Hellenistische Bildung im Osten

Phalangit

Mitglied
Hallo allerseits,

ich wollte mal fragen: warum gab es im Osten der eroberten Provinzen Alexanders(Baktrien, Sogdien) keine so grossen wisseschaftlichen Persönlichkeiten wie zB. Heron in Ägypten?? Oder gab es welche, aber wenigere?? Wie genau war das Bildungssystem dort?
 
Hallo allerseits,

ich wollte mal fragen: warum gab es im Osten der eroberten Provinzen Alexanders(Baktrien, Sogdien) keine so grossen wisseschaftlichen Persönlichkeiten wie zB. Heron in Ägypten?? Oder gab es welche, aber wenigere?? Wie genau war das Bildungssystem dort?

Das von dir genannte Baktrien ist ein gutes Beispiel, warum einige hellenistische Staaten des Ostens nur eine verhältnismäßig geringe kulturelle Ausstrahlung entwickelten.

Das Griechisch-Baktrische Königreich existierte überhaupt nur rund 200 Jahre, bis es Mitte des 2. Jh. v. Chr. vom nomadische Reitervolk der Yuezhi vernichtet wurde. Einige indo-baktrische Kleinstaaten existierten etwas länger. Anders als in Ägypten war die Schicht der griechischen Siedler äußerst dünn. Deshalb waren große Gebiete Baktriens nicht hellenisiertt, da die Kraft des Griechentums nicht ausreichte, alle indigenen Bewohner zu erfassen. Zudem war das Gräco-Baktrische Königreich häufig in Kriege verwickelt, sodass keine stabile Basis für eine kulturelle Blüte vorhanden war. Dennoch kann man von einer erfolgreichen Staatsgründung sprechen, die leider keinen langen Bestand hatte.

Für hellenistischen Einfluss spricht die berühmte Stele des Sophytus (vermutlich ein gräzisierter indischer Name) aus dem antiken Kandahar. Sie stammt aus dem 2. Jh. v. Chr. und beschreibt in griechischer Schrift wichtige Ereignisse aus dem Leben des Sophytus. https://en.wikipedia.org/wiki/Kandahar_Sophytos_Inscription

Die Chronologie und Bewertung des Gräco-Baktrischen Königreichs ist aufgrund der dürftigen Quellenlage (oft stehen nur Münzfunde zur Verfügung) unsicher und umstritten.
 
In Ägypten gab es auch nicht direkt deshalb so viele große hellenistische Wissenschaftler, weil dort so viele Griechen lebten. Viele der Gelehrten, die mit Alexandria in Verbindung standen, stammten aus dem Ausland. Aber Alexandria hatte den Ruf und die Infrastruktur (und die Unterstützung durch die Könige), um Wissenschaftler aus der ganzen hellenistischen Welt anzulocken. Ein derartiges Zentrum fehlte Baktrien wohl. Außerdem durchlebte Alexandria in Ägypten immer wieder lange Phasen politischer Stabilität, insbesondere im 3. Jhdt. v. Chr. und in der frühen Kaiserzeit. Ein weiteres wissenschaftliches und kulturelles Zentrum, das zeitweise ähnlich ansprechende Bedingungen bot, war Pergamon. In Baktrien hingegen ging es meist recht turbulent zu, und abgelegen war es auch. Kein Wunder also, wenn es dort kaum jemanden hinzog.

Ganz frei von Wissenschaftlern war aber auch der Osten des ehemaligen Alexanderreichs nicht: https://de.wikipedia.org/wiki/Megasthenes
 
Zuletzt bearbeitet:
Es handelt sich leider um ein vergessenes Königreich, das auch archäologisch wenig erschlossen ist.

Ein schönes Beispiel für eine hellenistische Polis im weit entfernten Baktrien ist die Ruinenstätte von Ai Khanum am oberen Amu-darja (Oxus) in NO-Afghanistan. Die freigelegten Bauwerke aus dem 2. Jh. v. Chr. umfassen einen Palast der baktrischen Könige, Theater, Gymnasion, Bibliothek und Zeughaus. Die Agora war von breiten Säulenhallen umgeben. Charakteristisch für den griechisch-orientalischen Mischstil ist die Kombination korinthischer Kapitelle mit ionisch-attischen oder achaimenidischen (glockenförmigen) Basen. Außerdem gibt es Münzfunde und Reste von griechischen Papyri. Schriftfunde beweisen einen Kontakt mit dem weit entfernten Mutterland. https://de.wikipedia.org/wiki/Ai_Khanoum

Die Archäologen gehen dacon aus, dass in dieser Stadt, deren Namen unbekannt ist, Makedonen, Griechen und einheimische iranische Baktrer zusammen lebten. Zugleich kann man davon ausgehen, dass zumindest die griechisch-makedonische Oberschicht bis zum Ende des Griechisch-Baktrischen Reichs an ihren angestammten Lebensgewohnheiten und ihrer Kultur festhielt.

