Hätte die NSDAP überlebt wenn, Hitler 1923 seinen Verletzungen erlegen wäre?

In Deutschland verhungerten damals Menschen auf den Straßen, viele Menschen begingen aus Verzweiflung Selbstmord.
Und die Deutschen wählten das nicht weil sie braun und böse waren, sondern weil sie nichts zu essen hatten und viele jeden Tag schon morgens überlegen mussten, woher die nächste Mahlzeit kommen sollte.
Hätten diese Menschen eine Arbeit und genug zu essen gehabt, hätten sie auch anders gewählt.
Es kam nur durch diese Armut der Wunsch nach autoritärer Führung auf, und womöglich vermissten viele Menschen ja das Kaiserreich, in dem sie aufgewachsen waren, auch diese Sehnsucht nach einer Führungsgestalt wie dem Kaiser, war ja durchaus in weiten Teilen der Gesellschaft vorhanden
Ich glaube, dass in Deutschland der Kaiserkult damals durchaus ähnlich war wie heut ein England mit dem Royals, für die Leute war der Kaiser vor dem Krieg etwas Verehrungswürdiges, so stelle ich mir das zumindest vor, dass sie an Feiertagen alle auf den Straßen waren, um dem Kaiser zuzujubeln, ich habe auch Fotos gesehen, das erinnert sehr daran, wie sehr die Engländer heute noch ihre Royals feiern.
Womöglich, so vermute ich, vermissten viele jemanden den sie anbieten und feiern konnten, und als dann einer da war, der ihnen auch noch Brot und Arbeit versprach dachten sie sich: "Vielleicht wird es ja dann wieder wie vor dem Krieg mit dem Kaiser, da ging es uns doch gut."
Wenn ich Fotos von vielen jubelnden Menschen sehe, und dass es viele Statuen für den Kaiser gab, hat man schon den Eindruck, dass er im Leben der Menschen einen hohen Stellenwert hatte.
Und vielleicht gab es auch deswegen bei den Engländern trotz großer Armut keine Diktatur, sie sahen ihre Königsfamilie, auch wenn die keinerlei Regierungsmacht hatten, als eine Art Vorbild und Führung.
Ich frage mich, ob Hitler verhindert worden wäre, wenn damals Kaiser Wilhelms ältester Sohn(den Kaiser selbst hätte man ja nicht mehr einsetzen können) als Kaiser eingesetzt worden wäre, ob dann die Menschen auch Hitler so hinterhergelaufen wären oder sich eher den neuen Kaiser als Leitfigur ausgesucht hätten.
 
In Deutschland verhungerten damals Menschen auf den Straßen
Ist das so? Kannst du das belegen? Im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien gab es in Deutschland bereits seit 1927 eine Arbeitslosenversicherung. Bereits seit 1918 gab es im Rahmen der Erwerbslosenfürsorge Unterstützungen durch die Kommunen. Hinzu kamen nicht-staatliche Hilfen, wie z.B. Suppenküchen. Die staatlichen Leistungen waren nicht üppig, aber immerhin mehr als in Ländern, die dann keine faschistische Diktatur an die Macht brachten.

Ich frage mich, ob Hitler verhindert worden wäre, wenn damals Kaiser Wilhelms ältester Sohn(den Kaiser selbst hätte man ja nicht mehr einsetzen können) als Kaiser eingesetzt worden wäre, ob dann die Menschen auch Hitler so hinterhergelaufen wären oder sich eher den neuen Kaiser als Leitfigur ausgesucht hätten.
Eher nicht. Mit Hindenburg hatte man ja einen "weisen Ersatz-Kaiser" als Präsidenten. Wenn man wirklich einen Kaiser hätte einsetzen wollen, wieso wäre dann deiner Meinung nach Willi Zwo nicht möglich gewesen, sein Sohnemann hingegen schon?
 
Zuletzt bearbeitet:
Da hätte es so oder so Diktatur gegeben, wenn nicht mit Hitler, dann mit irgendeinem anderen, der den Menschen bessere Zeiten mit Arbeit und Brot verspricht.

