durch die Etablierung bzw. Legalisierung der Separate But Equal-Doktrin im PvF-Urteil entstehen plötzlich sehr viele Jim Crow Laws.


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Zu den weiteren von dir angesprochenen Punkten:
- Ja die Black Codes sind auch teil meiner Prüfungsthemen, allerdings gibt es da das Problem dass nur sehr wenig brauchbare Literatur dazu vorliegt. Oder kannst du mir da etwas empfehlen?
- Der Zusammenhang von MLK und der NAACP ist sicherlich interessant, aber ich bin nicht sicher ob da der Fokus auf der Theologie MLKs liegt?
- Von den Black Muslims habe ich bisher erst am Rande gehört - in welche Zeit fällt das denn? Ich muss bei der Prüfung schon im vorgebenen Zeitraum bleiben (Mitte 19. Jahrhundert - Mitte 20. Jahrhundert).
- Sowas wie den KKK oder Lynching wollte ich nicht unbedingt als zentralen Aspekt der Prüfung wählen, da ein derart gewaltsames Thema evtl. eine negative Stimmung / Beigeschmack hinterlässt und sich auf die Note / Prüfung auswirken könnte.
 
Zu 1: Wie du schon vermutest, genau das sollte es heißen. Die These ist vor allem auf Gerichtsfälle bezogen, vor PvF gab es ja durchaus einige Fälle, in denen die Schwarzen ihre Rechte durchsetzen konnten (Logwood v. Memphis & C.R. bzw. Murphy v. Western & A.R.R.).

Dann könntest du vielleicht die Formulierung besser auf diese Unterschiedlichkeit der Rechtsprechung abstellen bzw auf eine Entwicklung zu mehr Restriktion und Segregation?

Zu 2: Genau sowas ist meine größte Angst. Was soll man darauf noch erwidern?
Ich hatte eigentlich vor, mit der These erläutern zu können, dass Martin Luther King die Liebe als das höchste Gut ansieht und Brüderlichkeit als Wert des Christentums ansieht und predigt. Als Konsequenz der christlichen Brüderlichkeit ist Rassismus schon ein Widerspruch zum Christentum, dem ja die meisten Amerikaner angehören. Wenn man sagt "Gott ist Liebe", lässt sich das gut auf einen missionarischen Aspekt beziehen. Die Doktrin der Liebe und Brüderlichkeit dient ihm als Waffe um dem Problem der Rassentrennung mit Ghandis gewaltloser Methode beizukommen.
Ebent :D - wie du siehst, gibt die These in dieser Formulierung nix her; ein Satz von dir, ein Satz vom Prüfer und du stehst im Hemde.

Du könntest zb den Ansatz/die philosophische Herkunft von MLK in Bezug setzen zB zu WEB DuBois (Gründer des NAACP - bürgerlicher Herkunft mit sozialistischen Neigungen) und/oder Booker T. Washington (der auf Accomodation und Bildung setzt, die allmählich eine wirtschaftliche Besserstellung und dann auch rechtliche Verbesserung bewirken soll), und/oder Marcus Garvey, der eine Emanzipation nur durch Massenauswanderung nach Afrika für möglich hält.

Insgesamt kommst du um diese Namen bei einer Betrachtung des bürgerlichen Lagers der Bürgerrechtsbewegung ohnehin nicht herum.

Zu 3: Die These ist vielleicht problematisch formuliert, hast du da eine bessere Idee? Es wäre natürlich ideal die 4 Einflüsse / Konzepte und ihren Einfluss auf King etwas erläutern zu können.
Siehe oben - finde ich zu wenig ergiebig. Wenn du einen Kontrast zu einem anderen Protagonisten herstellst und dessen Philosophie mit der von MLK vergleichst, steht eine These dazu nicht mehr ganz so klapperdünn da.

Zu 4: Hier ist es ähnlich wie bei These 1, hauptsächlich erst durch die Etablierung bzw. Legalisierung der Separate But Equal-Doktrin im PvF-Urteil entstehen plötzlich sehr viele Jim Crow Laws.
Schon, das PvF-Urteil bringt eine Entwicklung zwar nicht in Gang, gibt ihr aber Auftrieb. Eine These könntest du formulieren zur Frage: Warum. Welche Vorteile brachten die Möglichkeiten, die dieses Urteil eröffnete und für wen?