"Im östlichen Iran, fern von Hellas und auf sich gestellt, haben diese baktrischen Griechen an ihrer Art mit Beharrlichkeit festgehalten. Nichts verrät, dass man inmitten eines fremden Volkstums lebte ... Bewahrung eigener Art zeigt sich auch in der Tracht der Herrscher..."
(Franz Altheim, Geschichte Mittelalsiens im Altertum: Die Griechen in Ostiran und Nordwest-Indien, S. 391 f.)
 
Ganz unbeeinflusst von der Kultur der Umgebung blieb auch die griechisch-makedonische Oberschicht nicht. Insbesondere der Buddhismus stieß auf Interesse, z. B. bei König Menandros. Es wurden sogar Münzen mit buddhistischen Symbolen geprägt.
 
Für die Ursprungssage von Bedeutung dürfte auch die Anziehungskraft der Zentren der Bildung sein, die im Westen lagen oder von den Herrschern in den dortigen Zentren gegründet wurden.

Nicht zu jedem ist die Herkunft bekannt. "Von Alexandria" kann z.B. auch die Wirkungsstätte bezeichnen.
 
Ganz unbeeinflusst von der Kultur der Umgebung blieb auch die griechisch-makedonische Oberschicht nicht. Insbesondere der Buddhismus stieß auf Interesse, z. B. bei König Menandros. Es wurden sogar Münzen mit buddhistischen Symbolen geprägt.

Menandros I. war König des Indo-Griechischen Königreichs, sodass sich kulturelle und religiöse Einflüsse aus Indien automatisch ergaben.

Die Frage, ob König Menander Anhänger der Lehre des Buddhismus war, ist umstritten. Das Radsymbol auf Menanders Münzprägungen fassen manche als Hinweis darauf auf. Allerdings erscheint auch die Athene häufig auf Menanders Münzen, was zu einer entgegengesetzten Meinung führt.

Vermutlich muss man davon ausgehen, dass der Buddhismus in einem religiös toleranten Staat wie dem Indo-Griechischem Königreich einen zentralen Platz einnahm und seine Lehren auch für die äußerst dünne griechische Oberschicht interessant waren.

Rund 100 Jahre nach dem Untergang des Griechisch-Baktrischen Königreichs endete auch sein griechischer Fortsetzer in NW-Indien. Dort übernahmen die iranischen Nomadenverbände der Saken die Herrschaft, die ihrerseits von den gleichfalls nomadischen Yuezhi abgelöst wurden.
 
Die Frage, ob König Menander Anhänger der Lehre des Buddhismus war, ist umstritten. Das Radsymbol auf Menanders Münzprägungen fassen manche als Hinweis darauf auf. Allerdings erscheint auch die Athene häufig auf Menanders Münzen, was zu einer entgegengesetzten Meinung führt.
Das eine schließt das andere wohl nicht aus, da weder der Buddhismus noch die griechische Religion Anspruch auf Ausschließlichkeit erheben/erhoben. (Zumindest ist das beim Buddhismus heute so, man denke bloß an Japan, wo die meisten Menschen zugleich Buddhisten und Shintoisten sind. Ob es in seinen frühen Jahrhunderten auch schon so war, kann ich nicht sicher sagen.)
 
Das eine schließt das andere wohl nicht aus, da weder der Buddhismus noch die griechische Religion Anspruch auf Ausschließlichkeit erheben/erhoben.

Die Quellenlage ist dermaßen dürftig, dass sich nicht entscheiden lässt, in welcher Beziehung König Menander zum Buddhismus stand. Es scheint aber so zu sein, dass sich diese Lehre in seinem Reich frei emtfalten konnte, und ihr Sympathien entgegengebracht wurden.
 
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