Neben dem Einwand, dass es andere Staaten in ganz ähnlichem Maße traf, die sich dann aber nicht in eine Diktatur wandelten, könnte man hier durchaus einwänden, dass das Krisenjahr 1923 in mancherlei Hinsicht noch härter war als die Situation der Weltwirtschaftskrise 1929 und folgend, insofern die Inflation sämtliche Ersparnisse der Bevölkerung auffraß und hier selbst diejenigen, die Arbeit hatten ihre Schwierigkeiten damit hatten über die Runden zu kommen, weil sich der Kurs der Mark binnen eines Monats so weit verschlechtern konnte, dass das Gehalt vom Vormonat nicht mehr hinreichte.
Insofern es damals noch kein umlagefinanziertes System gab, war die Inflation auch im Hinblick auf die Rentenn für die nicht mehr arbeitsfähige Bevölkerung ein Riesenproblem.
Trotzdem kippte dabei das System nicht und der im November des selben Jahres putschierende Hitler fand damals keine größere Annhängerschaft.

Ganz so einfach das man Hitler mit "die Zeiten waren schlecht" erklären könnte ist es nun nicht.
 
In Deutschland verhungerten damals Menschen auf den Straßen
Eigenntlich nicht.

Es gab eine Massenverelendung, das ist richtig, aber so weit dass die Menschen in größerer Zahl verhungert wären, ging das durchaus nicht.
Im Übrigen, folgt man Falters Studie zu Hitlers Wählerschaft, dann waren die Erwerbslosen auch nicht diejenigen, die in ihrer Masse Hitler wählten, sondern das waren Diejenigen, die sich tendenziell an den Kommunisten orierentierten, während die Wählerschaft Hitlers sich weitgehend aus dem Kleinbürgertum, dem Handwerk und bäuerlichen Millieus rekrutierte, bei denen die Weltwirtschaftskrise überhaupt nicht in dem Maße durchschlug, wie bei der Industriearbeiterschaft.

Es kam nur durch diese Armut der Wunsch nach autoritärer Führung auf
Autoritäre Führung gab es In Deutschland, seit anstatt auf Basis von Parlamentsbeschlüssen auf Basis von Präsidialkabinetten und Präsidialverordnungen regiert wurde oder anders ausgedrückt, seit Brüning, dafür brauchte man keinen Hitler.
Im Übrigen zeigt die nicht vorhandene Popularität der von Hindenburg eingesetzten Kanzler Brüning, v. Papen und v. Schleicher, dass die Bevölkerung mit dieser Form autoritären Regierens offensichtlich nicht besonders glücklich war.

Ich glaube, dass in Deutschland der Kaiserkult damals durchaus ähnlich war wie heut ein England mit dem Royals
Wenn dem so gewesen wäre, warum wirtschaftete dann die DNVP als die Partei, die für das alt Preußen und ggf. die Rückkehr zur Monarchie stand bis 1932 auf deutluch < 10% ab?

Ich frage mich, ob Hitler verhindert worden wäre, wenn damals Kaiser Wilhelms ältester Sohn(den Kaiser selbst hätte man ja nicht mehr einsetzen können) als Kaiser eingesetzt worden wäre, ob dann die Menschen auch Hitler so hinterhergelaufen wären oder sich eher den neuen Kaiser als Leitfigur ausgesucht hätten.

Der Ruf des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm war noch schlimmer als der seines Vaters, weswegen er schon 1918 nach der Abdankung von Wilhelm II. als möglicher Nachfolger ausgeschlossen wurde, selbst von denjenigen, die für die Beibehaltung der Monarchie waren.
 
In Deutschland verhungerten damals Menschen auf den Straßen, viele Menschen begingen aus Verzweiflung Selbstmord.

Die Zahl der Suizide wuchs tatsächlich, immer wieder berichteten Zeitungen darüber, aber es ist in Deutschland nach dem Weltkrieg keiner verhungert. Die Hungersnot 1916/17, 1018/19 war eine Folge der Blockade im 1. Weltkrieg.

