Haben die inneren Konflikte im Römischen Reich etwas mit seiner Ausdehnung zu tun?

Baumwollhuhn

Neues Mitglied
Hallo,
ich soll ein Geschichtsreferat zu dieser These halten und habe keine Ahnung wie, da in Büchern oder im Internet nicht wirklich was zu finden ist.


"Der gesamte expansive Prozess Roms (seine Ausdehnung) kann unter dem Aspekt eines Ableitungsvorgangs innerer Konflikte nach außen gesehen werden."


Ich würde mich freuen wenn mir jemand helfen könnte :)
Danke im Vorraus
 
Diese These halte ich für maßlos übertrieben und auch zu einseitig, so monokausal war die römische Expansion nun wahrlich nicht. Aber gut, wenn Dein Lehrer es so sieht, musst Du es wohl akzeptieren ...
Ich weiß ja nicht wie Lehrer in AU so drauf sind, aber wenn sie so drauf sind, wie in D, wovon ich erst mal ausgehen möchte, dann dient eine solche These v.a. dazu, sich daran zu reiben und die Pros und Contras zu diskutieren.
 
Nur mal um kurz ein paar Denkanstöße zu geben:

Durch die Expansion Roms wurde zwar der innere Zusammenhalt gestärkt, jedoch waren auch innere Konflikte keine Seltenheit. Der Streit zwischen Patriziern und Plebejern, der in deren Auszug gipfelte ist hier ein Beispiel, oder die Streitigkeiten (gerade während des) Zweiten Punischen Krieges.

Die Expansion war eben nicht ein gezielter Prozess, der von vorne herein darauf ausgelegt war, die dominante Macht im Mittelmeerraum zu werden. Er vollzog sich nach und nach.

Das Zeitalter der Bürgerkriege brach ja erst nach der Reform des Marius an. Die Soldaten waren auf ihren Feldherr eingeschworen, waren von ihm abhängig. Dadurch konnten die Feldherren eine Stellung erreichen, wie sie kaum vorher möglich war. Und selbst zu diesem Zeitpunkt war die Expansion nicht abgeschlossen. Vielmehr offenbarten sich immer mehr die Schwächen des Republikanischen Systems.
 
Die Expansion war eben nicht ein gezielter Prozess, der von vorne herein darauf ausgelegt war, die dominante Macht im Mittelmeerraum zu werden. Er vollzog sich nach und nach.

Das Zeitalter der Bürgerkriege brach ja erst nach der Reform des Marius an. Die Soldaten waren auf ihren Feldherr eingeschworen, waren von ihm abhängig. Dadurch konnten die Feldherren eine Stellung erreichen, wie sie kaum vorher möglich war. Und selbst zu diesem Zeitpunkt war die Expansion nicht abgeschlossen. Vielmehr offenbarten sich immer mehr die Schwächen des Republikanischen Systems.

Im Prinzip hast Du sicherlich in vielem recht, auch wenn man gemeinhin die Bürgerkriege schon mit den Reformen der Gracchen beginnen läßt.

Man aber durchaus sagen, daß es ein (nicht von vornherein geplanter) Aspekt war, wenn gerade die zielstrebigsten Politiker für eine gewisse Zeit ihren Ehrgeiz in den Provinzen und bei neuen Eroberungen befriedigen konnten, den sie ansonsten vielleicht! destruktiv im Senat hätten ausleben müssen.

Auch die Möglichkeit, sich durch Beute zu bereichern, um so - wie bei Caesar zum Beispiel - durchaus auch von drückenden Schulden, die oftmals im Zuge des cursus honorum gemacht wurden, freizukommen.

Liebes Baumwollhuhn, die Antwort auf Deine Frage steckt in vielen Büchern, allerdings nicht als einfacher Antwortsatz, sondern im Kontext. Ja, die Ausdehnung des Römischen Reiches hatte mit den inneren Konflikten zu tun, denn der zunehmende Reichtum verstärkte soziale Konflikte, und die zunehmende Masse an Land und beherrschter Bevölkerung überforderte ein auf städtische Interessen fixiertes Gremium. Lies mal Deine Literatur unter diesem Gesichtspunkt.
 
