Heilige zu Beginn meist Bischöfe ...

Für die Anfangszeit der Kirche ist das schlicht falsch.
Lies mal das "Martyrologium Romanum".

Ich hab die Eingangsfrage nicht gestellt.
Viele Märtyrer und Heilige der Frühzeit sind nicht existentiell nachweisbar sondern beruhen auf Legenden (mal ein Beispiel: die Heilige Reparata). Heiligenverehrung konnte zudem jederzeit und überall stattfinden. Eine Heiligsprechung gab es damals noch nicht. Die ersten nachweisbaren Heiligsprechungen finden im 9. Jahrhundert statt (Bathilde und Lullus). Ich nehme an, dass die inflationäre Heiligenernennung durch Papstentscheid eingedämmt wurde.
 
Politische Macht erlangten Bischöfe eigentlich erst ab der Völkerwanderung, weil hier mit dem Verlust der Schriftlichkeit bei breiten Teilen der Bevölkerung die Kirche das Verwaltungsvakuum ausfüllen musste.
Nein, nein. Die hatten sie schon vorher. Das hängt damit zusammen, dass die Bischofsstühle damals mit den Spitzen der römischen (und auch örtlichen) Aristokratie besetzt wurden. Sie bekamen die Macht nicht als Bischöfe, sondern sie wurden Bischöfe, weil sie Angehörige mächtiger Familien waren. Dieses wiederum war die Folge des Ausschlusses der römischen Aristokratie von der Staatsleitung. Da suchten sie sich einen Ersatz.

Darüber, dass unter den Nicht-Märtyrern der frühen Kirche Bischöfe überproportional vertreten seien, weiß ich nichts. Woher stammt diese Angabe? Aber plausibel ist es schon. Denn man ehrt mit der Heiligenverehrung natürlich Leute, die für die Kirche besonderes geleistet haben, insbesondere in der Aufbauzeit.

Übrigens war die These, dass Märtyrer sofort zur Anschauung Gottes gelangen, Ursache für die Entwicklung des Fegefeuers.

Richtig, und ich habe den Fragesteller aus gutem Grunde gefragt, wann er diesen "Anfang der ersten Heiligsprechungen" ansetzt, weil ich annehmen kann, dass er Heiligsprechungen in der katholischen Kirche meint, und weil im 10. Jh. die Zuständigkeit dafür von den Ortsbischöfen auf die Päpste überging. Deswegen werde ich auf die Rückmeldung von Helmut warten, ehe ich mich zu seiner Frage äußere.
Das stimmt so nicht ganz. Das war ein allmählicher Übergang. Um 1040 wurde noch König Olav der Heilige von Norwegen lokal und ohne Papst zum Heiligen erklärt. Wenn ich recht informiert bin, wurde noch später der schwedische König Erik der Heilige im Zuge der Umsiedlung des schwedischen Erzbistums nach Uppsala lokal zum Heiligen gemacht. Der isländische Heilige Þorlákur (+ 1193, Bischof von Skálholt) wurde von seinem Nachfolger auf die Altäre erhoben. Das Heiligsprechungsmonopol des Papstes setzte sich nur sehr langsam durch.
 
Das stimmt so nicht ganz. Das war ein allmählicher Übergang. Um 1040 wurde noch König Olav der Heilige von Norwegen lokal und ohne Papst zum Heiligen erklärt. Wenn ich recht informiert bin, wurde noch später der schwedische König Erik der Heilige im Zuge der Umsiedlung des schwedischen Erzbistums nach Uppsala lokal zum Heiligen gemacht. Der isländische Heilige Þorlákur (+ 1193, Bischof von Skálholt) wurde von seinem Nachfolger auf die Altäre erhoben. Das Heiligsprechungsmonopol des Papstes setzte sich nur sehr langsam durch.

Ja klar war das ein allmählicher Übergang. Hätte ich eben schreiben müssen: allmählich überzugehen begann (oder so).

Hier ist's recht gut beschrieben.

Beim hl. Bernward von Hildesheim scheint es mit der lokalen Heiligsprechung nicht geklappt zu haben. Warum das fehlschlug, weiss ich leider nicht (würde es aber gerne wissen, falls es hier wer weiss). Der wurde dann im zweiten Anlauf, anscheinend hatte man sich nun gleich an den Papst gewandt, 1192 heiliggesprochen.
 
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In ihren entsprechenden Kirchenkreis übten sie absolute Macht aus. Verfolgtes Martyrium hin oder her.

Das ist so eigentlich niemals richtig gewesen. Selbst während des Mittelalters, als Bischöfe zu Landesherren wurden, übten sie niemals absolute Macht aus. Absolute Macht gab es im MA niemals und nirgends in Europa. Nicht einmal in kirchlicher Hinsicht...