Und die Deutschen wählten das nicht weil sie braun und böse waren, sondern weil sie nichts zu essen hatten und viele jeden Tag schon morgens überlegen mussten, woher die nächste Mahlzeit kommen sollte.
Hätten diese Menschen eine Arbeit und genug zu essen gehabt, hätten sie auch anders gewählt.
Es kam nur durch diese Armut der Wunsch nach autoritärer Führung auf, und womöglich vermissten viele Menschen ja das Kaiserreich, in dem sie aufgewachsen waren, auch diese Sehnsucht nach einer Führungsgestalt wie dem Kaiser, war ja durchaus in weiten Teilen der Gesellschaft vorhanden

Nach einer charismatischen Führerpersönlichkeit vielleicht, ganz sicher aber nicht nach Willi 2, "Little Willi" oder "Auwi". Die taugten nur noch als nützliche Idioten und Wahlhelfer für die Nazis.

Über den Kaiser wurde hinter vorgehaltener Hand viel gelächelt, und es wurde selten eine Persönlichkeit geistreicher verspottet. Es gab Majestätsbeleidigungsprozesse, die machten aber die Angeklagten oft zu Helden des Tages, Ludwig Quidde hatte in den 3 Monaten Stadelheim, die er tapfer abgesessen hat, viel Spaß, und mit etwas Vorsicht konnte man effektiv Kritik üben. Sicher die Berliner zogen die Hüte, wenn er wie ein Faschingsprinz mit seinen Söhnen zur Kirche schritt. Aber die Menge wäre auch einem Wanderzirkus hinterhergelaufen.

Die Monarchie hatte sich gründlich diskreditiert, der Kaiser hatte sich beiseite drängen lassen, spätestens mit dem Kommando der 3. OHL, dem Duumvirat Ludendorff-Hindenburg war Deutschland de facto eine Militärdiktatur. Spätestens 1918 hatte man Wilhelm gründlich satt. Der Kronprinz hatte sich ebenfalls diskreditiert, er warf sich den Nazis an den Hals, mit mehr Würde, als "Auwi" August Wilhelm", aber die Hohenzollern hatten ihren Kredit längst verspielt. 1918 gab es nur eine Persönlichkeit, der ein ernsthafter Kandidat gewesen wäre, und das war Kronprinz Rupprecht von Bayern, das wäre aber ein Dynastiewechsel gewesen.

Hindenburg wurde als Galionsfigur zur einer Größe und als ein Ersatzkaiser stilisiert, die in keiner Weise seinen tatsächlichen Fähigkeiten entsprach. Die Pläne für Tannenberg worauf sich sein Ruhm gründete, hatten Ludendorff und Max Hofmann ausgearbeitet. Hofmann sagte boshaft: "Der Kerl ist ein gar zu trauriger Patron, selten ist jemand mit geringerem körperlichen und geistigen Einsatz berühmt geworden. Er zeigte einigen Militärs das Schlachtfeld von Tannenberg und erläuterte die Operationen. Dann sagte er gewichtig: "Dort hat seine Exzellenz von Hindenburg am Tag vor der Schlacht geschlafen. Und dort hat seine Exzellenz von Hindenburg am Tage nach der Schlacht genächtigt, und dort (er deutete auf das Stabsquartier) hat seine Exzellenz während der Schlacht geschlafen.
 
Hier sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die oft gescholtene bayerische Landespolizei, damals gute Arbeit geleistet hat. Etliche der Möchtegernputschisten erhielten als Lohn für ihre Mühen, eine Karabinerkugel. Was kein Verlust war.

Immerhin hat sie ihren Job gemacht und hat auf die Putschisten geschossen. Ganz selbstverständlich war das nicht, denn in der Polizei saßen einige Brüder im Geiste.

Ein guter Job? Hochrangige Vertreter der bayrischen Landespolizei waren ja selbst am Putsch beteiligt. Zum Beispiel der Polizeipräsident von München Ernst Pöhner. Im Prozess sagte er aus, er habe bereits seit Jahren auf einen Putsch hingearbeitet. Ein weiterer Teilnehmer war Wilhelm Frick, der spätere Innenminister. Frick hatte Hitler über Pöhner kennengelernt und hatte die NSDAP bei Plakatanschlägen unterstützt. Frick verhalf einem Freikorps-Mann, der nachweislich Morde begangen hatte zur Flucht. Er sorgte während des Putschs dafür, dass die Landespolizei untätig blieb und die Vertreter des Polizeipräsidenten nicht informiert wurden.
 