Hast Recht hjwien. Das Zeitalter der Bürgerkriege begann mit den Gracchen. Danke für die Richtigstellung. Hatte mich da undeutlich ausgedrückt, meinte mit Bürgerkriege der Kampf Römische Armee gegen Römische Armee. :winke:
 
Ich würde die Ausgangsfrage nicht so verstehen, dass es nur um gewaltsame innere Konflikte geht. Es ist ja noch heute so, dass Politiker in aller Welt gern mal außenpolitische Konflikte aufbauen, um von inneren Querelen abzulenken. Die Frage ist insofern nicht dumm, als es innere Ursachen gegeben haben muss, warum Rom so "expansiv" wurde. Die meisten Kriege wurden ja nicht von außen an das Reich herangetragen. Waren diese innerrömischen Ursachen "Konflikte"? Ich kenne mich zu wenig aus mit den Verhältnissen in Rom, um darauf eine qualifizierte Antwort geben zu können. Wenn ich müsste, würde ich wohl erstmal die sozialen Strukturen unter die Lupe nehmen. Römische Klassengesellschaft. Wie begründet und festigt man Herrschaft in einem Staat, der eine relativ kleine herrschende Oberschicht und eine große Masse an weitgehend rechtlosen Bürgern hat? Den "Tatendrang" der Masse nach außen zu lenken, ist ein denkbarer Weg. Ohne tiefere Kenntnis ins Unreine gemutmaßt...
 
Ich weiß nicht, zu welcher Zeit der Expansion des römischen Staates Du diese Beschreibung rechtloser Massen ansetzen willst, aber mit solcher Voraussetzung könnte ich mir ein gewisses Scheitern der Interpretation vorstellen. Die Ausgangsfrage wäre mir im Übrigen viel zu allgemein gestellt für eine Beantwortung im Rahmen eines Referats, geschweige denn Forumposts. Viele Kriege wurden in der Tat von außen an die Römer herangetragen. Viele Kriege hat eher Rom aus machtpolitischen Erwägungen selbst provoziert, z.B. den 1. Punischen Krieg. Einige bedeutsame Eroberungen waren sozusagen Privatkriege wichtiger Persönlichkeiten. In der Kaiserzeit gab es andere Voraussetzungen für Kriege als in der Republik, im 3. Jhd. v. Chr. andere als im 2. Jhd. vor Chr., usw.. Da fühle ich mich etwas überfordert.

Wenn ich mir besondere innere soziale oder sonstige Konflikte herausgreifen wollte, die zu Kriegen nach außen führten, würde ich mich auf eine bestimmte Periode oder ein paar Zeitabschnitte festlegen, z.B. die Zeit der Konflikte zwischen Plebejern und Patriziern (recht früh, Quellenlage etwas dürftig), dann die Zeit der Bürgerkriege und Triumvirate (Wieso der Kampf gegen Jugurtha? Warum kämpfte Caesar so hartnäckig in Gallien? Wieso zog Crassus eigentlich gegen die Parther?) und noch was aus der Kaiserzeit, z.B. Caligulas und Neros Möchtegern(nicht)invasionen Britanniens zur Erfüllung von Erwartungen aus Nobilität und Volk an einen kriegerischen Kaiser. Dagegen habe ich irgendwie so das Gefühl, daß über weite Strecken der frühen und mittleren Republik Kriege aus gemeinsamem Beuteinteresse von Volk und Nobilität entstanden, bzw. aus gemeinsamen machtpolitischen Ängsten und Befindlichkeiten, da wurden keine inneren Konflikte abgeleitet.
 
...Dagegen habe ich irgendwie so das Gefühl, daß über weite Strecken der frühen und mittleren Republik Kriege aus gemeinsamem Beuteinteresse von Volk und Nobilität entstanden, bzw. aus gemeinsamen machtpolitischen Ängsten und Befindlichkeiten, da wurden keine inneren Konflikte abgeleitet.

Wobei sich dann die Frage aufdrängt, ob durch die ungleiche Beteiligung am Gewinn sich nicht wieder innere Konflikte ergaben...?
...oder in wie weit die dadurch entstandenen, inneren Konflikte wiederum nur durch Expansion wieder zu beruhigen gewesen wären?

Alles in allem eine sehr vielschichtige Eingangsfrage. Die Gracchen sind gewiss geeignet sich dem Thema anzunähern.
Weiterhin dürften die römischen- & lateinischen Kolonien in Italien auch ein interessanter Punkt für die früheren Perioden sein. Sie entstanden ja nicht auf "ur-römischem" Territorium, es wurden aber Römer und Lateiner angesiedelt....
 
Ich stimme tejason zu. Gerade bei den Reformversuchen der Gracchen kann man ja sehr schön sehen, wie sich die Folgen der Expansion verschärfend auf die inneren Verhältnisse ausgewirkt haben und wie scharf dabei sofort sich eine Gegenfraktion bildete, was zum Scheitern der Gracchen und letztlich zu den Bürgerkriegen führte.
 