Da wir von frühen Märtyrern und Heiligen sprechen, fällt das MA nicht in unsere Betrachtung, sondern die Zeit des Römischen Reiches. Auch da war die Macht der Bischöfe keineswegs so Besonders groß. Gerade in der Anfangszeit beruhte ihre Macht alleine auf ihrem Charisma und der Art wie sie ihren Glauben lebten, gab es doch keine Organisation mit einer Macht, die ihnen den Rücken stärken konnten. Wer denn auch? Der Papst? An eine besondere Machtstellung des Papstes war noch für Jahrhunderte nicht zu denken!
Auch als das Christentum im Römischen Reich anerkannt (erstmals bei Soldatenkaisern), dann gefördert (Konstantin d. Gr.)- und schließlich die offizielle Staatsreligion (Theodosius I.) wurde, waren die Bischöfe mehr auf ihr Charisma und ihre Persönlichkeit angewiesen, als das eine Organisation ihnen wirkliche Macht gegeben hätte. Wie oft wurden Bischöfe doch von den Kaisern in die Verbannung geschickt! Das beste Beispiel dafür ist Athanasius von Alexandria, der mehrfach gebannt wurde und immer wieder über seinen großen Einfluss eine Macht ausüben konnte, die sogar den Kaisern gefährlich dünkte! Diese Bischöfe stützten sich auf Gruppen denen sie angehörten, oder bei denen sie Einfluss hatten. Von wirklicher Macht keine Spur. Negativ und etwas überspitzt argumentiert könnte man Athanasius unterstellen ein vollendeter Demagoge und Schriftgelehrter gewesen zu sein, doch bestimmt kein absoluter Herrscher!
Athanasius der Große - Wikipedia

Weitere Heiligenlegenden über Bischöfe, wie etwa über den bekannten Nikolaus (von Myra) - DER Nikolaus - sprechen eine ähnliche Sprache über einen charismatischen, äußerst umtriebigen Mann. Auf Details, wie die Rolle von ehemaligen römischen Kurialen die zu Bischöfen wurden, braucht man nicht einzugehen, da dies in der Regel eine Erscheinungsform der römischen Reichskirche war.

Im übrigen gibt es zahlreiche Berichte, wie Gläubige denen ihr Bischof nicht passte, diesen mit Gewalt vertrieben. Besonders im Zusammenhang mit dem Ringen um die Orthodoxie war dies sehr verbreitet.
 
Das ist so eigentlich niemals richtig gewesen. Selbst während des Mittelalters, als Bischöfe zu Landesherren wurden, übten sie niemals absolute Macht aus. Absolute Macht gab es im MA niemals und nirgends in Europa. Nicht einmal in kirchlicher Hinsicht...

In ihrem kirchlichen Kreis den sie vorstanden übten sie absolute Macht aus. Die Leute gingen in die Kirche, um ihnen zuzuhören. Und sie jagten ihn nie zum Teufel, weil sie ihm alles glaubten. Und dafür verehrten.

Wann die allerersten zu Heiligen gemacht wurden ist eh unbekannt, wenn nicht einfach nur eine Legende.
 
In ihrem kirchlichen Kreis den sie vorstanden übten sie absolute Macht aus. Die Leute gingen in die Kirche, um ihnen zuzuhören. Und sie jagten ihn nie zum Teufel, weil sie ihm alles glaubten. Und dafür verehrten.
Gegen ein ordentliches solides Vorurteil hilft die Darstellung von Fakten nichts.
 
In ihrem kirchlichen Kreis den sie vorstanden übten sie absolute Macht aus. Die Leute gingen in die Kirche, um ihnen zuzuhören. Und sie jagten ihn nie zum Teufel, weil sie ihm alles glaubten. Und dafür verehrten.

Och, es kam öfter mal vor, dass die Leute einen Bischof davonjagten, wenn auch nicht gleich zum Teufel. Die Bürger von Asti, einer Diözese, die seit dem 3. Jh. besteht, fällt mir gerade ein, jagten Ende des 11. Jh. einen ihrer Bischöfe davon und wählten einen anderen. Der Verjagte beschwerte sich nicht beim Teufel, sondern bei der weltlichen Regentin Adelheid von Savoyen. Die ließ Asti in Trümmer legen und setzte den verjagten Bischof wieder in sein Amt ein. Ob nun der Verjagte und wieder eingesetzte, oder der gewählte und von Adelheid Verjagte, oder beide heilig gesprochen worden sind, weiss ich allerdings nicht. Vermutlich nicht, denn im Verzeichnis der Bischöfe von Asti sind nur zwei als Heilige ausgewiesen, und die lebten um 600 bzw. 800 herum.
 