Ein guter Job? Hochrangige Vertreter der bayrischen Landespolizei waren ja selbst am Putsch beteiligt.

Man könnte dem sicherlich auch hinzusetzen, dass die Landespolizei auch so überhaupt nichts gegen entsprechende Putschvorbereitungen unternahm, so lange diese noch als Projekt der Herren Seißer, Kahr und Lossow liefen.
Was sich in München und Umgebung in dieser Richtung abspielte war ja durchaus bekannnt und ein Ernst Röhm, der aus seine Position in der Reichswehr heraus die Bewaffnung der Extremisten unterstützte, als "Maschinengwehrkönig von München" berühmt-berüchtigt.
Unternommen wurde dagegen nichts.

Wahrscheinlich hätte sich die Landspolizei auch insgesamt vollständig passiv verhalten, wäre es nicht zum Zerwürfnis zwischen Hitler und den anderen potentiell putschistischen Gruppen gekommen und hätte in der Folge Hitler nicht die Sache an sich gerissen.

Hindenburg wurde als Galionsfigur zur einer Größe und als ein Ersatzkaiser stilisiert, die in keiner Weise seinen tatsächlichen Fähigkeiten entsprach.
Aber braucht eine Galionsfigur unbedingt Fähigkeiten?
Letztendlich besteht ihre Hauptaufgabe doch mehr darin Projektionsfläche für die Wünsche und Sehnsüchte des Publikums zu sein, als in irgendetwas anderem.
 
Wenn es nicht Hitler gewesen wäre, dann ein anderer. Wäre er gestorben, hätte irgendein anderer die Gelegenheit genutzt und sich irgendwann zum Diktator machen lassen.
Hitler kam ja nicht an die Macht weil er besonderes Charisma hatte (er sah weder gut aus noch war er sympathisch) oder weil er besonders klug war, er kam an die Macht, weil es eine Zeit der sozialen Verwerfungen war. Ohne den großen Börsencrash von 1929 würde heute wohl niemand den Namen Hitler kennen, und er wäre ein nicht ernst genommener kleiner Bierkellerhetzer geblieben. An die Macht konnte er nur durch den Crash und dessen Folgen kommen. Wäre er 1923 umgekommen, wäre, so vermute ich Himmler derjenige gewesen, der Hitlers Platz eingenommen hätte. Wäre Hitler nie geboren worden, wäre ein anderer der brutale Diktator geworden. Es waren die Zeitumstände, da hätte jeder kleine Bierkellerhasspreder ein Diktatur werden können, hätte es Hitler nicht gegeben, wäre es ein anderer geworden.

Ob die NSDAP ohne H. eine Rolle gespielt hätte, wissen wir ebensowenig, wie, ob wir ggf. immer noch in der Weimarer Republik leben würden. Sicherlich wäre Antisemitismus in Dtld. gesellschaftlich akzeptierter - das eine Extrem ist es, alles auf Hitler zu schieben, das andere, ihn als den zu sehen, der quasi zufälligerweise Führer und Diktator war und in dieser Rolle kaum Einfluss auf den Lauf der Geschichte nahm.
Die Stimmungen in der Bevölkerung und die Empfänglichkeit für manche Themen, die gab es, so wie es auch heute Stimmen und Themenempfänglichkeiten gibt. Vielleicht hätte die NSDAP ohne H. ebenfalls die Macht erobern können. In einem solchen Fall hätte es vielleicht sogar die wilden KZs der frühen Nazizeit gegeben, wenn die SA nach dem gescheierten Putsch dieselbe Entwicklung genommen hätte, wie in der tatsächlichen Geschichte mit einem lebenden H. Aber ob es die sich stetig radikalisierende Entrechtung der Juden gegeben hätte, die in der Reichspogromnacht und den ihr folgenden Monaten gipfelte und ob es einen von Dtld. angezettelten Krieg gegeben hätte, in dessen Zuge der Zivilisationsbruch der Shoa umgesetzt wurde, den viele Zehntausend Menschen unterstützten, das ist doch fraglich. Es ist stets der Regierungschef, der die Marschrichtung vorgibt.
 
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