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- Ja die Black Codes sind auch teil meiner Prüfungsthemen, allerdings gibt es da das Problem dass nur sehr wenig brauchbare Literatur dazu vorliegt. Oder kannst du mir da etwas empfehlen?
Nein, ist zu lange her bei mir - die Literatur wäre daher eher im Antiquitätenfundes einer UB oder Seminarbibliothek zu suchen, wenn mir denn noch Titel einfielen. Plünder doch mal Wikipedia DE und EN auf Literaturangaben und Buchsuche bei Google sollte auch was bringen.

- Der Zusammenhang von MLK und der NAACP ist sicherlich interessant, aber ich bin nicht sicher ob da der Fokus auf der Theologie MLKs liegt?
Du solltest nicht aus den Augen verlieren, daß MLK sich im Verlauf der Entwicklung zumindest verbal radikalisierte und sich zb positiv über Black Power äußerte - worauf NAACP und National Urban League sich von MLK distanzierten.

Als weitere, nicht unwichtige Protagonisten seinerzeit sind sicherlich SNCC (als Ableger von MLKs SLCL) zu sehen und dessen weitere Entwicklung weg von der Gewaltlosigkeit bereits unter Stokely Carmichael.
Ebenso solltest du mal schauen, was die Black Panther Party wollte (okay, hier sind wir eindeutig nicht mehr im bürgerlichen Lager der Bürgerrechtsbewegung, aber um mehr Rechte für Schwarze ging es dort ja auch).

- Von den Black Muslims habe ich bisher erst am Rande gehört - in welche Zeit fällt das denn? Ich muss bei der Prüfung schon im vorgebenen Zeitraum bleiben (Mitte 19. Jahrhundert - Mitte 20. Jahrhundert).
Oh-oh! Schau bei Wiki unter Nation of Islam. Gegründet bereits in den 1930ern, mit einer zeitlich davorliegenden Vorläuferorganisation. Eifrige Missionstätigkeit in den schwarzen Wohnvierteln, aber auch in den Knästen, in denen ein hoher Anteil von Strafgefangenen nicht weiß war.
Förderung einer angeblich afrikanischen Identität und Rückbesinnung auf afrikanische Traditionen und damit die Übernahme des Islam als "afrikanischer" Religion, Verzicht auf Alkohol, Drogen, Tabak, Sorge für die Familie etc.. Ablehnung des "Sklavenhalternamens" (viele Schwarze trugen ja die Familiennamen ihrer früheren Besitzer), der zunächst durch X ersetzt wurde, später durch arabische bzw arabisch klingende Familiennamen (und Vornamen - was jedoch die Führer der NoI irgendwie nicht beherzigten [Elijah Muhammad, Louis Farrakhan]).

Da du einen Schwerpunkt auf MLK legst, ist es mE sehr notwendig, dich auch mit diesen Entwicklungen soweit zu befassen, daß du bei einer Seitenfrage nicht auf dem Schlauch stehst. Daher empfehle ich auch den Wiki-Schnelldurchgang zb zu American Indian Movement sowie Chicanos (und eine Organisation von Puertoricanern, da muß ich aber erstmal über den Namen meditieren... :räusper: ).

- Sowas wie den KKK oder Lynching wollte ich nicht unbedingt als zentralen Aspekt der Prüfung wählen, da ein derart gewaltsames Thema evtl. eine negative Stimmung / Beigeschmack hinterlässt und sich auf die Note / Prüfung auswirken könnte.
Naja, die Thematik hast du ohnehin enthalten: wer profitiert von den Gesetzen zur Rassentrennung, wer hat ein Interesse daran, diese aufrecht zu erhalten etc. Der KKK steht ja nicht nur für Lynchmorde, sondern insgesamt für White Supremacy, und er wurde bereits 1865/66 gegründet, mit späteren Wiederbelebungen - fällt also voll in "deinen" Zeitraum. Um das Eingehen auf die Rezeption der Bürgerrechtsbewegung in der 'dominant society' kommst du nicht herum - im Gegenteil, sonst bringt dich auch da eine entsprechende Frage in der Prüfung aus dem Gleis. Ich würde jedenfalls in einer solchen Prüfung danach fragen, welche Gegenbewegungen/reaktionen die Bürgerrechtsbewegung auslöste.

Weiterer Tipp: was sagte denn McCarthy und sein Untersuchungsausschuß zu unamerikanischen Umtrieben zu MLK?

Wenn du von Mitte des 19. Jahrhunderts an thematisch gefragt bist, sehe ich da eigentlich noch eine Riesenlücke zwischen 1865 und 1898, da du ja erst mit PvF einsteigst....
 
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