Handschriften aus der Frühen Neuzeit

Coligny

Mitglied
Hallo zusammen,

ich befinde mich zur Zeit in einem Seminar, das sich inhaltlich im Zeitalter der Glaubensspatung bewegt. Der Dozent möchte, dass wir für Referat und Hausarbeit auch handschriftliche Quellen aus dem Archiv auswerten.
Ich habe sowas noch nie zuvor gemacht und meine ersten Versuche, einzelne Wörter, geschweige denn ganze Sätze zu entziffern, waren sehr ernüchternd.
Ich sehe da gleich mehrere Probleme:
1) Die Buchstaben sehen teilweise völlig anders aus als unsere heutigen Buchstaben.
2) Selbst innerhalb einer Schrift unterscheiden sich die Buchstaben zum Teil gravierend.
3) Viele der benutzten Wörter sind mir schlichtweg unbekannt oder die Rechtschreibung weicht völlig von der heutigen Rechtschreibung ab.
4) Zu guter Letzt natürlich noch das Problem der Leserlichkeit der Handschrift. Habe ja schon teilweise Schwierigkeiten, Handschriften von meinen Kommilitonen zu lesen.

Angesichts dieser Schwierigkeiten kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, dass ich solche Schriftstücke innerhalb der nächsten Wochen entziffern kann.
Falls hier jemand Tipps hat, wie ich das Lesen dieser Handschriften möglichst effektiv lernen kann, wäre ich sehr dankbar.
 
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Angesichts dieser Schwierigkeiten kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, dass ich solche Schriftstücke innerhalb der nächsten Wochen entziffern kann.
Falls hier jemand Tipps hat, wie ich das Lesen dieser Handschriften möglichst effektiv lernen kann, wäre ich sehr dankbar.

@Coligny

Da kann man Dir aus der Ferne nur schwer helfen. Nachstehend zwei Tipps:

ad 1) Die Texte scannen und hier einstellen.

ad 2) Die Bibliotheken, insbesondere die Bibliotheken der benutztn Archive, nach Quelleneditionen durchsuchen, ob die Quelle editiert wurde, da findest Du gemeinhin auch eine Transkription des jeweiligen Quellentextes.

Generell gilt bei derartigen Quellen, je Ereignungsmächtiger der jeweiligen Quellentext ist, desto eher findest Du eine Quellenedition (Bsp. Reichstagsabschiede wirst Du eher in einer Quellenedition finden, als den hinterlegten Vertag eines Kaufmannes mit einer Gemeinde).

M.
 
Hallo zusammen,

ich befinde mich zur Zeit in einem Seminar, das sich inhaltlich im Zeitalter der Glaubensspatung bewegt. Der Dozent möchte, dass wir für Referat und Hausarbeit auch handschriftliche Quellen aus dem Archiv auswerten.
Ich habe sowas noch nie zuvor gemacht und meine ersten Versuche, einzelne Wörter, geschweige denn ganze Sätze zu entziffern, waren sehr ernüchternd.
Ich sehe da gleich mehrere Probleme:
1) Die Buchstaben sehen teilweise völlig anders aus als unsere heutigen Buchstaben.
2) Selbst innerhalb einer Schrift unterscheiden sich die Buchstaben zum Teil gravierend.
3) Viele der benutzten Wörter sind mir schlichtweg unbekannt oder die Rechtschreibung weicht völlig von der heutigen Rechtschreibung ab.
4) Zu guter Letzt natürlich noch das Problem der Leserlichkeit der Handschrift. Habe ja schon teilweise Schwierigkeiten, Handschriften von meinen Kommilitonen zu lesen.

Angesichts dieser Schwierigkeiten kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, dass ich solche Schriftstücke innerhalb der nächsten Wochen entziffern kann.
Falls hier jemand Tipps hat, wie ich das Lesen dieser Handschriften möglichst effektiv lernen kann, wäre ich sehr dankbar.

Am Anfang kann es einen schon erschlagen, zumal sie es euch offenbar nicht leicht machen und euch bei Texten aus der Frühzeit der deutschen Schreibschrift ins "kalte Wasser" werfen.

Gut zum Üben ist folgendes Werk:
Dülfer, Kurt u. [SIZE=+1]Korn, Hans-Enno[/SIZE]: Schrifttafeln zur deutschen Paläographie des 16.-20. Jahrhunderts.
Bearbeitet von Karsten Uhde,
12. Aufl. 2007, 184 S., 50 Tafeln
ISBN 978-3-923833-79-5
30,80 €

weil dort neben zahlreichen Schriftdokumenten besagter Zeitstellung auch die vollständigen Transkriptionen enthalten sind.

Da ich damit häufig zu tun habe, habe ich selbst mal ein paar Tipps niedergelegt. Vorab: am Anfang braucht man vor allem Geduld. Und dann:

1. Nicht zu lange an einem Stück festbeißen: persönlich finde ich, dass Transkription am Anfang von der Konzentrationsleistung ähnlich anstrengend sein kann wie ein anspruchsvolles Schachspiel, weswegen man die Sache nach 1-2 Stunden maximal sacken lassen sollte (kommt natürlich auch auf Textlänge an).