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Och, es kam öfter mal vor, dass die Leute einen Bischof davonjagten, wenn auch nicht gleich zum Teufel. Die Bürger von Asti, einer Diözese, die seit dem 3. Jh. besteht, fällt mir gerade ein, jagten Ende des 11. Jh. einen ihrer Bischöfe davon und wählten einen anderen. Der Verjagte beschwerte sich nicht beim Teufel, sondern bei der weltlichen Regentin Adelheid von Savoyen. Die ließ Asti in Trümmer legen und setzte den verjagten Bischof wieder in sein Amt ein. Ob nun der Verjagte und wieder eingesetzte, oder der gewählte und von Adelheid Verjagte, oder beide heilig gesprochen worden sind, weiss ich allerdings nicht. Vermutlich nicht, denn im Verzeichnis der Bischöfe von Asti sind nur zwei als Heilige ausgewiesen, und die lebten um 600 bzw. 800 herum.

Es geht um die ersten Bischöfe, die auch heilig gesprochen wurden. Nicht um die Bischöfe des Mittelalters.
 
Es geht um die ersten Bischöfe, die auch heilig gesprochen wurden. Nicht um die Bischöfe des Mittelalters.

Um welche Bischöfe bzw. Heiligsprechungen es dem Threaderöffner ging, ist immer noch offen.

Aber gerade auf die ersten Bischöfe treffen eine große Machtfülle und ein Kadavergehorsam ihrer Gemeinden ganz sicher nicht zu.
 
Gregor von Tour berichtet von einem Bischof, dem sie das Dach weggerissen hatten, als er sich in einem Hause versteckte, Name etc müsste man mal nachschlagen..
 
Hmm, ich dachte ich mache da mal eine kleine schnelle Auswertung, aber es gibt im Internet eben kaum ROHDATEN...
Liste der Seligen und Heiligen - Wikipedia
Das war noch am systematischsten, aber 25 mal aus HTML nach EXCEL und vorher noch ein bisschen editieren war es mir dann auch nicht wert. Leider fehlen auch die Lebensdaten, so dass man die späten Jahrhunderte nicht so leicht abrennen kann...

Egal: Stichprobe und Pi x Daumen ergab:
60% Bischof, Abt, Papst (!) oder Ordensfunktionär
30% Martyrer
10% sonstige (Kirchenlehrer, Einsiedler, ...)
 
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@Sheik: Ja, das habe ich doch geschrieben: Solche Information gibt der verwendete Rohdatenbestand ( Liste der Seligen und Heiligen - Wikipedia ) nicht her :)

Darum habe ich auch nicht weitergemacht.. Meine Zahlen sind nicht mehr als ein Anhaltspunkt!

Wenn mir jemand einen besseren Link gibt, werte ich das gerne danach aus.

@Mercy: "Märtyrer" wurden als solche gezählt, wenn sie kein Kirchenamt inne hatten; "sonstige" sind diejenigen, bei denen weder Papst, Bischof, Abt, Ordensfunktionär noch Märtyrer angegeben war.

Bischof UND Märtyrer war selten... sehr selten..
 
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Wahrscheinlich hast du "A" genommen:
Da gibt es:
Appolinaris von Ravenna
Anicetus
Anaklet
Adelbert von Prag
Adalar
Das ist wirklich viel, aber "A" ist auch lang. "A" war nicht in meiner Stichprobe....

Mit "A" gibt es:
51 % Bischof, Abt, Papst, Ordensfunktionär (ev. AUCH Martyrer)
12% Martyrer (aber kein Kirchenamt....)
37% kein Kirchenamt, kein Martyrer oder unbekannt

@Mercy: Du sollst das schon nachvollziehen können, aber die Datenlage ist hier unglücklich... Kannst Du mir einen besseren Link besorgen?

Das Thema interessiert mich nicht so dringend, dass ich da alle 3700 Heiligen jetzt einzeln anklicken will...
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Hmm, ich sehe gerade, bei der ersten Auswertung hatte ich die "undefinierten" alle weggelassen.... Nach den gleichen Regeln wäre dann "A":
61 % Bischof, Abt, Papst, Ordensfunktionär (ev. AUCH Martyrer)
13% Martyrer (aber kein Kirchenamt....)
26% kein Kirchenamt, kein Martyrer
 
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Ein zuverlässiger Link ist mir nicht bekannt. Ich habe mich daran orientiert:
Das Römische Martyrologium: das Heiligengedenkbuch der Katholischen Kirche.
Erzabtei Beuron, Regensburg, Pustet, 1935.
 
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