Was ich zu dem Thema besonders interessant finde, ist, wie oft (insb. in der Zeit von 90-30 v.Chr.) römische Feldherren (Sertorius, Pompeius, Antonius,...) oder sich auflehnende Provinzialkönige (Mithridates) im Reich eine Machtstellung aufbauen können, die nicht mehr der Kontrolle des Senats unterliegt. Das ist ein Ergebnis der Überdehnung des Reiches und führt zu weiteren Problemen (und zwar jeweils ganz verschiedenen bei jeder der von mir genannten Personen)

Ansonsten empfehle ich, mal in "Caesar und Pompeius" von Baltrusch reinzuschauen. Recht weit vorne beginnt er ein Unterkapitel mit der These, alle Symptome der Krise der Republik ließen sich auf die Überdehnung des Reiches bei Beibehaltung der stadtstaatlichen Strukturen zurückführen, und nennt dann Beispiele für solche Krisensymptome. Bei einigen (zB Heereskrise) stimme ich ihm mehr zu als bei anderen (zB Agrarkrise).
 
...schon eine Weile her...

An sich stimme ich dir zu Markus1982. Aber ich möchte doch heftig widersprechen, wenn Personen wie Mithridates nur zu "sich auflehnende Provinzialkönige" reduziert werden.

Aus römischer Sicht waren alle Klientelfürsten/könige sicherlich nur Provinzialkönige und Peripherie des Reiches. Allerdings war dies eine rein römische Definition, bei der Mächte am Rande des eigenen Machtbereichs in das römische System eingebunden wurden/werden konnten. Fast alle diese „Klientelkönige oder Klientelvölker“ hatten aber bereits unabhängig von Rom existiert und wurden nur von diesem Instrumentalisiert. Aus ihrer eigenen Betrachtungsweise- und häufig auch aus der Sichtweise weiterer interessierter Gruppen (wenigstens außerhalb des Reiches), waren die römischen Klienten aber eigenständige Reiche oder Völker aus eigenem Recht. Sozusagen souveräne Staaten und Mächte.

Wie weit sie jemals unter Kontrolle des Senats (oder besser der regional zuständigen römischen Magistrate [Prokonsuln… etc.]) standen variierte je nach Umständen. Bei seinen Konflikten mit Rom profitierte Mithridates VI. von den Schwächen der römischen Strukturen und auch von der Ablehnung der römischen Oberherrschaft in Teilen der Provinzialbevölkerung etc. Natürlich sind das dann ähnliche Faktoren, die auch römische Mächtige (wie die von dir genannten) zu ihrem Vorteil hatten ausnutzen können. Ich wollte trotzdem darauf hingewiesen haben, dass römische Klientelstaaten nicht unbedingt ihre ursprünglichen Eigeninteressen aufgaben, sobald Rom ihnen einen Platz in der römischen Ordnung zugewiesen hatte. Wie gut das System allerdings auch wieder funktionieren konnte, zeigen doch einige, ziemlich reibungslose und unauffällige „Abschaffungen“ vormaliger Klientelstaaten, wenn Rom sie in Provinzen umwandelte. Gerade im hellenisierten Osten funktionierte dieses römische Modell ausgesprochen häufig sehr gut.
 
Du kannst das Problem auch in der Entstehung der römischen Provinzen und in der Ausweitung des Bürgerrechts, sowie der Freilassung von Sklaven suchen.
Im Gegensatz zu den Ansiedlungen in Italien wurde in den Provinzen nicht mehr gutes Land in dem Maße für Römer abgezweigt, die hatten jetzt andere Methoden ihren Vorteil zu sichern. Diese Kolonisierung mit armen Leuten setzt dann mit Cäsar und Augstus wieder ein, doch gibt es auch immer mehr Römer und viele davon arm, so dass es mehr arme Römer gibt die dann in ihre tolle Stadt gehen, wo sie maximalen politischen Einfluss haben um ein besseres Leben zu erzielen.
 
...doch gibt es auch immer mehr Römer und viele davon arm, so dass es mehr arme Römer gibt die dann in ihre tolle Stadt gehen, wo sie maximalen politischen Einfluss haben um ein besseres Leben zu erzielen.

Kannst Du den Satz bitte mal so erläutern, daß man ihn auch versteht! Was ist denn maximaler politischer Einfluß?
 
Er meint wohl, dass sie nur in Rom effektiv ihre politischen Rechte ausüben konnten - und dort somit von den Spielen, Wahlgeschenken, Bestechungen etc. der Kandidaten profitierten.
 
Wenn ich seinen Text recht verstehe, ist er da in der Kaiserzeit. Und da ist nicht mehr so viel los mit politischer Teilhabe der Plebs, wenn man mal von allgemeinen Stimmungströmungen, die sich im Circus äußern konnten, absieht.
 
Zurück
Oben