2. Die Unterschiede zur heutigen Schreibschrift identifizieren: euer Dozent hat euch hoffentlich ein Alphabet mit den Schriftzeichen des 16. Jahrhunderts in der deutschen Schrift gegeben. Setze dich hin und "lerne" vor allem erst mal die Buchstaben, die sich deutlich von ihren heutigen Gegenstücken unterscheiden; darunter fällt etwa charakteristisch das kleine "h". Dies hilft dabei, bei schwierigen Buchstaben eine Art Ausschlussverfahren vorzunehmen.

3. Von hinten nach vorne lesen (bei den Wörtern): durch eine bestimmte grammatische Eigenheit des Deutschen kommt man häufig schneller voran, wenn man knifflige Wörter von deren Ende her auflöst. Die Endungen sind sich nämlich ähnlicher als die Wortanfänge, und man gewinnt rasch einen Blick für die verschiedenen Endsilben.

4. Buchstaben abdecken: oft ist es nicht ganz ersichtlich, wann ein Buchstabe anfängt, und ein anderer aufhört. Es kann dann sinnvoll sein, mit Papierstreifen etc. die Buchstaben abzudecken, die man schon identifiziert hat.

5. Auflösen, nicht raten: viele Fehler macht man, wenn man damit beginnt, die Wörter nach Gefühl oder weil sie in Teilen ans heutige Schriftbild erinnern, aufzulösen. Gerade am Anfang sollte man Buchstabe für Buchstabe vorgehen.

6. "Nachzeichnen": gerade wenn man ein Alphabet schon etwas kennt, kann es hilfreich sein, schwierige Wörter auf einem Notizzettel selbst nachzuschreiben; man bekommt ein Gefühl für die Linienführung und so fallen einem dann manche Buchstaben ein.

Hoffe, etwas geholfen zu haben.
 
Danke für Eure Beiträge! :)

@Melchior: Ja, wenn es zu den handschriftlichen Quellen Quelleneditionen gibt, wäre das natürlich ideal. Andererseits weiß ich nicht, was der Dozent davon hält, wenn man die Transkription einfach aus einem Buch abschreibt. Auch die Idee mit dem Einscannen ist gut. Sollte ich es selbst nicht hinbekommen, wären deine Tipps mein Notanker.

@El Quijote: Da ich mitten im Semester bin, ist das für dieses Semester leider nicht mehr möglich. Grundsätzlich wäre es aber sicherlich optimal, parallel dazu eine paläographische Übung zu besuchen. Vielleicht ergibt sich im weiteren Verlauf des Studiums die Möglichkeit.

@Ashigaru: Ja, wir wurden so ziemlich ins "kalte Wasser" geworfen. Vielen Dank für die Tipps! Dein empfohlenes Werk werde ich mir bei Gelegenheit mal in der Bibliothek anschauen.
 
Hallo zusammen,
ich mache Fortschritte und kann schon relativ viele Wörter entziffern. Von der eigenständigen Transkription eines kompletten Textes bin ich aber noch weit entfernt.
Da ich dem Dozenten bald eine transkribierte Quelle vorlegen muss, würde ich gerne die Hilfe in Anspruch nehmen, die mir hier schon angeboten wurde.
Mag den Text hier nur ungern einstellen, daher folgender Vorschlag: Wer mir helfen mag, kann sich hier oder per PN bei mir melden. Würde den Originaltext und meine Transkription (soweit ich es geschafft habe) dann per PN (falls möglich), alternativ auch per Mail schicken.
 
Update: Es läuft immer besser. Mein Hauptproblem sind frühneuzeitliche Wörter, die heute nicht mehr verwendet werden. Weiß jemand, ob es ein Wöterbuch gibt, wo solche Begriffe übersetzt werden?
 
Das FWB z.B., das Frühneuhochdeutsche Wörterbuch. Aber auch in Rechtswörterbücher einen Blick zu werfen könnte lohnend sein. Teilweise findest du solche Wörterbücher in den Bibliotheken der historischen Seminare, oder in der Germanistik, je nach UB auch dort, dann vermutlich im Präsenzbestand des Lesesaals.
 
Update: Es läuft immer besser. Mein Hauptproblem sind frühneuzeitliche Wörter, die heute nicht mehr verwendet werden. Weiß jemand, ob es ein Wöterbuch gibt, wo solche Begriffe übersetzt werden?
Also ich kann nur den Oberländer empfehlen. Hier findet man mit ein bisschen Gespür alle Erklärungen, sowohl lateinischer als auch deutscher Rechtsbegriffe.*
Das Buch (Reprint) ist zwar meines Wissens nur schwer antiquarisch zu bekommen, dürfte aber in den meisten Unibibliotheken zu finden sein.

* Samuel Oberländer: "Lexicon Juridicum Romano-Teutonicum" (1753) Böhlau, 2000
 
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