Heidnische Urteile über das Christentum

zu den Theologischen Streitigkeiten gehörte u.a. das Gottesbild, dabei ging es weniger um die Frage nach dem platonischen Gott vs. einem Theistischen Gottesbild, da hatte ich unrecht, sondern 1. um den Anspruch des Universalismus gegen Heilsexklusivität und 2. um die konkrete Fleischwerdung Gottes.

das haben eigentlich alle paganen Apologeten (eigentlich eher "Ankläger!) gemeinsam, der Paganismus der Philosophen und Politiker ist eine universalistische Religion, in jedem Gott kann das höchste verehrt werden, selbst wenn man einen niederen Dämon verehrt verehrt man in ihm auch das unbeschreibliche Höchste, deshalb kann ein Philosoph wie Celsos in dem christlichen Gott Chronos oder Zeus wiedererkennen ebenso wie er in Zeus Ammon oder Sabazios wiedererkennt. Der Zeus-Helios des Julian ist eine Symbolfigur für den höchsten Demiurgen, die erste persönliche Emanation des allerhöchsten gestaltlosen und unbeschreiblichen "Nous" ...

Christen wie Origenes aber lehnen es strikt ab ihren Gott mit anderen Göttern zu identifizieren und lehnen jede Form von "Dämonenverehrung" und Idolatrie streng ab.

Darüberhinaus, sehen Philosophen wie Celsus oder Porphyrios es als verfälschung der platonischen Ideenlehre an, wenn die Christen dem höchsten Gott charaktereigenschaften zuschreiben die menschlich sind, besonders der eifersüchtige alttestamentarische Gott wird dem grossmütigen Zeus gegenübergestellt, durch das in ihren Augen negative Gottesbild der Christen wird eine falsche Moral transportiert, die verfleischlichung des höchsten Gottes wird bestritten da ein solcher herabstieg im Prinzip die Heilsvorstellungen der Philosophen umkehrt, die vielmehr den Menschen durch ethische vervollkommnung zum Gott AUFSTEIGEN lassen wollen. Jesus Christus wird anderen Gottmenschen und Göttersöhnen wie Askleipios, Herakles, Dionysos etc. gegenübergestellt...

2. wie bereits angeklungen sah Celsus vor allem in den Christen eine sittliche Gefahr, das komplette Selbstbild der römischen Welt hing vom politischen Kult ab, der die administrative und moralische Ordnung aufrecht erhielt... die Tradition musste gewahrt werden und die Gesetze eingehalten, die Christen mit ihrer Verweigerungshaltung waren eine Gefahr für das Imperium, wenn der Kult nicht korrekt ausgeführt wurde hatte dieses in den Augen der Paganen direkte desaströse Auswirkungen auf das politische Geschick, und daher war jeder der die "Religio" störte eine potentielle Gefahr für die allgemeinheit... ähnlichkeiten bestehen durchaus zum Dharma und Karma der Hindus!

Aber gleich vorweg:

Christen waren durchaus bereit sich dem Staatskult anzunähern, es gab immer wieder Phasen der Anpassung, es gab öffentliche Gebete zum Wohl des Kaisers und des Staates, es gab Synkretismen mit dem Paganismus, z.B. Bischöfe die nichts dabei fanden nebenher auch Athene oder Pollux zu verehren. Und christliche Intellektuelle näherten sich dem Neuplatonismus an... auch wenn neuplatonische Hardliner darin verfälschung der "wahren Lehre" sahen gab es Austausch und auch immer wieder Phasen der gegenseitigen Akzeptanz.

Julian war kein Christenverfolger sondern war, trotz seiner Kritik am Christentum, eher "tolerant", ebenso aber waren seine christlichen Nachfolger noch recht tolerant gegenüber dem Paganismus

Es gab zwar immerwieder Christenverfolgungen und Heidenverfolgungen, das waren aber eher von der Obrigkeit tolerierte Ausbrüche des "Volksmobs" als gezielte Vernichtungsversuche, ab dem 2. Jahrhundert waren die Christen weitestgehend toleriert...

der Paganismus war noch bis ins 6. Jahrhundert in weiten Teilen des Imperiums sehr verbreitet und Lebendig.

Man muss sich sowieso fragen in wie weit die Auseinandersetzungen der Intellektuellen auswirkungen auf die normalen Gläubigen hatten oder für die alltägliche Coexistenz stellvertretend gesehen werden können...
 
Man muss sich sowieso fragen in wie weit die Auseinandersetzungen der Intellektuellen auswirkungen auf die normalen Gläubigen hatten oder für die alltägliche Coexistenz stellvertretend gesehen werden können...
Erstmal Dank für die Zusammenfassung! :winke: Die Literatur zum Thema ist schier unübersehbar, ich ergänze nur zwei Titel, die zur Hand sind:
- Rudolf Hernegger: Macht ohne Auftrag. Die Entstehung der Staats- und Volkskirche.
- Carl Schneider: Geistesgeschichte des antiken Christentums (2 Bände).

Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen, wie heterogen der "nichtchristliche" Teil der Bevölkerung zusammengesetzt war [1], der ja bis ins 4. Jahrhundert hinein im römischen Reich 95 % (oder mehr oder weniger? - Zahlen fehlen) darstellte: Es waren Anhänger
1. des jüdischen Glaubens
2. der hellenistischen Philosophie (in ihren verschiedenen Strömungen)
3. des römischen Staatskultes
4. Naturreligionen jedweder Art

a) Wer diskutierte mit wem? Man könnte anzunehmen, dass die ersten Diskussionen zwischen Vertretern der beiden Schriftreligionen stattfanden. Die (erste?) Überlieferung nennt Justin, der einen Dialog mit dem Juden Tryphon führt. Allerdings nicht voraussetzungslos - Justin "war durch alle philosophischen Schulen seiner Zeit gegangen und gelangte so von der Stoa über verschiedene Stufen zum Platonismus, bis er endlich, vom Leben und Sterben der Christen angezogen, die Christentum 'die wahre Philosophie' entdeckte" - als "erster Philosoph, der christlich wurde" (Hernegger, S. 37).

b) Wer war "intellektuell" in der Lage? Eine These, die noch hin und wieder vertreten wird, lautet: Die Anhänger des Christentums waren fast ausschließlich Menschen mit geringer Bildung, die aus den unteren Bevölkerungsschichten stammten. Schneider (Bd. 1, S. 693) hält das für erwiesenermaßen falsch, macht allerdings auf einen "viel zuwenig beachteten Gegensatz" aufmerksam, der das Neue Testament durchzieht: "Jesus und seine unmittelbaren Schüler sind Handwerker und die synoptischen Religionen vertreten die Gattung der 'Volksliteratur'. Paulus und Johannes aber setzen eine sehr hohe Bildung voraus" (S. 717).

c) Welche Auswirkungen hatte die Diskussion der "Gebildeten" auf die "Ungebildeten? These: eine sehr geringe, weil die Basisannahmen des Christentum in der Frühzeit noch recht elementarer Art waren und auf "einfache" Anpassungsleistungen abzielten - die Dogmatisierung bzw. Errichtung eines imposanten philosophischen Gedankengebäudes mit all seinen Untiefen kam ja erst später.


[1] Der alle Unterschiede nivellierende Paganismus-Begriff wurde frühestens eingangs des Mittelalters geprägt und seitdem synonym mit Heidentum verwendet (vgl. Wikepedia).
 
diese heterogenität...

die Römer unterschieden manchmal zwischen Juden und Christen, manchmal subsummierten sie die eine Richtung unter der anderen... Porphyrios z.B. bezieht sich in seiner Christenkritik fast nur (nur?) aufs alte TestamentAber das ist natürlich auch eine Frage der Zeit, im 3. und 4. Jhd. waren die Christen wesentlich vielzähliger als die Juden, in der frühphase war das noch umgekehrt.


Was diese Heterogenität des Paganismus angeht...

die war eigentlich durch den Staatskult geregelt...

die "Naturreligionen" waren der Volksglaube der italischen Bauern und die provinzialischen Kulte, die wurden allesamt von der Staatsreligion reguliert (was man daran sieht wie es einem Kult erging der aus dem Ruder geriet z.B. dem Dionysoskult oder politisch gefährlich wurde wie die Druiden), die wichtigen hohen Priesterämter der Römer waren allesamt
Staatsbeamte...

d.h. der Staat regelte schon die offiziellen Opfer des Staates, in der Hauptstadt Rom aber auch in den Provinzen.Daneben gab es noch den privaten häuslichen Kult, der lief aber bei den Römern auf Ahnenverehrung und private Götter hinaus.. nichts das mit dem Staatskult oder der Philosophie nicht zu vereinbaren gewesen wäre...

Und die Philosophie diente den Intellektuellen als ideologischer Überbau des offiziellen Kulten wie des privaten.

Überhaupt sehe ich dieses auf und ab des Christentums und die Schriften der Apologeten durchaus in römischer Tradition...

es war eigentlich ganz normal dass ein Herrscher seine persönliche Gottheit besonders förderte, so förderten Cäsar und seine Nachfolger den Venuskult, Elagabal eben den Elagabalus und Constantin hing eventuell einer Symbiose aus Christentum und Sol Invictuskult an... (er soll zumindest "neutrale" Gebete erfunden haben die sowohl seine christlichen als auch seine heidnischen Soldaten problemlos mitbeten konnten).

Ebenso war es eine Tradition der Philosophen sich Polemiken und Apologien zu schreiben... z.B. gab es Polemiken gegen die Stoa und den Epikureismus, und Senecas Verteidigung des Epikureismus z.B. sehe ich eigentlich auch als Apologie an...

Origenes vs. Celsus etc. sehe ich eigentlich in dieser Tradition...
 
Mir fällt dazu momentan Paulus ein. Kurz: Den Ephesern ist er mächtig auf den Sack gegangen mit seinen Hetz Tiraden.

Ist auch eine gute Quelle wie Abseits von den Gelehrten das einfache Volk mit den fanatischen Missionaren des sehr frühen Christentums umging.
 
naja andererseits ist das Schicksal gewisser Philosophinnen ein Beispieldafür wie das einfache christliche Volk mit nicht bekehrungswilligen Promis umging...
 
Zurück
Oben